Volltext Seite (XML)
zu und ersah sich schon damals in Grätz die Stätte seines zukünftigen Wirkens. Abermals entriß ihn der Krieg der stillen Einsamkeit des Gebirgs. In den Zähren 1808 und 1809 rüstete sich Oesterreich mit neuer Kraft, cs führte zuerst die Landwehr ein und Johann leitete die Berathungen darüber. Kein deutscher Stamm aber war wohl geeigneter, einen Volkskrieg im rollen Sinne des Wortes zu führen, als die von Zagend auf in Waffen geüb ten, nicht durch »erkünstelte Cnlturvcrhältnissc oder materielle Zuteresscn behinderte», schlichten und wackeren Tyroler. Hier bewirkte LcS Erzherzogs und des von ihm ausgcsandtcn Hormayr's leben dige, begeisterte Thätigkeit jene großartige Erhebung des Zahres 1809, die, auch bei unglücklichem Aus gange, unsterblich in der Geschichte dasteht. Der Erzherzog befehligte das Heer von Jnnerösterreich, drang anfangs siegreich in den Gefechten bei Vcn- zonc, Pordcncnc und Sacile vis an die Etsch vor, sah sich- dann gcnöthigt, sich nach Ungarn zurückzuziehen, wo die Schlacht an der Naab ohne seine Schuld verloren ging und konnte nicht rechtzeitig bei Wagram cintrcffcn, nur in der Hauptschlacht Le» Sieg zu retten. — Nun durfte er wicdcr in seine geliebten Alpenthäler zu- rückkehren, um den Künsten des Friedens zu leben. Er gründete im Jahre 1811 das Nationalmuseum zu Grätz, den Männer» der Wissenschaft wohlbe kannt, welches »ach ihm de» Namen Zohanncnni erhalte» hat. -- Der Befreiungskrieg führte ihn aufs Neue wieder in politische Verhältnisse. Doch stellte er sich -Anfangs nicht an die Spitze eines Heeres, nahm aber im Jahre 181ü in, Namen seines kaiserlichen Bruders, in Mailand die Hul digung entgegen. Noch einmal sehen wir ihn dann im kriegerische» Geschäft, damals als er Hüuinge» belagerte und schleifte. Zur Erholung gereichte ihm dann eine längere Reife nach Frankreich, Eng land und den Niederlanden, ihm, der durch seine umfassende Bildung für die Kunst des Reisens hin länglich vorbereitet war. Zurückgckehrt suchte er sich ein Asyl, wo er, der sinnende Freund der Natur, der aufrichtige Freund des Volkes, fern von den Ränken des Ho fes ein glückliches Dasein sich gründen könnte. In - Wien war nicht die Luft, die ihn anheimcltc; hielt ihn doch sogar die Mcttcrnichschc Politik von allen Staatsgcschäftcn argwöhnisch fern. Tyrol, wo er lauter Freunde wußte, durste er, so lange Kaiser Franz lebte, nicht betreten. So ward den» Stcycr- inark sein Heimathland, wo er lange Jahre in stil ler Zurückgezogenheit, meist in Grätz wcrlebt hat. Bis vor Kurzem, wo ihn der Machtrnf der Zeit wieder auf den größeren Schauplatz berufen hat, bewohnte er dort eine reizende Villa, den Brandhof, wo er, ganz seinen Licblingsstudien hinzcgeben, im lebendigen Verkehr und Ideenaustausch mit Gelehr ten, die ihn anfsuchteii und mit dem schlichten Land- manne, dem wohl in seiner Nähe ward, an der Seite eines treuen »nd geliebten Weibes drei glück liche Decennien verlebte. Freilich in Wien rümpfte man die Nase und der Brandhof galt für ein ge fährliches Dcmagogennest. Gar merkwürdig ist seine Heirathsgcschichte, welche im Dresdner Jour nal Nr. 33. folgendermaßen erzählt wird und wie eine Seite ans einem anmuthigen Prinzenmärchen lautet: „Es war in einem stillen entlegenen Post hause mitten in den Bergen von Jnnerösterreich, in Aussoe, und nm die Zeit der Ernie. Alle Knechte waren auf dein Acker, nur der Postbalter, ein alter von Gicht gelähmter Mann, und ein Stallbube waren da ; in der Stube saß des Posthaltcrs Toch ter, ein tchlankes kräftiges Kind der Alpenwclt, und beugte die frische, von der Bergluft gcröthetc Wange über ihr Nähzeug. Da rollte eine vierspännige Kalesche vor — der Alte kommt in's Zimmer geeilt, Ncth und Schrecken in jedem Zuge: der Erzherzog Johann — der Erzherzog Johann ist da — und alle Knechte fort! — Der Erzherzog Johani^-— der darf nicht warten! sagte das Mädchen, ich will ihn fahren; Sie eilte fort, ehe noch der Alte eine Sylbc erwidern konnte. Der Stallbubc und der Postknccht von der letzten Station legten die Re- laispferdc vor. Untcrdcß holte das entschlossene Kind des Posthaltcrs die neue PostillonSmontur, die für Gallagclegenheitcn verschlossen im Schranke lfing, kleidete sich rasch hinein und nach kurzer Ver zögerung saß sie im Sattel Heck zu Roß, nahm Zügel und Peitsche, — und lustig rollten Ncisc- wagcu und Erzherzog weiter. DcS Erzherzog- Auge fiel nach einer Weile auf die Gestalt des Postillons, der ihn fuhr. Diese leichten, schlan ken Formen, diese Umrisse der Schultern, diese knappe Taille unter der dunkelrothcn Uniform mit den schwarz sammtnen Aufschlägen schienen ihm auffal lend. Er knüpfte ein Gespräch mit dem hübschen Schwager an. Dieser antwortete gescheidt und tref fend. — Das weiche Organ machte vollends den Verräthcr. — Du bist eip Mädchen, sagte der Erzherzog endlich. Sic crschrack. Es war Nie-