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«r. Zur nachpfingstlichen Tagung des Reichstages. Der Reichstag ist am Dienstag nach Ablauf seiner fast vierwöchigen Pfingstfcrien nochmals zufammengetreten, um vor der notwendig ge wordenen Sommcrvcrtagung von seinen noch schwebenden Arbeiten wenigstens einiges zu verabschieden. Freilich heißt cs schon jetzt, daß der Eintritt der sommerlichen Ruhepause des Hauses gegen den 20. Juni zu erwarten sei, so daß also für den am 7. Juni begonnenen nach pfingstlichen Sessivnsabschnitt knapp zwei Wochen verfügbar fein würden. Falls wirklich die Ver tagung des Hauses zu jenem Zeitpunkt geplant ist, so würde die deutsche Volksvertretung in den noch zur Verfügung stehenden zwei Wochen eben nur das notwendigste und dringlichste verabschieden können, wie etwa das Reblausgesctz, die Münz gesetznovelle, das Gesetz über die Kanfmannsgerichte, das Servistarisgefctz und die Vorlage über die Entlastung des Reichsgerichts. Die beiden erst genannten Gesetze sollten keine langwierige Er örterung Hervorrufen, obschon der zum Münzgesetz gefaßte Kommissionsbefchlnß aus Einfügung eines Dreimarkstückes in der Partcipressc lebhaft erörtert und von der Linken übel ausgenommen worden ist. Man wendet sich gegen die vorgeschlagene Münze, die in das Dezimalsystem nicht hinein passe, verspottet die Anhänglichkeit des Publikums an dem Talerstück und wünscht dringlich, daß die bimctallistischen Urheber jenes Beschlusses im Plenum widerrufen werden. Trotzdem wird man sich bei dieser Frage, wie gesagt, schwerlich lange aufhalten, vielmehr die Vorlage die uns ein in der Form verbessertes Fünfzigpfennigstück bescheren soll, nach einigen Hin und Her unter Dach bringen. Auch das Servistarifgesetz und die Vorlage betreffs der Entlastung des Reichsgerichts werden in ihren weiteren Stadien kanm noch zu lang atmigen Erörterungen im Reichsparlamente führen, dagegen dürfte die Vorlage über die Kaufmanns gerichte wohl nicht so rasch Erledigung finden. In der Kommissivnsberatung sind mehrere wesent liche Abweichungen von der Regierungsvorlage zutage getreten, und schon die Sozialdemokratie wird die Debatte hier wohl in lebhafteren Fluß bringen. Noch andere schwebende gesetzgeberische Be- ratungsstoffc jetzt definitiv zu verabschieden, dazu wird dann aber der Reichstag sicherlich nicht mehr fähig sein, es dürfte sowieso mit seiner Beschlußfähigkeit schon „hapern". An ganz neue Gesetzesvorlagen, wie etwa die neue Militärvorlage, ist natürlich unter den obwaltenden Umständen nicht zu denken, auch nicht an das Wiederauftauchen des Diätenantrages. In manchen Blättern war ein solches angekünd'gt worden, und zwar in Hinblick auf die kürzlich vom baicrischen Finanz minister gemachten Aeußerungen, wonach die baierische Regierung der Diätenfrage schon darum freundlich gegenüber stehe, weil eine solche Ent schädigung für die süddeutschen Abgeordneten von besonderer Bedeutung sein werde; auch wurde von den betreffenden Zeitungen betont, daß der Reichs kanzler selber für seine Person durchaus kein Gegner von Reichstagsdiäten sei. Trotzdem ist nicht anzunehmen, daß nun gerade jetzt eine Entscheidung in der Diätenfrage fallen werde, hierzu ist die Sache offenbar noch immer nicht reif genug, wenngleich sie ja den Reichstag schon manches Jahr beschäftigt hat. Den Preßorganen übrigens, die in der vorerwähnten Auslassung des baicrischen Finanzministers den Versuch einer Pression auf den Bundesrat sehen wollten, ist die „Münchener Allgemeine Zeitung" bereits mit einem Artikel entgegcngetreten, dessen Inhalt dahin geht, daß es ein schwerer Fehler sein würde, dem Reichstage in seinem jetzigen Zustande Diäten zu bewilligen. Das Münchener Blatt ist keineswegs gegen die Bewilligung, aber es fordert zunächst eine energische Reformation des Reichstages ans dem Reichstage. Sachsen. Dresden, 10. Juni. Ueber den Gesundheits zustand Sr. Majestät des Königs wurde Donners tag vormittag im König!. Oberhofmarschallamt folgender Bericht auSgegrbrn: „Se. Majestät der König hat am Mittwoch einige Stunden de» Tages außer Bett zugrbracht und während der Nacht mit Unterbrechungen geschlafen. Der Appetit ist rege, aber der Kräftezustand läßt noch viel zu wünschen übrig; auch ist «ine Besserung der katarrhalischen Erscheinungen bi» jetzt nicht ringetretrn." — Ihre Majestät die Königin- Le» sSch fische «rzfitztrr. Sette i» Witwe und Se. Königliche Hoheit Prinz Johann Georg statteten gestern nachmittag Sr. Majestät dem König in Hosterwitz einen Besuch ab. Die Abreifr der Königin Carola nach Sibyllenort, die für morgen bestimmt war, ist bi« aus weitere» verschoben. Bischofswerda, 10. Junt. Wenn in der Zeit der Trockenheit mit dem Wasser nicht ge spart wird, wie beispielsweise von verschiedenen Konsumenten das Wasser Nacht» laufen gelassen oder übermäßig gesprengt wird, dasselbe auch an Stelle von EI» zur Kühlung verwendet wird, so wird die nächste Folge sein, daß die Wasserleitung der betreffenden Konsumenten abgestellt wird. Bei haushälterischem verbrauch von Wasser werden wir dank unsere» reichen QurllensegenS und der praktischen Einsührung des Wasser» an solchem nie Not haben. Wassrrverschwendung aber wird unnachsichtlich streng bestraft. Siehe amt liche Bekanntmachung. Bischofswerda, 10. Juni. Am 6. Junt verschied im Alter von 25 Jahren ein Bischofs werdaer Kind, der Unteroffizier Herr Friedrich Robert Sowaidnig, in Otjiharnea, im fernen Südafrika, als Kämpfer gegen die Hereros. Der Verblichene, der schon vor zwei Jahren bei dem Chtna-Feldzuge mit beteiligt war, ist der Sohn unseres Mitbürgers Herrn TuchwalkmeisterS Eduard Sowaidnig. DaS Andenken drS Entschlafenen wird bet allen, die ihn kannten, allezeit in Ehren gehalten werden. Bischofswerda, 10. Juni. Nächsten Sonntag soll die Wethe des hinter dem Schieß hause erbauten und nun vollständig unter Leitung der Herren Kluge und Panzer fertig gestellten Luft-, Licht- und Sonnenbades vormittags 11 Uhr ktattfinden. Dabet wird Herr Ober- pfarrrr vr. Wetzel die Weiheredr halten.— Die Einrichtung des Bades ist eine sehr einfache, denn bet den Naturhrilmaßnahmen in einer solchen Anstalt bedarf es wenig äußerlicher Dinge, nur eigentlich der Berplankungen, damit neugierige Menschen die Badegäste nicht belästigen können. ES sind drei Sonnenbadzellen eingerichtet, eine für Kinder mit zwei Liegematratzen, eine für Erwachsene mit vier Matratzen, eine separate mit zwei Matratzen. Zum Besonnen ist also reichlich Ge legenheit gegeben. Bet jedem Baderaum ist eine AuS- und Ankleidezelle. Die Wasserleitung liefert recht schön lauwarmes Wasser zur Dusche. Solche Duschen sind vier angebracht. Da» Wasser läuft sofort ab, durch den Lattenfußboden hindurch auf den sandigen Boden. Eine vierte Zelle enthält ein Sand bad. Ein Haufen seinen Sande» liegt da, in den man sich rinpuddrln kann wie die Hühner. DaS Lust-Lichtbad nimmt den größten Raum rin, ist mit Btrkenstämmchrn durchsetzt, Promenadenwege gehen rings herum und kreuz und quer; in der Mitte ist ein Rundteil mit Blatt- und Blumenpflanzen, die Herr König gespendet hat. Weiter sind vorhanden ein Kinder spielplatz mit einem Sandhaufen und ein Kegel schub »eben dem Wärterraum am Eingang. Dieser Eingang ist an der Sette nach den SchteßhauS- btrken. — Das Sonnenbad und das Sandbad soll allen Kranken, insbesondere den Rheumatischen dienen. Da freilich der Schweißausbruch ein machtvoller ist, so können sehr Nervöse, Herz leidende, körperlich Schwache diese Bäder nur mit großer Borsicht gebrauchen, den andern aber sind sie nicht genug anzuraten. Sie dauern in der Regel Vi bi» V, Stunde und sind Blutrrinlaer im wahrsten Sinne de» Worte». Die ganze Be handlung in diesem Bade zielt im letzten Grunde nur auf die Ausscheidung der Krankheitsstoffe au» dem Blute, aus dem Körper hin und nicht» andere» als dies kann gesund machen. Unser Bad ist ein Lust- und Ltchtkurort, ein Sanatorium im kleinen; dient alfo der körperlichen Wohlfahrt der Vereins mitglieder und der gesamten Bürgerschaft, sobald sich so viel al» möglich di« Kranken und Genesenden entschließen können, hier Gelegenheit zum Gesund werden zu suchen. — Die Badezeiten sind durch den Pächter und Bewirtschafter de» Sonnenbade», Herrn Masseur Kluge, für männliche und weib liche Personen bestimmt festgrlegt worden und Auskunft darüber bet ihm stets erhältlich. Auch kommen nach der Wethe und bet der Besichtigung am Nachmittage gedruckte Anweisungen zur Ver teilung. Bischofswerda. (Lausitzer Feuerwehr tag.) Bet herrlichem Wetter fand am Sonntag, den 5. Junt, in Neschwitz der 30. Verband»- tag de» „BeztrkSverbandeS Lausitzer Feuer wehren" statt. Bet der am Sonnabend abend unter Vorsitz de» Herrn Stadtrat Retche-Bautzen stattgrfundenen Delegiertensitzung, der al» Ehren gäste der Majoratsherr Freiherr Harry von , Btettnghoff-Rtesch, der Vorsitzende der Sächs. Feuerwehren, Herr Branddirektor Weigand, der Gemetnderat ufw. trtlnahmen, wurde der Jahres bericht, Kassenbericht ufw. vorgrtragen. ES wurde beschlossen, den nächsten BerbandStag in Bern stadt abzuhalten. Bon den Wehren, welche diese» Jahr Inspektion erhalten, sei unsere Nachdar wehr BelmSdorf erwähnt. Am Festtage selbst herrschte von früh ab rege» Leben, indem mit klingendem Spiel die Wehren nach und nach ein trafen. Hebungen, Sturmangriff und Sanität»- Übungen wurden gut ausgeführt und erhielten von den hierzu ernannten Inspektoren, den Herren Brandmeister Stölzel - Bischofswerda nebst den Herren Hauptleuten Berndt-Oberoderwitz, Beyer- Schirgiswalde, Rudolf-Walddorf und Naumann- BelmSdorf die Censur „Gut bi» sehr gut". Ein abwechslungsreiche« Bild bot der Festzug, welcher sich im Park auslöste, wo bet fröhlichem Spiel der BerbandStag fein Ende erreichte. R Bischofswerda, 10. Juni. Die in den Tagen de» 4 —6. Juni in Chemnitz statt- gesunkene 43. Hauptversammlung des Ver bände» der Sächsischen Stenographen vereine nach dem System Babelsberger, Sächsischer Landesverband „Babelsberger" hat sich unter Teilnahme weiter Kreise zu einer imposanten Kundgebung der GabelSbergerschen Stenographen gestaltet. Die unter der Leitung des Herrn Re- girrungSrateS Prof. vr. Clemens in Dresden am 4. Junt abgrhaltene Bertrrterversammlung faßte neben einer großen Anzahl Beschlüsse über in terne Angelegenheiten zwei solche, die die weitesten Kreise zu interessieren geeignet sind, nämlich: 1. eine durch den Landesverband mit Hilfe der einzelnen Stenographenvereine zu veranstaltende Zählung aller der Personen, die der GabelS bergerschen Stenographie kundig und bereit sind, Briefe in der Schrift dieses System» entgegen- zuorhmen, 2. Ecstrebung der Einführung des Stenographieunterrichts in alle Volksschulen und Fortbildungsschulen. In der am 5. Juni statt gefundenen Hauptversammlung, die von mindestens 1500 Personen besucht war und sich der An wesenheit der Spitzen aller kaiserlichen, königlichen und städtischen Behörden erfreute, hielt nach statt gefundenen Begrüßungen da» Mitglied des Kgl. Sächs. Stenographischen Institut», Herr vr. K. Lampe au» Dresden, den mit großem Beifall aufgrnommenen Festvortrag über „Die Bedeutung der Stenographie im Volksleben". Der interes sante Vortrag dürfte im Druck erscheinen. Aus dem sodann erstatteten Jahresbericht Ist zu ent nehmen, daß dem Landesverband z. Z. 237 Vereine und Verbände mit insgesamt 12,817 Mitgliedern angrhören, und daß an insgesamt 3446 Personen Unterricht erteilt worden ist. Die Häpe-Denkmünzr in Silber wurde dem Verbände der Chemnitzer Strnographenvereine verliehen, der, wie hervor gehoben wurde, in letzter Zett für die Steno graphie mehr getan hat, al» irgend eine andere Bereinigung. Die Festlichkeiten erfreuten sich äußerst starker Beteiligung; so waren beim Frst- kommerS etwa 2000 Personen, beim Frstball ca. 1200 Personen anwesend, während sich an der Festtafel rund 450 Personen beteiligten. Eine reich und vornehm auSgrstattete Festschrift wird bei den Beteiligten noch für lange Zeit die Er innerung an die glanzvollen Chemnitzer Tage wachhalten. Zum Orte der nächstjährigen Haupt versammlung wurde Bautzen bestimmt. -6. Schmiedefeld. Sonntag, den 1. nach Trinitatis, wurde hier Kirchenvisitation abgehalten, wozu Herr Superintendent v. Seydewitz und Herr AmtShauptmann Freiherr v. Teubern au» Pirna erschienen waren. Der hohe Kirchenpatron Se. Durchlaucht Erbprinz von Schwarzburg konnte leider nicht teilnehmen, da selbiger zu den Bei- setzungSseierlichkeiten zu Mccklenburg-Strrlltz ab gereist war. Der Gottesdienst begann um 10 Uhr. Da» schmucke, freundliche Gotteshaus war mit andächtigen Zuhörern gefüllt. Im Mittelpunkte de» Gottesdienste» stand die zu Herzen gehende Ansprache de» Herrn Ephoru», sowie die inhalts reiche erbouliche Predigt de» Herrn OrtSpsarrerS. Nach dem Gottesdienste schloß sich eine Hau»- vätrrvrrsammlung an, in welchem Herr Ephoru» besonder» den freundlichen Friedhof, da» herr liche Gotteshaus und den guten Kirchenbesuch seitens der Männer hervorhob. Gewiß hat Herr PsarrerKauferstein wesentliche Verdienste sichdadurch erworben. — Noch mancherlei Fragen wurden in der HauSvätrrversammlung erörtert. Hieran schloß sich eine kirchliche Unterredung mit der konfirmierten Jugend an. Leider konnte auch Herr Kantor Förster, der mit großer Liebe feinem kirchlichen Amte ergeben ist, nicht an der Visitation teil nehmen, da derselbe schon feit vor Ostern schwer erkrankt ist und gegenwärtig im Georgen-