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stantinoptl aus den Befehl, mit seinen Truppen nicht den Pruth zu überschreiten. Dadurch wurde den Russen mög lich, einen Theil ihrer Truppen aus Bessarabien in die Krim zu schicken. Die Gegenvorstellungen, die Omer Pascha nach Konstantinopel machte, hätten fast die Ungnade dieses berühmten Feldherrn hcrbcigeführt. — Am 8. wurden in Madrid die Kortes (Nationalversammlung) eröffnet. Bei ihnen wie im spanischen Ministerium stellte sich bald her aus, daß die Moderados (Mittelpartci, Gothaer) das Ueber- gewicht hatten, und von nun an zeigten sich in Spanien ganz dieselben Erscheinungen wie im Jahre 1848 in Deutschland: in den Kortes wie damals im Frankfurter Parlament ein Schwanken nach links und nach rechts und aus lauter Furcht vor den Linken ein theilweise unbewußtes der Reaktion in die Hände Arbeiten, und im Ministerium einige entschieden Liberale machtlos ihren „gemäßigten" zahlreicheren Kollegen gegenüber, daher auch dort ein fortwährendes Zaudern und Rückwärtsgehen. Dieselben Ursachen müssen auch dieselben Wirkungen haben, und wir glauben, es gehört keine beson dere prophetische Begabung dazu, um vorauszusagen, daß in nicht zu langer Zeit auch in Spanien Ruhe und Ordnung wieder hergestellt und die vertriebene Königin-Mutter, Chri stine, mit ihrem ganzen Anhänge und noch viel mehr nach Madrid zurückgekehrt sein werde. Dezember. Wie in allen deutschen Staaten, so wurden auch in Sachsen Vorbereitungen zur Kriegsbereit schaft der Armee getroffen. Dem Direktorium der Leip zig-Dresdner Eisenbahn waren von der Regierung Vor schläge gemacht worden, diese Bahn an den Staat zu ver kaufen, doch lehnten in einer Generalversammlung am 14. die Aktionäre mit fast an Einstimmigkeit grenzender Mehr heit den Verkauf ab. Der außerordentliche Landtag wurde am 29. geschloffen, nachdem er mehrere Gesetze über Lende rung in dec Rechtspflege, wobei auch die Wiedereinführung der Prügelstrafe und ihre Anwendung auch auf das zarte Geschlecht, berathen, die Erhöhung der Civilliste des Königs auf 570,000 Thlr. und den Bau einer Eisenbahn von Zittau nach Reichenberg in Böhmen genehmigt hatte. — Der Altenburger Landtag verwarf das ihm vorzelegte Wahl gesetz, worauf er, wie üblich, aufgelöst wurde. — Nachdem erst vor wenigen Lagen Oesterreich einen neuen Traktat mit Preußen „zur Verstärkung des guten Einvernehmens" geschloffen, schloß es ohne Preußen und sogar ohne dies vorher davon in Kenntniß gesetzt zu haben, am L. einen Traktat mit England und Frankreich ab, den begeisteM Westschwärmcr etwas voreilig für ein Schutz- und Lrutz- bündniß und für eine Vorbereitung zur Kriegserklärung ge gen Rußland hielten, während doch dieser Traktat nach sei ner Wortsaffung nur die Wiederherstellung des Friedens und die Abwendung der Verlegenheiten bezweckte, in die Oester reich durch einen Krieg gerathen mußte. Die neue Sen dung des Oberstlicutenant ». Manteuffel nach Wien und die gleichzeitige des Hrn. v. Usedom nach London schien an zudeuten, daß Preußens Ansichten und Neigungen von denen des Wiener Kabinets abwichen. — Als Zeichen, daß doch auch zuweilen zwischen den Regierungen Les deutschen Bun des die Harmonie gestört sein kann, führen wir den Protest Hannovers gegen die Erwerbung des Jahdebusens von Sei ten Preußens an. Der Protest scheint indeß keine Folgen gehabt zu haben, wenn wir nicht das überaus langsame Fortschritten der Vorbereitungen zum Bau eines preußischen Kriegshafens am Jahdebusen dazu rechnen dürfen. — Nach dem die neuen Bolksthingswahlen in Dänemark fast ohne Ausnahme oppositionell ausgefallen waren, nahmen dir bis herigen Minister noch vor der am 18. erfolgten Eröffnung des Reichstages ihre Entlassung und erhielten als Nach folger zum Theil solche Männer, die bisher von den Mi nistern verfolgt und abgcsitzt worden waren. — In Eng land, wo am 12. das Parlament wieder zusmnmengetrctcn war, zog sich ein gefährlicher Sturm gegen die Minister zusaMmen wegen ihrer unzureichenden Vorsorge für die Krimarmec und für eine kräftige Kriegführung. Um die durch Schlachten und Krankheiten arg gelichteten Reihen des Kricgsheercs wieder zu füllen, wurden fortwährend neue Truppen nachgeschickt und zugleich vom Parlament die Ge nehmigung zur Anwerbung einer Fremdenlegion begehrt. Zwar erfolgte die Genehmigung, doch wurden dabei heftige Angriffe nicht blos gegen die Minister, sondern auch gegen die Deutschen gerichtet, aus denen zunächst die Fremdenle gion gebildet werocn sollte. Es schien, als fürchte man, die damaligen englischen Minister wollten mit Hülfe einer starken Fremdenlegion die fast allein nur noch in England bestehende Freiheit des Volkes unterdrücken. Als man sich vom Ungrunde dieser Befürchtung überzeugt hatte, verlor sich auch der Widerwille gegen die Anwerbung von Frem den. — Vor Sebastopol verstummte, je weiter der Winter vorschritt, und jcmchr Krankheiten und Noth bei den Alliir- ten wie bei den Russen überhand nahmen, das Kamvfge- tümmel. Beide Seiten begnügten sich mit gegenseitigem Beobachten und mit dem Bau von Angriffs- und Verthei- digungswerken. Der Admiral Dundas legte den Oberbe fehl über die englische Flotte im schwarzen Meere nieder und erhielt zum Nachfolger den thätigccn Lyons. — Eine zahlreiche Versammlung hoher Würdenträger aus allen Theilen der katholischen Christenheit fand sich in Rom ein und berieth über die ketzerisch bezweifelte unbefleckte Em- pfängniß der Jungfrau Maria, die nachher durch den Papst als Dogma (Lehrsatz) verkündigt wurde. Kirchliche Feste, die seitdem dieses Dogma feiern sollen, entbehrten fast überall des früheren Glanzes und der gläubigen Begeisterung. — Januar 1835. Das neue Jahr trat unter Sturm und Regen, Donner und Blitz auf. Sturmfluthen längs den ganzen deutschen Nordsceküstcn, in Hamburg besonders und in den hanoverschen und oldenburgischen Marschen, bedrohten Leben und Eigenthum der Bewohner; ein Thesl der oldenburgischen Insel Wangerooge mit der Seebadean stalt versank für immer in den empörten Fluthen. — Auch in Sachsen trat das neue Jahr mir einem großem Unfälle auf; die erst wenige Jahre alte, über 50 Ellen hohe Brücke der sächsisch-schlesischen Staatseisenbahn bei Löbau stürzte am 1. in mehren Bogen und Pfeilern zusammen; der stehen gebliebene Rest mußte späterhin gesprengt werden. Run ist man mit dem Ban einer neuen Brücke beschäftigt, die dem Lande Hundcrttauscnde kostet. — Der ordentliche säch sische Landtag, der unmittelbar nach dem Schluffe des außer ordentlichen noch in den letzten Tagen des alten Jahres zu sammengetreten war, ward am 5. feierlich in Dresden er öffnet; seine Hauptaufgabe war die Bewilligung des Bud gets, das ohne das außerordentliche über 9 Millionen, also 770,000 Thlr. jährlich mehr beträgt als in der abgelaufencn Budgetperiode. Wie in anderen deutschen Staaten wurde auch bei uns die Werbung für die englische Fremdenlegion und die Ausfuhr von Pferden über die Zollvereinsgrcnzm verboten. — In Wien nahm der österreichische Finanzministcr Baumgarten seine Entlassung, wie schon so mancher vor ihm. Beim Bundestage beantragte Oestreich dieMobilisirung sämmt- licher BundeSkontingente und die Ernennunff eines obersten Bundesfeldherrn; doch sprach sich nach langen Verhandlungen