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wltvitrn Frau Mintstrr Plehwe gegenüber getan. Die feierliche Bestattung de» ermordeten Mintstrr» Plehwe fand am Sonntage in dem Nowodewiticht. Kloster bei Petersburg statt. — Ueber d>e Person de« Mörder» ist nähere» bi» fitzt nicht bekannt geworden, da er jede AuSkünst verweigert. E» wurde nur berichtet, daß an dem Mörder, der selbst durch die Sprengbombe eine Wunde davon getragen, eine Operation notwendig geworden sei, die glücklich verlausen sei, und daß der Mörder dann in da« GefängoiSlazarrtt gebracht worden sei. Man nimmt auch an, daß der Mörder Mit schuldige habe, da noch rin Monn verhaltet morden ist, der am Donnerstag aus einer Kahnfahrt aus einem Kanäle in der Nähe der Stelle de» Alten- tatSplatze» eine Bombe in» Wasser geworfen hat. Auch dieser zweite vrrhastrte verweigert jede AuS kunst, um ihre Freunde und Angehörigen, die in solchen Fällen in Rußland auch gleich verhaftet werden, nicht in« Unglück zu stürzen. Auch in den Vereinigten Staaten regt man sich, um gegen da» Auftreten der ruistschrn Kreuze, flotte gegenüber neutralen Sch ffen Protest zu erheben. Zn amerikanischen amtlichen Kreisen ist man der Meinung, daß die Versenkung von neutralen Schiffen in Widerspruch nrt ollen Grundsätzen de» Völkerrecht» stehe und nicht ohne schar srn Protest durchgelossen werden dürfe. Vertreter von Eigentümern der Ladung de» „Knight Kommander" hatten mit dem Solicitor de» Staatsdepartement», Penfield, in Washington eine Besprechung über Einreichung einer formellen Beschwerde bei der russischen Regierung. Berlin, 30. Juli. Der zweite Sohn des kaiserlichen Ehepaares, Prinz Eitel Friedrich, ist am Freitag mittag durch den Prorektor Ge heimrat Zietelmann mit einer Ansprache feierlich exmatrikuliert worden. Berlin, 30. Juli. General von Trotha meldet unterm 26. Juli: Die Lage am Waterberg ist unverändert. Hamakari, Otj karu und Omu- weroumue sind stark besetzt, Virhposten befinden sich zwischen Osondjache und Omuweroumne und südlich von Otjenga. Die Abteilung Fiedler er reichte am 21. Juli die Gegend von Oljiwarongo und Orupcmparora und klärt in der Richtung aus Otjenga auf. Detachement Volkmavn steht bei Otawi und beobachtet nach Süden gegen Water berg, nach Norden gegen Hoai», woselbst der Owambo-Kapttän Nechale KriegSleutr versammelt hält. Abteilung Estorff steht noch bei Otjahewtta und hat die Verbindung mit Volkmann hergestellt, der ihr Mais uud Schlachtvieh von Grootsonlein aus zusandte. Die Abteilung H yde befindet sich bei Ombujo-Wakune, die Abteilung Müller mar schierte der Weide- und Wasserverhältmsse wegen nach Ertndi-Ongoahere. Zwischen den Abteilungen Müller, Hkyde und Estorff besteht gesicherte Ver bindung. Vom 2. Feldregiment ist die 2. Kom pagnie lm Marsch auf Konjati, die 3. Kompagnie folgt ihr, da» 2. Bataillon und die 7. Batterie haben mit der vordersten Stoffel Karibik erreicht. Die nach NaidauS bestimmte Kompagnie wird verstärkt. Führer Oberleutnant Graf von Brock dorff. Das Hauptquartier wird in den nächsten Tagen zur Abteilung Müller vorgehen. Der „RetchSanzetger" veröffentlicht daS Gesetz betreffend die Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft. Die Ausbeutung gestohlener Briefe d urch die Sozialdemokratie ist keine Selten heit mehr. Die „Germania" hatte vor einiger Zeit mitgeteilt, daß der „Vorwärts" in seiner Nr. 140 vom 17. Juni einen Brief veröffentlicht habe, welchen die Träsl. Franken-Sirrstorpffiche Ver waltung zu Franzdors am 13. Mat an den Herrn vr msä. Baumann zu Mogwitz, Kreis Grottkau, gerichtet hatte. Der „Vorwärts" behauptete da mals, dieser Brief sei durch ein günstige» Geschick einem Neiffer „Genossen" in die Hände geraten. In Wirklichk.it war aber dieser Brief dem vr. Baumann gestohlen. Auf die Anfrage, wa» der „BorwätS" dazu sage, hat die „Germania" bi» jetzt keine Antwort erhalten. Sie wiederholt des halb diese Frage an den „Vorwärts" und fügt noch hinzu, daß der betreffende Brief von dem „Genossen", der da» Vertrauen genoß, in der Wohnung de» Herrn vr. Baumann zu arbeiten, gestohlen und der sozialdemokratischen Presse über liefert worden ist. Die „Germania" bemerkt weiter: „WaS sagt der „Vorwärts" zu solchen Lumpen, seinen „sehr ehrenwerten" Genossen? Ist e» nach der sozialdemokratischen Moral erlaubt, und wird e» vom „Vorwärts" gebilligt, daß „Genossen", denen man vertrauensvoll rin Arbeiten in Wohnräumrn gestattet, diese» Verweilen zum schweren BertrauenSbruch und Diebstahl miß brauchen? E» scheint wohl so zu sei»; denn andernfalls hätte der „Vorwärts" längst gegen diese DiebeSgenossen austrrtrn müssen, nicht aber durch den Abdruck de» g-stohlenen Briefe» Hehlerei treiben dürfen." Gegen die konsei sion eilen Studenten- Verbindungen will die technische Hochschule in Hannover rin gemeinsame» Vorgehen aller Uni versitäten und Hochschulen einleilen. Wilhelmshaven, 29. Juli. Gestern abend wurden von einem Depotsrldwebel bet dem neu angelegten Fort „Altona" bei Rüstrrflrl zwei Franzosen unter dem Verdacht der Spionage verhastet. Sie hatten sich durch Photographieren der Befestigungsanlagen verdächtig gemacht und wurden dem Wilhelmshavener MartneuntersuchungS. grsängni» übergeben. Die Berhastrteu erklärten, sie befänden sich auf einer Vergnügungsreise; der eine gibt an, Ingenieur, der andere, Weinbauer zu sein. Wilhelmshaven, 29. Juli. Der Torpedo heizer Wilhelm Wilke wurde vom OberkrirgSgrricht wegen Kirchenraube» heute zu 6 Jahren Zucht haus und Entfernung aus der Marine verurteilt. Sigmaringen, 31. Juli. Ihre Majestät die Königin-Witwe von Sachsen ist heute in Krauchen wies zum Besuche des fürstlichen Hofes eingetroffen. Wien, 30. Juli. Nach einer Krakauer Biälter Meldung bezeichnet rin in Petersburg massrnhait verbreitetes revolutionäres Flugblatt die Ermordung PlehwrS als einen Akt gerechter Notwehr gegenüber dem schmählichen Despotismus, dem ganz Rußland auSgesetzt sei. Die Geduld des russischen Volkes sei zu Ende, und dem korrupten und gewalttätigen System, da» Rußland zugrunde richte, müsse um jeden Preis ein Ende gemocht werden. Rom, 30. Juli. Dec Sekretär der fran zösischen Botschaft beim Päpstlichen Stuhl de Coui cel ist heute abend nach Paris abgereist. Heute vor mittag hatte er eine 20 Minuten währende Unter redung mit dem Kardinal-StaatSsekretär Merly de Bal, über welche sich der Papst sogleich von lktzterem Bericht erstatten ließ. AlSbold nach der Unterredung traf de Courcel die Anordnungen zu seiner Abreise. Rom, 30. Juli. Der „OsservatvreRomano" veröffentlicht heute abend folgende Note: Die französische Regierung bat in der Tatsache, daß einige autorisierte Mitteilungen des PapsteS, die lediglich disziplinärer Natur sind, an einige fran zösische Bischöfe gerichtet wurden, eine Verletzung des Konkordats erblicken zu müssen geglaubt; dahrr hat die französische Regierung beschlossen, den offiziellen Beziehungen zum Heiligen Stuhle ein Ende zu setzen und heute morgen den Kardinal- StaatSsekretär von diesem Beschluß in Kenntnis gesetzt. Pari», 30. Juli. Der Nuntius Lorenzellt ist heute abend 10'/^ Uhr von einem Sekretär begleitet nach Rom abgereist. Paris, 30. Juli. Ministerpräsident CombrS hat in einem Schreiben an den Bischof von Dijon diesem erklärt, er habe eine schwere Verletzung drS Konkordats begangen, indem er seine Diözese ohne Erlaubnis der Regierung verließ, und ihm die Sperrung seine» Gehalts von dem Tage seiner Abreise ankündigt. Parts, 31. Jul«. Die radikal-sozialistischen Blätter beglückwünschen sich zu dem Bruche zwischen Frankreich und dem Vatikan. Sie geben der Hoffnung Ausdruck, die Regierung werde dabei nicht stehenblriben und versprechen ihr ihre Unter stützung zur Erreichung der völligen Trennung von Kirche und Staat. Die oppositionellen Blätter zweifeln, daß CombrS bis zur Trennung von Kirche und Staat gehen werde und beschuldigen ihn, er wolle vor allem dir Dauer seine» Ministeriums verlängern. Soletl sucht nachzu weisen, daß der Bruch mit dem Papste unheil volle Folgen haben werde, und spricht sein Gr- staunen darüber aus, daß daS Parlament nicht zusommenberufen worden sei. Paris, 31. Juli. DaS „Journal osficiell" veröffentlicht den zwischen der französischen Re gierung und dem Päpstlichen Stuhle gepflogenen Schriftwechsel, betreffend die Bischöfe von Laval und von D'jon. Darunter befindet sich ein Brief Eombr»', in dem er Delcassö Mitteilung davon macht» daß der nächste Mtnistecrat die zur Wah rung der Würde der Regierung nötigen Maßregeln besprechen werde. Gr betont die Inkorrektheit de» Briefe» de» Kardinal» Bannutelli an den Bischof von Laval, durch den er den Bischof unter An drohung der Enthebung vom Amt nach Rom be ruft. Combe» legt dann dar, daß dieser Befehl und diese Drohung erneuert wurden. Er ist der Ansicht, daß diese Treibereien darauf abztrlrn, die Regierung zu provozieren und «ine Kündigung de» Konkordat» herbeizuführen, und gibt den Ent schloß kund, die Brziehungeu zum Päpstlichen Stuhle abzubrrchen, wenn die Briese nicht zurück gezogen würden. Der Schriftwechsel enthält ferner ein Telegramm Delc ssü» an den französischen Geschä«t»1räger beim Vatikan, in dem er ihn mit der Uebrrrrichung einer Note beauftragt, in der er dem Kardinal- Staatssekretär mitteilt, daß Frankirich sich rotschloffen habe, wenn der Päpst lich« Stuhl di« ohne Wissen Frankreich» vorge- nommrnrn Akte aufrecht erhalte, dir Beziehungen adzubrechen, da sie nach dem Willen de» Päpst lichen Stuhle» gegenstandslos seien; Delcafs» fügt hinzu: Wir betrachten dir Mission de» apostolischen Nuntiu» al» beendet. Der sranzöstlche FiSku» verlangt von der neueu Panamagesellschast sür dir Eintragung der von der alten Gesrllschast überlassenen Konzessionen al» Stempelsteuer nur die Kleinigkeit von 13,600000 Frank. Madrid, 30. Juli. Hier und in der Um gegend sind die Bäckergesellen in den Ausstand g« treten. ES kam zu Ausschreitungen, infolge deren mehrere Personen verhaftet wurden. Petersburg, 29. Juli. Dem Zaren wurde zu erst nur die Mitteilung gemacht, daß der Minister Plehwe bei der Morgenfahrt infolge Scheuens der Psrrde verunglückt sei. Erst später erfuhr er die volle Wahrheit, die ihn in große Aufregung vrrletztr. Ec erbleichte und wrinte, dann mußte man ihm den ganzen Vorgang erzählen, wobei der Zar abermals in Ausrufe des Schreckens auöbrach. Der Zar war dem Mintstrr Plehwe sehr zugetan; er schätzte ihn al» Organisator, wenn er ihn auch mehrfach wegen seiner Strenge tadeln mußte. Am gestrigen Tage ließ er alle Audienzen und Em pfänge absogen, zog sich mit seiner Familie in seine Gemächer zurück und war sür niemand zu sprechen. — Plehwe pflegte jeden Donnerstag um 10 Uhr zum Zaren zu fahren. Diese Stunde hatte der Attentäter gewählt. Als die Equipage in Sicht war, trat er hinaus und warf die Bombe unter den Wagen. Der Mörder soll bet Begehung der Tat auSgerusen haben: „Nieder mit der Regierung und den Ministern! Da» ist nicht» gegen da», wa» noch kommt! Ich bin nicht der einzige!" Petersburg, 30. Jul«. Im letzten Verhör erklärte der Attentäter, er gehöre zu den terro ristischen Revolutionären und habe der Anweisung des Komitee» Folge ge leistet, welches den Tod Plehwe» versügt hatte. Petersburg, 30. Jul«. Hier kursieren die widersprechendsten Gerüchte über da», wa» geschehen wird. Einige glauben, Minister Witte werde da» Ministerium mit besonderen Vollmachten übernehmen. Allgemein aber glaubt man, sein Eingreifen werde jetzt maßgebend sein. Petersburg, 30. Juli. Der Zar läßt sich von Zeit zu Zeit über den Zustand der bet dem Attentat verwundeten Personen Bericht erstatten. Eine Frau und rin dreijähriges Kind ringen mit dem Tode. Der Zar hat bi» jetzt die Wohnung Plehwe« noch nicht ausgesucht, um die Kaiserin nicht zu beunruhigen. Petersburg, 31. Juli. Der Kaiser und die Kaiserin haben der Witwe PlehweS telegraphisch ihr aufrichtige» Mitgefühl bei ihrem schweren, un erwarteten Kummer ausgesprochen. Petersburg, 31. Juli. Heute fand in An wesenheit de» Kaiser», der Kaiserin-Witwe, de» Großiürsten-Thronfolger», der hier anwesenden Großfürsten und Großfürstinnen, sämtlicher Minister und de» diplomatischen Korps dir Trauerfeler für den Minister Plehwe statt. Nach dem religiösen Akt, den der Metropolit Antoniu» vollzog, wurde die Leiche nach dem Kirchhofe überführt. E» er eignete sich kein Zwischenfall. Zu der Ermordung de» russischen MtntsterS de» Innern, von Plehwe, erklärt die St. Petersburger Polizei, daß sie Anhaltspunkte blsttze, wonach da» Attentat das Resultat eine» sorgfältig vorbereitete« Anschläge» sei. In dem Verhör enthüllte der Attentäter die Tatsache, daß dir Revolutionäre eine lange Liste von zum Tod verurteilten Würdenträgern ausgestellt hätten. Außer dem Zaren ständen noch auf der Liste der Prokurator de» hetltgen Synod», PobedonoSze», der neue Gouverneur von Finnland, Fürst Oboleoöki, der Gehrimsekrrtär Vesobrazow und andere. Der „Hamburgische Korrespondent meldet, dem Zaren sei die Nachricht telephonisch übermittelt worden, .er war sehr aufgeregt und rief fortwährend: „O mein Gott, mein Gott." Die Zariu soll erst später da» Attentat erfahren, well ihr Zustand die größte Schonung fordert. Washington, 30. Juli. Der amerikanische Gesandt« in Konstantinopel Leishman hatte eine Audienz beim Sultan in Angelegenheit der Forde-