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Anlage zu Ar. 68 des sächsischen Lrzählers Bischofswerda, de« 1«. Juul 1V04. Ausblicke auf die Weltlage. Noch immer läßt eine entscheidende Wendung in dem blutigen Ringen zwischen Russen und Japanern auf sich warten, und so muß denn auch die weitere Entwickelung des in seinen Wirkungen weit nach Europa und Amerika hinnbergreifenven ostasiatischen Problems durchaus dahingestellt bleiben. Dieser Lage entspricht es auch nur, daß die ausgetauchten Gerüchte von Vermittelungs bemühungen neutraler Mächte bei Rußland und Japan wieder verstummt sind, einstweilen ist im fernen Osten nur das Schwert maßgebend, mit dem diplomatischen Wort hat es noch gute Zeit. Merkwürdigerweise kommt aber gerade jetzt die Kunde von einer bedeutungsvollen diplomatischen Aktion in einer anderen asiatischen Affäre. Wenigstens tritt die Nachricht ziemlich bestimmt auf, es sei auf die Anregung König Eduards hin ein Abkommen zwischen England und Rußland wegen Tibets abgeschlossen worden, wodurch ein drohender Konflikt beider Großmächte in der tibetanischen Frage vermieden werden würde. Die Mitteilung nimmt sich freilich wunderlich genug aus, denn die gegenwärtige britische Expedition in Tibet ist ja eigens zu dem Zwecke ins Werk gesetzt worden, das Land des Dalai Lama mehr öder weniger unter britischen Einfluß zu bringen» und mit Berechnung wurde hierzu von den Eng ländern der Zeitpunkt ausgewählt, zu welchem Rußland sich durch seinen Krieg mit Japan voll in Anspruch genommen sieht. Warum sollte also England aus freien Stücken mit einem Male eine Verständigung mit seine»: Konkurrenten um die Vorherrschaft in Asien wegen Tibets suchen? Indessen, die englische Politik hat ja erst kürzlich durch die Anerkennung der französischen Jnteressen- und Einflußsphären in Marokko in dem Kolonial abkommen mit Frankreich die Welt überrascht, cs wäre demnach auch die erwähnte plötzliche Schwenkung in der asiatischen Politik Englands immerhin möglich. Was nun den gegenwärtigen Stand der marokkanischen Frage selbst anbelangt, so lassen sich die mutmaßlichen Wirkungen und Folgen des auf Marokko bezüglichen englisch französischen Abkommens noch keineswegs mit Be stimmtheit beurteilen. Trotz dieses Abkommens bildet Marokko offenbar nach wie vor eine Quelle möglicher internationaler Konflikte, wie auch das Erscheinen eines amerikanischen Geschwaders vor Tanger wiederum beweist, mag gleich diese maritime Demonstration der Union zunächst aus die Ent führung des Amerikaners Perdikaris zurückzu führen sein. Ziemlich still ist es in letzter Zeit von den mazedonischen Vorgängen geworden; es mag doch sein, daß das Bandenwesen in Mazedonien in den letzten Zügen liegt, nachdem die bulgarisch-türkische Verständigung eine fernere heimliche Rücken stärkung der aufständischen Sache von Bulgarien aus eigentlich unmöglich gemacht hat. Auch die übrigen Spezialseiten des alten vielverschlungenen orientalischen Problems geben zur Zeit keinen Anlaß zu sonderlicher Beunruhigung. Einer ver frühten Hundstagsmäre glich die dieser Tage in den spanischen Kontes vom Grafen Romanones aufgestellte Behauptung, Spanien habe mehrere Jahre heimlich dem Dreibund angehört. Der jetzige Ministerpräsident Maura und der frühere Minister Goisard haben diese sensationelle Ent hüllung alsbald als unbegründet bezeichnet, was auch ganz plausibel klingt, denn warum hätte sich der Dreibund mit einem so überflüssigen An hängsel, wie es das schwache Spanien dargestellt haben würde, belasten sollen? Inzwischen macht der bevorstehende Besuch des Königs Eduard bei Kaiser Wilhelm in Kiel immer stärker von sich reden; wenn man den Auslassungen eines Teiles der Londoner Blätter und auch einzelner Deutscher Blätter glauben dürfte, so hätte man eS in dieser Kieler Monarchenbegegnung mit einem Vorgänge von ganz besonderer politischer Bedeutung zu tun. Das ist indessen wohl noch sehr die Frage, eher steht zu vermuten, daß die europäische Konstellation auch nach der jüngsten Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm und König Eduard keine bemerkens werte Veränderung anfweisen wird. Q Sachsen. Bischofswerda, am IS. Juni 1904. — Wie schützen wir uns vor der Vlitz- grsahi? E» ist bekannt, daß der Blitz sich höher gelegene Punkte aussucht. Darum halte man sich während eines Gewitters im Freien von ollen solchen Gegenständen fern, die über der Elbe hervorragen, sei rS rin Baum, ein Mast, eine Mauer oder rin Zaun. Eisen« und Draht zäune sind natürlich erst recht gefährlich, nicht bloß deshalb, weil sie metallisch sind, sondern weil der Blitz an ihnen entlang läuft und die Möglich keit getroffen zu werden, sich auf 3 bis 5 Meter, je nach Ausdehnung de» Zaunes, vermehrt. Weiter hüte man sich, während des Gewitters auf freiem Felde der einzige hervorragende und anziehende Punkt in einem größeren Umkreise zu sein. Wohl hat man in diesem Falle geraten, sich platt auf den Boden hinzulegen. Aber auch daS dürfte gefährlich werden. Der Blitz schlägt näm lich am liebsten dort in da» Erdreich rin, wo die GrundwosservrrhSltnisse ihm zusagen, und da kann es gerade der Platz sein, wo man sich hingrstreckt hat. Wer ist aber immer über die Grundwosser- Verhältnisse einer Gegend so genau unterrichtet? Somit ist eS mit unserem Schutze im Freien übel bestellt, und nicht nur aus dem Lande, sondern auch aus der Wasserfläche. Wasser zieht den Blitz an und ist ein vortrefflicher Letter. Deshalb gehr , man auch auf Straßen nicht zu nahe an die Dach rinnen oder an solche Stellen, wo eine größere Menge Wasser von den Dächern niedrrstürzt. Im Hause heißt rS beim Gewitter vor allem: Halte dich fern von eisernen Oefen und TaSkronen, von der Wasserleitung und von dem Schornsteine. Gerade die Esse ist dem Blitze ein guter Wegweiser, und zwar nicht nur deshalb, weil der Schornstein einer der hervorragenden Punkte ist, sondern auch deshalb, weil der Regen doch auch in die Esse peitscht und Wasser ein guter Leiter ist. Auf dem Herde lösche man da» Feuer aus, denn auch Rauch und Ruß, besonders aber die verdünnte Luft im Schornstein sind gute Leiter. Die Fenster mögen während der Gewitters geöffnet bleiben, und zwar schon aus dem Grunde, damit, wenn ja der Blitz eine im Zimmer sich aushaltende Person betäubt und zugleich gezündet hat, der Betäubte vor dem EcstickungStode bewahrt ble be. Niemals ober soll man am offenen Fenster sitzen. Der Blitz folgt dem Regenstrom, und dieser ist gleichsam die Kraft, die ihn, den Blitz, herab zur Erde führt. Je näher man den Regentropfen ist, desto näher ist man also auch den zuckenden Strahlen und damit der Gefahr. Also: weg vom geöffneten Fenster! — Noch sei auf einen Umstand ganz besonders hingewirsen. In den wenigsten Fällen hat man wahrgenommen, daß vom Blitze Erschlagene ver brannt sind. Die Katastrophe ist meist durch eine Lähmung drS Nervenzentrums herbeigesührt worden. Darum aber gibt eS sür viele vom Blitze Getroffene noch Rettung, wenn rechtzeitige und energische Wiederbelebungsversuche gemacht werden. Diese Versuche sollte man unter allen Umständen unter- nehmen, und sie würden auch gewiß sehr ost Er folg hohen, eben weil eS sich meist nur um Stör ungen deS Nervenzentrums handelt. uo. — Gefährliche Pflanzen. Lindenblüten- und Kamillentee sind als bekannte Hausmittel in ollen Hausapotheken zu finden. Der Lindrnbaum sowohl wie die Kamillrnstaude haben jetzt Ihre Blütezeit. Die Blüten derselben werden daher nicht nur von gewerbsmäßigen Händlern, sondern auch von anderen Leuten für den eigenen Familien bedarf nach Srlegenheit ringrsammelt. Auch werden wohl Kinder mit diesem Geschäfte betraut. Beim Einfammrln der Kamillen ist aber große Vorsicht geboten, da die echte Kamille, welche al» Medizinal pflanze allein tnbetracht kommt, zwei gefährliche Doppelgänger hat, nämlich die Hundskamille und die Ackrrkamille. Zur Vermeidung von unliebsamen Verwechselungen ist folgende» zu brachten: Die echte Kamille ist kenntlich an dem aromatischen Duft ihrer Blüten, während die Hundskamille widerlich riecht und dir Ackrrkamille gar nicht duftet. Die echte Kamille Ist ferner daran erkennbar, daß die weißen Etrahlenblüten herabhängrn, während sie bei den beiden anderen Arten wagerrcht auS- gestrrckt sind. Auch sind bei der echten Kamille Kraut und Blüten bedeutend kleiner, al» bet der Hunds« und Ackrrkamille. — Der Sächsische Lande».Verband de» Bundes deutscher Militär-Anwärter und Invaliden veröffentlicht seinen Jahresbericht aus da» verflossene BrrbandSjahr. Seit Gründung diese» Verbandes im Juni v. I. ist derselbe bereit» auf ca. 2000 Mitglieder angewachsen, die sich in 16 größeren Städte« Sachsen'» zu Zwrtgverrinen zusammrngrschlosfea haben. Ja Verfolgung seiner Ziele, dir Interessen der Militär-Anwärter und Invaliden zu vertreten, entfaltete der Verband eine rege Tätigkeit. JnSbefondrr« will er auch dahin wirken, daß die au» dem Aktivstande au», scheidenden Militär-Anwärter vor ihrem Uebertritt in den Zivildienst Gelegenheit erhalten, sich zweck entsprechend auf die betreffende Beamteolausbahn vorzuberriten und hat sich in dieser Angelegenheit bereit» an die maßgebenden Stellen gewendet. Für die Mitglieder bestehen Wohlfahrtseinrichtungen sür Sterbefälle, Notlagen und andere Vorkomm nisse. Am 28. und 29. Mai hielt der Lande». Verband, dessen Sitz sich in Dresden befindet, feinen diesjährigen BerbandStag in Leipzig ab. Bon allen Zweigvereinen waren Vertreter in größerer Anzahl zugegen. Die Verhandlungen, welche sich im allgemeinen mit den Zielen de» Verbandes und den sich daraus notwendig er gebenden Maßnahmen beschäftigten, nahmen einen äußerst befriedigenden Verlaus und gaben ein be redte» Zeugnis von dem Korpsgeist und dem kameradschaftlichen Sinn, der unter den alten und lang gedienten Soldaten gepflegt wird. Die Tätigkeit drS BerbandSvorstandrS im verflossenen Jahre sand allgemeine Anerkennung. Der nächst- jährige BerbandStag findet in Chemnitz statt. Interessenten erteilen die Vorsitzenden der Zweig- vereine bereitwilligst jede gewünschte nähere Auskunft. * Neugersdorf. Für daS XI. Oberlausttzer BundeSgrsangSfest ist der Festverlauf in folgenden Hauptzügen frstgelegt worden: Sonntag: 28. Juni: Borm. Empfang der Sänger am Bahn- Hof, Abmarsch zu den KrriSprobrn, sowie zu der vorm. 11 Uhr beginnenden Hauptprobe. Nachm. 5 Uhr findet ein großes weltliches Konzert, abend» 8 Uhr FestkommrrS in der Festhalle statt. Montag, 27. Juni, Frühschoppen - Konzert im Erbgerichtsgarten, nachm. 2 Uhr große» geistliche» Konzert in der Festhalle, danach kurzer Festzug, sowie zum Schluß AbschiedSkommer» in der großen Sängerhalle, welch letztere abend» festlich mit elektrischem Lichte beleuchtet sein wird. Die Konzerte und Kommerse sind öffentlich und gegen »in mäßige» E ntrittSgeld für jedermann zugängtg. Die bisher getroffenen Vorbereitungen lassen einen würdigen Verlauf erwarten und berechtigen zu regem Jntensse alter GrsangSfreunde an diesem Fest,. Sebnitz, 13. Juni. Durch da» Entgegen kommen der hiesigen Baumeister ist der Maurer streik noch in letzter Minute verhütet worden. D»r Stundenlohn wurde auf 32 Pfg. für da laufende Jahr festgesetzt und außerdem noch eine weitere Zulage von 3 Pi. pro Stunde für da» kommende Jahr in Aussicht gestellt. Auf diese Bedingungen gingen denn auch die Bauarbeiter ein und ließen alle weiteren Forderungen vorläufig fallen. DreSdeu, 13. Juni. Am Sountag nachmittag warf sich da» 17jährige Dienstmädchen Berthold aus Freiberg vor der Station Tharandt vor den 5 Uhr nachmittag» dort rinfahrrnden Personrnzug. Der Unglücklichen wurde der Kopf abgefahren. In der Nähe fand man ihr Dienstbuch. DaS Mädchen war von seiner Dienstherrschaft in Tharandt ent lasten worden. — Der Sohn de» Gendarmen Saro in Coschütz stürzte gestern an den Abhängen de» Plauenschen Grunde» von einem Felsen ab und wurde besinnungslos mit schweren Kopfwunden aufgehoben. — Nach der neuesten Statistik nehmen die Lungenschwindsucht und die Erkrankungen der Atmungsorgane in Dresden die erste Stelle unter den Todesursachen »in. Unter 670 Ge storbenen im Februar befinden sich 90 Personen, bei denen die Lungenschwindsucht al» Todesursache frstgesteUt worden ist. Hierzu kommen noch 36 Todesfälle durch Lungenentzündung und 35 Todes fälle durch akute und sonstige Erkrankungen der Atmungsorgane. Da» sind zusammen 161 Fälle, also nahezu 25 Prozent aller Todesursachen über haupt. Leipzig. (Dumme gesucht!) Ein Kolonial- Warenhändler de» Leipziger SüdviertrlS erhielt am Sonntag von spanischen Geldschwindlern den folgenden Brief: „Madrid, den 8. Juni 1904. Geehrter Herr! Wegen Bankrott als Gefangener in hier erlaube ich mir Sir HSsl. anzusragea, ob Sie geneigt wären mir zu Helsen eine Summe von Franken 800,000 in Banknoten welche ich in einem Koffer der sich im Depot eine» französischen Bahnhöfe» befindet, besitze, zurückzuziehrn. — Um dir» zu ermöglichen ist e« unbedingt notwendig daß Sir hierher kommen um durch Bezahlung der Prozrßkosten an den SrrtchtSschrriber mein in hier mit Beschlag belegte» Handgepäck auszulösen um auf diese Weise la den Besitz meiner Reisetaschen zu gelangen worin sich in einem Geheimfach der