Volltext Seite (XML)
Indessen waren die Deputaten nicht müssig und beratdschiagten sich, wie sie diese blutigen Er- eign'che zu einem friedlichen Ende führen könnten. — Eine Republik würde zur völligen Gesetzlosig keit, zum Mordschauspiel und tausend Greueln ge führt haben. — Wo alle Herzen stürmen, -a wird das unglückliche Volk von tausend Tyrannen regiert, die Klugheit, Körperstärke oder Ueber- muth zum Ruder führt. Dieß sah man ein; eine gemäßigte Monar chie schien allein das Glück der Bürger zu seyn. Man berathschlagte und verwarf; — und sah endlich in dem Herzog von Orleans den Mann, der nach der Resignation Karls als Regent den Sturm beschwören und weiteres Unglück verhü ten könnte. Er hatte Liebe und Vertrauen ge wonnen, und durch Humanität sich die Herzen der Reichen, durch Wohlthätigkeit die der Armen erworben. — Erst war man der Meinung, daß er nur im Namen des Herzogs von Bördeaüx, des kleinen Prinzen, des Sohnes des Herzogs von Berry, regieren sollte, weil dieser Prinz die gerechtesten Ansprüche auf die Krone hatte. Endlich war Ruhe; die Tobten waren feier lich beerdigt, von Neuem tönten Lob- und Dank lieder in den Kirchen, die kein Frevel entweihet hatte, — und tausend Segenswünsche ihrer Hin terlassenen folgten den Gefallenen, worunter sehr viele Familienväter und begüterte Bürger waren. Der König Karl hatte sich indeß nach Ram bouillet, einem andern, in angenehmer Wald gegend gelegenen Lust- und Jagdschlösse begeben. Hier sandte der König am 2. August folgende Abdications-Akte (Entsagungsurkunde) an den Her zog von Orleans: An meinen Vetter, den Herzog von Orleans rc., Mein Vetter, ich bin über das Unglück, das mein Volk getroffen hat oder dasselbe bedrohen könnte, zu tief bekümmert, als daß ich mich nicht nach einem Mittel, ihm zu steuern, umgesehen hätte. Ich habe sonach den Entschluß gefaßt, der Krone zu Gunsten meines Enkels, des Herzogs von Bordeaux, zu entsagen. Der Dauphin, welcher meine Gesinnungen theilt, verzichtet gleichfalls auf seine Rechte zu Gunsten seines Neffen. Sie ha ben mithin, in Ihrer Eigenschaft als Generallieu- tenant des Königreichs, die Thronbesteigung Hein richs V. proclamircn zu lassen. Sie werden übri gens alle die angehenden Maßregeln ergreifen, um die Form des Gouvernements während der Min derjährigkeit des neuen Königs festzustellen. Ich beschränke mich hier blos darauf, diese Disposi tionen zur Kenntnis; zu bringen; es ist dieß ein Mittel, noch mehr Unheil zu verhüten. Sie wer den meine Intentionen dem diplomatischen Eorps mitthcilen, und mir, sobald als möglich, die Pro klamationen zuscnden, wodurch mein Enkel als König, unter dem Namen Heinrich V., anerkannt wird. Ich beauftrage den Generallieutenant Vi comte de Foissac-Latour, Ihnen dieses Schreiben zu überbringen. Er hat Befehl, sich mit Ihnen über die zu Gunsten der Personen, welche mich begleitet haben, zu treffenden Arrangements, so wie über die geeigneten Anordnungen dessen, was mich und meine Familie betrifft, zu verstän digen. Wir werden hierauf die sonstigen Maßre geln, welche eine Folge des Regierungswechsels sind, ordnen. Ich versichere Sie, mein Vetter, wiederholt der Gesinnungen, mit welchen ich bin ihr wohlgeneigter Vetter Earl Ludwig Anton. Nachdem diese Nachricht in den Kammern discudirt (besprochen) war, entschloß man sich, daß der Herzog von Orleans nicht als Statthalter oder Vormund, sondern als König regieren sollte. Die königl. Familie aber entschloß sich, ab zureisen und das Land zu verlassen. — Dies ge schah am 8. August. Den 10. wurde der Herzog zum König prociamirt, d. h. öffentlich ausgerufen, ohngeachte't für den Herzog von Bordeaux meh rere Redner, unter ihnen vorzüglich Chateau briand, mit allem Feuer der Beredtsamkeit spra chen. — Wie sich diese politischen Ansichten ord nen, wie sie zum wahren Beßten gedeihen wer- G*