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mand auf Stundenweite, der Eure kaiserliche Hoheit hätte fahren können, sagte sie stockend, der Erzher zog Johann durfte doch nicht warten. Ihr Ge sicht glühte dunkelroth, der Erzherzog mußte es überaus reizend finden; denn daS Ende der Ge schichte war, daß er sagte: Sic haben sich meinet wegen zum Manne gemacht, — ich" kann nicht weniger thun, als Sic zur Frau machen! — Dazu willigte sic gern ein; wer aber nicht einwilligic, war Kasscr Fran-z, dcr doch auch gefragt werden mußte. In dcr Burg zu Wien würde man ganz außer sich gcrathen sein über diese romantische Thor- beit, wenn man nicht aus vollem Halse darüber ge lacht hätte. Der Erzherzog aber betrieb die Sache sehr ernsthaft; er setzte seinen Kopf darauf und der Kaiser mußte am Ende nachgebcu, er mußte die Tochter des Postmeisters zur Baronin von Prand- hof machen und Johann heirathcte sie. Seinem Sohne hat er die Stammburg der Grasen von Tyrol bei Meran gekauft: er heißt Graf von Me ran. Denn Metternich, s>/ru yree /e e-or, konnte sich nicht dazu verstehen, des Prinzen Erstgebornen zum Herzog von Mödling zu machen. Die Baronin von Brandhof aber ist eine so gute Erzherzogin geworden, wie die schöne Philippine Welserin weiland, und, wenn nicht so schön, doch sicherlich so liebenswürdig wie sie, und angcbctet von Allen, die sie kennen. Die ganz« vornehme Damenwelt Wiens hat keinen Flecken auf sic zu werfen gewußt, — wer Wien kennt, der weiß, was das sagen will." — Kehren wir zu dem Erzherzog zurück. In edler würdiger Weise die höchste Bil dung mit dem einfachsten, kindlichsten Gemüthe vereinend, verlebte er auf dem Brandhof seine steher märkische Idylle. Dem Volke trat er persönlich in dcr liebenswürdigsten Weise nahe, lernte alle seine Zustände kennen, und half und besserte, Ivo er konnte. Ost sah man ihn in dcr Tracht eines Landmanns, die Büchse auf den Schultern, Höhen und Thälcr durchstreichcn. Dem nichtigen Glanze des Hofes, dem beengenden Zwange der Etikette mochte er nicht sein Lcbcnsglück zum Opfer bringen: die Freiheit galt ihm vor Allem als das Höchste, dem Zuge des Herzens und dem Winken seines Genius folgen zu können und im innigen Verkehr mit Natur und Menschen die edle Lcbcnskunst, ein Mensch zu sein, zu erlernen. Oftmals ist in den letzten Jahren sein Naine mit Liebe und Verehrung genannt worden, ehe noch Jemand ahnen konnte, wie glänzend noch einmal das Gestirn seines Le ¬ bens am politischen H^izont emporsteigen sollte. Am weitesten aber ist das Wort erklungen, daß er bei jenem Fürstenmahle, bei dcr Grundsteinlegung für den Ausbau des Domes zu Cöln, gesprochen und als das große Ergebnis; der neueren Entwick lung des deutschen Staatenshstems, als begeisterten Trinkspruch ausgcbracht hatte: „Kein Oester ¬ reich, kein Preußen! Ein einiges freies Deutschland!" Welche ahnungsvollen Worte im Munde des künftigen Reichsvcrwescrs! Amt und Würde eines Rcicbsverwcsers ist nicht etwas durchaus Neues in Deutschland. Es war in dcr frühcrcn Vcrfassung von Deutschland, als die Kaiscrwürde noch bestand, ausdrücklich vor gesehen für den Fall, das; der kaiserliche Thron erledigt würde. Die Kurfürsten von Sachsen und von Pfalzbaicrn waren diese grundgesetzlich be stimmten Reichsvcrwescr oder Neichsvicaricn. Die Zeit ihrer Regierung hieß daS Zivischcnreich und durfte wo möglich nicht lange dauern, eben weil cs nur als Lückenbüßer angcschcn wurde. Das Jwischenreich fand 1792 S.tatt, nach Leopolds //. plötzlichem Tode und währte nur vier Monate. — In einein andren Sinne wird das Neichsvicariat des Jahres 1848 in's Leben treten. Nicht das Habsburger Blut, von dem noch ein Tropfen in seinen Adern rinnt, hat ihn auf diese Stelle bcru, fen, damit er für sich oder einen Andern kaiserliche Rechte wahre. Nnr darin liegt die Achnlichkeit mit der vergangenen Zeit und die Berechtigung je nes Namens, daß abermals in dcr Verfassung Deutschlands eine Uebergangsperivde, ein Zwischen reich, ein provisorischer Zustand eingetreten ist, und daß man, nm hier der Majestät der Fürsten, dort dcr Majestät des souveränen Volkes gerecht zu wer den, in dieser Wiederbelebung eines alten Reichs instituts eine» Ausweg gesucht und gefunden hat. Und gewiß, auch der Mann ist gefunden, wie ihn die Rcichsgrundgcsctzc, ohne alle Hinweisung auf fürstliche Herkunft, für die Kaiserwahl forderten, „eii; gerechter, redlicher-und geeigneter Mann." Möge er sich nun auch würdige Räthe und (wir hoffen es) den Mann als Reichskanzler bestellen, der bereis, an dcr Spitze des Frankfurter Parla ments, mitten unter dem oft stürmischen Toben der Parteien, dubch edle Sicherheit vollständig seinen Beruf dazu bewährt hat. G*