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er fürchtete sich, daß Jacqueline ihm wohl ohngefähr auf ähnliche Weise Treue gchal. ten habe. Dann pflegte ihm selbst recht sehr daran zu liegen, seine ehemalige Hcr- jogschafl für leinen bloßen Fieberlraum zu halten, wiewohl sein zartes Gewissen ihm bemerkbar machte, daß auch Untreue ,m Traume Untreue sey. Noch vielen mißlungenen Versuchen, seine mit jeder Stunde heißer geliebte Jac queline nur einmal wieder zujsehen, erfuhr er, — fast in Ohnmacht wäre er gesunken — der Herr General de Fano und seine Familie sey schon vor mehrern Wochen von Namur abgereist, vermurhlich nach Italien, und seine gesammte Haushaltung habe ihn begleitet. Er lief mit dieser entsetzlichen Nachricht ins Hinterstübchen — warf sich auf sein Bette und weinte wie ein Kind. Nun erst fühlte er, was ihm die göttliche Jacqueline gewesen, da er sie ohne Hoffnung Verloren. Sein tebcn war zerrissen. Er verfluchte sein Schicksal und nebenbei den gottlosen Chaldäer, der ihn um seine Treue um seine Kunden im Spitzenladen, um sein Herzogtum und um Jacquelinen gebracht hatte. Doch kann man auch nicht immer wei nen und fluchen. Der arme Bloubin ging wieder in alter Weise seinen kleinen Han- delsgeschäfkcn nach, und verschloß seinen Gram und seine Sehnsucht in sich, und schlich ohne Trost, ohne Freude, ohne Freund aimher, wie ein lebensmüder. Von seinem Abendtheucr mit dem Chaldäer offenbart« er kein, m Menschen, so oft ihn auch wohl Be kannte fragen mochten, wo er während der mehrmonatlichen Abwesenheit gewesen? Ec wußte ohnehin selbst nicht, was er von allen dem Vorfälle halten sollte. Denn er ver- nahm von allen Seiten her, weil er bei Ge lehrten und Ungelehrten nachspürte, daß eS keinen Herzog und keine Herzogin von Melfi, kein Schloß Charmes, ja nicht einmal ein sogenanntes St. Valerien deS Anges gebe. Der Caldäer war ein Windbeutel vom Hause aus, und hatte sich in seiner Zauber, welt eine ganz eigne Geographie gemacht. Nach sechs Wochen hatte der Blondin so ziemlich alles vergessen, nur die göttliche Jacqueline nicht, da begegnete ihm wieder ein Chaldäerstreich. Er bekam nähmlich ei nes Morgens durch die Post unter einigen Handelöbrirfen einen mit der Aufschrift: Herrn de Blond de Lau re. Stadt, Straße nnd Haus, selbst sein Vorname wa ren so richtig angegeben, baß der Brief kei. nem andern gehören tonnte, als ihm. Daß man aber sein le in ein vornehmes de ver wandelt hatte, befremdete ihn nicht so sehr, denn das konnte für einen Schreibfehler gel. ten. Allein der Zusatz de Laure machte ihn doch stutzend. Er erbrach den Brief. Er war datirl vom Landhaus de Laure, bei Gaillac im Gouvernement Languedoc. Der Verfasser des Briefes unterschrieb sich Mar tin Crispin, allerunterthänigster Diener. Der Inhalt war ungefähr folgender: Da Herr St. Valerien des Anges daS herrliche Gut de taure, sammt allen Lände reien und dazu gehörigen Gerechtsamen, für Herrn de Blond gekauft habe, wolle sich der bisherige Verwalter seinem neuen Gebieter unkerthänigst zu Gnaden empfehlen, und bitten, daß ihm seine hohe Herrschaft ihr Zutrauen gewähren möge. Alle Dienerschaft auf dem Gute wünscht nichts sehnlicher, als den gnädigen Herrn bald daselbst persönlich verehren zu können. Auch fragte der unter- thänig« Martin Crispin an, ob er dem gnä digen Herrn, falls er sich nicht sobald nach de iaure bemühen würde, die einlaufenden Gelder vierteljährlich in guten Wechseln überwachen müsse? ' (Die Fortsetzung folgt.)