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Auch mochte sie die Leichenfrauen gewiß so gut bewirthen, daß diese aus die Leichen minder auf. merksam waren. Da alle ihre Gemordeten unter namenlosen Qualen starben, so bleibt es unerklär bar, daß die Aerzte nicht aufmerksam wurden. Jetzt kam ihr Bruder als Invalid zurück — auch er ward vergiftet. Auch jetzt noch schöpft die Obrigkeit keinen Verdacht! — Keine Un tersuchung, keine Section wird veranstaltet. — Auf die an den Leichen sich zeigenden Symptome, die dem aufmerksamen Auge nicht entgehen kön. Mn, wird nicht geachtet. — Jetzt ward die List des Verbrechens zur Ge wohnheit. Sie schwelgte im Schmerzensgesiihl ih rer Opfer; ihr Lodesröcheln war ihr Teufelslust. Nun hatte sich die Entsetzliche reine Bahn ge macht. Jetzt glaubt sie, Gottfried müsse sie jetzt heirathen!— Gottfried nahm sie nun; ihr Wunsch war erreicht, und 6 Jahre blieb sie frei von Ver brechen, wenigstens hat sie nicht gestanden, in die ser Zeit dergleichen verübt zu haben. Wohl quäl ten sie jetzt Gewissensbisse, aber sie versuchte es, sie durch Wohlleben und heuchlerisches Gebet zu besiegen. So weiß die Frömmlerin sich selbst zu täuschen. Der Wurm, der am schuldbewußten Herzen nagte, starb nicht, — das böse Gewissen ist der furchtbarste unbestechlichste Kläger. Sechs Jahre war sie ruhig; jetzt aber erwachte die Mordlust von Neuem, und in einer Neihefolge langer Jahre sollte jedes neue gräßliche Schand- thaten sehen. Gatte und Freundinnen sollten fal len. — Sie probirte Gifte 'an unschuldigen Per sonen, und wendete, um zu prüfen, wie lange dieser und jener Gift Zeit zur Wirkung brauchte, um tödlich zu wirken, mancherlei Mittel an. Sie berechnete dadurch den Todestag ihrer Opfer. — Sie suchte Geliebte, und hatte sie selbige satt, st starben sie den Lod durch Gift, sie todtete unschul dige Kinder und ihre Mütter! — Bei alledem blieb sie ruhig, freundlich, eine angenehme Gesell schafterin, ja sogar zuvorkommende Krankenpflege rin (?!) und frömmelnde Kirchengängerin, die sich die Obrigkeit zum Freunde zu machen wußte. Dieser Umstand war es, der immer den aufkeimen den Verdacht von ihr entfernte. Auch die altern de scheinheilige Sünderin verstand es, interessant zu seyn. Man sah sie gern im Haus und in Ge sellschaften, ihr so den Weg zu neuen Gräueln bahnend. So hatte Geschirre bereits an 40 Mord« und Gräuelthaten verübt, und eben wollte sie einen Schumacher, in den sie verliebt war und der ge gen die alternde Kokette sehr spröde war, durch Schinken vergiften, — da wachte der Genius der Menschheit; der Schuhmacher erkannte die Ge fahr; Geschirre ward festgesetzt. Jetzt lernten Obrig keit und Aerzte auf ihre Pflichten aufmerksam seyn; die Untersuchung begann. Das Resultat derselben war das Geständniß und die Ueberführung unge heurer Unthaten, und für die Verbrecherin der Tod auf dem Blutgerüste durchs Schwerdt. So endete dieses Werb, dieser Teufel in Men schengestalt, diese Hyäne im Lammskleide, jenseit des Blutgerüstes ewigen Qualen entgegeneilend. Ihr Haupr wird auf dem Museum zu Bremen aufbcwahrt, und steht mit Recht unter den Prä paraten von giftigen Schlangen und Scorpionen. Ihre Lebensgeschichte aber lehrt Obrigkeiten und Aerzten Vorsicht und Aufmerksamkeit auf alle je ne Krankheitsvorfälle, die Vergiftung vermuthen lassen. — Der Tod des Kaiserlich Russischen General-Feldmarschalls Grafm Diebitzsch-Sabalkansky, d. 10. Junius 1831. „Rasch tritt der Lod den Menschen an!" Diese Worte de» großen Dichters Schiller gin- lung. — Wohl mochten mancher verfehlten Hoff gen auch bei diesem Heldenfeldherrn in Erfül- nung und verkannten Vertrauens bittere Kränkun- Lcherr emd Ew». L8Z2. - G