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« 88- Der sächsische- Vrgühtrr. «ettt K. LV»« Di« «iivsjLiirißs«»» OH»8l»iit^iiiig;«ii an den fiskalischen Straßen der Bezirke Namenz und MnigSbrück sollen in Ii»u>v»L, »a» 11. vwmmaLttmgpa V vi»», im Gasthof zur .Stadt Dresden" und in «m> >S. «a^aet, >i vi»e, im Gasthof zum »Schwarzen Adler" gegen sofortige Barzahlung und unter den vorher betanntzumachenden Bedingungen verpachtet werden. Die einzelnen Pachtstrecken sind wie früher und von den AmtS- straßenmeistern in Kamenz und Königsbrück und von den Straßenwärtern zu erfahren. Bautzen, am 30. Juli 1904. Kgl. Straßen- und Wasserbau - Inspektion. * Mehmarkt in Pulsnitz Montag, -en 8 August 1W4. Zeichen und Wunder am wirtschaftlichen Himmel. In der Erkenntnis der wirtschaftlichen Dinge in Deutschland zeigen sich manchmal Zeichen und Wunder. Diese Tatsache wird schlagend durch zwei seltsame Erscheinungen bewiesen. Der sozial demokratische Reichstagsabgeordnete Schippel führt ungefähr in seinem Leiborgan aus, daß der »Zoll wucher" eine Fabel, eine nichtssagende Redensart sei, denn trotz der angeblich so hohen Schutzzölle sänken in Deutschland die Preise für die meisten Waren immer tiefer, zumal für das Getreide, und wenn er, Schippel, nicht Sozialdemokrat sei, so würde er Agrarier sein. Das ist aus dem Munde eines sozialdemokratischen Führers eine Sprache, die an Erkenntnis der wirtschaftlichen Lage Deutschlands nichts zu wünschen übrig läßt. Allerdings sind die Schutzzölle Schippels Ideal nicht, sondern er spricht von sozialistischen Heil mitteln gegenüber der immer schlechter werdenden wirtschaftlichen Lage WaS er aber unter diesen wirtschaftlichen Heilmitteln versteht, sagt er nicht klar, er erwähnt nur den gesellschaftlichen Betrieb der Landwirtschaft. Da dieser Betrieb aber in weiter Ferne liegt, so müßten doch Schippel und feine Anhänger nun folgerichtig die Schutzzölle als zeitweilige Abhilsemittel anerkennen: Schippels Meinung über die wirtschaftliche Lage wird nun allerdings nicht von allen Sozialdemokraten ge teilt, aber er gibt den Gegnern scharfe Lektionen. So schreibt er, daß er in dem wirtschaftlichen Streite bis jetzt weiter nichts gehört habe, als unsinnige Denunziationen wegen angeblich mangelnder Ge sinnungstüchtigkeit, und er kündigte darüber in der »Chemnitzer Volksstimmc" persönliche Auseinander setzungen an. Dann sagt er den Genossen noch eine bittere Wahrheit mit den Worten: 2hm sei es lediglich darauf angekommen, daß man die Kraft des Zusammenhalts zwischen Industrie und Landwirtschaft, zwischen industriellem und agrarischen Unternehmertum nicht fernerhin maßlos unter schätze, was sich gelegentlich sehr bitter rächen könnte und sich wohl auch schon gerächt habe. Warum solle man als Sozialdemokrat nicht der artigen Gedanken nachgehen? Wenn nun so von sozialdemokratischer Seite eine Erkenntnis der Notwendigkeit der Schutzzölle iür Deutschland und ein Verständnis für die Lage der Landwirte und Industriellen kommt, so erscheinen in einer Anzahl freihändlerisch ge sinnten Zeitungen jetzt auf einmal Ausführungen, daß die Produktion in Deutschland schon wieder in einem Mißverhältnisse zum Absätze stehe. Es heißt in solchen Artikeln, daß die deutsche Kohlen industrie eine mächtige Überproduktion zeige. Wir fördern weit mehr Kohlen, wir produzieren weit mehr Koks, als wir verbrauchen können. In den Draht- und Drahtstistwerken wirft eine nimmer rastende Produktion unübersehbare Mengen heraus. Die Emaillierwerke häufen, trotz ausge dehnter Verwendung menschlicher Arbeitskraft, un ermüdlich Berge von Erzeugnissen aus. Ein eklatantes Beispiel für die starke Produktion bietet ferner die Kaliindustric. In der Eisen- und Stahlbranche, ferner in den anderen Zweigen der Metallindustrie, dann auch noch in der Maschinen industrie und in der Elektro-Technik finden wir überall dieselben Erscheinungen der Überproduktion. Und was den Getreidebau anbetrifft, so erzeugt eben die Gesamtlandwirtschaft der Welt auch eine Uebcrproduktion, wie das Sinken der Getreidepreise beweist. Da muß man doch fragen, ob die Herren Freihändler vielleicht in Deutschland die wirt schaftliche Lage dadurch bessern wollen, daß wir in Deutschland die Zölle ermäßigen oder aufheben, Während das Ausland seM Zollmauern stehen läßt und den deutschen Markt mit seiner Üeber- produktion überschwemmt?! Die Uebcrproduktion der Güter ist eben seit Jahrzehnten in Folge der hohen Entwickelung der Technik und der Vcr> kchrsmittcl eine schwere und dauernde Kalamität des ganzen Wirtschaftslebens geworden und zur Bekämpfung derselben ist der Freihandel ganz und gar ungeeignet, zumal wenn denselben nur ein Staat cinführen sollte, während die anderen Staaten an ihren Schutzzöllen festhalten. Die große gefährliche Ueberproduktion hat ja auch schon zu dm großen Produzenten- und Kapitalisten vereinigungen, zu den Syndikaten und Trusten geführt, und alle diese Abhilfemittel wie auch die Schutzzölle selbst werden von dem großen Gesetze diktiert, daß für Groß und Klein in allen Zweigen gilt und das da heißt: Der Kampf um das Dasein. Politische Weltscho«. Die Rückkehr des deutschen Kaiser« von seiner Nordlandsfahrt, von der täglich günstige Nachrichten einlaufrn, wird am 2. oder 3. August In Swtnemünde erfolgen. In den norwegischen Gewässern war in den letzten Tagen der vorigen Woche auch das deutsche UedungSgelchwadrr er schienen, und ist vom Kaiser Wilhelm einer Be sichtigung unterzogen worden. Von der Abordnung der deutschen süd afrikanischen Farmer erfährt rin Berliner Blatt, daß die erbetene Audienz beim Kaller nun mehr in Wilhelmshaven gleich nach dessen Rückkehr von der NordlandSsahrt stattfiadrn werde. Sichere nähere Angaben über den Inhalt deS nun abgeschlossenen deutsch-russischen Handelsvertrags sind bis jetzt a cht bekannt ge- worden und sie werden wohl auch nicht bald be kannt werden, do das Deutsche Reich aus Rücksicht auf dir mit anderen Ländern schwebenden HandelS- vertragSvrrhandlungen wahrscheinlich di« Kon zessionen, die sich Rußland und Deutichland in dem Handelsvertrag« gemacht haben, noch geheim hält, rS gilt aber sür sicher, daß Rußland den Minimaltarts sür die Getretdreinsuhr nach dem neuen deutschen Zolltarif mit Ausnahme des Zolles auf Gerste angenommen hat. Im Interesse unserer Landwirtschaft und Industrie wäre nur zu wünschen, daß die Handelsverträge Deutschland« mit Oesterreich - Ungarn und Italien, sowie auch mit England und Nordamerika auch bald unter Dach und Fach kommen. Da auch der preußische KrirgSminister von Einem von seinem Urlaub au« den baterischrn Alpen nach Berlin berufen worden war, um an der Seite de« Reichskanzler« Grafen Bülow an den Verhandlungen mit dem russischen Minister v. Witte tetlzunrhmen, so gewinnt die Vermutung an Wahrscheinlichkeit, daß zwischen der deutschen und der russischen Regierung gewisse Vereinbarungen getroffen worden sind, fall« anläßlich de« Krieges Rußlands mit Japan rin Aufstand in Russisch- Polen auSbrechen sollte. ES wird behauptet, die Grobpolen schürten von Lemberg in Galizien aus zu einem großen Polenausstande. In der leidigen Affäre der vom Frriherrn v. Mirbach geförderten Kirchenbaufonds hat jetzt auch rin hoher Verwandter des Kaiserhauses, der Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein, das Wort ergriffen und in einem Schreiben an den Geheimrat Budde erklärt, daß er rin Gegner der Art und Weise sei, wie Herr v. Mirbach Gelder für die Kirchenbaukond« gesammelt habe und daß er, der Herzog, vor allen Dingen für notwendig erachte, Aufklärung darüber zu schaffen, wo dir 325000 Mark geblieben seien, über die Herr v. Mirbach der Pommrrnbank gegenüber quittiert habe, ohne diese 325000 Mark erhalten zu haben. Die Srbetterentlassungen aus der kaiser lichen Werft in Kiel sollen deshalb stattgefunden haben, um den Prtvatwerftrn die KrirgSschiff«. nrubautrn zuzuwenden. Um die Anforderungen, die die steigende Zahl der Kriegsschiffe an Repa raturen stellen, zu befriedigen, werden die Reich«- Werften ganz überwiegend al« Reparaturwerkstätten Verwendung finden. In Oesterreich hat man zwei waschechten russischen Spionen Ende letzter Woche den Prozeß gemacht. Bor dem Wiener Landgericht fand der Prozeß gegen die zwei russischen Spione statt, welche dir neuen Befestigungen der Festung Przrmysl und neue Bestimmungen für die Mobili sierung in Galizien auSkundschaften sollten. Der eine Angeklagte, der Geschäftsreisende BroniSlaw Dyrcz, spielte eine untergeordnete Rolle, während der zweite Angeklagte, welcher sich Simon Lawrow nannte, jede Aussage verweigerte. Die Anklage behauptete, er sei srüher Kapitän , im russischen Generalstabe gewesen. Er hatte viele photographische Ausnahmen von den Befestigungen von Przrmysl gemacht. Die Untersuchung dauerte so lange, weil der Angeklagte Lawrow jede Aussage, wer er sei, verweigerte. Lawrow wurde zu einem Jahre schweren Kerkers, Dyrcz zu achtzehn Monaten schweren Kerkers verurteilt. Die Engländer scheinen dir günstige Ge legenheit, wo Rußland in der Klemme sitzt, be nutzen zu wollen, um einige der wertvollen Perlen inseln im persischen Meerbusen zu anrktieren. Aus Tiflis wird gemeldet, daß dir Engländer vor einigen Wochen ihre Flagge auf den im persischen Golf liegenden Inseln Abumusa und Tumb, die zu Persien gehören und von denen die persische Regierung durch Perlenfischer«! jährlich mehrere Millionen gewann, hißten. Sobald der persische Premierminister Ain rd Dauleh von der Besitz- ergretsung Kenntnis erhielt, gab er den Befehl, fofort die englischen Flaggen zu entfernen; der Befehl wurde ausgeführt. Der persische Kriegs minister, der sich auf Reisen befand, wurde, sobald er nach Teheran zurückgekehrt war, vom Schah in Audienz empfangen. Wie r« heißt, wurde der Minister damit beauftragt, eine Unterfuchung an- zustellen über den Stand und die Zahl der Truppen in der Provinz Khorasan. Wahrscheinlich befürchtet dir persische Regierung die Besetzung von Setstan durch die Engländer. — Die Differenzen England« mit Rußland wegen der Durchsuchung und Be- schlagnahme von Handelsschiff;« durch echte und unechte russische Kriegsschiffe sind noch immer nicht betgelegt, da dir Russen sich neue Uebrrgriffe an gemaßt haben. Auf eine Anfrage im englischen Parlamente erklärte der Pemierminister Balfour, da« russische Kriegsschiff »Dmitri DomSkoi" habe sich in Port Said mit 500 Tonnen Kohle ver sehen, um noch der Erklärung der Kommandanten direkt über Cadiz nach Kronstadt zu gehen. Trotzdem habe das Schiff während der nächsten drei Tage 6 Kauffahrteischiffe, darunter zwei englische, angrhaltrn und aus ihre Papiere ge- prüst. Nach Ansicht der englischen Regierung sollen in Zukunst die Schiffe keine Kohlen mehr erhalten, die sich nicht verpflichten, sie nur zu dem Zwecke zu gebrauchen, den sie bei Bestellung angebrn. Urber die Ergebnisse des großen Minister rates, der unter dem Vorsitze deS Präsidenten Loubet am Freitag in Parts stattsand, wird Schweigen beobachtet, doch geht die allgemeine Meinung der der französischen Regierung nahe stehenden Blätter dahin, daß es sich in dem Mintsterrate um den Abbruch der Beziehungen Frankreichs zum Vatikan handele, da dir sran- zöstsche Republik eine vollständige Trennung de« Staate» von der Kirche erstrebe und eine ent sprechende Gesetzesvorlage vor die Kammer bringen wolle. Nach einer anderen Lesart hätte eS sich in dem großen Mintsterrate aber auch darum ge- handelt, daß Frankreich auf Anregung England» in der Frage de« völkerrechtswidrigen Auftreten» der russischen Kreuzer gegen fremde Schiffe Stellung nehme. Bet der blinden Vorlieb« der Franzosen sür die Ruffen ist natürlich für einen französischen Mtntsterrat die Sache sehr heikel. — Große« Aufsehen erregt in Part« der plötzliche Aus tritt de« angesehenen General« NSzrters au« dem obersten KrtegSrate. Der Austritt Nbzrtrr« soll wegen Differenzen mit dem KrirgSminister ge schehen sein. Die Ermordung de» russischen Minister« de» Innern, Plehwe, hat in allen europäischen Hauptstädten einen tiesen Eindruck gemacht und oie Vertreter aller auswärtigen Regierungen haben dem Zaren ihr Beileid wegen der Ermordung de« russischen Minister» de» Innern au-gedrückt, ins besondere erhielt der Zar teilnehmende Depeschen von Kaiser Wilhelm, ferner vom Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, vom König Eduard von England, vom König von Italien und vom Präsi denten der französischen Republik. Der Zar und die Zarin selbst sprachen ihrerseits der Gattin de« ermordeten Minister« ihr Beileid au«, auch haben sehr viel, angesehene Russen dasselbe der ver-