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* 1». - gleichfalls al. eine Mochtprab« der Sozioldrmo- Katie hivstrllte. Der Vertreter dt» HI. sächsischen Wahlkreise, hat heute mit scharfen Waffen ge- kLmpst, und sein« verständnisvolle Rede wird ihm sicherlich weit über seinen Wahlkreis hinaus neue Freunde zusührrn. Daß aber die bürgerlichen Parteien auch im Falle Crimmitschau nicht ge schlossen dastandrn, dafür sorgte der Wandlung«- fähige Herr v. Verlach, der sich wie gestern Herr Gothein aus die Sette der Genossen stellte. Er konnte aber den nachhaltige« Eindruck der Reden der Herren Lehmann und Gräfe ebenso wenig vrrwilchrn, wie PirnaS neuer Vertreter „Genosse" Fräßdorf, der den Deutschen Reichs tag heute mit seiner Jungfernrede beglückte. Herr Fräßdorf gehört zu den wortreichen, aber gedankenarmen Rednern, die von Ansang bi. Ende anhüren zu müssen al» Qual erscheint. Er tummelt sich unermüdlich aus den sozialdemokra tischen Gemeinplätzen herum, trägt die srlbstver- ständlichsten Dinge mit einer Miene und Betonung vor, als hätte er den Stein der Weisen entdeckt, und reizt eine kleine Minderheit zu launischen oder ironischen Zwtschenrusen, während er dir Mehrheit in immer srsteren Schlummer wiegt. Nur rin einziges Mal ging während seiner Rede frisches Leben durch daS ganze HauS. Traf Ballrstrrm schwang die Glocke und meinte mit seinem unüber- trifflichen Humor zu einigen Zwischrnruferp: der Herr Redner habe den festen Willen, nicht zu kurz zu sprechen, man solle die Rede doch nicht durch Zwischenrufe verlängern. Schallende Heiterkeit folgte dieser Kritik der Fräßdorfschrn Rede. Nach dem Sitzungsberichte sagte Abgeordn. Gräfe (Antis.) u. a.: Als einziger Abge ordneter der bürgerlichen Parteien in Sachfen (große Heiterkeit. Zuruf bet den Sozialdemokraten: Der letzte Hahn!) muß ich auch meine Stellung zu dem Streik darlegen. Ich verwahre mich dabei von vornherein gegen den Borwurf, als wäre ich ein Anwalt deS Arbeit geberverbandes. Der Redner gibt eine Schilderung der Lohnverhältnisse im Crimmitschauer Streik an der Hand der letzten Denkschrift der Fabrikanten. (Bei der Verlesung der Lohnhöhe r»st Abg. Bebel: DaS ist Alles längst widerlegt.) WaS Ihre Widerlegungen wert sind, daS w ssen wir ja. Sie legen Alles so zurecht, wie rS Ihnen für die Be kämpfung der Arbeitgeber paßt. (Ironisches Sehr richtig! bei den Sozialdem.) Meine Feststellungen sind aber notariell beglaubigt aus den Lohnbüchern. Die Crimmitschauer Sparkasse hat 10 Millionen Mark Guthaben. Davon gehört ein großer Teil den Arbeitnehmern. Der Crimmitschauer Arbeiter steht über dem Niveau der Durchschnittsarbeiter. Nein äußerer Zwang hat die Arbeiter zum Aus- stände gedrängt. In Oesterreich z. B. sind die Löhne viel geringer. Aber die Sozialdemo kratie hat sich die Crimmitschauer Ar beiterschaft ausgesucht zu einer sozial- demokratischen Machtprobe. Die juristischen Beweise sind ja vielleicht nicht herbeizubringen. Aber daS deutsche Volk bis in wette Kreise der sozialdemokratischen Arbeiter hinein ist davon überzeugt, daß eS sich lediglich um eine Macht probe handelte, als die Sozialdemokratie den Streik frivoler Weise fortführte, als feine Durch führung schon völlig aussichtslos war. Die Durchführung der Arbeiterforderung wäre, wir die Denkschrift der Unternehmer hervorhebt, der Ruin des ganzen Unternehmertums, der ganzen Industrie. Ich habe einen Brief gelesen, den ein 70jähriger Arbeiter in Crimmitschau an seinen Sohn in Dresden geschrieben hat. Ich kann den Namen nicht nennen, weil er am Schluffe schreibt: „Verbrenn den Brief, denn wenn jemand davon erführe, so würde ich meine Stelle verlieren." (Hört, hört! rechts.) In diesem Briefe heißt eS: „Lieber Sohn!" Hier ist es trostlos. „Gewisse Leute haben Elend über uns heraufbeschworen, an dem wir schwer leiden." Und dann schreibt der Mann — hören Sie, m. H : „Ich verdiene noch im 70. Lebensjahre durchschnittlich mindesten« 20 Mk. in der Woche" (Abg. Bändert, Soz.: Da» ist ja gelogen). Der Brief schließt dann mit dem Aus druck de» festen Gottorrtraurn». „Schicke un» keine Weihnachtsstollen, denn die Mutter und ich hoben noch soviel, vir wir brauchen." So lange der alte Herrgott lebt, kommen Sie nicht zu ihrem Ziel, da» Sie immer wieder erkämpfen, Zufrieden- heil und Gottorrtraurn au« dem Herzen der Arbeiter herauüzureißen. Sir (zu den Sozialdemo kraten) haben einen Diebstahl begangen an Ruhe, Zufriedenheit und Menschen würde in Crimmitschau. Deshalb rufen Sie sitzt: Haltet den Dieb! (Rufe bet den Sozial- demokraten: DaS war ja ausgezeichnet!) DaS -KoalttionSrecht steht un» hoch und heilig; aber L« sikchßsitze S—e » unsere Verwaltung konnte in Crimmitschau , nicht.ander» handeln. E« ist schwerer in solchen schlechten Zeiten da» Richtige zu treffen, al», wie der Reichskanzler, mit einigen guten Witzen die Sozialdemokratie zurückzuschlagen. Ruhe und Ordnung sind die Grundlagen, die dir Be hörden aufrecht erhalten müssen. DaS haben unsere Behörden getan, do» wird auch ein späterer Kulturhistoriker al» rettende Tat bezeichnen. (Sehr gut bet den Sozialdem.) Sie haben den Bogen überspannt und ihn zum Platzen gebracht. (Zu- rus bei den Sozialdem.: Wie stehen Sie denn zum Zehnstundeutage?) Den halte ich für berechtigt. (Ahal bei den Sozialdem.) Da» ist gerade da» Frivole, daß Sie gewußt haben, daß der Zehn« stundentag kommt und doch Arbeiter und In dustrielle geopfert haben! ES ist hier sogar über die Zivilliste de» Königs gesprochen worden; ich protestiere dagegen! Kümmern Sie sich (nach link») um Ihr rote» HauS! Ich wünschte, Sie wären von der Treue vor Gott und Menschen beseelt, dir unser König hat. Dann wäre da» Unglück von Crimmitschau nicht g< kommen. (Gelächter btt den Sozialdem.) Wir wollen den Arbeitern auf dem Wege der Sozialreform da» geben, wa» ihnen von Gotte» und Recht» wegen zukommt. (Abg. Thiele (Soz.) ruft: Ach hrrjer!). Aber diese Vorgänge sollten der Regierung die Frage nahe legen, ob es Recht ist, daß sie den Mittel- stand so stiefmütterlich behandelt, daß sie auch jetzt wieder keine Mittel für die Handwerker enquete hat. Für St. Louis geben wir IV, Million Mark und im nächsten Jahre wird die gleiche Summe bewilligt werden, aber der Mittelstand kann noch warten. Für die Bauern und Handwerker hat unsere Regierung kein Herz. Ich habe gestern in der „Sächs. VolkSz." rin kräftiges Sprüchlein im Stammbuch des Bundes rats gelesen. ES bezieht sich aus daS Verhalten des Bundesrats gegenüber den Initiativanträgen des Reichstages. Es lautet: „Wir rrwägtrn immer, wir erwägen noch heut, wir werden er wägen in Ewigkeit." Ich muß auch noch rin Wort der Verteidigung für den Pastor Schtnk rinlegrn. Der Abg. Fischer hat hier ge sagt, rS gibt keine Infamie in der Weltgeschichte, wozu nicht rin Pfaffe oder Geistlicher seinen Segen gegeben hätte. (Lebhafte» Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) DaS ist eine Beleidigung deS gesamten Christentums und der Kirche. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Wenn wir so etwas gegen daS Judentum und Rabbtnertum sagen wollten, so möchte ich einmal daS Geheul in Ihrer Presse hören. (Zuruf bet den Soz.: gar ketnS!) Ich ruse den Sozialdemokraten zu: Es gibt keinen politischen Mord in der Weltgeschichte, der von der sozialdemokratischen Partei nicht ver herrlicht und sanktioniert worden wäre. (Glocke deS Präsidenten.) Präsident Traf Ballestrem: Herr Abge ordneter, Sie dürfen daS einer Partei im deutschen Reichstag nicht vorwerfen. (Lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Abg. Gräfe (fortfahrend): Die Diktatur haben Sie (zu den Sozialdemokraten) schon proklamiert, der Staatsstreich kommt am nächsten zweiten Dezember. Möge der Bundesrat die zwölfte Stunde nicht vorübergrhen lassen, um den Mittelstand zu retten, daß er nicht proletartstert wird! Tun die Regierungen hier nicht ihre Pflicht, dann muß man von ihnen sagen: Wen Gott verderben will, den schlägt er mit Blindheit. (Zuruf b. d. Sozialdem.: DaS Wort paßt auch.) Wir wollen hier mit dem Christentum kämpfen, wir glauben noch immer, daß wir in diesem Zeichen siegen werden. Deshalb sei r» unser Panier im Kampfe. Irr lloo siAuo vinoss! (Beifall.) Den Wortlaut der Rede deS Herrn RetchStagSabgeordnrten Träfe bringen wir nach dem amtlichen Stenogramm in einer der nächsten Nummern. Sachsen. Dre-drn, 31. Januar. Se. Maj. der König besuchte heute den Gottesdienst in der katholischen Hoskirchr und nahm nachmittag» mit den Prinzen und Prinzessinnen de» königlichen Hause» an der Familirntasrl bei der Königin-Witwe teil. Bischofswerda, 1. Februar. Der K. S. Militärvrrrin allhier beging gestern abend bet übrrau» zahlreicher Beteiligung, man schätzte dir Anwesenden auf zirka S00 Personen, im Hotel „König Albert" die Nachfeier de» Geburtstage» Er. Maj. de» Kaiser» Wilhelm II. Der Herr Kamerad Borstand Schachert brachte in einer längeren markigen Ansprache da» Hoch aus den Kaiser au», welche» begeisterten Widerhall bei allen Anwesenden fand und de« sich da» Lied: LGVch „Deutschland, Deutschland über Alle»" «»schloß. Eine Anzahl Ehrengäste «ad Ehrenmitglieder hatten der Einladung de» Verein» Folge geleistet und war die Stimmung von An fang au eine außerordentlich belebte, e» war i» brr Tat eine Geburtstagsfeier, wie man sich eine solche nicht schöner denken kann, rin flotter Ball mit Kottüon trug in hohem Maße da» seine dazu bei, und hielt die Kameraden mit ihren Frauen und Angehörigen bi» lange »ach Mitternacht in bester Stimmung vereint. BischosSwerda, 30. Jan. Herr Kantor Fritsch, welcher seit 38 Jahren in unserer Stadt al» Lehrer wirkt, auch dir ganze Zeit den Kirchrndirnst, 2 Jahre al» Organist und 3S Jahre al» Kantor getreulich verwaltet, und in nächster Zeit in den wohlverdienten Ruhestand tritt, hotte am Freitag einen Ehrentag, indem die Kantorei- grsellschast ihm zu Ehren im kleinen Saale de» Hotel „König Albert" eine AbschiedSseier ver anstaltete, zu welcher auch die Mitglieder de» Kirchenvorstandes geladen und fast vollzählig er schienen waren. E» war ein hochgenußrrtchrr Avend, die Darbietungen, ak» Chorgesänge, ein Damrn-Terzrtt, ein Herren-Quartett boten de» schönen und edlen viel. Nach Beendigung der Tafel ergriff Herr Obe, Pfarrer vr. Wetzel unter Assistenz der übrigen Herren Geistlichen und de» Kirchenvorstande» da» Wort und feierte in herz licher Ansprache die Verdienste de» Herrn Kantor Fritsch um da» hiesige Kirchen- und Schulwesen und übergab ihm im Namen de» Kirchenvorstande» einen Grobstuhl mit Lorberrkranz und Guirlande geschmückt mit dem Wunsche, denselben bei guter Gesundheit noch recht lange Jahre zu benützen, worauf Herr Kantor Fritsch in längerer Rede seinen Dank abstattete. Daran anschließend über reichte ferner Herr Oberpfarrrr vr. Wetzel eben falls unter geziemender Ansprache an 11 Mit glieder der Santoreigesrllschaft im Namen de» Kirchenvorstande» recht geschmackvoll ausgeführte Anerkennungsurkunden sür langjährige» treue» Wirken im Kantorrichor. Die Urkunde hat folgenden Wortlaut: „Ps. 96, 1. Singet dem Herrn ein neue» Lied! Die Kantorrigesellschast zu Bischofswerda hat seit Jahrhunderten bi» zur Gegenwart durch Pflege de» Kirchengesange» eine segens reiche Wirksamkeit zur Erbauung der Gemeinde entfaltet. In dankbarer Anerkennung dieser Wirksamkeit widmet der unterzeichnete Kirchen vorstand dem langjährigen treuen Mitgliede N. N. gegenwärtige» Erinnerungsblatt. Ps. 89, 2. Ich will singen von der Gnade de» Herrn ewiglich! Bischofswerda, den 29. Januar 1904. Der Kirchrnvorstand daselbst." Außer Herrn Kantor Fritsch, welcher schon vor Jahren ein solches Diplom erhalten, erhielten solche die Herren Färbereibesttzer Richard Richter, Kauf mann Mox Jahn, Kaufmann Otto Ihle, Zigarren« fabrikant Rudolf Greulich, Kaufmann Clemens Löhnett, Kirchner und Lehrer E. I. Wolf, Kassierer Maximilian Lehmann, Lehrer Jllgen, Fräulein Martha Schramm, Fräulein Hedwig Fürstenau und Fräulein Elisabeth Fritsch. Bischofswerda. Zu Ehren de» au» dem Amte geschiedenen Herrn Kantor Fritsch ver sammelte sich am Sonnabend da» Lehrerkollegium, um im kleinen Saale de» Hotels „König Albert" mit ihm einige Stunden zusammen zu sein. Im Namen de» Kollegium» sprach Herr Lehrer Jllgen herzliche Worte de» Abschiede», die ein gerahmt warrn von entsprechenden Gesängen und überreichte ein prächtige» Blumenarrangement. Tief ergriffen und gerührt dankte der Gefeierte dem Kollegium sür die ihm gebotene Gelegenheit eine» Beisammensein». Da der neugewählte Kantor, Herr Köhler au» Geyer, gerade in der Stadt weilte, wohnte er aus Ansuchen hier der kleinen Feier bei und hatte so Selrgenhrit, seine Kollegen kennen zu lernen. * BischosSwerda. Bet einem Postamt ist, wie un» mitgeteilt wird, kürzlich rin geschloffener unbeschriebener Briefumschlag, der einen Brief und Geld enthielt, gefunden worden. Der Brief ist an eine männliche „Friedel" genannte Person gerichtet, mit „Deine Mutter" unterzeichnet und läßt erkennen, daß der Empsänger Uniform trägt; auch von Kiel ist in dem Briese die Rede. Der Umschlag mit Inhalt rührt vielleicht au» einem Pakete ohne Wertangabe her, welche» au» hiesiger Gegend abgesrndrt und nach Hamburg oder dessen Nachbarschaft gerichtet war; AuS- tieferer und Empfänger sind bisher unbekannt geblieben. Ansprüche aus die Fundsachen würden bet« htes. Kaiserlichen Postamt angrmeldet werden können. YlfchofSwrrda, 1. Febr. Ein plötzlicher WitterungSamschlag hat der Schlittenbahn ein unverhoffte» «nd unerwünschte» jEnde bereitet.