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lande wie im Himmel gegen uns gequältes Böh menvolk. Ihr könnt Euern Glauben frei bekennen, dürft ungehindert zu Predigt und Abendmahl gehen und mögt fröhlich auf Euern Bergen singen: „Ein' feste Burg ist unser Gott." Aber wir? Aus den Kirchen, unseren Eigenthum, sind, wir vertrieben, nur in Privatgcmächern dürfen wir uns noch zur Andacht versammeln, und eigentlich auch das nicht einmal. Wenn ich bedenke, wie es vor 12 Jahren bei uns war zu Kaiser Matthias Lebzeiten, wie da die Kirchen der Stadt unser waren, und wir un fern Gottesdienst so schön und frei feierten wie Ihr draußen; — wie wir im Böhmenlande von der herrschenden zur unterdrückten Rcligionspartei herabgesunken sind, so blutet mir das Herz, und es ist mir wie den Juden am Wasser zu Babylon, wenn sie an Zion gedachten. Zwar bei uns in den Bergen geht es immer noch eher als drinnen im Land, wo die Unterjochung und Ausrottung un seres Bekenntnisses seit 11 Jahren mit eiserner Be harrlichkeit fortgesetzt worden ist. Uns hat man zwar auch Ketzerkommiffarien, Jesuiten und Ein quartierung auf den Hals geschickt, aber weil un ser« Knappschaft mit Auswanderung drohetc, wenn man ihre Gewissen weiter beschwere, ließ man nnS wenigstens mit gewaltsamen BekehrungSmitteln ver schont, denn inan kann unser Silber nicht entbehren, und dieses weiß man ohne geschickte Bergleute nicht zu gewinnen. Dennoch bleibt es ein Jammer, daß wir unfern Gottesdienst verstecktcrweis in den Häusern halten müssen, während die schönen Kirchen leer stehen; dem» außer den paar kaiserlichen Beam ten, den Musketieren und einigen Abtrünnigen kommt Niemand hinein zum katholischen Gottes dienst. Auch müssen wir uns gar manche Unbill von den rohen Kriegsknechtcn gefallen lassen, und die Auflagen, welche wir zahlen müssen, lasten schwer auf uns. Ach, wenn doch der liebe Gott einmal seine Hand über dem armen Böhmcnlande ausstrecken und dessen unerträglichen Ketten brechen wollte!" „Ö, könnte ich sie brechen helfen!" rief Anton warm und bewegt — „könnt' ich doch wenigstens Euch und Eure Eltern aus dieser Knechtschaft erret ten! Doch getrost, Jungfer Marie! Euer Flehen zu Gott ist schon erhört; in wenigen Tage» viel leicht könnt Ihr ihm für die Befreiung Eures Va terlandes danken, denn unser Kurfürst hat endlich das Schwert zum Schutze der bedrängten Glaubens genossen gezogen; vor acht Tagen sind unsere Trup pe» zn den Schweden gestoßen, und cs steht nun zu hoffen, daß die Sache der Protestanten allent halben eine glückliche Wendung nimmt!" „O, dann sei Gott tausendmal gepriesen!" — erwiederte dieJnngfrau hocherfreut — „ beim Him mel, das ist eine Engclsbotschaft! Ihr erlaubt doch, daß ich sie meinem Vater mittheil«? Der hat ja immer nur das Eine gewünscht und vom Himmel erficht, daß der mächtige Sachsenfürst, als gebor- ner Beschützer der evangelischen Freiheit, sich der bedrückten Glaubensgenossen annehmen möge; wie glücklich wird ihn nun diese Nachricht machen!" Anton eilte mit ihr in den Banketsaal der Schützengilde, wo der Obersteiger sammt seiner Frau und dem Wardein mit dcr Anordnung des nun beabsichtigten Tanzvergnügens beschäftigt war. Als sie aber Antons Botschaft vernommen hatten, entstürzten den Augen des alten Paares Freuden- thränen, und der Obersteiger sagte: „Wenn wir auf diese Zeitung Nichts zu thun wüßten als zu tanzen, so wären wir des Glückes, das sie ver kündet, nicht werth. Wir wollen den Abend nun würdiger feiern, Kinder! Es trifft Alles herrlich zusammen: vor wenig Augenblicken ließ mir m«i» Schichtmeister unter der Hand sagen, daß der Kan- didatus Elias Richter von Platten angekommen sei, um im Lause der nächsten Tage Kommunion mit uns zu halten und die nöthigen Taufen vorzuneh men; ich bin nun dafür, dass wir daS Tanzvergnü gen in eincn Dankgottesdienst für den Schritt des Kurfürsten von Sachsen verwandeln." „Das würde eine höchst gefährliche und un» loyale Demonstration sein" — erklärte der Wardein dagegen. Allein Marie und ihre Mutter waren für den Vorschlag des Vaters, nur fand letztere für gut, daß die Feier nicht im Schicßhause, son» der» in dein entlegenen Huthausc vor ihres Man nes Grube begangen würde. Dieser Ansicht pflich teten die Anderen bei, und nun trat der Obersteiger in die Mitte des Saales, machte bekannt, daß ein für die evangelischen Glaubensgenossen höchst wichti ges Ercigniß die Aussetzung des beabsichtigten Ver gnügens fordere, und lud alle Anwesenden ein, sich binnen einer Stunde sonder Geräusch, doch auch sonder Furcht im Huthausc seiner Grube einzufin- dcn, wo man über das Ercigniß Näheres erfahren werde. Die Eröffnung wurde mit Ruhe und Würde ausgenommen; Niemand bezeigte ein Mißvergnügen, daß die Lustbarkeit einem höheren Interesse zum Opfer gebracht werden sollte; nur der zierliche Wardein ging verdrießlich aus dem Saale. „Wir wollen nun daheim ei» Abendbrod zu uns nehmen und dann auf unter Hutbaus gehen, wohin ich den Kandidatus einladen werde —" sagte der Oberstes