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- . 184 Dienstag, den 25. Oktober. 1994 Der sächW Frzähler, Bezirksanzeiger für Bischofswerda, Stolpe« ««d Umgegend. Amtsblatt der Kgl. Amtshau-trnaunschast, der Kgl. Schulinspettion u. des Kgl. Hau-tzollamtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des StadtrateS zu vischossverda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich drei Mal. wwoowao, r>»u»-E*«» und r-nnaden»«, und lostest einschließlich der Sonnabends erscheinenden ^stelle. toDsich«, »-««««- vierteljlihrlich Mark l.SV Ps. Nummer der ZetwngSpretSliste Sü«7. Seoufpeechft«»^ «». »». Bestellungen werdm bet allen Postanstaltrn de« deutschen Reiche», für Bischofswerda und Umgegend bei unsere» ZritungSboten, sowie in der Exped. d. Bl. angenommen. »««««»»finf-tUfter Jahr-»««- Inserate, welchr in diesem Blatt« die weiteste Berbrritung Men, werd« bi» Montag, Mittwoch und Freitag früh 9 Uhr angenommen und kostet dir viergespaltm, LorpuSzeile 10 Pfg., unter „Eingesandt" 20 Pf. Geringster gnseratenbetcag »0 Ps. — EMzelnr Nummer 10 Pf. I. L8. <dlrt«»lt»«r 1VV4, L Tllir, sollen in Bischofswerda SchVO Sttk Cigarren und H. 8onm»I»«»«I, SN. varniltlng» N Uslii>, in Schmölln L Plüsthsofa und I Plüfchfessel gegen Barzahlung versteigert werden. Sammelort: zu I. Amtshof, zu II. Steglich's Gasthof. Bischofswerda, am 24. Oktober 1904. Der Gerichtsvollzieher deS Nönigl Amtsgerichts auf unsere wöchentlich drei Mal er scheinende Zeitung „Der Siichsische ErzShler" für die Monate November und Dezember werden zum Preise von 1 Mk. von allen kaiserlichen Postanstalten, sowie von unseren Zettungsboten und der unter zeichneten Expedition angenommen. Dem -Sächsischen Erzähler" wird im Dezember ein Bischofswerdaer Haus- und Wirt- schastskaleuder gratis beigelegt. Die Expedition des „Sächsischen Erzählers." aus der von Das koloniale Schmerzenskind „Deutsch-Südwestafrika". Seit dem Aufstande der Hereros ist Deutsch-Südwestafrika eine Hiobspost nach anderen gefolgt, und eine lange, lange Kette großen und kleinen Verlusten durch Kämpfe und Krankheiten bei den deutschen Schutztruppen be zeichnet den schier endlosen Weg zu dem noch fernen Ziele, die Ruhe und Ordnung in dieser Kolonie wieder herzustellen. Verschlimmert sind die Zustände in Deutsch-Südwestafrika in jeder Beziehung noch durch den Ausstand der Witbois, einen der zahlreichsten dort wohnenden Hotten tottenstämme, denn dadurch hat auch im Süden von Deutsch-Ostafrika Unsicherheit und Unruhe um sich gegriffen, während trotz der Erfolge der deutschen Waffen der Ausstand der Hereros im Norden der Kolonie noch immer nicht be wältigt werden konnte. Unheimlich, riesengroß wachsen unter diesen traurigen Umständen aber die Kriegskosten für Deutsch - Südwestasrika an, und während man erst nur mit 50 Millionen Mark rechnen zu müssen glaubte, fürchtet man jetzt, daß die Kosten der Bewältigung des Auf standes in Deutsch - Südwestafrika die erschreckende Höhe von 200 Millionen Mark erreichen werden. Rechnet man zu dieser Riesensumme noch die schmerzlichen Verluste an Menschenleben und die Zerstörung der meisten Ansiedelungen in Deutsch- Südwestasrika, so kann man ermessen, welche un geheuerlichen Fehler die Kolonialverwaltung und unbedingt auch der Deutsche Reichstag ge macht haben, daß sie sich dem Wahne hingegeben haben, man könne mit mehreren hundert Mann Schutztruppen und ein paar Dutzend Offizieren und Beamten in einem Lande, das so groß wie Deutschland ist und von etwa zweihunderttausend kriegerisch veranlagten halbwilden Volksstämmen bewohnt wird, wirklich die Ruhe und Ordnung aufrechtcrhalten. Es lag doch auf der Hand, daß in dieser Kolonie solange Frieden sein konnte, als es den HereroS und Hottentotten gefiel. Das Doppelte und das Vierfache an Kanonen und Maschinengewehren hätte mindestens in Deutsch- Südwestafrika von vornherein vorhanden sein müssen, damit nicht die entsetzliche militärische Blöse rintrat, daß im Norden und dem Mittel punkte der Kolonie fast gar keine Schutztruppen mehr vorhanden waren, als der Gouverneur Leutwein mit 500 Mann nach dem Süden ge- pHk» war, um die Bondrlzwarts zur Ruhe zu «ngrn. Der Reichstag, der früher oft mit I halben Millionen knauserte, wird nun gegen l 200 Millionen Mark für Deutsch - Südwestafrika s bewilligen müssen. Das sind jährlich 7 Millionen Mark Zinsen auf den Buckel des Deutschen Volkes und mit etwa jährlich einer halben Million Mehrausgabe von Haus aus hätte man den stärkeren Schutz und damit wahrscheinlich die Vermeidung der großen Aufstände in Deutsch - Südwestafrika haben können. Daß durch den Aufstand und die großen Kosten desselben die ganze Kolonie „Deutsch - Südwestasrika" als wirtschaftlich ver kracht angesehen werden muß, ist leider auch eine Tatsache, denn weder die 200 Millionen Mark noch die Zinsen dafür sind auf Menschenalter hinaus nicht aus Deutsch - Südwestasrika heraus zuholen. Lauter schwarze Bilder wollen wir aber trotzdem von der Zukunft dieser deutschen Kolonie doch nicht malen, denn wenn der Boden und das Klima Deutsch-Südwestafrikas für die Ansiedelung zunächst auch sehr schwierig sind, so ist es doch eine Tatsache, daß dort große Viehherden gedeihen und daß Kohlenlager dort vorhanden sind. Diese beiden Faktoren sind von wirtschaftlicher Bedeu tung, denn Vieh und Steinkohlen sind auch in Afrika gute Handelsartikel. Schon der Bedarf der nach Südafrika fahrenden Schiffe an Lebens mitteln und Kohlen ist bedeutend und dürfte den Handel dort anregen. Auch dürfte sich in dem großen Lande schließlich doch auch noch viel An- siedelungs- oder Plantagenland finden. Die Hauptsache in dem jetzigen schrecklichen Zustande in Deutsch-Südwestafrika bleibt aber, daß in jeder Hinsicht ganze Arbeit gemacht, der Aufstand ein für alle Male bewältigt, die Hereros und Hotten totten als Halbbarbaren unterjocht und zur Arbeit als Kriegsgefangene gezwungen werden. Dies ist immer der richtige Anfang einer Kultur in von Halbbarbaren bewohnten Ländern gewesen. Natür lich müssen auch die Fehler, welche die deutsche Verwaltung dort gemacht hat, mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden. Dann wird eS nach Jahren in der Kolonie doch heißen: Neues Leben blüht aus den Ruinen. Q Politische Weltschou. Die Kaiserin Auguste Viktoria vollendete am Sonnabend ihr 46. Lebensjahr in erfreulichstem I Wohlsein. Zar Frier deS Geburtstage» der I Kaiserin waren im Neuen Palat» bet Potsdam I sämtliche Kinder de» Kaiserpaares anwesend, mit Ausnahme de» noch immer in Ostastrn weilenden Prinzen Adalbert. Ferner weilen augenblicklich al» Gäste im Neuen Palais der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin nebst der Herzogin Ercilie, der Braut de» Kronprinzen, strnrr Prinz und Prinzessin Heinrich von Preußen und Prinzessin Friedrich Karl von Hessen. Al» Tag der Vermählung de» deutschen Kronpriyzen mit der Herzogin E cilie wfid neuerdings abermals der 22. März 1905 genannt. Zur Ltppe'schen Thronfolge verlautet, daß man in BundeSrolSkrelsen nicht daran denkt, diese strittige Angelegenheit materiell im Bunde-rat selbst zu entscheiden. E» soll vielmehr allgemeine Ueberetnstimmuog darüber herrschen, daß der Streit einem Gerichte oder einem Schiedsgerichte unter- breitet «erde. Darüber, welche» Gericht anzurufin oder rinzusetzra sei, sollen die Meinungen noch au«rinaodrr gehen. E« scheint aber, daß man aus die Einsetzung eine» besonderen Schieds gerichte» zurückkommen werde. Die Kanalkommission de» preußischen Abgeordnetenhauses setzte am Freitag ihre Ver handlungen beim Großschifffahrtsweg Berlin- Stettin fort. — Das Plenum de» Abgeordneten hauses tritt bekanntlich am 25. Oktober zusammen, doch wird bereits vom 27. Oktober ab auS ver- schledenrs Gründen eine einwöchige Pause Platz greifen. Der ZentrumSabgeordnrte kür Krefeld, vr. Bachem, hat auS Gesundheitsrücksichten sein Mandat zum Landtage niedrrgrlegt; er behält aber sein ReichStagSmandat bet. Der Landtag von Oldenburg ist am Freitag wieder geschlossen worden. Der Groß. Herzog, sowie der Herzog Friedrich Ferdinand von Schleswig-Holstein ließen dem Landtag für die Annahme de« neuen ThronsolgegesrtzrS ihren Dank auSiprechen. Die Ekunahme der Ortschaft Nomtsa» im Süden Deutsch - SüdwestafrikaS durch die auf ständischen WttbotS ist der erste Erfolg derselben; es ist nicht unwahrscheinlich, daß er das seintge zur wetteren Ausbreitung des Ausstandes bei tragen wird. Bet der Einnahme von Nomtsa» hat leider der Begründer de« Platze», der Farmer Herrmann, seinen Tod gefunden, jedenfalls im Kampf mit den Rebellen. Herrmann war einer der ältesten und erfolgreichsten Ansiedler de» ge samten südwestatrikanischen Schutzgebiete», der sich um die Entwickelung der Farmwirtschast und der Viehzucht große Verdienste erworben hat. Im Landtage von Ntederüsterretch ist e» wieder einmal zu erregten Szenen gekommen. Bon antisemitischer Sette wurde am Freitag der Antrag gestellt, der Landtag möge der Regierung die schärsste Mißbilligung wegen de» polizeilichen Verbote» des Fackrlzugr» auSsprrchen, welcher dem Bürgermeister von Wien, vr. Lueger, zu seinem 60. Geburtstage dargebracht werden sollte. Gebmann begründete die Dringlichkeit de» Anträge», in welchem Sinn« sich auch alle anderen antisemitischen Redner auSsprachrn, während sich namens der Minorität Seitz und Bölkl gegen den Antrag erklärten. Die Debatte trug einen sehr heftigen Charakter und wiederholt kam eS zu stürmischen AuSrtnanderfitzungen, so besonders zwischen dem Christlich - Sozialen Bielohlawrk und dem Liberalen Bölkl. Dieser wurde von seine« Gegner „Armengelderdrsraudant" geschimpft» wosür Bölkl drohte, nächstens mit einem Revolver er scheinen und Bielohlawek nirderschteßen zu wollen, wa» besonders große Aufregung im Hause her- vorrtef. Schließlich gelangte der erwähnte Antrag mit den Stimmen der antisemitischen Mehrheit zur Annahme. Der Abgeordnete Bölkl wurde «egen seine» Auftreten» vom MißbilligungsauSschuß für eine Sitzung auSgrschlvffen, Bielohlawek kam mit einem verweis davon. In der französischen Drputiertenkammer hat iS wieder einmal „Kultuikampsdebatten" ge geben. In der Frettagssttzung logen rin ganze» Bündel von Interpellationen über die Kirchen politik des Ministerium» Eombe» vor; e» entlpanu sich eine sehr lebhafte Diskussion, die auch am Sonnabend noch fortgesetzt wurde. In der portugiesischen Deputierten kammer entwickelt« do» neue fortschrittliche Ministerium Castro sein sehr verheißungsvoll Utngrndr« Regfirung»progra«m.