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Hof- und StaatScanzler ernannt wurde. Bei Er öffnung des Csngresses in Wien übertrugen ihm die versammelten Minister einstimmig den Vorsitz. ' Das in Oesterreich schon früher herrschende System der Unfreiheit und der Volksverdummung wußte er mit einer merkwürdigen Schlauheit noch bis in die neuern Zeiten aufrecht zu erkälten, wo in den angrenzenden deutschen Völkern schon längst eine freiere Denkungs weise sich Bahn gebrochen, und ihre Strahlen auch TheilweiS schon in die Länder des östetreichischen Scepters geworfen hatte. Ein System der ärgsten Betzornrundung währte dort bis in die neueste Zeit; be kannt ist es, wie die Censur dort gehandhabt wurde; die Leihbibliotheken, die Theater, die Universitäten, die Kanzeln der Geistlichen, besonders der protestan tischen Geistlichen, Alles stand unter strengster poli- zeilicher Bevormundung; cS wurden die Gedanken der Einheimischen und Fremden belauscht durch ein , Heer von geheimen Polizei-Spionen, und wehe dem, der durch unberufene Neuerungsgedankcn die Gra besruhe der österreichischen Staaten zu stören sich erdreistete. Von einer Eontrole der Staatsverwal tung durch Volksvertreter war nicht die Rede, und eine natürliche Folge war cs, daß inmitten des nächt lichen Dunkels die Schurkerei der vbern und untern Besamten, besonders im Steuerfache, ihr Wesen trieb, so daß ungeheure Summen, die als Steuern dem Staatsärar zufließen sollten, unterwegs in den Ta schen der pflichtvergessenen Beamten hängen blieben. Der Fürst Metternich wußte dieß Alles; er konnte und durfte eS aber nicht ändern; er wollte nun ein mal in Dünkel und Nacht regieren, und in der That regierte er in den österreichischen Staaken als unum. schränkter Selbstherrscher. So sicher und unbezwei felt war seine Herrschaft, daß der Regierungswechsel, der nach dem Tode des Kaisers Franz im Jahre 1835 den Kaiser Ferdinand auf den Thron brachte, kaum bemerkt wurde, da ja der allgewaltige Minister mit seinem Systeme derselbe geblieben war, und daß in den österreichischen Schulbüchern, wo von diesem Regierungswechsel die Rede war, die Bemerkung beigefügt war: es habe der Kaiser Ferdinand unter Leitung des Fürsten Metternich die Regierung ange, trete». Dieß war das richtige Wort; der Fürst lei tete die Staatsrcgierung des großen Oesterreichs mit seinen Nrbenstaaten; er allein gebot über die unge heuer» Kräfte dieses großen Gesammtstaates, und Alics leitete er nach sein cm Sinne und nach seinem Systeme, welches darauf berührte, die Völker" in unmündiger Knechtschaft zu erhalten. Solche Gelüste, waren natürlich auch in andern Län dern, besonders in den kleinern deutschen Staaten vor handen; die Minister in den andern Staaten, die ähnliche Gesinnungen hegten, fanden ihren natürli chen Stützpunkt in dem allgewaltigen Minister des großen Oesterreichs, und der freiheisfeindliche Wind, der über Deutschland wehte, kam größlentheils her über aus. Oesterreich Metternich war der Älknieister dec deutschen Diplomatie, ohne dessen Zustimmung in wichtigen Dingen in Deutschland Nichts geschehen konnte, und die wildstürmenden Wogen der Freiheit prallten fruchtlos zurück an dem Metlernichschen Systeme, wie an einem unerschütterlichen Felsengc- birge. Und 'was ist nun mit diesem allgewaltigen Mann», mit seinem so künstlichen, anscheinend so fest üufgebautcn Systeme geworden? Ein einziger Augen blick, ein einziger kräftiger Hauch der erzürnten Frei heit hat diesen allgewaltigen Mann von seinem Gipfel herab in den Wühl der Schmach und Verachtung gestürzt. Die großen Ereignisse in Frankreich im Februar 1848 wirkten wie ein elecirischer Schlag zurück auf andere Länder, namentlich auf Deutschland. Der Geist der Freiheit drang mit Gewalt, allen Schlag bäumen Hohn sprechend, auch in die Länder des Oesterreichischen Kaiserstaats. Erwartungsvoll sah man dem t3l. März, dem Tage entgegen, wo in Wien die Niederösterreichischen Stände zusammentretcn soll ten. ES ward eine Adresse an diese Stände vorbe reitet, worin um Veröffentlichung des Staatshaushalts, Preßfreiheit und eine freier« Staalsverfassunq gebe ten wurde; in wenig Tagen war diese Adresse mit tausenden von Unterschriften bedeckt. Dor Allen wa ren es di« Studirenden der Wiener Hochschule, die in diesen so verhängnißvollen Tagen durch die edelste Begeisterung für die Sache der Freiheit, durch. Muth und energisches Handeln sich hcrvvrthaten. Sie be» rietken und entwarfen am 12. März eine in den kräftigsten Worten abgefaßte Petition an den Kaiser, die durch zwei ihrer Professoren noch an demselben Tage dem Kaiser überreicht und von diesem mit gü tigen und fassungerweckenden Worten ausgenommen wurde. — Am 13. Mär; umwogte eine große, im mer stürmischer werdende Volksmasse daS Stände, Haus, wo die versammelten Stände über die dorthin gelangten Petitionen zu Rakhe saßen. Es erscholl im Volke tausendfach der Ruf: Ecnstitution I Da neben der Ruf: „Nieder mit Metternichs Denn