Volltext Seite (XML)
Der fiichsisch- «-zittzler. «ette ». Politische Wettschau. Belm Kaiser sand am Freitag abend im Berliner Rtsidenzschlosss das herkömmliche Diner für die Botschafter statt. Der Monarch saß hierbei zwischen dem italienischen Botschafter Grasen Lanza und dem österreichisch-ungarische» Botschafter v. Szoegyery Marich. Gegenüber dem Kaiser saß der Kronprinz zwischen dem russischen Botschafter Trafen von der Osten-Socken und dem englischen Botschafter Lascelles. Dem Diner wohnten auch die übrigen Botschafter, ferner Reichskanzler Graf Bülow, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Frhr. v. Richthofen u. a. bei. Iw Reichstage floh am Freitag die Debatte über den Postetat weiter, ohne besonders anregende Momente zu zeitigen. Wiederum wurde hierbei von den verschiedensten Seiten mit gar mannich- fachen Wünschen und Beschwerden an die Reichs« Postverwaltung herangetreten. Für die Besserung der Lage der Postunterbeamlen traten gleich die ersten Redner vom Tage, die Abgeordneten Zu beil (ioz.) und v. Gerlach (fr- Verein), sehr energisch ein. Zwischen letzterem Abgeordneten und dem Staatssekretär des Reichspostamtes Kiätke kam es dann zu einer ziemlich scharfen persönlichen Auseinandersetzung, weil seitens der oberen Post behörde vor dem Besuche einer von Herrn v. Ger lach in Hamburg veranstalteten Versammlung von Postunterbeamlen gewarnt worden war. Nbgeord. Blell (fr. Bolksp.) wünschte besonders eine liberalere Handhabung der Bestimmungen über Drucksachen- Besö derung und sprach sich weiter für Einführung der in Württemberg bestehenden PostanweisungS- kouvertS aus; doch verhielt sich Exzellenz Krälke gegenüber beiden Anregungen ablehnend. Abg. Rören vom Zentrum forderte weitere Ausdehnung der Sonntagsruhe, was der Staatssekretär in be dingter Weise zugestand. Gleich darauf ließ sich der Direktor im Reichspostamte Wittko über mehrere Punkte vernehmen. Abg. v. GerSdorff (kons.) bekämpfte verschiedene Ausführungen des Abgeordneten Fürsten Radziwill in der voran gegangenen Sitzung, Abg. Prinz Carolath (nat.-ltb.) bekundete seine Zufriedenheit mit den postalischen Einrichtungen in Deutschland und Abg. Stöcker (christlich, sozial.) verwendete sich warm sür das Koalitionsrecht der Postunterbeamten und sür die Erweiterung der postalischen Sonntagsruhe. Abg. Kopsch von der freisinnigen Volkspartei polemisierte hauptsächlich gegen den Abg. v. Gerlach und sprach tm ferneren ebenfalls Wünsche betreffs des Koalt- ItonSrechteS der Postunterbeamten, des Sonntags dienstes usw. aus. Abg. Dasbach (Zentr.) kriti siert« die Tätigkeit des UebersetzungSbureauS der Posener Oberpostdirektion abfällig und befürwortete Portofreihrit für die Briefe und Pakete der Soldaten. Staatssekretär Krätke wies tn seiner Erwiderung auf die Mißbräuche hin, welche früher mit der Absendung sogenannter Soldotenpaket« getrieben worden seien und trat im übrigen der Kritik deS Vorredners hinsichtlich des Posener UebersetzungSbureauS entgegen. Mit persönlichen Bemerkungen schloß die Sitzung des Reichstage». In der Buvgetkommifsion gab der Staats sekretär de» Auswärtigen v. Richthosen am Freitag bei der Weitrrberatung de» Militäretat» die Er klärung ab, daß gegenwärtig von einer Zurück ziehung der noch in China bkfindlichen deutschen Truppen nicht dir Rede sein könne. Da» preußische Abgeordnetenhaus beendete am Freitag die allgemeine sozialpolitische Debatte, welche sich in der vorangegangrnen Sitzung beim rin Unding, da die Schiffe in der Verteidigungs stellung in Häfen und an Küsten in zu großem Nachteile gegen angrrifrnde feindliche Schiff« sind. E» haben die» nun drei Kriege in den letzten acht Jahren gezeigt, der japanisch-chinesische, der amerikantsch-spanilchr und nun auch der japanisch russische Krieg. Noch vor Ausbruch eine« Kriege» haben also alle Schlachtschiff« mit gehöriger Ver proviantierung, Ausrüstung und Kohlrnvorräten versehen, die offene Ser aufzusuchrn und dem Gegner entgegen zu fahren, um die Seeschlacht unter möglichst günstigen Bedingungen zu schlagen. E» kann die» um so eher geschehen, da mit schweren Strandbatterirn, Minen und Torpedo» jeder Hofen mit größtcm Erfolge gegen die An griffe einer feindlichen Flotte verteidigt werden kann. Jede» Kriegsschiff ist also rin mächtige» Angriffsmittel auf offener See und vor fremden Häfen, aber niemals direkt zur Verteidigung im heimischen Hasen und an der heimischen Küste zu gebrauchen. Bet Flottenbauten und Seemanöoern sollte diese Erfahrung streng berücksichtigt werden und zwar nach dem Grundsätze: Jede» Kriegsschiff, da» sich nicht tm freien Seekriege bewähren kann, Hot seinen Zweck verfehlt. AuSgabrntitrl .Gehalt de» Minister»" de» Etat» de» Handrl-mtnistrrium» entspannen hatte, und genehmigte letzteren Posten. Im weiteren Fort gänge der Diskussion über genannten Etat erklärte Handel-Minister Möller, er könne die Wieder herstellung de» Terminhandel» durch die für den Rrtch-tag bestimmte Bürsrngrsrtz - Novelle nicht versprechen. In der bairischen Abgeordnetenkammer ist seit Freitag ein heißer parlamentarischer Kampf in Gestalt der zweiten Lesung der Vorlage über die Reform des Landtag-Wahlrechte» im Tange. Regierung und Zentrum sind gegen die teils von den Sozialdemokraten, teil» von den Liberalen und den Bauernbündlern beantragten Abänderungen der Vorlage (Sb'o'ute Stimmen mehrheit, veränderte Einteilung der Wahlkreise) Am genannten Tage sprach regierungsseitig gegen dir beantragten Abänderungen Minister v. Feilitzsch, hierbei jede Verantwortung der Regierung für rin etwaiges Scheitern der Vorlage ablehnend. Namens des Z ntrumS betonte Abg. Geiger die Unmöglichkeit für seine Partei, den beantragten Abänderungen zuzustimmen, welch' letztere der Liberale Hammerschmidt energisch verteidigte. Die von demselben dem Ministerium Podewil» ge machten Borwürfe, rS habe in der Wahlrrform- frage vor dem Zentrum kapituliert, wies Minister v. Feilitzsch in einer zweiten Rede entschieden zurück. Rußland scheint wirklich entschlossen zu sein, trotz seine» Engagements im fernen Osten die Balkankusis nicht auS dem Auge zu verlieren. Die „pol. Korresp." tn Wien veröffentlicht eine Mitteilung, der zufolge das Interesse der russischen Regierung sür die Entwickelung der Dinge auf dem Balkan nicht nur nicht erlahmt, sondern gerade unter dem Eindrücke der gegenwärtigen Verhältnisse noch intensiver geworden. Die Kabinette tn Petersburg und Wien würden ihr Werk im Geiste des Mürzsteger Programms un geschwächt weiterführen. — In Mazedonien macht sich mit dem Herannahen deS Frühjahres ein Wiederempor flammen der aufständisch,« Be lo gung mehr und mehr bemerklich; in den letzten Tagen haben mehrere neue Gefechte zwischen den türkischen Ti uppen und I isurgentenbanden statt gefunden. Was die neue Revolte unter den Albanesenstämmen anbelangt, so versichert man in Psortenkreisen, dieselbe werde bald wieder unter drückt sein. Rußland fährt in der Mobilisierung seiner europäischen Streitkräfte fort. In Russisch-Polen werden gegenwärtig 40,000 Mann einberufen, die teils sür Ostasien, teils zur Komplettierung der Truppen tm Weichselgouvernement bestimmt sind. Der russisch-japanische Krieg zieht seine Wellenkreise sogar bis nach Spanien hinüber. 9000 Mann spanischer Truppen sind mobilisiert worden; mehrere Küstenpunkte sollen befestigt werden. Die Ministerkrists in Kapland hat einen einst vielgenannten politischen Abenteurer an die Spitze der Kopregierung gebracht, vr. Jameson, der Ende 1895 seinen berüchtigten Einfall tn die südafrikanische Rpublik unternahm, ist vom Gouverneur der Kapkolonie zum Nachfolger de» zurückgetretenen Premierministers Sprigg ernannt worden. Aus die Leistungen des fragwürdigen „Helden" von KiügerSdorp als leitender Minister des KaplandeS darf man gespannt sein. Vom ostasiatischen Kriegsschauplätze liegt noch immer nichts sonderlich neues vor. Eine sehr post tostum kommende Depesche deS Kapitän» des russischen Kreuzers „Warjag" berichtet noch mals über den ungleichen Kamps dieses Schiffes, sowie deS Hochseekanonenbootes „Korejetz" mit dem überlegenen japanischen Geschwader vor Tichemulpo, der damit endete, daß die zwei Schiffe schließlich von den Russen selber in die Lust gesprengt wurden. Nach amtlichen genauen Ermittelungen betragen die Verluste von der Be satzung des russischen Kreuzers „Warjag": 1 Offizier und 33 Mann tot, 17 Mann schwer verwundet, 2 Offiziere leicht verwundet. Die Verluste von der Besatzung de» „Korejetz" sind bisher unbekannt. — In einer wortreichen Note, welche der chinesische Gesandte tn Tokio der japanischen Regierung am 13. Februar über reichte, wird erklärt, daß China gesonnen sei, im Kriege zwischen Rußland und Japan die strengste Neutralität zu beobachten; schließlich wird betont; daß in der Mandschurei, wo noch immer Plätze von fremden Truppen besetzt seien, China unver mögend sei, die NeutralitätSgrsetze anzuwenden. Die japanische Antwortnote versichert, daß Japan die Neutralität China» respektieren werde und daß die japanischen Truppen überall strenge Manne-zucht halten würden. Schließlich erklärt die Antwortnote, daß der jetzige Krieg von Japan nicht zum Zwccke von Eroberungen gesührt werde. — Die „K Z." meldet au« Petersburg do» 1V. Februar: Der Kaiser beschloß, auf den Vortrag de» Minister» de» Innern, von heut« ab die Zensur klsr alle Telegramme von Privat berichterstattern noch dem Auslande auszuheben. Hier wird an der Nachricht sestgehalten, daß der Statthalter Alexej ff beabsichtige, sein Haupt- q lartter von Port Arthur nach Mulden und die mobile Armeetntendantur nach Chardin zu ver legen. Der KciegSministrr sei nunmehr zum Oberbefehlshaber der mobilen Landarmre in Ost asten ernannt; er werde in den nächsten Tagen dorthin abrrtsen. Der TenrralstabSches Sacharow werde ihn hier vertreten. — Der Czar hat gestattet, daß dir unter polizeilicher Aufsicht stehenden politisch verdächtigen Personen al» Gemeine in die aktive russische Armee etntretrn. (!) In Petersburg wurde eine besondere Kommission unter Vorsitz de» Großfürsten - Thronfolger» eingesetzt, welche die von der Presse angeregte Sammlung zur Beschaffung neuer Kriegsschiffe organisiere« soll. — Ein russisch-amerikanischer Zwischenfall macht von sich reden. Rußland will dem zum ameri kanischen Konsul in Dalny ernannten Mr. Morgan daS Exeq iatur wegen de» Kriegszustände» auf der Halbinsel Liaotung nicht erteilen. In Washington ist man von dieser Weigerung Rußland» unangenehm berührt. Berlin, 20. Februar. Wie jetzt offiziell ver- lautet, wird sich der Kaiser am 5. März mit einem Dampfer der Hamburg-Amertkalinte nach Messina begeben, wo Ihn die „Hohenzollern" erwartet. Von höheren Marineoffizieren wird Admiral v. Hollmann den Monarchen begleiten. Berlin, 20. Febr. Der Zustand de» jüngsten SohneS des Prinzen Heinrich, der, wie gemeldet, an einer Gehirnhautentzündung erkrankt ist, hat sich verschlimmert. Der Prinz ist am Freitag zeitweilig ohne Besinnung gewesen. Die Ent zündung wurde durch einen Unfall hervorgrrufen: Die beiden jüngsten Söhne deS Prinzen Heinrich, die Prinzen Sigismund und Heinrich, pielten tm Kinderzimmer deS Schlosses. Die Prinzen hatten eine Anzahl Stühle aneinandergereiht. Die Reihe sollte einen langen Eisenbahnzug vorstellen. Um die Bewegung deS ZugeS zu markieren, besetzten die Prinzen bald diesen, bald jenen Stuhl. Prinz Heinrich sprang im Eifer des Spiels aus einen Stuhl hinauf. Dieser kippte um und fiel zu Boden. Der Knabe fiel kopfüber herab und schlug mit dem Kopf auf die scharfe Stuhlkante auf. Berlin, 21. Febr. Gouverneur Leutwrtn meldet vom 20. d., daß die unter Korvettenleutnant GygaS stehende Abteilung der Matrosen der Schutztruppe in dem bereits gemeldeten Tesecht am Lievrnberg folgende Verluste hatte: Tot ist Matrose Kale, verwundet find BootsmannSmaat Jurgahn und Reiter tzeffe vom Eisenbahndetache ment. Dieselbe Abteilung hatte am 19. ein Ge fecht bet Großbarnim gegen einen 200 Gewehre starken Feind, der mit Hinterlassung von 13 Toten, vielen Gewehren und Munition nach dem Süden flüchtete. Diesseitige Verluste: verwundet Matrosen Krähmer und Handschuck, Gefreiter Ratjen und Reiter Sobau, Schlosser Träger vom Eisenbahndetachement. Mainz, 20. Februar. Unter dem Vorsitze de» Herrn Oberbürgermeisters Beutler-Dre-den hielt heute der Ausschuß deutscher Gemeinden sür die Maßnahmen gegen den § 13 des Zolltarif gesetzes eine Versammlung ab. Sämtliche dem Ausschuß angehörige Gemeinden waren vertreten. Beschlossen wurde die Abordnung einer Deputation an den Reichskanzler und an maßgebende Reichs tagsmitglieder, um vorstellig zu werden wegen der Wiedrrbrsettigung de» 8 13 oder wenigsten» Ver längerung der Frist für die Aufhebung dec indirekte« Abgaben um 10 Jahre. Abgrordnet wurden Ver treter von Posen, Aachen, Kassel, Straßburg, Eichstätt, Augsburg, Darmstadt, Dresden, Karls ruhe und München. Stuttgart, 21. Febr. In einer von etwa 50 Redakteuren und Schriftstellern besuchten Ver sammlung wurde heute ein württembergischer Journalisten- und Schriststellerverein gegründet. Karlsruhe, 20. Februar. Fmanzminister vr. Buchenberger ist heute nachmittag V,4 Uhr gestorben. Bensen (Bezirk Letschen), 18. Februar. Auf Antrag der hiesigen Protestanten ist hier eine evangelische Predigtstatton errichtet und auch behördlich genehmigt worden. Nach etwa 300jähriger Unterbrechung werden fortan auch tu unserer Stadt, die tn der Zeit von 1518 bi» 1674 ganz protestantisch war, wieder deutsch-rvaugel. Predigten stattfinden. Prag, 21. F-br. Heute Vormittag fand tn der russischen Kirch« ein Bittgottesdienst für die