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1» demokratte wegen deren Stellungnahme im Crimmit- schauer Streik, im weiteren verbreitete er sich namentlich über die Frage der Regelung der Arbeitszeit. Dann kam auch ein Sozialdemokrat zu Wort, der Abg. Fräßdorf, welcher die Vorgänge tu Crimmitschau selbstverständlich durchaus vom sozialdemokratischen Standpunkte äuS erörterte. Im sernerrn beschäftigte sich Abgeordneter Fräß- dors hauptsächlich mit den Streitigkeiten zwischen den Krankenkassen und den Kassenärzten. Zuletzt ließ sich noch Staatssekretär Gras PosadowSky vernehmen, er besprach wiederum mancherlei, vor nehmlich die Lage des Handwerks, sowie die ange regte Einbeziehung der landwirtschaftlichen Arbeiter und der Dienstboten in die staatliche Kranken versicherung. Am Sonnabend erörterte da» HauS die Interpellation des Z-ntrumSabgeordnrten Trtmborn betreffs der Rechtsfähigkeit der Berufs- vereine. Die Budgrtkommtssiou des Reichstages letzte am Freitag die Erörterung des MilitäretatS fort. Bei der Debatte über dir Mehrfordrrung für 205 Oberstleutnants trat Vertagung bis 3. Februar ein. Im Reichstag brachte Prinz Heinrich zu Schönaich-Carolath (natl.) eine Resolution et«, die Vie Regierung ersucht, auf den tunlichst baldigen Erlaß landesgesetzlicher Bestimmungen hinzuwirken zum Schutz des Lebens und Eigentums gegen daS übermäßig schnelle Fahren der Auto mobile und den Erlaß dieser Bestimmungen dem Reichstag nebst einer Automobilunsall-Statistik mitzuteilen. Die Stadt Stuttgart richtete nach einem Beschluß des GrmetnderatS an sämtliche Gemeinden drS Landes einen Aufruf, in dem sie unter Be rufung auf daS Beispiel des Kaisers zu einer be sonderen Hilfsaktion für dir notleidenden Ein wohner AalesundS auffordcrt. Dir Hilfeleistung soll sich in der Weife vollziehen, daß jede Ge meindeverwaltung einen ihrer Einwohnerzahl ent sprechenden Beitrag, und zwar einen Pfennig auf den Kopf der Bevölkerung, zur Linderung der Not gewährt. Der Aufruf hofft, daß daS Beispiel der württembergischen Gemeinden im übrigen Deutschland Nachfolger finden werde. Die Stadt Stuttgart bewilligte nach ihrer Einwohner zahl sofort 1800 Mark. Die Stellung des KolonioldircktorS vr. Stübel soll Infolge des so unvermutet erfolgten AuSbrucheS deS Herero - Aufstandes in Deutsch-Südwestafrika erschüttert sein. Meldungen von angeblich unter richteter Berliner Seite bestreiten allerdings die Richtigkeit dieser Gerüchte. — DaS preußische Abgeordnetenhaus erledigte am Freitag ver schiedene kleinere Vorlagen in erster Lesung und trat am Sonnabend in die Beratung de» Etats der Domänen- und Forstvrrwaltung ein. — Die Zweite sächsische Kammer genehmigte am Freitag debatteloS in der Schlußberatung Titel 14 (Verbesserung der Bahnsteiganlagen in Pirna) und Tit. 33 (NachtragSsorderungen zum Bau der Bahn Wilsdruff—Nossen) deS außerordentlichen Etats und erledigte ferner eine Petition. — Ja Baiern ist eine ParlamentSkrisiS eingrtreten. AuS Unzufriedenheit mit der Geschäftsführung deS vom Zentrum gestellten Präsidenten vr. Orterer haben die Liberalen auf ihre fernere Vertretung im Bureau der Abgeordnetenkammer verzichtet. Der bisherige Vizepräsident v. Leistaer und der Schriftführer Schmidt, beide der liberalen Partei angehörig, legten ihre Aemter nieder. Da der vom Zentrum zunächst als Ersatzmann für Letstner zum Vizepräsidenten gewählte Liberale Landmann auf dieses Amt verzichtete, so wählte daS Zentrum bei Stimmenthaltung der übrigen Parteien Fuchs (Zentr.) zum Vizepräsidenten und Frank (Zentr.) zum Schriftführer. — In Dessau hat am Sonnabend die Beisetzung drS verewigten Herzog» Friedrich von Anhalt stattgrfunden. Der Kaiser ließ sich hierbei durch den Prinzen Eitel Friedrich vertreten. Der Kommandant de» S. M. S. „Habicht" meldet nach Berlin, die Lage sei unverändert. In Deutfch-Südwestafrtka ist die Lage fortgesetzt kritisch, wie die» namentlich auch die Meldung de» Leutnant» v. Zülow aus dem be lagerten Okahandja erkennen läßt, daß sich die Herero» mit den Koffern oder BergdameraS ver bündet hätten. Ferner berichtet Leutnant v. Zülow, da» von Windhuk abgesandtr Entsatzkorps fei von den Herero» zurückgrworfen worden, und eine von ihm nach Karibik mit der Eisenbahn vorgrschickte Abteilung von zirka 70 Mann habe ein heftige» Gefecht zwischen Waldau und Okasise gehabt. In Ungarn herrscht der latente Kriegszustand zwischen der Regierung de» Grafen TiSza und der ObstruktionSpartri de» Abgeordnetenhauses fort. Ministerpräsident Graf TiSza kann sich L« fttchWsch« Gusstztu». Wett«». indessen noch immer nicht entschließen, der Ob- , struktion energisch auf» Dach zu steige«, wie seine bewegliche Bitte an dieselbe beweist, sie möchte doch um'S Himmel-Willen wenigsten« da» Rekruten kontingent bewilligen, wa» aber die Obstrultiontstrn anscheinend nicht zugrstehtn wollen. Zur Affäre de» Erzherzog» Karl Ferdinand wird au» Wiener Hofkrrisen gemeldet, daß er seinen Plan, dir Hof- ratStockiter Czubrr zu heiraten, definitiv aufgegrden habe. Der Erzherzog wird nächsten» einen längeren Urlaub antreten. Zwischen dem französischen Marine minister Pelletan und seinem Kollegen vom Finanzministerium, Rouvier, war r» zu Meinung». Verschiedenheiten gekommen, die jedoch inzwischen schon wieder beigrlrgt sein sollen. Dir in dem niedrrgebrannten Aalesund ein getroffenen deutschen HilfSdampser „Phönicia" und „Weimar" leisten Hervorragende» zur Linderung der Notlage der Brandkalamitosen; doch ist da» Elend noch immer groß. Beide Dampfer werden noch bi» Mittwoch in Aalesund bleiben. Der deutsche Kreuzer „Prinz Heinrich" Ist von Aalefund wieder nach Kiel zurückgrdampst. Im Czarrnreiche friert die reaktionäre Re gierungspolitik neue Triumphe. Durch kaiserlichen Befehl erhielten der Minister des Innern und der Gouverneur von Twer besondere Vollmachten, durch welche sie die Befugnisse der Selbstvrr- waltungSkörpcr im Gouvernement Twer und in der Krrislandschast Nowotorschok nach Belieben einschränken können. Die Botschafter Oesterreich-UngarnS und Rußland» in Konstantinopel haben der Pforte Vorhaltungen wegen ungenügender Durch führung gewisser Punkte des Mürzsteger Reform- Programmes für Mazedonien gemacht. Im Bürgerkriege in Santo Domingo ist eine den Insurgenten günstige Wendung ein getreten. Sie nahmen MacoriS nach heftigem Kampfe wieder; die Lage für die Hauptstadt San Domingo ist kritisch. Die russische Antwort aus die jüngste Note Japans soll einen für Japan befriedigenden Charakter tragen. ES heißt, Rußland habe ge wiss- Konzessionen gemacht, England wolle Japan zu deren Annahme überreden. Zwar werden gerade jetzt auS englischer Quelle wieder allerhand Allarmnachrichten über die ostastatische Krisis ver breitet, wozu u. a. auch die „Reuter-Meldung" von der angeblichen Mobilisierung der japanischen Armee gehört, indessen sind diese neueren Allarm. nachrichten nicht glaubwürdiger als die früheren. Die „Times" melden auS Montevideo: ES sei nicht möglich, Nachrichten über die Vorgänge im Innern deS Landes zu erhalten. Die Re gierung behauptet, einen entscheidenden Sieg davon getragen zu haben, doch wird an der Richtigkeit dieser Behauptung gezweifelt. Die Lage ist hier sehr ungewiß; die Unzufriedenheit wächst. Soviel Soldaten für Südwest - Afrika nötig sind nach dem Urteil der Reichsregierung, eben soviel dürsten im Deutschen Reichstag be willigt werden, der trotz seines roten Blockes und der Vertreter verwandter Gesinnung immer zu haben sein wird für den Schutz deutschen Gebiet» und deutscher Untertanen. Ebenso wird er immer zu haben sein für daS Gerechte in den Forde rungen der Arbeiter, aber ebensowenig, wie in der letzten Woche bet der Aussprache über Crimmit schau, wird er sein Ohr leihen sozialdemokratischen Verdächtigungen und Verleumdungen. Glücklicherweise hat ja in Sachsen der Landtag, wenigstens zurzeit, die Gefahr nicht zu befürchten, von „Genossen" gelangweilt zu werden. Wäre dies der Fall gewesen, dürste die letzte Woche nicht die einstimmige Annahme deS nur für Sachsen günstigen Lotterie-Gesetze» gezeitigt haben- Man sieht: ersprießliche Arbeit geht besser ohne — und oft überhaupt nicht mit Sozialdemokraten. Eine Gefahr für den sozialen Frieden ist e» nach der „Leipziger Volkszeitung", wenn Fabrikanten für ihre Arbeiter — gesunde Wohn häuser bauen. Da» ist der Gipfel sozialdemokra tischer Verschrobenheit! Luxus st euer erhebt Frankfurt a. M. in be sonderem Maße. Erst in der letzten Verhandlung beschlossen die Stadtverordneten wiederum eine Erhöhung der Steuer, — und zwar aus Luxus« Pferde von 30 auf 100 Mk. pro Jahr, außer- dem Einführung einer Automobil st euer für LuxuSgefährte von 200 Mk. pro Jahr. Die Genehmigung deS Magistrats steht noch auS. Hamburg» 30. Januar. Ueber die Reise i des Hamburger Dampfer» Adolf Woermann mit dem für Südwrstasrtka bestimmten Gchutztruppen- ' tranSport wird der Neuen Hamburgtfchen Börsen- . . IGGL Halle gemeldet: Ha» bet der Adretse nebelige Wetter klarte bald nach de« verlassen de» Hamburger Hafen» auf. Ja der Nähe der Reede von Bruni hausen, erwarteten dea Dampfer 75 Kisten Muntttou, die ohne Schwierigkeit auf Deck genommen wurden. Gkzen 3>/, Uhr nachmittag» fetzte da» Schiff die Reise fort. Die Truppen sind begeistert von de« ihnen in Hamburg bereiteten Empfang und be finden sich in heiterster Stimmung. Au Bord alle» wohl. Hamburg, 30. Januar. Die Bürger schaft genehmigte nach warmen Worten ihre» Vor sitzenden einstimmig den dringlichen Antrag de» Senate», 10,000 Mark für die Notleidenden tn Aalrsund zu spenden. München, 30. Januar. Die „ Korrespondenz Hofmann" meldet: Die io der gestrigen Nummer der Volkszeitung unter der Ueberschrift: „Die bairische Mtlitärhoheit tn Gefahr" gebrachte Nach richt, daß die Alarmierung der Münchener Garnison durch de« deutschen Kaiser beabstcht sein soll und daß nach dem Bekaontwerden dieser Absicht der KrlegSmintstrr von Asch sofort direkt zum Vortrag beim Prinzregenten besohlen worden sei, ist voll ständig au» der Lust gegriffen. Pari», 30. Januar. Präsident Loubet macht« heute dem Professor und der Frau Professor Curie einen Besuch; er wohnte Experimenten mit Radium bei und sprach dem Ehepaar seine wärmsten Glück wünsche zu seinen wissenschaftlichen Erfolgen auS. Sofia, 30. Jan. Die „Agence TSIÜgraph-qur Vulgare" erklärt: ES wird immer offenbarer, daß die Mitteilungen der Pforte über Kämpfe türkischer Truppen mit Jusurgentenbanden auS Bulgarien lanziert werden, um die Wahrheit, daß zeitweise türkische Posten die bulgarischen Posten angrrifrn, zu verschleiern. Kürzlich haben 20 türkische Soldaten in der Nähe der Grenze bet Rilo eine bulgarische Patrouille, welche die Verbindung der Posten zwischen Barakowo und Poromino herstrllt, an gegriffen und Feuer gegeben. Obgleich die Patrouille sich zu erkennen gab, hörten die Türken nicht auf zu feuern, weshalb die Patrouille das Feuer er widerte. Nach halbstündigem lebhaften Feuer konnte die Patrouille ohne Verluste zu ihrem Posten zurückgelangen. Dir Verluste der Türken sind unbekannt. Christi ania, 31. Jan. Heute ist hier der Direktor der Landsmannbank aus Aalesund ein getroffen, um zu versuchen, das durch das Feuer versengte Papiergeld im Betrage von 50,000 Kr. bei der Bank von Norwegen einzulösen. London, 31. Jan. (Meldung drS „Wolff- Bureau".) Da, soweit hier bekannt, überhaupt noch keine russische Antwort in Tokio empfangen worden ist, sind alle über den Inhalt derselben verbreiteten Kombinationen mit großer Vorsicht anzunehmen. Bezüglich des Eindruckes, den die russische Note eventuell auf Japan machen wird, muß daran festgehalten werden, daß nicht nur der Ton, sondern auch der Inhalt derselben maßgebend sein wird. DaS russischerseits in letzter Zeit wieder holt betonte Bestreben, Japan bis an die Grenze des Möglichen entgegenzukommen, dürfte in Tokio unbedingt ein willige» Echo finden, wenn, wie zu hoffen ist, der konkrete Inhalt der russischen Mit teilung die Anerkennung der japanischersritS auf daS unerläßlichste Maß beschränkten Vorschläge enthält. Tientsin, 30. Januar. (Reutermeldung.) Rußland hat gestern 25,000 Tonnen Katßing-Kohle gekauft. Juanschtkai erhöht dir Zahl der zum Schutze der Grenze zwischen Petschilt und der Mandschurei bestimmten Truppen mit Rücksicht auf die Möglichkeit, daß r» zum Kriege zwischen Rußland und Japan kommt, auf 40,000 Mann. Auch tn Shanst und Schantung erfährt der Truppenbestand eine Vermehrung. Aus dem Reichstage. Durch die Verhandlungen drS Reichstag» am Freitag zog sich wie rin roter Faden die Be trachtung über den Crimmitschauer Streik. Zwei Abgeordnete nahmen sich der virlgeschmähteu Crimmitschauer Arbeitgeber an, während sich zwei andere Volksvertreter mit einer einseitigen Ver teidigung der Arbeitnehmer auf» neue um die Gunst der Massen bewarben. Die Erörterung eröffnete der Nattonalliberale Lehmann, der Nachfolger Bassrrmann» im Wahlkreise Jena, der al» geborener Sachse die einschlägigen Verhältnisse mit hohem Sachverständni» beurteilte und der Sozialdemokratie mit der hier gebotenen Schärfe gegeaübertrat. In dieselben Kerbe haute der ein zig« verirrter der bürgerlichen Parteien Sachsen», der Stadtverordnetenvorstrher Gräse-vtschofS- werda, der den Herren Genossen unter ihren zornigen Zurufen immer neue bitter« Wahrheit« in» Gesicht sagte und den Crimmitschau» VtrK