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nahmen theils ihren Abschied, theils gingen sie zur türkischen Armee in Asien, die eben bei Bajazct und Kars von den Russen geschlagen Horden war. Mittlerweile lagerte die englisch-französische Hilfs- Armee unthätig in Konstantinopel und Varna, an letzterem Orte, trotz Omer Pascha's Warnung, in der Nähe eines sumpfigen Sees, dessen Ausdünst ungen gar bald die Cholera zum Ausbruch brachte. Die französischen Soldaten äußerten laut ihre Un zufriedenheit. Zur Strafe dafür wurden die unzufriedensten Truppen zu einer Expedition in die Sumpfgegenden der Dobrudscha ver wandt, bei der sie zwar keinen Feind zu sehen bekamen, an Sumpsficbcrn und Cholera aber mehr als die Hälfte der Mannschaft verloren. Auch der tapfere türkische Artillerie-Oberst Grach, der be rühmte Verlheidizcr von Silistria, starb in Rust- schuk an der Cholera. Eine, wie cs scheint durch Anhänger Rußlands in Varna veranlaßte Feuers brunst verzehrte viele reich gefüllte Magazine der Alliiricn mit dem größten Theile der darin aufbe- bewahrten Vorrathe. — Die Tschcrkessen machten unter Schamyl einen kurzen siegreichen Zug bis in die Nähe von Tiflis und schleppten von dort mehre vornehme russische Familien gefangen in ihre Berge. — In England vertagte am 12. die Königin das Parlament, das wenig Thätigkcit entwickelt hatte. Die Schattenseiten des Parla mentarismus, die man seit 6 Zähren in fast allen Ländern Europa's hatte kennen lernen, fingen an, auch in England zu Tage zu treten. — Na.bdcm mit Esparkcros Einzug in Madrid und seiner Ernennung zum ersten Minister vorläufig die Hoffnung für Frau Christine Munnoz ge schwunden war, die bisherige Wirthschast in Spa nien fortzusetzcn, wohl aber zu befürchten stand, daß das erbitterte Volk Rache an ihr übe» möchte, verließ sic am 28. in Begleitung ihres Mannes und ihrer Kinder zweiter Ehe Madrid, geschützt durch eine mtlitäritchc Bedeckung, die ihr ihre Toch ter, ^die regierende Königin Zsabclla, bis zur por tugiesischen Grenze mitgab. Sie schiffte sich in Portugal ein und begab sich von dort zur See nach Frankreich, wohin sich auch die bisherigen Mini- nister geflüchtet hatten. In Madrid aber brach ein Aufstand ans, als bekannt wurde, in welcher Weise die Königin-Mutter diese Hauptstadt verlassen hatte und dem ihr drohenden Gericht entzogen worden war. Der Ausstand wurde bald unterdrückt, mit chm aber auch manche der Freiheiten, die sich die Spanier erst vor wenigen Woche» erkämpft hatten. Namentlich wurden alle politischen Vereine aufgelöst. September. Abgeordnete verschiedener dcutjcher evangelisch-lutherischer Kirchcnrcgicrungcn Versammeln sich in Dresden. Fast gleichzeitig tagt in Braunschweig die Generalversammlung des Gustav-Adolf-Vereins. — Eine fürchterliche Feuersbrunst legte einen großen Theil der Stadt Sebnitz in Asche. — Die drohenden Kriegsaus- sichtcn und die in Folge einer unzureichenden Ernte und der weit verbreiteten Kartoffelkrankheit immer höher steigenden Preise aller Nahrungsmittel ließen die Lcipziger^Michaclismessc nur als eine mittel mäßige erscheinen. Zwar verlängerten die Regie rungen des Zollvereins die Erlaubnis! der freien Einfuhr des Getreides und anderer Lebensmittel, ohne daß jedoch die Preise niedriger sich ge stellt hätten — Zn Belgien fanden Unruhen wegen der Brodthcucrung statt, die bald unterdrückt wur den.— Wie österreichische Zeitungen melden, nimmt die Verständigung zwischen Oesterreich und Preußen „noch immer ihren Fortgang" — Die französische Flotte in der Ostsee trennte sich schon anfangs des Monats von der englischen und kehrte nach Frank reich zurück. Fast zu. derselben Zeit fanden im Lager von Boulogne unter den Augen des Kaisers Napoleon lll. große Paraden statt, zu denen auch der Pri^z Albert nebst zahlreichem Gefolge von England gekommen war. —» Endlich nahm die Monate lange Unthätigkeit der alliirtcn Truppen in der Türkei ein Ende. Am 4. und 5. schifften sich 50,000 Franzosen und Engländer nebst einigen Bataillonen Türken in Varna ein und segelten nach der Krim, wo sic am 14. bei Eupatoria landeten, ohne irgend welchen Widerstand von den Russen zu finden. Erst auf dem halben Wege nach der starken Festung Scbastopol, hinter deren Werken die ganze russische Flotte des schwarzen Meeres geborgen lag, an dem Flüßchen Alma, trafen sie die starke russische Armee unter dem Fürsten Men- schikoff in vorthcilhafter Stellung und schlugen sic nach einer blutigen Schlacht in die Flucht. Sie zogen sich in leidlicher Ordnung, Scbastopol sei nen eigenen Vertheidigungsmiltcln überlassend, nach Sympheropol zurück, während die englssch- französischc Armee, zwischen den Russen und Scbastopol durchmarschircnd, sich an der Süd seite dieser Festung aufstelltc und am 28. sich des Hafens von Balaklava bemächtigte. — Zn denselben Tagen, an denen die Engländer sich in die Krim cinschifficn, besetzten österreichische Truppen die Donaufürstcnthümcr und rückten am 6. in die Hauptstadt Bukarest ein, dort als „Ver bündete des Sultans" ebenso unumschränkt herr schend, als früher die Nüssen, die Feinde des Sul tans. Letztere setzte» ihren Rückzug über den Prulh »»belästigt von den Türken, vor denen sich die Ocstcrrcicher ausgestellt hatten, langsam fort, und E*