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W-. > l . >' 17. Dann stellte Präsident Graf Ballest«» den An trag, dt« zahlreichen zum Etat de» ReichSamte» de» Inneren beantragten Resolutionen bi» noch Beendigung der gesamten EtatSberatung zurück zustellen, da sonst durch die Besprechung dieser Resolutionen die rechtzeitige Fertigstellung de» Erat» leicht unmöglich gemacht werden könnte. Da» Hau» erklärte sich durch die vorgeichicktrn Redner mit diesem Vorschläge de» Präsidenten einverstanden und beschloß die einstweilige Wieder absetzung der betreffenden Resolutionen von der Tagesordnung. Hierauf gelangten eine Anzahl Kapitel de» genannten Etat» debattelo» zur An nahme. Erst brtm Kapitel „RelchSgesundhettSamt" erhob sich eine längere Debatte, die dafür aller dings die ganze weitere Sitzung auSsüllte. Abg. Scheidemann (soz.) forderte unter Hinwet» aus die starke Verunreinigung der Wupper rin Reich»« grsrtz gegen die Bttseuchung der Flußläufe, wo- rauf Staatssekretär Gras PosadowSly erwiderte, daß die Reichsregierung dieser wichtigen Frage fortgesetzt ernste Ausmerksamkeit widme, Abg. Rettig flons.) wünschte eine Abänderung des FleischbeichaugesetzeS und Abg. Müller-Meiningen (fr. Bolksp.) plädierte sür eine rrichSgesrtzliche Regelung deS Verkehrs mit Teheimmitteln. Staats sekretär Gras PoladowSly wieS auf die Schwierig keiten einer solchen Regelung hin; gegenüber dem Abgeordneten Rettig betonte er, daß eine Ab änderung de» FletschbeschaugesetzeS schon in Hinblick auf den großen BerwaltungSopparat bei dem- selben sehr schwierig sein würde. Die Fleisch- beschaufrage einerseits, die Geheimmittelsragr ander seits wurden dann auch noch von anderen Rednern erörtert, wobei der Präsident deS Reichsgesund. hritSamtrS Kühler wiederholt in die Debatte ein griff. Dazwischen brachte Abg. Mugdan (ir. Bolksp.) die Reform deS KrankenpflegeverfahrenS und deS Apothekerwesens» sowie daS für die Studierenden der Medizin vorgeschriebene praktische Jahr aufs Tapet, in welch' letzterer Beziehung er möglichste Erleichterung für die jungen Mediziner forderte. Graf PosadowSly beantwortete alle diese Anregungen in entgegenkommender Weise, die Sitzung endete mit persönlichen Bemerkungen. DaS preußische Abgeordnetenhaus erörterte am Montag die Vorlage, betr. die Ab änderung des Gesetzes über die Regelung der Richter-Gehälter, sowie den Gesetzentwurf über die Dienstaussicht bei den größeren Amts gerichten in erster Lesung; beide Vorlagen wurden zusammen behandelt. In der Diskussion äußerten die Redner fast aller Parteien erhebliche Bedenken gegen letztere Vorlage, obwohl dieselbe vom Justiz minister Schönstedt warm verteidigt wurde. Schließlich stellte sich aber die Beschlußunsähigkeit deS HauseS heraus, eS begann daher nachmittags Uhr eine neue Sitzung, in welcher die Spe- zialbrratung deS landwirtschaftlichen Etats wieder ausgenommen wurde; es gelangten von letzterem mehrere weitere Kapitel zur Erledigung. Zuletzt beschäftigte sich daS HauS wieder mit den beiden erwähnten Justizvorlagrn und verwies sie an eine besondere Kommission. Am Dienstag fiel die Plenarsitzung aus. Der in Schöneberg bei Berlin verstorbene RelchStagSabgeordnele Emil Rosen ow hat rin Alter von kaum 33 Jahren erreicht. Er war Vertreter sür den 2V. sächsischen ReichStagSwahl- krriS Zschopau-Marienberg, welchen er als Kandidat der sozialdemokratischen Partei in der Stichwahl de« Jahres 1898 von den Konservativen eroberte und bet den Wahlen de» Jahre» 1903 mit Leichtigkeit behauptete. Trotzdem erscheint die Zurückeroberung diese» Wahlkreise» für das Bürgertum nicht aussichtslos, nur ist hierbei Voraussetzung, daß die bürgerlichen Parteien ver eint und mit Anspannung oller Kräfte gegen den gemeinsamen Feind Vorgehen. Au« Drutsch-Südwestafrika liegt die weitere beruhigende Meldung vor, daß sich dir rebellischen Hereros au» der Umgegend von Omaruru, wo sie bislang die dort nach hestigrm Kampf ringedrungenr Kompagnie Franke nebst der kleinen Besatzung de« Platze» etngeschlossrn hielten, zurückgezogen haben. Der Gouverneur Lrutwein ist am 8. Februar von Port Nolloth nach Ewakopmund abgereist. Oesterreich. Wien, 8. Febr. In einer in diesen Tagen abgrhaltroen, von über 2000 Personen besuchten ArbettSlosenverssmmlung stellte der Referent, der sozialdemokratische Abgeordnete Vchuhmrier, fest, daß r» derzeit in Wien mehr al» 30,000 Arbeitslose gibt. Der Rrdnrr führte unter stürmischem Beifall au», man müsse von der Re gierung energisch die Arbeitslosenversicherung fordern. MW Der sächsisch« «rzthlrr. «eite ». Italien. Papst Piu» X. hat an den Czaren einen Vries gerichtet, in welchem er den Ezarrn bittet, alle» aufzubieten, um den KriegSschrecken zu br- schwüren. Rußland. Wie au» Wien unterm 8. Februar gemeldet wird, begibt sich der Czar, ehe er nach Moskau fährt, um von dort eine Prokla mation an da» russische Volk zu erlassen, nach Kasan, um vor dem wundertätigen Bilde der Mutter Gotte» von Kasan den Segen de» Bilde» auf die Russen hrrabzuflrhen, wie e» in entscheidenden Augenblicken seine Ahnen getan haben. Spanien. In der spanischen Deputiertrnkammer gab eS am Montag eine lärmende Auseinander setzung zwischen der Opposition und dem Präst- denten, weil letzterer eS ablehnte, den Antrag der Opposition, die Vorlage über die Reform de» Münzwrsen» sofort in Beratung zu ziehen, ver lesen zu lassen. Vom Landtage. Dresden, 8. Febr. Die Zweite Kammer erteilte heute mittag 12 Uhr in ihrer 45. öffent lichen Sitzung im Beisein der Staatsminister von Metzschund vr. Rüger auf Antrag der Rechen« fchaftS-Deputation der Zweiten Kammer der Köntgl. StaatSregierung in bezug auf die Kapitel 22, 23 und 25 bis mit 36 der mittels König!. Dekret- Nr. 1. abgelegten Rechenschaft über den Staats« haushalt innerhalb der Finanzperlode 1900/01, allgemeine Staatsbedürfnisse und Trsamtministerium nebst Dependenzen betreffend, einstimmig ohne Debatte Entlastung.. Der Präsident der Zweiten Kammer Herr Geh. Hofrat vr. Mehnrrt hat von heute bi« Mittwoch Urlaub genommen und sich noch Berlin begeben, um an den Sitzungen deSdeutschen LandwirtschaftSratS teilnehmen zu können. Die Kammerverhandlunq leitet während seiner Ab wesenheit Herr Vizepräsident vr. Schill-Leipzig. Dresden, 9. Febr. Heute vormittag 10 Uhr fand die 46. öffentliche Sitzung der Zweiten Kammer statt. Am Regierungstifche Se. Exz. Staatsminister vr. Rüger. Aus der Tagesordnung steht: 1) Allgemeine Vorberatung über daS Kgl. Dekret Nr. 20, die Ergebnisse der bei der AltrrS- rentenbank für den Schluß de» Jahres 1899 auf genommenen Inventur betreffend. 2) Allgemeine Vorberatung über daS Kgl. Dekret Nr. 28, den Entwurf eines Gesetzes, die Einrichtung der AlterS- rentenbank betreffend. Nach Vortrag der Regt- strande und Beschlußfassung auf die Eingänge er öffnete die Debatte über beide Punkte der Tages ordnung Staatsminister vr. Rüger. Er ließ sich über die Ursachen und Art der Neueinrichtung der Altersrentenbank auS und empfahl daS Dekret Nr. 28 der Kammer zur Annahme. Nach ihm sprach Sekretär Rüder. Er bedauerte, daß die Altersrentenbank noch verhältnismäßig wenig be nutzt werde, und bat die Regierung, doch dafür zu sorgen, daß die segensreiche Einrichtung der Altersrentenbank möglichst Im Volke bekannt werde. An die von der Regierung im Dekrete gemachten Vorschläge knüpfte er einige spezielle Wünsche, namentlich wünschte er nicht, daß sür die erste Einzahlung eia Betrag von 50 M., sür weitere ein Betrag von 20 M. festgesetzt werde, und be antragte, das Kgl. Dekret Nr. 20 der Rechen- fchastSdeputation, der Nr. 28 der Finanzdepu tation zur Berichterstattung zu überweisen. Abg. Rollfuß schloß sich im wesentlichen den Wünschen de» Abg. Rüder an und bat, den Schwerpunkt bei der Neueinrichtung der Bank nicht etwa auf die Vereinfachung der Geschäfts führung, sondern auf die sozialen Gesichtspunkte zu legen. Auch Abg. Horst erklärte sich nicht einverstanden mit dem Miudrstbrtrage der ersten Einzahlung in Höhe von 50 M. und dem Minimal betrag der weiteren Einzahlungen von 20 M. Abg. Hähnel schlug im Gegensatz zum Abg. Rüder die Verweisung de» Königl. Dekret» Nr. 28 an die SeletzgebungSdeputation vor. — Die Anträge Rüder wurden von der Kammer einstimmig ange nommen. — Nächste Sitzung morgen. Dresden, 9. Februar. Die Erste Kammer wählte in ihrer heutigen Sitzung, der Staat-Minister vr. Otto beiwohnte, in den StaatSgertchtShaf al« Mitglieder die Herren Rechtsanwalt Obrrjustizrat Oehm« - Leipzig, Ministerialdirektor a. D. Geh. Rat Hrdrich.DrrSden und Rechtsanwalt Seh. Justizrot v. Schütz- Dresden, al» Stellvertreter die Herren Land- gerichtSpräsident vr. Hartmann-Plauen und Rechtsanwalt Obrrjustizrat vr. Ulrich.Ehrmnitz. »GGL Weiter bewilligte die Kammer auf Antrag der zweiten Deputation in Urbrrrinstimmung mit der Zweiten Kammer die in den Titeln 1 und 2 de» außerordentlichen Etat» eingestellten Summen für dieErbauungvon Justizgrbäudrn in Bautzen, Erimmttschan, Hohenstein-Ernstthal, Dresden, Leipzig und Plauen t. B. Danach wurden noch zwei Petitionen wegen Unzuständigkeit der Ständrvrr- sammlung sür unzulässig erklärt. Der Krieg zwischen Rußland und Japan und die Haltung der neutralen Mächte. Wa» nach dem Urteile erfahrener Politiker naturgrsetzlich geschehen ist, mußte, um die Macht- und EntwickelungSsrage zwilchen zwei großen Völkern im nordöstlichen Asten zur Entscheidung zu bringen, ist nunmehr in rascher Aufeinanderfolge geschehen. Japan hat nicht nur seine diplomattschru Beziehungen mit Rußland abgebrochen, sonder« eS hat ohne Kriegserklärung bereit» in der Nacht vom 8. bis 9. Februar durch seine Torpedoboote die äußeren Wachtschiffe der russischen Kriegsschiffe im Hasen von Port A:thur angegriffen und wie der russiiche Admiral Alex jeff selbst meldet , zwei russische Panzerschiffe und einen Panzerkreuzer beschädigt. Wahrscheinlich wütet zur Zeit auch bereit» rin surchtbarer Seekrieg in und vor dem Hafen von Port Arthur, denn r» ist anzunrhmen, daß Japan den klugen Plan verfolgt, die russische Flotte garnicht au« dem Hafen von Port Arthur hrrauSzulassen und auf diese Weise kampfunsähtg zu machen, oder zu vernichten. Man kann völkerrechtlich über da» kriegerische Vorgehen Japans ohne vorauSgegangene Kriegserklärung rechten, aber Tatsache ist, daß die KrtegSwolken sich schon seit Wochen unheilvoll in Ostasten zu sammengezogen hatten, und daß eS in dem Be streben der Gegner, gute Positionen für ihre Heere und Flotten zu gewinnen, schon jeden Tag zum Zusammenstöße hätte kommen können. Höchst albern und kindisch war eS daher, daß selbst eine Anzahl große Zeitungen in letzter Zeit noch von dem „gesicherten Frieden" ttrssinnntg berichteten und dann plötzlich fragten, wer dir Schuld an dem Abbruche der Beziehungen zwischen Rußland und Japan trage. Kein Mensch hatte etwa» da von gehört, daß Rußland die Forderungen Japan» wegen der Mandschurei und Korea» zu erfüllen geneigt war. Außerdem hatte Rußland die letzte Note Japans vom 13. Januar erhalten und bi» zum 5. Februar trotz dreimaliger Vorstellungen de» japanischen Gesandten in Petersburg nicht beantwortet. Unsere» Erachtens nach hat aber die am 3. Februar erfolgte Erklärung de» russischen Gouverneur» in Wladiwostok! an den dortigen Vertreter Japans, daß er auf höheren Befehl in den nächsten Tagen den Belagerungs zustand, der gleichbedeutend mit der Ausweisung der 6000 in Wladiwostock lebenden Japaner fei, eröffnen werde, dem Fasse den Boden etngeschlagen, denn mit mehr oder weniger Grund hat die japanische Regierung in dieser Maßregel eine feind selige Haltung Rußland» erblickt und hat über haupt schon lange Rußland nicht mehr getraut. Wenn daher die russische Diplomatie jetzt der japanischen Regierung Tücke und Hinterlist vor wirft und die Schuld an dem Kriegsausbrüche beimißt, so ist die» nur formell wahr, r« entspricht aber nicht den wirklichen KrtegSursachen. Die Wahrheit erfordert r» zu sagen, daß Rußland in Ostasten al» erobernde Macht auftritt, daß e» die Mandschurei gegen den Willen China» und Japan» besetzt hat und daß r» begehrlich seine Arme nach Korea auSstreckt. Japan erblickt in diesem Vorgehen Rußland» eine Bedrohung seiner natürlichen Entwickelung, und e» mußte deshalb zum Kriege kommen, weil Rußland Japan- Forderungen, China» souveräne» Besttzrecht auf die Mandschurei anzuerkennrn, nicht erfüllen will. Rußland kämpft für die Sicherung und Ent wickelung seine» ostastattschen Besitze» uud Japan kämpst für seine Entwickelung gegen di« russisch« Urbrrmacht. Da» sind dir KrtegSursachen und lächerlich und kleinlich ist eS, nach anderen z« suchen und von Tücke und List zu sprechen, da der Konflikt schon seit Monaten dauert, und Japan wie Rußland täglich zum Kriege gerüstet haben. Bet der zähen Natur beider Völker und der Unberechenbarkeit de» KriegSglückeS muß der Krieg zwischen Rußland und Japan al» ein sehr schwerer und grsährlichrr bezeichnet werden. Zu» Glück ist die Lage und Haltung der neutralen, also der nicht an dem Kriege beteiligten Groß mächte eine derartige, daß sie wohl alle dle Wiederherstellung des Frieden» brsürvorten, und nicht zum Kriege schüren, ganz besonder» gilt