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einem Familienkreise wiederzufiaden. Umsonst! Seine Düsterkeit, seine Menschenscheu wuchs mit den Jah ren. Nur ein Band fesselte ihn an die Menschheit, seine Tochter Cordula. Er lieble sie, wie er nie auf Erden Etwas geliebt halte, und als er seine Gattin früh durch den Tod verlor, reiste er mit Cordula durch viele Länder, um einen Ott zu suchen, wo er sich ganz und gar von der Welt abschließen könne. In jenem stillen Fischerdörfchen, wo wir ihn kennen lernten, sand er diesen Ort. Jahre vergingen ihm wieder. Die Furcht vor Entdeckung seines Verbre chens ward schwächer, er glaubte nicht an den, der gesagt hat: ich will vergelten! aber er fand keinen Trost in diesem Unglauben. Ein fürchterlicher Kampf zerriß oft sein Inneres. Gab es einen Golt, «ine Ewigkeit^ so war er verloren, das fühlte er, und doch graute ihm vor dem leeren Nicht-; diese« schien ihm ost fürchterlicher al« selbst d e Strafen eine- endlosen Jenseits, wo doch seine Cordula, dies un> schuldige fromme Wesen, daS er so beiß liebte, die Seligkeit würde gefunden haben. So setzte er sich da« Zeichen: bleibt deine Thal unbestraft, so giebt e« keinen Golt; wird sie aber bestraft, so giebt eS auch einen ewigen Vergelter. Unter dieser Seelen folter sank seine sonst schöne Gestalt völlig zusammen, und er ward da« unheimliche Wesen, da« uns im Anfang dieser Geschichte grauenerregend entgegen trat. Eigentliche Reue fühlte er nicht, und er suchte sich davor zu bewahren, indem er von Zeit zu Zeit die Kette betrachtete, die er getragen hatte, al« er al« Festungsgefangener seinen Angriff auf den Fürsten büßte. Diese Kette bewahrte ec sorgfältig in jenem »erschlossenen Kästchen, dessen wir oben erwähnten. Betrat Jemand sein Zimmer, so kam e« ihm vor, al« entdecke er di- Kette und mit ihr seine ganze Vergangenheit. Er konnte dann seine Augen von den Augen de« Besuchers nicht adwenden, und bei jedem Blick den dieser nach der Seite that, «o daS Kästchen stand, bebte er im Innern zusammen. Wa rr sich auch sagen mochte, um diese Angst zu be zwingen, er konnte nie Herr darüber werden. Sv war e« noch, al« Roderich und dessen Mutter in seine Nähe kamen. Roderichs Aehnlichkeit mit sei nem Vater war so auffallend, daß Hypclit beim er- sien Anbl ck ihn für den Sohn seine« geopferten Feinde« hielt. Wa« er über die wahnsinnige Mutter hörte, bestärkte ihn in dem Glauben, Frau Birker sei die gehaßte Emerenzia. Er wollt« sie noch einmal sehen, ihr Worte der Rache zuflüstern, und mit Cordula diese Gegend eiligst verlassen. Wir kennen den Er folg seines Plans. Diese schriftlichen Bekenntnisse erhielt Roderich kurz vor dem Tode seiner Mutter. Emerenzia's Wahnsinn hatte sie in den letzten Tagen ihres Leben« völlig verlassen; mir klarem Be wußtsein vernahm sie die Beichte ihres unglücklichen Feindes, und dankend erhob sie die Hände, um de», vor dem nichts verborgen ist, zu preisen, daß er die Unschuld ihres Galten ans Licht bringe. Nun sterbe ich gern, rief sie, Teeenger« Name steht gereinigt vor der Welt, und Du, mein Roderich, kannst den ehrenvollen Namen Deiner Väter wieder tragen. Ihm aber, der mein Leben so tief verdüsterte, sei von Herzen verziehen! Möge auch Gott ihm ver zeihen! Bald darauf drückten Roderich und Ella der Lebensmüden die Augen zu. Sie ward auf dem kleinen Dorfkirchhvf neben Cordula begraben. Dann reiste Roderich nach der Stadt seiner Geburt, wo Hypalit schon seine Vergehungen auf dem Blutgerüst rewg gebüßt hatte. Der Fürst bemühte sich am Sohn da« Unrecht zu vergüten, das dem Vater widerfahren war, er wollte ihn an seinen Hof ziehen, ihn mit Huld und Würden überhäufen. Roderich wieS Alle« dankend zurück. Das Hofleben war ihm verhaßt; am wenigsten hätte er da leben können, wo sein schuldloser Vater so schmachvoll gestorben war. Auf seine Nachsuchung entließ ihn der Fürst des fremden Lande«, dem er gedient hatte, au» dem Militairdienst. Bald darauf feierte er seine Verbin dung mit seiner geliebten Elia, und, Erbe eines be deutenden Vermögen«, kaufte er in der Nähe seiner Schwiegereltern ein schöne« Landgut, wo er im Um gänge mit seinen Freunden beglückt und beglückend lebte. Unter den Bewohnern de« Dorfes und der Ge gend halten manche Stephan und Bertha ein trau- riges Loos prophezeiht, weil an ihrem Hochzeitstag« rin so unheilvolles Ereigniß Statt fand. Die Folge machte «der diese Propkezeihung ;« Schan den. Sie waren vollkommen glücklich, und die Er innerung an die schauervvlle Begebenheit ragte nur wie ein düsterer Schaltenstreif in ihr sonnenhelle« Leden hinein. —