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amte wieder. Das Blut stockte in Antons Herzen, sein Muth sank auf s Neue. — Ich glaube, mit dem Schwarzschießcn ist cs heute vorbei" — mur melte er. Und nur zu sehr sollte er gleich seinen traurigen Argwohn bestätigt finden: Der Oberstei ger machte ihn bei Ankunft der Gesellschaft nach seiner Frau mit dem Herrn Wardein und Gegen schreiber Kellcrhals bekannt und flüsterte ihm hin terher vertraulich zu: „mein künftiger Eidam, so Gott will und meine Tochter, — sie sperrt sich noch ein wenig gegen das süße Joch; sie will erst prüfen, eh' sie sich bindet." „Das ist sehr weise," — fiel Anton etwas aufathmend ein — „wir schmelzen ja auch kein Erz, bevor wir seinen Gehalt erprobt haben." „Wohl wahr," — sagte der Alte — „aber der Wardein ist wirklich ein probehaltiger Freiers mann, jung, von gute», feinen Sitten und auf dem Wege zu den höchsten Ehren in unserm Fache." „Das ist Alles recht gut" — bemerkte Anton — „aber eine so herzige Jungfrau wie Eure Tochter heischt vor Allem ein treu, tief und verläßlich Gcmüth. Das laßt sie ja suchen, und wo sie cs nicht findet, da wollet sic um Gottes Willen nicht zuni Ehcbundc zwingen." „Da sei Gott vor!" — betheuerte der Ober steiger.' — „Aber ich hoffe, sie nimmt den Wardein, denn sie ist ihm weiter nicht abgeneigt." Das war wieder ein Stich in des armen Steigers Herz. Er ging auf die Seite nach dem dunkle» Tanncnwäldchcn, das den Schießplan gegen Mittag begrenzte, und versank da in düsteres Sin nen. Mit dem Rücken an einen Baum gelehnt, stand er noch so da, als er seine Nummer wieder ausrufcn borte. Mechanisch folgte er dem Rufe, lud sein Gewehr, schoß — und- fehlte. „Ei! ei! was ist denn das?" rief ihm der Obersteiger ent gegen, als er aus dem Stande trat. Anton zuckte mit der Achsel und warf einen wehmüthigen Blick auf die schimmernden Preise. — „Ihr seid wirk lich ganz seltsam heute" — sagte der Greis kopf schüttelnd — „Euch muß ein Kummer drücken. Kommt mit, in das Zelt zur Gesellschaft, die Euch längst vermißt hat. Anton folgte und wurde freundlich empfangen. Man sprach eben von dem Aufsehen, welches der Durchzug der Wicsenthalcr Gastschützcn durch die Stadt erregt, und von den unangenehmen Gesichtern, welche die kaiserlichen Musketiere darüber gemacht hatten. Diese hatten ihn als Verhöhnung ausgenommen und bcrath- schlagt, welche Genugthnung an den kecken Bur schen zu nehmen sei. Die Berathung schien jedoch zu keinem Crgcbniß geführt zu haben. Man pries NUN die Unerschrockenheit der Gäste und frcuete sich über Len Aergcr der Speckritter, wie man die mit unersättlichem Appetit für fettes Schweinefleisch be gabten Musketiere nannte. Nur der Wardein theiltc Liese Freude nicht: — er sei zwar ein guter Luthe raner, versicherte er, aber Las herausfordernde Be nehmen der Wicsenthalcr könne er nicht billigen; diese hätte» bester gctha», ganz geräuschlos hinter der Stadt wcgzugchcn. „Da bin ich anderer Meinung," — erklärte Marie — „'es ist schlimm genug, wenn wehrlose Leute sich wider ihren Willen ducken und beuge» vor dieser Hand voll Söldlinge; wollen wir doch ein solches Ansinnen nicht auch an freie und wehr hafte Männer mache», die in allen Ehren zu uns kommen als werthe Gäste." Diese Rede klang dem liebekrankc» Steiger gar herzerquickend; er hätte nur gewünscht, das Ge spräch wäre eine Zeitlang so fortgegangen, dann hoffte er auch hin und wieder ein kräftig Wörtlcin an den Wardein bringen zu können, der zwar ein feines, geschmeidiges Hcrrlcin war, aber nicht eben dein Schlage von Männern anzngehörcn schien, dem seine Haut nichts gilt, wenn cs sich darum handelt, sic für Güter der Seele preiszugcben. Er war indeß ein gewandter Unrerhaltungskünstler, gab dem Gespräche schnell eine andere Wendung und wußte der Gesellschaft so artige Sachen vor- zumachen, daß Alle die heiterste Laune ergriff — Anton ausgenommen, dem der Stachel der Eifer sucht immer tiefer in Las Herz drang. So kam die Zeit heran, wo der Gefolterte seinen dritten und letzten Schuß thun sollte, und es war wohl kein Wunder, daß er auch diesmal fehlte. Antons Ge fährten meinten, ihr Steiger müsse behext sein; sie hat ten ihn alle so herzlich lieb, hätten ihm daher den großen Preis von ganzer Seele gegönnt, und nun trug ihn der Bcrgschmied von Platten davon. Anton ging völlig leer aus, aber was kümmeite es ihn! trug er doch den Twd im Herzen, den Tod seiner jungen, schönen Liebe. So entging ihm auch, daß Mariens Augen dann und wann mit einem Blicke inniger Theil- nahmc auf ihn, ruheten, wenn er gerade in düsteres Brüten versunken vor sich nicdcrsah. Sic konnte den schmucken Gast nicht länge? so traurig sehen, und ohne zu wissen, wie sic cs anfangen müsse, ihn auf zuheitern , knüpfte sie ein Gespräch über die Ver hältnisse ihrer und seiner Hcimath mit ihm an. „Ihr sollt zu uns kommen, um uns frohen Muth zu briugcn" — sagte sie — „nicht aber solche Traurigkeit ; denn Ihr lebt in Cuerm Meißncr-