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Union nur einige bessere deutsche Schulen zu grün den! Hier muß noch viel gethan werden. Das amerikanische Schulwesen ist auch noch sehr mangel haft, namentlich der Voiksunterricht, der viel zu sehr in mechanischem Abrichten besteht, während freilich der Deutsche zu viel von der Denkkraft der Kinder verlangt und vor Allem ihnen zu wenig Freiheit beim Lernen wie in disziplinarischer Hinsicht zugestcht. Der Deutsche erzieht seine Kinder zu viel, der Amerikaner zu wenig, oft gar nicht. Sehr bedeutend zeigt sich der deutsche Einfluß in der Medizin. Deutsche Aerzte genießen sehr viel Vertrauen in Amerika, und deutsche Apotheken oder wenigstens Apotheken in deutscher Art ein gerichtet und geleitet, übertreffen die amerikanischen so, daß die letzteren aümälich ganz aufhörcn werden. Der Handwerksbetrieb hat hier Vieles von dm Deutschen angenommen, wie umgekehrt die hiesigen Deutschen von den Amerikanern. Einige Gewerbe sind ihrer Natur nach vorzugsweise deutsch geworden: so die B ackeret, Pi an o fortcma chc- rei, Tischlerei und gewisse Zimm erarbeiten. Zn der Hutmachcrci haben die Deutschen viel von den Amerikanern gelernt. Daß die deutschen Bierbrauereien die ausgezeichnetsten in der Union sind, ist bekannt. Das Lagerbier macht auch unter den Amerikanern mehr und mehr Prosely ten. DaS führt mich auf das Tcmpcranz wesen. Daß die Deutschen den Tcmperanzgesetzcn fast ohne Ausnahme entgegen sind, ist ein Beweis von ihren vernünftigen Ansichten über den eigentlichen Geist dieser Gesetze. Daß sic im Allgemeinen etwas mäßiger im Kneipen'sein könnten, unterliegt aber auch keinem Zweifel. Die Jrländ'cr (beiderlei Ge schlechts) sind nun, vollends leidenschaftliche Trinker, Sänfer möchte man sagen. Diesem „importirten" Ucbel suchen nun die Amerikaner in den Ncucngland- Staaten durch Zwangsmaßregeln zu steuern. Sic verbieten den Kleinverkanf aller geistigen Getränke, gestatten ihn aber im Ganzen, wodurch sic den Armen den Genuß geistiger Getränke entziehen, ihn aber den Reichen gestatten, oder aber den Armen, der sich genug Geld zusammengespart hat, veran lassen, nun mit cincmmalc eine größere Quantität zu kaufen und — zu trinken. Dabei bedienen sic sich oft der elendesten Heuchelei als Mittel. Sie verabscheuen öffentlich die geistigen Getränke und trinken sie insgeheim. Am Meisten wird das Tem- pcranzwesen von denen unterstützt, die viele Fabrik arbeiter haben, weil sie nrrinen, dieselben würden mit geringerem Lohne auskommcn, wenn sie nicht so viel vertränken. Andere wieder hoffen, daß die Masse der Bevölkerung für Kleider, Mobilien u. s. w. das verwenden werde, was sic früher für geistige Getränke ausgaben. Daher unterstützen die Verkäufer solcher Dinge die Temperanzgesctze. End lich ist noch die Geistlichkeit größtenthcils für diese Gesetze, weil durch das Aufhören des Wirthshaus- lcbens die Geselligkeit, die Heiterkeit verschwindet, und dies die Leute zu Grübelei und Kopfhängerei besser vorbereitet. Das Alles durchschauen die Deut schen recht wohl und mit ihnen glücklicher Weise noch viele Amerikaner. Dennoch gewinnt besonders durch Geld die Tcmperanzpartci immer mehr Bo den, so daß schon unter den Gegnern Stimmen laut werden, welche behaupten, es gebe kein ander Mittel mehr, die Temperanzler zu stürzen, als ihr Prinzip einmal bis zum Exzeß durchzuführcn, um so das Widersinnige desselben recht einleuchtend zu machen und dann bald das ganze Institut auf immer zum Fallen zu bringen. Vielleicht bleibt dann etwas Gutes zurück: die wahre Mäßigkeit aus eigenem freien Antriebe. Wirksamer zeigt sich die deutsche Opposition in Bekämpfung der Frömmelei und Priesterwirth- schaft, die hier schlimmer sind als anderswo, ob gleich volle Religionsfreiheit verfassungsmäßig besteht. Die entschiedene Abneigung von neun Zehntheilen der deutschen Bevölkerung gegen jene Hal unter den Amerikanern schon manchen Anhänger gefunden, und bereits gicbt es unter diesen eine ziemliche An zahl von freisinnigeren religiösen Sekten. Dir gegen Pietismus und Pricsterhcrrschaft ankämpfen- dcn zahlreichen deutschen Blätter treffen freilich nicht immer den rechten Ton und schießen oft über daS Ziel hinaus, allein sie machen den Traktatcngesell- schaftcn doch oft das Leben sauer genug. Die übertrieben strenge Sonntagsfcicr, die in den Ver einigten Staaten herrscht, hat überall, wo viele Deutsche leben, einer milderen Form weichen müssen, besonders in Newhork. H nn.