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Umständen kein anderes Hülfsmittel, als daS Aeußerste zu wagen und sich mit seinem schwa chen Kriegeheere durch das in aller Betrach tung überlegen« feindliche durchjuschlagen. In der That wurde auch auf morgen der Befehl darzu erkheilt. Eine schreckliche Nacht ging dem entscheidenden Tag voran; jeder erwartete Tod oder Sklaverei. Vom Kummer überwältigt, verschloß fich Peter in sein Zelt und verbot streng, daß Niemand unter keinerlei Vorwand, es wagen sollte, sich ihm zu nähern. Als aber alle den Muth und die Besonnenheit verlo ren hatten, rettete Katharina durch ihre Klugheit das eingeschloßne Heer. Sie rief den Vicekanzler Schafiroff und die vornehm sten Feldherren zu sich und machte den Vor schlag, durch das Anerbieten eines möglichst großen Geschenkes, den obersten Befehlsha ber der Türken zu grwizmen und dadurch einen Wäffenstillcstand und Frieden zu erbit ten. Dieß ward in Ausführung gebracht und Katharina wagte es, sich dem Zelte ih res Gemahls zu nähern, und sein Verbot nicht achtend, einzutreten. Vcrzwe-flungsvoll saß Peter im Fcldstuhle und sähe starr auf die Erde. Katharina näherte sich ihm mit Ehrerbietung, und mit freundlichen Worten schilderte sie die Möglichkeit einer Rettung; durch Bitten und Thränen vermochte sie end lich, daß Peter einen Brief an den Groß vezier, der einenFriedcnsantrag enthielt, un terschrieb. Eilig wurde nun alles Geld und Kostbarkeiten zusammen gebracht, und Ka tharina selbst legte all ihr Geschmeide und Juwelen dazu, und dieß große Geschenk ward nebst dem Schreiben an den türkischen Großvezier abgesendet. Dieß hakte die Wirkung; daß vorerst ein sechsstündiger Wäffenstillcstand erfolgte, während dessen die Friedcnsunterhandlungen eingelcitet wurden, Welcher auch bald darauf erfolgte. Man be trachtete daher seitdem Katharinen als die Retterin des Reichs mit allgemeiner tieve und Verehrung. Auch PeterI. erkannte die sen Dienst in seiner Größe und erklärte sie jetzt aus Dankbarkeit öffentlich für seine Gemahlin. Katharina verschaffte dem Kaiser zu wie derholtem Male Varerfreuden, und Peter entzog ihr niemals seine Zuneigung; er setzte immer mehr Vertrauen auf sie und ließ end lich, einige Zeit vor seinem Tode mit aus nehmender Pracht sie zur Kaiserin krö nen, wobei er öffentlich erklärte, daß er und das Reich ihr alle Achtung schuldig sei^ dieweil er bei seiner Regierung von ihrem guten Rathe und Erinnerungen öfters Ge brauch gemacht habe. Katharina besaß aber nicht nur allein die Gunst ihres Gemahls, sondern sic hatte sich auch durxh ihre Hand lungen zum Abgottc des Volks und der gan zen Armee gemacht. Die feierliche Krönung geschähe zu Moskau im Jahre 1724. Balo darauf, den 28. Jan. 1725 starb Peter I. an einer schmerzhaften Strangurie, bei wel cher er sich aber ebenfalls als Held betrug. Bei der stärker» Empfindung seines heran, nahenden Endes, ließ er seine Gemahlin, so wie den Senat, die Räthe und übrigenGro- ßen an sein Krankenbette rufen, und erklärte im Beiseyn derselben seine Gemahlin, durch Darreichung der Krone und des Scepters, zu seiner Nachfol gerin in derRegierung. (Siehe das Kupfer.) Als nun der Tod des Kaisers be kannt wurde, entstand zwar ein allgemeines Trauern, doch äußerten Volk und Soldaten zugleich: „Gut, ist unser Vater gleich da hin, so lebt doch, Gott sey Dank! unsere Mutter noch " — Durch die Veranstaltung des Fürsten und Feldmarschalls Mcnzikof wurde Kathari na sogleich von den Großen und bald im ganzen Reiche als Kaiserin anerkannt. Un ter der Regierung Katharina I. verwalrere Mcnzikof die Staatsangelegenheiten mit dem höchsten Ansehen. Sic suchte nach den Ab sichten ihres Gemahls, Rußland immer mehr empor zu bringen und besonders durch Ver bindungen mit auswärtigen Höfen mächtiger zu machen, saß aber nur 2 Jahre auf dem Throne, indem sie d. 17. May 1727 endete.