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vielgenanntes sehr festes Außenwerk von Scbastopol mit Sturm zu nehmen^ mußten aber nach fürchterlichen Ver lusten den Angriff aufgebcn. — Obwohl der bisherige traurige Verlauf des Krimfeldzugs den Beweis geliefert Halle von der Schändlichkeit dcö in der englischen Armee bestehenden Grundsatzes, die Beförderung der Offiziere nicht blos nach Befähigung, sondern hauptsächlich durch Kauf geschehen zu lassen, so verwarf doch das Parlament einen Antrag zur Aufhebung dieses Mißbrauch-, den auch die Minister verlheidigten. Die Vorhut des englischen Ost- seegeschwaderS verließ am 20. den Hafen von PortSmulh, um an den russischen Küsten zu sein, sobald sich dort das Eis lösen würde. — Gegen Ende des MonalS ging der französische Gesandte Drouin de Lhuyis zu den Friedens konferenzen, die am 15, begonnen halten, nach Wien. — Während nach einem langen Winter in Sachsen der Eis gang auf der Eibe und den anderen Flüssen in der Haupt sache gefahrlos vorüberging (nur bei Riesa bildete sich ein großer Eisschutz und setzle die dortigen Niederungen un ter Wasser), richtete der Eisgang der Oder, noch mehr aber der des Rheins furchtbaren Schaden an. — Der General v. Wedell, der in Paris vergeblich sich bemüht halte, Preußens Zulassung zu den Wiener Friedenskon ferenzen zu erwirken, ohne daß Preußen eine Verpflich tung übernehme, eilte nach Berlin zurück, um sich neue Instruktionen zu holen, mit denen er nach Paris zurück kehrte, bald aber zu gleichem Zwecke nochmals in Berlin erschien, bis er endlich nach öfterem Hin- und Herreisen von seiner Regierung zu Hause behalten wurde. Herr v. Usedom konnte eben ft' wenig in London die Absicht der preußischen Regierung erreichen. — Der bisherige österreichische Gesandte in Konstaniinopcl, v. Bruck, wird zum Kinanzminister ernannt. — In Mailand ward eine Uebereinkunsr abgeschlossen, durch die die Differenzen zwischen Oesterreich und der Schweiz eben nicht zum Vortheil der letztem gelöst wurden. — Der bayerische Kriegsminister General v. Lüder nahm seine Entlassung. Fast gleichzeitig wurde auch di« bayrische II- Kammer aufgelöst, nachdem sic den Antrag auf eine Adresse an den König über den Zustand des Landes angenommen hatte. — Der dänische Reichstag beschließt eine Anklage gegen die zuletzt abgegangenen Minister. April. In Meißen ward am 11. der hundertjährige Geburtstag Hahnemann's, des Gründers der homöopnlht- schen Heilmethode, festlich begangen. — Nachdem die Wiener Konferenzen langsam durch 12 Sitzungen erfolglos sich hin- aezogen halten, lösten sie sich endlich auf. Am 23. reiste Lord John Ruffel ab, Druin de Lhuyis folgte andern TageS. — Gleich der vor 10 Zähren so viel besprochenen Aus stellung des heiligen Rocks in Trier fand am 23. in der Domkirche zu Brandenburg in Gegenwart des König- von Preußen bei einem Trauergottesdicnste zum Gedächt nis des verstorbenen Kaisers Nikolaus die Ausstellung der Uniform und Waffen statt, die dieser als Chef des 8. preußischen Kürassierregiments getragen hatte. Nach beendigtem Gottesdienste wurden Uniform und Waffen, die aus einem Tische vor dem Hochaltar ausgestellt ge wesen waren, in feierlichem Zuge aus der Domkirche in die Garnisonkirche gebracht und dort in einer Nische bei- gesctzl. — Noch größeres Unglück als der Eisgang des Rheins richtete der der Weichsel an. Große Landstrich« an der untern Weichsel sind noch heute nicht ganz vom Master und der Versandung befreit; ganze Ortschaften ststd von den Fluthen und den Eisschollen weggerissen, viele Menschen und das Vieh zu Tausenden sind ertrun ken, — Am 19, beschloß der Bundestags daß dir im Jahre 1848 eingefübrte Verfassung des Königreichs Ha- nover nicht in Uebcreinfiimmung mit den Bundesgesetzen sei, und foderte die hanoversche Regierung auf, die Ueber- einstimmung der Verfaffung mit den Grundgesetzen LeS deutschen Bundes ohne Verzug zu bewirken. — Um Las innige Einverständniß der französischen Negierung und der englischen recht hervvrzuheben, machte Lvuts Napoleon in Gesellschaft der Kaiserin einen Besuch am Hose der Königin Viktoria. Wenige Tage nach seiner Rückunft Von England schoß ein italienischer Flüchtling, ein Schuh- machergesell Pianori, ein Pistol auf den Kaffer ab, ohne ihn zu treffen. Er ward sogleich verhaftet. — Im eng lischen Budget hatten die Kriegskvsten ein Defizit von 23 Millionen Pfund Sterling ilüO Millionen Thaler) veranlaßt, wovon 16 Millionen Lurch eine Anleihe, 7 Millionen durch erhöhte Abgaben gedeckt werden sollen. Die Hauptmacht der englischen Ostsceflouc folgte am 4. ihrer vor 14 Tagen vorausgegangenen Vorhut. — Die spanischen Kortes hatten ein Gesetz angenommen, daS die Regierung ermächtigt, die zahlreichen Kirchengüter zum Beilen des verlornen Staatsschatzes zu verlausen Die Königin aber weigerte sich so lange, dies Gesetz zu unter schreiben, dis E-partero nebst allen Ministern abzugehen drohten. DieS'und noch mehr die Nachricht von drohen den republikanischen Bewegungen besiegte die Bedenken der Königin, die nun das Gesetz unterzeichnete. — In Ge nua fand die Einschiffung deS 15,000 Mann starken sardi nischen Hilfskorps nach der Krim statt. — Am 9. begannen die Alliirlen wieder das allgemeine Bombardement von Se- bastopol, Las 14Tage heftig aber erfolglos fortgesetzt wurde, bis Mangel an Munition sie nölhigie, ihr Feuer sparsamer einzurichten. — Der in der preußischen Rbein« Provinz lebenden Muller des an der Cholera gestorbenen türkischen Arlillerieobersten Grach bewilligte der Sultan eine jährliche Pension von 600 Lhlrn. Ätni. Jn Annaberg brach in Folgederdurch Liehohen Preise aller Lebensmittel und Nahrungslofigkeit der ar men Bevölkerung aufgelegten Entbehrungen eine Krank heit aus, die anfänglich selbst in ossiciellen Blättern für den Hungertyphus erklärt wurde. Bald wurde dem jedoch widersprochen, auch griff glücklicher Weise die Krankheit nicht weit um sich. — Die Sitzungen der preußischen Kammern wurden am 3. geschloffen. — Am 7. ward Pianori wegen des Attentats auf Louis Napoleon vor das Schwurgericht gestellt, von diesem zum Tode verurrheilt und am 14. früh 5 Uhr in aller Stille hingerichlel. Englische Zeitungen haben späterhin die Hinrichtung in Zweifel gezogen und behauptet, in ganz Paris sei niemand zu finden, der sie mit angesehen habe. Gewiß ist, daß in der ganzen Angelegenheit Manches im Dunkel geblieben ist. Der Minister Drouin de Lhuyis, der nach seiner Rückkunft von Wien sehr den Frieden empfahl, ward vom Kaiser entlassen und an seiner Statt der bisherige Gesandte in London, Graf WalewSki, ein naiürlicher Sohn Napoleons 1., zum französischen Mini ster des Auswärtigen ernannt. Der Kaiser eröffnete am 15. die große Industrie-Ausstellung.—Zu der englischen Flotte in der Ostsee stößt auch eine französische unter Admiral Penaud. — Trotz den vielen bereits staltgesun- denen RckrutcnauShebungen in Rußland und trotz der angeordneien Volksbewaffnung ward noch eine neue Ne- krulenauShebung von 12 Mann aus je 1000 männliche Unlerihanen angeordnck. Selbst aus den entferntesten asiatischen Provinzen wurden Truppen herbeigezogen; so übernahmen Baschkiren die Küstenbewachung in St. Pe tersburg und den Vstseeprovinzen, nicht gerade jur Freude