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Zeit- und Weltbegebenheiten. Kurze Beschreibung von Polen. Erst Len hatten sich im westlichen Europa poii- tische Ereignisse zugetragen, welche die volle Auf? merksamkeit der Regierungen und des Publikums auch jetzt noch beschäftigen, und siehe, da wird mit einem Male der Blick auch nach dem Osten gerichtet, wo sich ein ähnliches Ereigniß begiebt, und welches in seinen moralischen Folgen gewiß eben so wichtig werden kann, als jene. Mag es es auch keinem Zweifel unterliegen, daß das Feuer der Insurrektion, welches am 29. November vori gen Jahres in der Hauptstadt Polens in lichten Flammen ausbrach, schon längst unter der Asche geglimmt habe, so kam doch die Catastrophe, wel che sich dort ereignete, ziemlich unerwartet. Was von der Nation und ihren Führen hierbei gesche hen ist, besagen die öffentlichen Blätter; mag es nun aber zum Kampfe kommen oder nicht, so dürfte es doch für Jeden, der an dem ohnedies schon großen Ereignisse menschlich Theil nimmt, ein Interesse haben, sich die Kenntniß des Landes, welches der Schauplatz desselben ist, durch eine zwar kurze, doch getreue, Uebersicht zu vergegen wärtigen. Letztere geben in einem Abrisse, diese wenigen Blätter, die es übrigens sich sehr enthal ten, ihrem Leser in politischen Urtheilen und Re- flektionen vorzugreifen. Das gegenwärtige Czaarthum oder Königreich Polen, umgeben vom russischem, österreichischem und preußischem Gebiete, ist etwa 2290 Quadrat- Meilen groß und hat 3,700,000 Einw. Bis zum Jahre 1772 hatte es einen Flächeninhalt von mehr als 13,000 Q. M. und 114 Millionen Einw. Es bestand damals aus zwei Haupttheilen, dem Königreiche Polen und dem Großherzogthum Litthauen. Letzteres hatte früher seine eigenen Beherrscher; 1386 aber kam es zuerst an Polen und ward 1569 völlig mit demselben vereinigt. Die Polen sind ein slavischer Bölkerstamm, der schon im sechsten Jahrhundert aus Rußland her gezogen kam, gegen Ende des zehnten Jahrhun derts Polen, d. i. Slaven der Ebene, genannt wurde, und im Jahre 965 das Christenthum an nahm. Sie waren bis um das Jahr 840 unter Einem Fürsten, Pia st vereinigt; unter seinen Nachfolgern aber ward das Land unter mehrere männliche Erben getheilt, und die Nation hatte jetzt blos Herkunft, Fürstensamilie und Namen ge mein. Schon 1025 war das Land ein Konig- F