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wegen der Augsburgischen Konfession und dersel ben Lehre, Religion und Glaubens hal ber mit der That gewaltiger Weis' überziehen, be schädigen, vergewaltigen oder in andere Wege wi der sein Conscienz, Wissen und Willen von dieser augsburgischcn Eonfessionsreligion, Glauben, Kir- chengcbräuchen, Ordnung und Ceremonien, so sie aufgericht't oder nochmals aufrichten mochte, in ihren Fürstenthümern; Landen und Herrschaften dringen, oder durch Mandat, oder in einiger Ge stalt beschweren oder verachten, sondern bei solcher Religion, Glaube, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Ceremonien auf ihren Hab, Gütern, liegend oder fahrend, Land, Leuten, Herrschaften, Obrig keiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten ruhiglich und friedlich bleiben lassen, und solle die streitige Religion nicht anders, denn durch christliche, freund liche, friedliche Mittel und Wege zu einhelligem christlichen Verstand und Vergleichung gebracht wer den, Alles bei Kaiserl. und Königl. Würden, Fürstl. Ehren, wahren Worten und Pön des Landfriedens." Dieser Augsburgische Religionsfricdc bildet bis auf den heutigen Tag das Grundgesetz in al len Rcligionssachen des deutschen Reichs, und ist später bei verschiedenen Reichstagen und Friedens abschlüssen immer wieder aufs Nene bestätigt wor den. Zwar versuchten es die Katholischen nament lich im 30jährigcn Kriege, den Evangelischen das thcuer errungene Kleinod ihres Glaubens wieder zu" entreißen; aber Gott hat gegen die Umtriebe des Papismus und der Jesuiten uns bisher ge holfen und er wird weiter helfen. Gehen nun in neuerer Zeit die Bestrebungen der römisch-katholi schen Kirche versteckter und unverstecktcr Weise überall dahin, uns Protestanten immer mehr zu schmälern und den alten Popanz ihrer Allcinseligmachung wieder aufzustellen, so möchte man nnsern Glau bensgenossen wohl zurufen: „Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und stark!" Daher möge denn auch unter uns die dritte Säcularfeier des Augsburger Religionsfricdens recht feierlich' began gen und Allen, die es redlich^ meinen mit ihrem Glauben, ein neuer Anstoß werden, recht fest zu halten an dem theucrn Gute der evangelischen Freiheit, das unsere Altvordern uns mit ihrem Blute erkauft haben. Das Andenken an diese denkwürdige Geschichts epoche wurde namentlich vor lOOJahren in dem ganzen protestantischen Europa höchst festlich begangen, und cs dürfte interessant sein, aus den betreffenden altcnUrknn- den diejenigen Feierlichkeiten hier anzuführe», welche namentlich in der alten und berühmten Stadt Mei ßen bei dieser Gelegenheit ausgcführt worden sind. In den sächsischen Landen war laut hoher Verordnung vor 100. Jahren der 18. Sonntag nach Trin. als der 28. Sept, und folgende Tage für Abhaltung des Gedcnkfestes bestimmt worden. In Meißen ertönten die Glocken früh 4 Uhr auf dem Stadtthurme, dann wurden daselbst von dem Stadtmusikchor bis 5 Uhr mehrere passende Cho räle vorgetragen, während einige Privaten auf dem Rathsberge und dem Plossen aus kleinen Stücken Festschüsse abfcucrtcn. Nachdem um 6 und um '/r7 Uhr wiederum mit allen Glocken gekauten worden war, versammelten sich um diese Zeit der Rath und die Bürgerschaft auf dem Rathhause. Von der Stadtschule aus zogen die Schulknaben sammt den Geistlichen und Lehrern die Elbgaffe herauf über den Markt nach der festlich geschmück ten Stadtkirche, an welche sich das Rathscollegium, die Viertelsmeister und die Ausschußpersonen, so wie die Bürgerfchast in großer Anzahl Paar und Paar in schwarzer Kleidung anschlossen. In be sonderem Zuge erschienen dann die Schulmädchen mit Kränzen auf dem Haupte, gegen 10G an der Zahl. Die Jubelpredigt hielt Hr. Diac. Martins über Ap. Gesch. 9, 31. Nach der Kirche ging der Zug wieder in derselben Ordnung zurück, während das Musikchor vom Stadtthurme mit Trompeten und Pauken musicirte. Nachdem der Mittags gottesdienst vom Hrn. Archiv. LI. Junghanns und die Nachmitta'gspredigt über Col. 3, 15. abermals vom Hr. Diac. Martins in dcr Domkirche bei überaus volkreicher Versammlung gehalten worden, hielt das collegium rnusicum unterstützt von dem Stadtmnsikchor Abends 8 Uhr auf dem Markte vor dem Rathhausc unter Fackelglanz eine schöne Abendmusik. Am 30. Septbr. Nachmittags wurde unter die Armen ein Viertel rother Wein ans dem Nathswcinkeller ansgetheilt. Die Fürstenschule be ging das Fest durch einen feierlichen Rcdcactus und Gottesdienst in der Afrakirche. An letzterem Tage hielt auch das Scharf- und Scheibenschützen corps ein feierliches Büchscnschießen, dessen Aus- und Einzug von einem Kommando der beiden Bürgcrgardcn-Compagnien nebst Fahne begleitet wurde. Der Auszug begann früh 8 Uhr durch die Stadt vor das Schicßthor in das an der Elbe gelegene Schießhaus; bei dcr Ankunft daselbst wur den 20 gegen die Elbe stehende Böller abgefeuert und die Grenadiere gaben eine Salve. So wurde das seltne Fest zu allgemeiner Lust und Freude beschlossen, und blieb noch lange Allen, die daran Thcil genommen, in fröhlichem Gcdächtuiß.