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Statistische, landwirthschaftliche und zeitgeschicht liche Aufsätze, Erzählungen und Anekdoten. Gruß des Kalendermanns an die Kunden zum Neujahr. Wie ich getban seit alter Zeit, Komm ich zur Jahresfeier Za altgewohntem Gruß bereit Mit meiner alten Leier. Wir sehn die Jahre kommen, geh». Und alles sich im Wechsel drehn: Doch bleidt'S di« alte Leier! Zu mitternächt'ger Stunde bringt Gar manche Lust Sylvester; Man lacht und scherzt, man trinkt und schlingt — Der Freundschaft Bande fester, Und früh — da istS im Beutel leer, Zm Herzen kalt, im Kopfe schwer: Das ist die alte Leier! Mit Händedruck und Liebesblick Wünscht alles aller Orten Zum neuen Jahr einander Glück In wohlgcsetzten Worten. Doch tst's den Meisten ganz egal, Auch vielen eklich und fatal: Das ist die alte Leier! Wenn ich nun Euch nach altem Brauch Von Herzen gratulire, Und zu so manchem Wunsche auch Die meinigen addire, Ja, mich zum Uebcrflusse noch Recommandire, sprecht Ihr doch: Das ist die alte Leier! D'rum wollen wir's denn immerdar In alter Leier treiben! Ihr mögt mir auch im neuen Jahr Getreue Kunden bleiben! Und geht es wieder einst zu End', So spreche jeder, der mich kennt: 's bleibt bei der alten Leier! Die Weltbegebenheiten der neuesten Zeit. Ihr lieben Leute, die Ihr den Kalender blos zu lesen und nicht zu schreiben braucht, habt cs herrlich, wenn Ihr cs auch nicht immer Wort haben wollt. Ihr habt Ener einfaches bekanntes Geschäft, und cs kann gar nicht Vorkommen, daß Einer von Euch zugleich den Kaufmann und den Fuhrmann machen, vom Pfluge weg Schule halten, heute Leder und morgen Leinwand zuschnciden müßte. Ach Gott! wer cs doch auch so gut hätte! Was hat dagegen so ein armer geplagter Kalcndermann zu thun! Der muß den Chinesen unter den Zopf gucken, der muß in Constantinopel, im schwarzen Meer, in der Ostsee so zu Hause sein, wie zwischen Köln und Spaar, der muß jedem Kurier nachlau- fcn, an jeder Thür, hinter der hohe Diplomaten (d. h. Gesandte der noch höher» Herrschaften) sitzen, horchen, der muß von der Ernte in der Lommatz scher Pflege und von dem großen Weltverkehr genau unterrichtet sein, der muß wissen, warum die Eng länder Kronstadt nicht «»greifen, und warum das Meißener Wasscrloch auf dem Roßmarkte nicht über baut wird, der muß, wenn auch nicht in allen Zun gen sprechen, doch alle Zungen verstehen, der muß — nein, nicht weiter, denn wenn ich noch alles aufzählen wollte, was ein Kalcndermann wissen muß, so hätte ich so lange zu reden, daß die Aktien der Dresden-Tharandter Bahn unterdessen auf 135 steigen könnten. Dieses Jahr wird cs mir mit meinem Bericht saurer denn je gemacht. Wissen sogar die Herrn 1