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Anlage zu Ar. 127 des sächsischen Lrzählers. Bischofswerda, de« S. November 1VV4. Samuel Mahahero und Hendrik Witboi, die Urheber der Aufstände in Deutsch-Südwestafrika. Wenn drn Häuptling der Herero«, Sami»! Mahahero, auch inzwischen dir Nemesis für leinen Verrat und Ausstand ereilt hat, und der j<tzt mit einem letzten Häuslein Rebellen in der südafrtka- nischrn Wildnis an einsamen Wasserlüchern haust, und wenn auch seiner anzunehmrn ist, daß der von Hendrik Witboi tücktscherwrise verursachte Hottentottenausstand die Größe und Gefahr des HereroausstandrS nicht erreichen wird, so ist rS sür die Beurteilung der Lage in Deutsch-Südwestasrika doch sehr wichtig, die Persönlichkeit und den Charakter der beiden so gefährlichen Häuptlinge einmal näher ins Auge zu fassen. Samuel Mahahero und Hendrik Witboi sind keine rohen und naiven Wilden wie etwa die Indianer eS bet der Entdeckung von Amerika waren, sondern rS sind geistig sehr gut beanlagte Häuptlinge, dir sich im Verkehr mit den Europäern eine nicht unbedeutende Bildung ongretgnet haben, großes Sprachtalent besitzen, etwas Englisch und Deutsch verstehen und sogar einige Kenntnisse im Lesen und Schreiben haben. Sie sind ferner unerschrockene Jäger und kühne Führer ihrer Stämme aus dem KrtegSpfade und auf den Jagdzügen. Außerdem üben sie als Stammeshäuptlinge rin eisernes Regiment aus und zögern keinen Augenblick, einen unbotmäßigen Herero bez. Hottentotten spießen, hängen oder köpfen zu lassen oder bei geringeren Vergehen ihm einen Teil seiner Viehherden als Strafe wegzunehmen. Der Charakterzug beider Häuptlinge, wie derjenige der meisten Halbwilden, ist im Uebrtgen große Schlauheit, verbunden mit einer kaum glaublichen, förmlich ihnen zur Gewohn heit gewordenen Heuchelet, die sie zumal den Deutschen gegenüber mit einer wahren Virtuosität auSzuüben verstehen. Aeußrrltch sind sie daher, so lange eS ihnen paßt, die ergebensten Freunde des Deutschen Reiches, und verkehrten vor dem Ausstande mit dem Gouverneur wie Deutschlands beste Freunde und Bundesgenossen, nahmen von ihm allerlei Geschenke und Ausmerksamkeiten In Empfang und ließen sich wie eine Art landsässische Fürsten ehren. Innerlich sind aber die beiden Häuptlinge schwarze Teufel und stets voll von Haß, Falschheit und Mordlust gegen alle Deutschen gewesen, und der Gouverneur Leutwein hätte dem Deutschen Reiche und der deutschen Kultur in Afrika keinen besseren Dienst erweisen können, als wenn er die ihm scheinbar so ergebenen Häuptlinge auf schlaue Weise einmal auf die Probe gestellt hätte und nach Ertappung ihres verräterischen Geistes sofort hätte hängen lassen, denn Falschheit, Tücke und lauernde Mordlust bei Halbbarbaren, die sich nicht scheuen, Frauen und Kinder zu ermorden, verdient absolut keine andere Behandlung. Das war eben das Verhängnis unserer Kolonial politik, daß die verruchten Häuptlinge und ihr Mordgesindrl behandelt worden sind, als wenn eS gesittet« Europäer wären, während ihre Seelen voll Haß, Heuchelet, Tücke und Mordlust waren. Die Beispiele deS Verrats der beiden Häuptlinge, zumal dasjenige des alten Fuchses Hendrik Witboi, sind ganz abscheulich, denn heute haben sie noch dem Gouverneur als Freunde und Bundesgenossen dir Hand gedrückt und in seinem gastlichen Hause gesessen und am anderen Tage haben sie die Ver nichtung der Deutschen beschlossen und den blutigen Aufstand in Szene gesetzt. Die HaupträdrlSführrr des großen Ausstandes in Deutsch-Südwestasrika sind eben Samuel Mahahero und Hendrik Witboi und sie gehören wegen ihre- schändlichen Verrates und wegen der durch den Ausstand hervorgerufenen Greueltaten und Verwüstungen an drn Galgen. Milde und Begnadigung wäre den Rädelsführern gegenüber unter keinen Umständen am Platze, und sie würde von den Hereros und Hottentotten noch als Schwäche der deutschen Regierung auSgelegt werden. Sachsen. Bischofswerda, 2. November. Run ist er gekommen, der «arische, trübselige November, der Siadmond, wie ihn Karl der Groß« tu feinem Kalender nannte, der Nebelmond oder Reifmond, wie er in späteren Zetten hteß. Daß Tageslicht wird immer knapper, die Entlaubung der Bäum« wird vollständig, öde und kahl wird dt« Natur. Uud doch tst'S noch nicht der rechte Winter mit sttza rauhen Schönheit, mit der gUtzrrndru, prächtigen Schneedecke, mit den Freuden deS Eis lauf» und der klaren, die Wangen rötenden Lust. Die UebergangSzeit mit ihren mancherlei Un bequemlichkeiten bringt der November, aber doch auch viele Freuden, vor allem im geselligen Leben, und darum hat auch er seine Freunde und wird von vielen willkommen geheißen. In bezug aus gesellige Veranstaltungen kann er'S getrost mit jedem seiner Brüder aufnrhmen. Was nunmehr konzertiert, gemimt, getanzt, gesungen und auch gegessen und getrunken wird, da» geht über da» Normalmaß weit hinaus. Freilich, des Lebens ungemischte Freude wird auch da keinem Sterb lichen zu teil. Ein Teil der Menschheit wird um diese Zeit durch Schnupsen und Husten matt gesetzt, rin anderer stöhnt über Rheumatismus, in seinen verschiedenen Formen, rin dritter klagt, daß er sich nicht ein einziges mal recht auSschlasen kann, rin vierter greift kleinlaut nach allzu reichlichem Genuß von Gänsebraten, Wellfleisch und frischer Wurst nach Bullrich'S Salz, daS dem verstimmten Magen wieder gute Laune verschaffen soll. Aber es gibt auch Glückliche, die munter durch alle diese Klippen des Daseins hindurchschiffen, und warum sollen wir nicht zu ihnen gehören? So begrüßen wir wohlgemut auch den grämlichen November und hoffen ihm gute Seiten abzugewinnrn. — Als LandeSdelegterter der frei willigen Krankenpflege für daS Königreich Sachsen ist an Stelle des verstorbenen General leutnants z. D. von Zeschau, Exzellenz, der Generalmajor z. D. Freiherr von Friesen- Miltitz berufen und vom Königlichen KrirgS- mintsterium bestätigt worden. — Pferdezucht-Lotterie. DaS sür die X. Sächsische Pferdezucht-Lotterie (Ziehung am 6. Dezember) in Ostpreußen angekaustr Pferde material ist bereits in Seidnitz etngrtroffen und findet bei allen Freunden des edlen Halbblutes Beifall. Die Ausstellung wird Gelegenheit geben, die Pferde eingehend zu besichtigen. Infolge des Umstandes, daß die angrkauften, zur Zucht geeig neten Stuten weder tragend, noch grdeckt sind und sich daher auch als SrbrauchSpferde erweisen, werden selbst diejenigen glücklichen Gewinner eines Pferdes, welche eine direkte Verwendung für ein solches nicht haben, einen guten Erlös bet der be scheidenen Anlage von 1 Mk. sür daS Los erzielen. Die übrigen Gewinne bestehen aus Industrie- Gegenständen und zwar aus goldenen und silbernen Taschenuhren, Reifekoffern und Taschen, Sätteln, Zaumzeug, Reise-, Schlaf- und Pferdedecken ufw. — Lose zu 1 Mark sind durch die mit Plakaten versehenen Verkaussstrllen oder durch die Expedition dieses Blattes zu beziehen. — Ein bemerkenswertes Urteil über die Schwurgerichte hat dieser Tage in Koblenz der LandgrrtchtSrat Bruckschmtdt am Schluß einer Tagung gefällt, deren Vorsitzender er gewesen war. Er erklärte, daß er nach drn Erörterungen über die Schwurgerichte in der Presse in letzter Zeit mit gemischten Gefühlen das Amt eines Vor sitzenden übernommen habe. Er müsse aber ganz und voll anerkennen, daß rS ihm eine Freude gewesen sei, mit solchen unermüdlichen, pflicht treuen und einsichtigen Männern zu arbeiten. ES seien in dieser Tagung die schwierigsten Fälle zur Verhandlung gekommen, aber der Pfiichtetser der Geschworenen habe auch ihn nicht zur Ermüdung kommen lassen. In fast allen Fällen sei dt« An sicht der Geschworenen und die de» Richter kollegiums die gleiche gewesen, und da» wolle viel sagen, da rS sich um 16 Angeklagte handele. Er erkläre hiermit ausdrücklich, daß er sich durchaus nicht der abfälligen Kritik anschließen könne, die in letzter Zeit über die Veschworrnrn-Gertchte ausgesprochen worden sei. — Die Zahl der Rechtsanwälte im Königreich Sachsen hat auch in den letzten Jahren fortgesetzt eine wesentliche Steigerung erfahren. Sie betrug, wie au» dem neuen sächsischen „Kanzlet-, Judtztal- und ExpeditionS-Kalender" für 1905 hervorgeht, Ende Juni diese» Jahre» 752, da» sind 165 oder 28,1 Prozent mehr al» im Jahre 189S, also vor fünf Jahren. Auch gegen über dem Vorjahre hat sich die Zahl der sächsischen Anwälte wieder um 51 oder 7,27 Prozent ver mehrt. Wenn man da» Ergebnt» der letzten Volkszählung vom 1. Dezember 1900 zu Grunde legt, kommt gegenwärtig in Sachsen auf je 5588 Einwohner eia Rechtsanwalt, von den 752 An wälten stad 223 zugleich Notare, fodaß also zur Zett auf 18844 Einwohner ein Notar entfällt. Di« verhältnismäßig größte Zahl von Anwälten weifen die Land»ertcht»bezi,st Leipzig und Dre»dea auf, denn hier kommt bereit» auf 3537 brzw. 4243 Einwohner je ein Rechtsanwalt, während im Land- gericht-bezirk Bautzen erst auf 9708 Einwohner und in den LandgerichtSbezirken Zwickau und Freiberg gar erst auf 10301 bezw. 10413 Ein wohner je rin Anwalt entfällt. Im Landgerichts bezirk Bautzen waren Ende Juni diese» Jahres insgesamt 46 Anwälte, darunter 22 zugleich al» Notare, zugelassen, gegen 33, davon 19 Notare, vor füns Jahren- Den Doktortttrl hat sich nur knapp die Hälfte (366 von 752) der sächsischen Anwälte erworben, während besondere Titel, wie Hofrat, Justizrat, Oberjustizrat und Geh. Hosrat zur Zeit an 86 Anwälte verliehen sind. Bemerkt sei schließlich noch, daß im LandgrrtchtSbeztrk Bautzen 30 von den 46 zugrlassenen Anwälten nicht am Sitze ihre» Landgerichts wohnen. Dresden, 28. Oktober. Im Prozeß gegen die Direktoren der Deutschen Müll- und Aschr- behälterfabrik in Dresden wurde heute das Urteil gesprochen. Direktor Hrymann erhielt 4 Jahre Gefängnis und 600 Mark Geldstrafe, bet 5 Jahren Ehrverlust, Direktor Lehmann 300 Mark Geldstrafe. Großenhain. (Wahl.) Als erster Direktor des Leipziger StadtoereinS für innere Mission wurde Herr Superintendent Pache hier gewählt, welcher jedoch die Wahl ab lehnte. Augustusburg. Der überaus seltene Fall, daß in einem Jahre drei Brüder zum Militär dienst etngezogen werden, ereignete sich in Dors- schribenberg. ES sind dies die drei Söhne des Bäckermeisters Seifert, von denen der eine, ein Lehrer, im April dieses Jahres seinen Militärdienst antrat, während die anderen beiden — Zwillinge — bet ihrer ersten Stellung ausgehoben wurden und jetzt als Rekruten etngrtroffen sind. Chemnitz. Gelegentlich der Kirmes im nahen Euba hatte sich ein Mann so ungebührlich be nommen, daß der Gemetndevorstand etngreifen mußte. Als der Fremde sich auf dem Saale de» Gasthofes auf die Beschuldigung eines von ihm Verfolgten verantworten sollte, bemerkte er, rS solle ihm niemand zu nahe treten; er schlage jeden zu Boden. Der Aufforderung, seiner Wege zu gehen, leistete er keine Folge. Als er hinaus gebracht wurde, konnte ihm ein Schlagring ab genommen werden, der die Bezeichnung: Polizetamt Chemnitz Nr. 103 trug. Da sich der Mann nicht beruhigte, wurde er mit Hilfe einiger Einwohner in die Arrestzelle gebracht. Hier versuchte er sich loSzureißen und warf drn Gemeindevorstand auf die Matratze in der Zelle, doch wurde seine Flucht verhindert. Als er sich legitimieren sollte, zeigte er eine Blrchmarke, die dieselbe Aufschrift trug, wie der Schlagring. Es ist nun sestgestrllt worden, daß der Mann rin hiesiger Schutzmann war, der sofort nach Bekanntwerden deS Vorfälle» aus dem Poltzetdtenst auSgeschieden ist. Zwickau, 28. Oktober. Die hiesige Bürger- metsterstelle soll alsbald wieder besetzt werden. Be werbungen müssen bi» zum 15. November beim Stadtverordnrten-Vorsteher Wolf rtngerrtcht werden. Der Gehalt beträgt 7500 Mk. und steigt in drei Pausen von je 3 Jahren bi» 9000 Mark. Geyer, 28. Oktober. Infolge der rapiden Abnahme de» LettungswasserS hat dieses in unserer Stadt von früh 8 Uhr bi» nachmittag 4 Uhr abgesperrt werden müssen. Schneeberg. In einer am Donnerstag hier abgehaltenen öffentlichen Versammlung, in welcher Herr Superintendent v. tb. Meyer au» Zwickau sprach, erfolgte die endgültige Gründung einer Ortsgruppe de» Evangelischen Bunde» sür Schneeberg und die Nachbarorte, der sofort über 170 der Anwesenden britratrn. Zum ersten Vor sitzenden wurde Herr Gymnastaloberlehrer ille. tbeol. Höhne gewählt. Falkeusteia. Vom Stadtrat ist da» Ent lassungsgesuch de» al» Gemeindevorstand in Rode wisch gewählten Rat»srkretär» Herrn R. Ender» für den 15. November genehmigt worden. Die frei werdend« Rrgistratorstelle soll mit 1800 Mk. AnfangSgehalt, all« zwei Jahre um 150 Mk. bi» zum Höchstgehalt von 3000 Mk. steigend, zur Wiederbesrtzung sofort ausgeschrteben werden; für dt« Verhandlung» - Niederschrift in den Stadt- verordnetrnsttzungen sollen jährlich 150 Mk. fort gewährt werden. Au» de« vogtlaude. (Winterboten.) Ja verfchtrdeaeu vogtläadlschea Orten wurden tu den letzten Tcqea fürst Züa« wilder Gäus« beobachtet. Erfahrungsgemäß gilt die» al» An- zetchen winterlicher Witterung.