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Das Fabrikkind. Nock ist es Nacht, die Sterne flimmern Am schwarzen Himmel — fröstelnd stand DaS Kind vom Sager auf und band Die Flechten sich, die golden schimmern. Ein zartes Mägdlein, ltlienschlank, Und lilienweiß die feinen Wangen, Blutjung noch, aber sckon gefangen Vom Elend, schwach und sorgenbang. Jndeß sich wiegt im süßen Schlummer DeS Reichen Kind, daS auScrkorne, Zur Arbeit geht in ihrem Kummer DeS Armen Tochter, die verlorne. Und als der erste Morgenstrahl Erglühte über Berg und Thal, Da steht sie schon bei der Maschine Demüthig mit ergebner Mine. Die Walzen rollen, die Räder raffeln, Welch dumpf Getös! Hocblvternd prasseln Die wilden Flammen, knirschend reiben Sich hundert Schrauben, und zischend treiben Im Schlot die Dämpfe ArmeS Kind! Inmitten dieses HöllengrauS Stehst Du geschäftig an dem Rade Und denkst vielleicht: „O, Jammerschade, Daß ich nicht bin im Walde LrauS, Wo in den Wipfeln strcickt der Wind Und überall singen die Nachtigallen Und von Len Zweigen die Blüthen fallen!" Sei wachsam, Kind, und träume nicht! Du selbst eine Blüthe, schon halb zerknickt, Ein junges RciSlein, bald erdrückt Vom Sturme, der aus Norden bricht. Sei wachsam, Kind! Doch Du bist schwach Und überwacht und müde, ach! Deine Wimper sinkt, die Hand, sie ruht. Stockt in den Adern Dir das Blut? Du schlummerst, träumst und lächelst mild. Fast scheinst Du mir ein EngclSbild, Fort daS Getös, vorbei die Noth, Deine Wangen leuchten so purpurroth, Du wandelst auf duftender Blumenau, Du hörst sic singen, die Nachtigall, Du siehst sie prangen, die Veilchen all, Der Frühling schmückt Dich mit Rosen fein. Du träumst Dich noch in den Himmel hinein, Sei wachsam, Kind! — Hoch auf! o schau! Richte Dich nicht so lüstern empor. Als sähest Du bolde Zaubergesichtc, Als winkten Dir süße, labende Früchte. Wae willst Du — sprich, was hast Du vor? Der böse Traum! — Deine Lippen beben — Erwache! — halt! — zurück die Faust! Die Rader sind'S! — Du greifst hinein — Weh Dir! — o weh! — Zu spät, eS graust Mir von dem Wirbel bis zur Zeh' — Ich hör' Dein wildes, schmerzlich Schrei'»: Die Hand ist hin, zerquetscht der Arm — Daß sich der Himmel Dein erbarm'! — Die Walzen rollen, die Räder raffeln, Welch dumpf Getös! Hochlodernd prasseln Die wilden Flammen knirschend reiben Sich hundert Schrauben, und zischend treiben Im Schlot die Dämpfe ArmeS Kind! Inmitten dieses HöllengrauS Siegst Du verstümmelt dort im Blute, -Ein tkcurcs Opfer! wem zu Tute? DaS Schicksal weiß eS! Doch zu Haus Rauft sich die Mutter aus das Haar Und spricht, indcß vie Thränen füllen DaS Auge ihr, verzweifelt gar: „Wer soll uns nun den Hunger stillen?" Kosakenoberst. E i n Der sächsische Artillerie-Oberstleutnant Buch er gedenkt in seinem Werke: „Oer Feldzug des dritten deutschen Armeekorps in Flandern im Jahre 18l4" auch eines zu diesem Korps gehörigen Kosaken pulks unter der Anführung des Obersten Bycka. lvw. Dieser Oberst war eine interessante Erschei nung. Ein greiser Krieger von nahe an 80 Jahren, aber noch wohlgenährt und rüstig, dem man ansah, daß für ihn wie für alle Kosaken das Pferd seine Wiege gewesen war. Einem asiatischen Stamme angehörend, war er ohne alle Schulbildung und ohne Kenntnis irgend einer andern als seiner Muttersprache. In der Regel hatte er in seiner Begleitung einen ganz gewöhnlichen polnischen Ju den, der seinen Dolmetscher, Sekretair, vielleicht auch zu Zeiten seinen Chef des Generalstabes vor stellte. Ob er an Bildung und an Kenntnissen den Obersten bedeutend überragte, läßt sich leicht benrtheilen, wenn man einen der originellen Rap ports liest, die er im Namen seines Herrn und Meisters an den das dritte deutsche Armeekorps kommanbirenden Herzog von Weimar einreichte. Wir lassen hier wörtlich den Rapport über die durch dir Kosaken errungene Einnahme der kleinen *