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Anlage zu Ar. 62 des sächsischen Lrzählers. Bischofswerda, den SV. Mai 1VV1. Sachsen. Bischofswerda, am 2S. Mai 1S01. — (Maikäfer.) Aus dem angrkündigt ge wesenen Maikäfer - Flugjahr ist abermals nicht geworden. Wie sm Jahren regelmäßig, so war auch sür diese- Frühjahr eine große Maikäferplage in Aussicht gestellt worden, aber man wird Mühe haben, überhaupt ein derartiges Insekt zu finden. Möglich, daß da- kalte Frühjahr seiner Entwickelung hinderlich, sogar schädlich gewesen ist. Thatsache aber ist rS, daß die Ankündigung großer Maikäfer jahre sich in den letzten Jahren fast regelmäßig wiederholt hat, ohne nachher in Erfüllung zu gehen. — Der Zuzug von Slaven nach Sachsen wächst immer mehr. Besonders Dresden wird von Czechrn überfluthet. Sie kommen, lassen sich daselbst häuslich nieder und bilden bereit» einen starken Prozentsatz ver Dresdner Bevölkerung. Welch' unheimliche Ausdehnung daS Slaventhum in Dresden gewonnen hat, erkennt man aus Mit- theilungen des katholischen KirchenblattrS sür Sachsen. Unter denen, an welchen in Dresden kirchliche Handlungen, wie Taufen, Trauungen und Begräbnisse vollzogen werden und deren Nomen allmonatlich in jenem Blatte veröffentlicht zu werden pflegen, sind stets die Hälfte Slaven. Wenn in Dresden und anderwärts von katholischer Seite Schulen und Kirchen gebaut und Wohlthätig- keitSveranstaltungen getroffen werden, so geschieht dies wesentlich für den slavischen Zuzug, der sich daselbst in steigendem Maße niederläßt, sür Aus länder, welche in nationaler und religiöser Beziehung in Sachsen stets ein fremdes Element bleiben und doch die Segnungen des deutsch-protestantischen Staates genießen. Zu den mancherlei Fragen hat sich längst in Sachsen die „slavische Frage" gesell», und sie wird uns noch schwere Tage machen. — Der Landeskulturrath giebt nachstehende allgemeine Uebersicht des Saatenstandes im Königreich Sachsen sür Mitte Mai bekannt: Die Witterung war in der Berichtszeit — IS. April bis 15. Mai — im Allgemeinen sehr günstig; sie zeichnete sich durch Wärme und zahlreiche Nieder schläge, theilweise Gewitterregen, auS; nur die letzten Tage im April und die ersten im Mai waren etwa- zu kühl. Diese Witterung erleichterte dir schon ziemlich hinauSgerückte Frühjahrsbestellung ungemein, so daß dieselbe fast allenthalben bis auf das Kartoffellegen unter den günstigsten Beding ungen beendet werden konnte, trotzdem in allen Bezirken des Landes — das Vogtland, die Amts- hauptmannschast Schwarzenberg und ein Thril der AmtShauptmannschast Zwickau ausgenommen — kleinere oder größere Flächen, vielfach bis zu 100 Proz., aus denen der Winterweizen, RapS und Klee auSgewintert waren, umgepflügt und neu bestellt werden mußten. Die jungen Sommer saaten sind überall schön ausgelaufen und hoben bis auf den Sommerweizen, der in einigen Bezirken dünn steht, allenthalben einen günstigen Stand; in einigen wenigen Bezirken wird über das Auf treten des Drahtwurms geklagt. Dagegen hat sich trotz der günstigen Witterung der Stand der von dem strengen Winter arg mitgenommenen Weizen- und Rapssaaten, sowie der Klee felder nicht nur nicht gebessert, sondern zumeist verschlechtert. Bon den 97 w e i z e n bauenden - Berichtsbezirken zeigen nur 6 Bezirke einen etwas besseren Stand als im vorigen Monat. In 5 Bezirken mußten 100 Prozent, in 33 Bezirken SO bi- 99 Prozent, in 21 Bezirken 70 bis 89 Prozent, in 8 Bezirken SO bi- 69 Prozent und in 14 Bezirken unter SO Prozent, zumeist 10 bi- 2b Prozent, der Anbaufläche umgepflügt werden, während in nur 16 Bezirken Umpflügungen nicht nothwendig gewesen sind. Am meisten hat der Dinterweizrn in den Fluren der Amt-Hauptmann- schäften Großenhain, Meißen, Döbeln, Grimma, Oschatz und Rochlitz gelitten. Auch der Raps konnte sich nicht erholen; überdies hat in einige« Bezirken der Glanzkäfer den schwachen Beständen arg zugesrtzt. Vielfach waren auch hier Umpflügungen von 7S—100 Prozent der Anbaufläche nöthig. Ebenso sind in einigen Bezirken die im vorigen Monat al» schön bezeichneten Roggensaate» infolge zu kühler, trockener Witterung etwa» zurück gegangen, doch können dieselben bei rechtzeitig ein tretenden Niederschlägen und Wärme sich wieder erholen. Wie bei den Weizrnsaaten hat sich nun mehr auch die Schädigung der Klee bestände al» »eit bedeutender herauSgrstrll», al» im vorigen Monate angenommen worden war; denn während im letzten Monatsbericht die umzupfiügrnde Fläche Prozent der Anbaufläche sich bewegte, ist dieselbe nunmehr in vielen Bezirken auf SO bi» 7b Prozent gestiegen, indem dir im vorigen Monat noch einigermaßen gut erscheinen den Bestände täglich zurückgingen. ES wird an« genommen, daß außer dem Frost namentlich der Klrekreb» den Klerbeständen verderblich gewesen ist. Besser hat sich da» Kleegras gehalten, während die Luzerne auch vielfach Schaden gelitten hat und recht dürftig steht. Die Wiesen haben im Allgemeinen noch wenig angrsrtzt, auch fehlt viel fach daS Bodengra»; warme, durchdringende Regen sind daher für da» WachSthu« im Allgemeinen sehr nöthig. Infolge Grünsuttermangrl» werden vereinzelt Roggenbestände verfüttert. Im Nossener Bezirk ist die Wintergerste total erfroren und die ganze Anbaufläche umgeackert worden. — Am 7. Mai ging in einem Theile de» 44. Bezirke», BienSdors-Burkhardt-walde, und am 11. Mai in der Oschatz-Dahlener Gegend ein heftige« Schloßen wetter nieder, da« die Roggensaate» beschädigt hat; auch im Markranstädter Bezirk sind die Roggen saaten durch leichten Hogelfall etwa« beschädigt worden. Am 11. und 12. Mai traten ziemlich schwere Gewitter, aber ohne Hagel, in der OelSnitzer Gegend im Vogtlande auf. Großschönau, 23. Mai. Der Central- ouSschuß sür da« 11. Oberlausitzer BundeSgesangS- fest erläßt an die Bundesgesangvereine einen längeren Aufruf mit anschließender Festordnung, welcher u. A. besagt: Am 18. und 19. August d. I. soll in Großschönau das 11. Oberlausitzer BundeS- gesangsfrst stattfinden. Damit wird unserem Orte nach 33 Jahren zum zweiten Male die Aus zeichnung zu Theil, die Sänger au« Lusatien« Gauen in unserer Mitte begrüßen zu können. Schon jetzt entbieten wir euch unseren herzlichsten, treudeutichen SängergrM,^ ES wird un« eine Ehrenpflicht sein, euch aW? diesmal mit offene» Armen zu empfangen und Alles aufzubieten, um den Aufenthalt in unserem Orte zu einem unvergeßlichen zu gestalten. — Die Festordnung ist wie folgt zusammengestellt: Sonntag, 18. August: Von r/,9—*/,10 Uhr Borm. Empfang aller auch der nicht mit der Bahn ankommenden SangeSbrüder auf dem Bahn hofe. Einbringung der Fahnen nach der Turn halle. Führung der Sänger in ihre Quartiere. Sofort nach Abgabe der Fahnen halten der 1. und 5. Kreis eine kurze Probe in den Sälen de« WeinhauseS bezw. der Post ab. 11 Uhr Haupt probe zum weltlichen Konzert in der Festhalle. Wer nicht mit probt, muß zum Konzert zahlen. Für die Sänger sind besondere Eingänge vorge sehen. 5 Uhr Nachm. Beginn deS Konzertes. 8 Uhr AbendS: Großer FestkommerS in der Sängerhalle. Montag, 19. August: Früh 6 Uhr Weckruf. 8—10 Uhr Morgrnkonzert auf dem Hutberge. Nachmittags V,2 Uhr Beginn des Kirchenkonzertes., daS wegen Raummangels nur von den hiesigen Männergesangvereinen auSge- führt werden kann unter Mitwirkung der Herren ormä. rsv. wirr. Menzel, Organist zu St. Johannis in Zittau, Kantor Herrlich und Musikdirektor Hartmann-Großschönau, sowie der beiden hiesigen gemischten Gesangvereine vom Sängerkreis und Liederkranz. 3 Uhr Aufstellung zum Festzuge. (Die Aufeinanderfolge der Vereine wird durch'« Loo» bestimmt.) Nach Beendigung de» Festzuges SchlußkommerS in der Festhalle. — Alle das Fest betreffenden Mittheilungen, Anfragen rc. sind an den Vorsitzenden des EentralauSschusseS, Bundesvorsitzenden A. Werner, Geldbeträge, Fest beiträge rc. an den BundrSkassterer HanS Häbler zu richten. Anmeldungen und Beiträge müssen bi- spätesten» zum 20. Juni eingehen. Festbeitrag 1,50 Mark. Dresden. Auch in diesem Jahre werden wieder Gouderzüge zu ermäßigten Fahrpreisen von Leipzig und hier nach Wien abgrlassen werden. Al» BerkehrStage sind Sonntag, der 14. Juli, und DonneStag, der 1b. August, in Aussicht ge nommen. Die Abfahrt vom hiesigen Hauptbahn hofe wird Nachmittag» S Uhr 36 Minuten, die Ankunft in Wien, Nordwest-Bahnhof, am anderen Morgen gegen 8 Uhr erfolgen. Dresden. Der schon oft vorbestrafte 47 Jahre alte Eattlergehilse Karl Brodowsky, der dieser Tag« vom Landgericht Dresden «egen Diebstahl» zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus vrrurtheilt wurde, erklärte nach der UrtheilSver- küadung: „Mit Freude nehme ich diese Strafe an!" — PtWWMrufSwechsel seltener Art kündigt ein Arzt i« ttWMfnserat de» Dresdner Anzeiger in folgender wnse an: „vr. moä., beruf-müde, vorzüglicher Musiker, Pianist, Tenorist und Humorist, sucht Stellung bei Quartett oder Sing- spiel-rlellschaft. Ges. Offerten" usw. Dresden, 23. Mai. In größeren Mengen treffen jetzt auf dem hirs. Markte die ersten reisen Kirschen ein und sind zu entsprechendem Preise (eine Mark da» Pfund) in Drlikatrßgeschäften zu haben. Dir Früchte entstammen fast durchweg dem Süden Europa». In einzelnen BerkaufSftellen findet man die Kirschen mit Maiblumenblättern zu hübschen Sträußchen vereinigt, die sür 10 Pfg. da« Stück käuflich sind. In unserer Hauptkirsch gegend um Merbitz und Brießnitz macht sich leider an vielen Stellen trotz der kühlen Tempe ratur der Nächte die Kernraupe, auch der Wickel spanner, unangenehm bemerkbar. Gerade die vor wenigen Wochen im herrlichsten vlüthenschmuck prangende Kirschleithe am Schoonrr Grunde zeigt rin fast herbstliche» Aussehen. Leipzig, 27. Mai. Die „Leipziger Lehrer zeitung" zieht scharf gegen Osterprüfungrn an den Volksschulen zu Felde, welche den Eltern nicht im Geringsten einen Einblick in das Schul- getriebe, die Fähigkeit der Lehrer und die Leistungen der Schüler zu gewähren vermögen, sondern nur eine vom sittlichen wie vom pädagogischen Stand punkt zu bekämpfende Schaustellung sei, auf die daS ganze Jahr losgearbeitet werde, um eine» äußeren, glänzenden Erfolg zu sichern. Dabei werde der Gefall- und Putzsucht Vorschub ge leistet und durch die Examenkleidung werden oft die socialen Unterschiede in recht schroffer Weise hrrvorgekehrt. Sollten die Eltern wirklich etwa» von rechter Lehrerthätigkeit sehen und hören, so müßten ihnen die Thore der Werkstatt an ge wöhnlichen Schultagen geöffnet werden, müßten Vater und Mutter beobachten und mit Aufmerk samkeit folgen, wenn die Schüler mitten in der Arbeit, bei der Erwerbung und Aneignung der Lernstoffe stehen. Die Zuhörer würden dann einen höheren Grad von Achtung vor der Schule bekommen und die wünschenSwerthe engere Ver bindung zwischen Elternhaus und Schule würde dadurch gefördert, daS nöthige Einvernehmen zwischen Eltern und Lehrern in sehr vielen Fälle« hergestellt werden. Die Lehrerzeitung befürwortet deshalb, daß den Eltern an einigen Tagen de» Schuljahre» und zwar zu verschiedenen Zeiten, am Anfang, in der Mitte und gegen Ende des selben, gestattet werde, dem Unterricht beizuwohnen. Die Schularbeit, für deren Gelingen Gemeinde und Staat manche Opfer brächten, vertrügen ganz gut die Oeffentlichkeit, ja eine solche Ein richtung werde nur zur Vervollkommnung de» Schulwesen» beitragen.. Auerbach, 23. Mai. Der Antrag der städtischen Kollegien auf eine eingehende Untersuchung de» Bürgermeisters Kretzschmar auf seinen geistig« Zustand wurde von der königlichen Kreishaupt« Mannschaft Zwickau abgelehnt, da die Handlungen des Bürgermeisters Kretzschmar keinen Zweisel an geistiger Gesundheit aufkommen lassen. Außerdem hat die KrriShauptmannschast durch eine energische Verfügung auf Erledigung der laufenden RathS- angelegenhriten gedrungen. Bekanntlich haben sich mehrere Mitglieder de» RathSkollegiumS neuerding» geweigert, der Einladung deS Bürgermeisters zu einer Rathssitzung Folge zu leisten. Die Kreis hauptmannschaft hat nunmehr verfügt, daß jede grundlose Versäumung, überhaupt jede Störung der ordnungsmäßig anberaumten Rathssitzungen mit je 100 Mk. Geldstrafe zu ahnden ist. Sollte trotzdem, so heißt e» zum Schluffe, eine pünktliche Erledigung der Geschäfte der städtischen Verwaltung noch nicht erzielt werden, so wird die königlich« Kreishauptmannschaft dahin Vorkehrung treffen, daß gemäß 8 101 der Revidirten Städteordnung die polizeilichen Funktionen dem Stadtrathe ab genommen und auf Kosten der Stadtgemeinde auf eine andere Stelle übertragen werde«. Auerbach, 26. Mai. In der am 22. d. M. abgrhaltrnen Sitzung de» Stadtrathe» ist, wie die hiesigen „Nachr." schreiben, Herr Stadtrath Petzoldt abermals zum stellvertretenden Bürger- meister gewählt und vom Rathe mit der Uebe»> rrichung der Stiftung-Urkunde der Stadt Auer bach bei der Seminar-Jubelfeier beauftragt mord« „in der richtig« Meinung, daß nur er (Herr Stadtrath Petzoldt) und nicht der Bürgermeister der wahre Vertreter der städtischen Kollegien sein kann". Nachdem vor Kurzem Herr Stadtrath Karl Knoll seinen Austritt au» dem Kollegium erklärt hat, haben jetzt auch die Stadkäth« Zu leger und Stelznrr ihr DemissioaSgesuch eing«. reicht.