Volltext Seite (XML)
Friedrich August H., Der 10. August wird in den sächsischen Annalen fortan als ein Ungliickstag zu verzeichnen sein. Es war an diesem Tage, wo das sächsische Volk die Kunde von dem Tags zuvor erfolgten Tode seines Königs erhielt, eines Königs, den Bildung des Geistes und hohe Herzensgute den Besten an die Seite stellen, die je auf Thronen gesessen. Und wie so überraschend kam diese Kunde dem Volke, das ihn nur kurze Zeit vorher noch in aller Rüstig keit gesehen hatte, ehe er auf die lange, lange Reise ging, von wannen er nicht wicdcrkehrt. Und sein Tod war ein gewaltsamer, wenn auch, gepriesen sei das Geschick, schneller und schmerzloser. Mit schmerzlicher Ungeduld harrte sein trauerndes Volk der nähern, sicherer« Kunde von dem Hergang. Sie kam endlich, die ersten Nachrichten bestätigend. Der König, der am 1. August sein Land ver lassen hatte, um auf einer Reise nach München nnd von da nach Tyrol sich an den Freuden der Natur zu erquicken, war aus München wieder ab gereist, hatte am 7. und 8. August die Tour nach der Alpe Lisens und von da nach Silz glücklich und im besten Wohlsein vollbracht und wollte am 9. August früh den Eingang des Pitzthalcs be suchen. Zur Fahrt nach Wens war ein Wagen Von der Post in Imst genommen worden, in wel chem der König und sein Flügcladjutant Major von Zczschwitz saßen, während der Kammerlakai Joh. Gottl. Klccberg auf dem Bocke saß. Bis nach dem Weiler Brcnnbühl, der Stunde von Imst liegt, das die erste Station von Landcck nach Innsbruck ist, ging die Fahrt glücklich von statten. Von dort »ach der Brücke beim Herabfahren eines Berges, wobei der Postillon die Pferde am Zügel führte, fiel, 2io Uhr Vormittags, der Wagen um und die Dariilsitzenden wurden aus demselben ge schleudert. Während der Major von Zezschwitz seitwärts fiel, der Kammcrlakai aber zwischen die Pferde, mußte der unglückliche Sturz den Mo narchen, dessen Worte bei dem Sturze waren: „Haltet nur die Pferde!" in die Nähe des Hand- Pferdes schleudern, das, wild geworden, ausschlng und mit tödtlichem Hufschlag das Hinterhaupt des Königs traf. Der Kanimcrlakai zog den Verletzten sofort von dem Pferde weg und legte ihn mit Hilfe des Majors von Zezschwitz auf den nahen Grasboden, wobei sie ihm ei» Kissen ans dem Wa gen unter den Kopf gaben. Der Lakai holte in einem Becher Wasser und trocknete den Schweiß ab, wobei der König zu dem Lakai äußerte: „Vcr- König von Sachsen. -- laß mich nicht, ich werde dich auch nicht verlassen"; und während der Major von Zezschwitz eiligst nach Imst fuhr, um ärztliche Hilfe zu holen, brachten der Lakai und mehre herbcigerufene Leute, die in der Nähe auf dem Felde arbeiteten, den König in den nahen Gasthof zu Brennbühl. Dort trafen auch bald nachher der Major und der einzige in Imst anwesende Wundarzt Nocker ein, welcher nach vorgcuommcncr Untersuchung die Verletzungen, welche sich theils hinter dem linken Ohre befanden, thcils das Schläfenbein zerschmetternd getroffen, als sehr gefährlich erklärte. Der rechte Nockärmcl zeigte sich zerrissen. Das von dem Wundarzt für nöthig gehaltene Schlagen einer Ader erfolgte augenblicklich, aber schott ergoß sich fast kein Blut mehr, und der her- beigerufcne Geistliche von Brcnnbühl ertheilte dem Könige die Sterbesakramente. Um ^11 Uhr, also schon Dreiviertelstunden nach dem Unfall, war der König verschieden. Der Arzt von Wens, der in einer Eptrapostchaise herbeigcholt ward, kam leider zu spät; er sowohl wie der von Imst gaben die Erklärung ab, daß der Tod in Folge der durch den Schlag des Pferdes hcrbeigcführten Gehirner schütterung so plötzlich erfolgt sei. Es ist den bei dem Unglücksfall zugegen ge wesenen Personen unbegreiflich, wie der Wagen habe fallen können. Die Pferde waren nicht wild, der Postillon führte sie bei dem Herabfahren und der Wagen fuhr langsam. Auch der Weg war nicht schlecht, obwol durch das schlechte Wetter ausgespült, und „wir sind", so gicbt der Kammerlakai bei seiner durch den k. k. Bezirkshauptmann Freyeißcn am 9. August in Brcnnbühl vorgenommcnen Verneh mung zu Protokoll, „oft viel schlechtere Wege ge fahren." Dem Postillon fällt, nach Aussage des Majors von Zezschwitz wie des Kammerlakai, keine Verschuldung zur Last. Die Stelle, an der das Unglück geschah, ist für jetzt mit Steinen bezeichnet worden. Der Major von Zezschwitz ließ nach Innsbruck eine Staffctte abgehen, damit der dortige erste Arzt hcrbeikomme, die nöthigen Anordnungen wegen Er haltung der Leiche zu treffen, es wurde jedoch später «»geordnet, daß, bevor nicht von Dresden nähere Anordnungen in diesem Bezug cingegangcn seien, nichts vorgcnommen werde. Zur Abholung der Leiche hatten sich am II. August Abends aus dem Hofstaate des hochseligcn Königs der Ober stallmeister und Generaladjutant Generallieutenant