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von Engel, der Kammcrherr Graf Vitzthum von Eckstädt, der Leibarzt Geh. Medizinalrath l)r. Carus und der Geh. Kämmerer Tietz nebst mehren Kammer lakaien über Leipzig, München und Kempten nach Brennbühl begeben. Die Schützen von Imst über nahmen einstweilen die Ehrenwache bei der Leiche, von der sich auch der Major sowie der Lakai keinen Augenblick entfernten. Die Leiche des Königs selbst lag in Brennbühl auf dem Bette, auf welchem er verschieden, mit weißem Tuche überdeckt. Um das selbe waren Kerzen und das aus der dortigen Ka pelle entnommene Crucifix, dazwischen Vasen mit Blumen ausgestellt. An dem Leidcnsbette verrich teten Kapuziner aus dem Kloster zu Imst die stündlichen Gebete, an denen von allen Seiten herbeikommcndc Tiroler auf das Andächtigste sich bethciligtcn. Am 11. August wurde die Obduktion der Leiche vorgenommen; sie hat ergeben, daß der Tod eine unmittelbare Folge der absolut tödtlichen Ver letzung der Hirnschale und der damit verbundenen hochgradigen Gehirnerschütterung war, und cs wurde die Verletzung selbst nach Form und Größe als von dem Hnfschlage eines Pferdes herrührcnd erkannt. Das Leben und Wirken des Königs ist zwar in Deutschland bekannt genug, dennoch können wir nicht unterlassen, einige Worte darüber hinzuzu fügen. Friedrich August ll. war am 18. Mai 1797 geboren und der älteste Sohn des am 3. Januar 1838 gestorbenen Prinzen Maximilian, des zweiten Bruders König Friedrich August's I. von Sachsen. Mütterlicherseits wurde der König früh verwaist. Prinzessin Caroline Marie Therese von Parma, seine Mutter, starb schon am 8. März 1804, allein der Vater sorgte für einen sehr gründ lichen Unterricht seiner drei Söhne, von denen aber der zweite, Prinz Clemens, am 4. Januar 1822 zu Pisa ins Grab sank. Welchen Erfolg diese Er ziehung hatte, ist bekannt, und wenn uns in Friedrich August ein vielseitig gebildeter Herrscher verloren ging, so ist sein Bruder und Nachfolger, König Johann, ein anerkannter Gelehrter von europäischem Ruf. In die Jugend der Prinzen fiel die für Sachsen besonders schwere Zeit von 1813 bis 1815. Von Prcßburg, wo sie ihren königlichen Oheim tröstend besucht hatten, eilten sie 1815 in das östrcichische Hauptquartier nach Dijon und fanden in dem Erzherzog Ferdinand von Este einen Für sprecher ihrer Rechte. Nachdem die Dinge in Sachsen nicht gerade sonderlich befriedigend geordnet worden waren, setzten die Prinzen Friedrich August und Johann ihre Studien in Dresden mit Eifer fort. General v. Watzdorff, Major Cerrini und Hokrath Stübel waren ihre Lebrer und Führer. Hauptsache blieb die Er werbung juristischer, staatswissenschastlicher und militärischer Kenntnisse, allein zur Erholung dienten dem ältesten Prin zen die Naturwissenschaften, während der jüngste in Phi lologie und Literatur Ungewöhnliches leistete. Auch die Künste liebte Friedrich August mit Wärme und entfaltete dabei soviel persönliche Liebenswürdigkeit, daß man von seine« kleinen Reisen Anekdoten erzählt, welche im Munde des Volks umlaufend ihm die Herzen gewannen. Der Ernst des Lebens blieb jedoch vorherrschend, und nicht unver dient rückte der Prinz allmälig bis zum General und Chef der Armee <am 23. Juli I83Ü) auf. Schon seit 1819 wohnte er den Sitzungen des Geheim. Ralbes, seit 1822 mit Stimmrecht, bei und unternahm in den folgenden Jah ren verschiedene belehrende Reisen nach den Niederlanden, Frankreich und Italien. So vorbereitet war der Prinz der Mann der Lage, als die Ereignisse des Jahres 1830 hereinbrachen. Seine Ernennung zum Mitregcnten gebot der Bewegung sogleich Halt und seine Weisheit gewährte dem Staate was er bedurfte, eine wohlgeordnete Verfassung. Der am 6. Juni 1836 erfolgte Lod König Anton s und die väterliche Thronentsagung legten die Zügel der Re gierung gänzlich in die Hände König Friedrich August ». Der Natur hatte er ihren leisen und allmäligen Bildungs gang abgelauscht und in ähnlicher Weise strebte er die staatliche Entwicklung an. Ueberstürzungen abhold, ließ er dennoch die Kammeropposition gcwäbren, so lange sie ein nützlicher Gährüngsstoff blieb. So hatte Sachse« viel treffliche organische Gesetze erhalten, als der Sturm von 1848 und 1849 hercinbrach und die Früchte unreif von Len Bäumen schüttelte. Der Gang der Ereignisse in Sachsen war am wenigiien geeignet, umgestaltend zu wirken; Bestehendes wurde umgestürzt, aber nichts Besseres geschaffen. Wir können diese düstere Periode nicht näher betrachten, nur soviel ist gewiß, daß sie das Land zurück warf und gewaltthätige Erschütterungen berbeiführte, deren schwere Folgen aber durch die Gnade des mildgesinnten Monarchen größtentheils verwischt worden sind. Was er noch weiter in seinem Herzen und seinem Geiste trug, hat der Tod nicht zur Vollendung kommen lassen. Zweimal war der König vermählt. Den ersten Ehe bund schloß er am 7. Oktober 1829 mit der Erzherzogin Caroline, Tochter des verstorbenen Kaisers Franz von Oestreich, und nachdem der Tod dieses Band am 23. Mai 1832 gelöst, schritt der Wittwer am 24. April des näch sten Jahres zu einer zweiten Ehe mit Prinzessin Marie, Tochter des verstorbenen Königs Maximilian Joseph von Baiern. Beide Verbindungen blieben jedoch kinderlos, daher die Krpne auf seinen am 12. Dezember 1801 ge borenen Bruder Johann überging, welcher am 10. August die Regierung des Königreichs angetreten hat und in dem wir somit gegenwärtig unfern Herrscher verehren. Wohl dürfen wir den Ruf erschallen lapen, der ehe dem bei dem Thronwechsel in Frankreich ertönte: Der Könia ist todt, es lebe der König! Man wird sich über all überzeugen, wieviel wir verloren baben, doch hoffen wir zuversichtlich, daß es uns ersetzt werden wird. Kennt- niß ist Macht, sagt ein wahres Sprichwort, aber sie ist noch mehr: sie ist das Licht, das sich nicht unter den Scheffel stellen läßt, und wir besitzen jetzt einen weisen und gclebrten König, der sein Licht vor aller Welt leuchten lassen und das Land der Sachsen umstrablen wird, damit es hell unter allen Staaten von Deutschland glänze! —'