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Amts- M AnzeiBlatt für de« öezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung «S Abonnement viertetj. 1 M. 50 Pf. etnschließl. de» »Jllustr. UnterhaltungSbl/ u. der Humor. Beilage .Seifen blasen-' in der Expedition, bei unseren Boten, sowie bei allen ReichSpostanstalten. Lrlegr.-A-rrffr: Amtsblatt. Erscheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den fol genden Tag. JnsertionSpreiS: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher Nr. Llv. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. 77-—. 57. Jahrgang. — n 7!—— Mittwoch, den 23. März Die Nr«. 10S der Echankstättenverbotsliste und »8 de- Nachtrages hierzu find z« streichen. Stadtrat Eibenstock. Die beiden Kanzler. Der Reichskanzler von Bethmann-Hollweg stattet gelegentlich seines Rom-Besuches in dieser Woche auch dem Fürsten Bülow, seinem Vorgänger im Amt, und der Fürstin Bülow in deren Villa in der ewigen Stadt «inen Besuch ab. Eine solche Höflichkeit ist, wie die Dinge liegen, selbstverständlich, zumal die beiden Staatsmän ner in Berlin als die besten Freunde geschieden sind, und Fürst Bülow sich nsit keiner Silbe in die Politik seines Nachfolgers eingemischt hat. Trotzdem hat die Begegnung der beiden Kanzler ein hohes Interesse, weil sie in ihrer Art zwischen deutschen Reichskanzlern noch nie bisher stattgefunden hat. Weder Bismarck, noch Caprivi unterhielten mit ihren Nachfolgern einen persönlichen Verkehr, und Fürst Hohenlohe traf nach seinem Rücktritt mit Bülow nur zufällig zusammen. Daß es nicht häufiger geschah, daran war allerdings nur das hohe Alter des greisen „Onkel Chlodwig" schuld. Begreiflich ist die Frage: Wird Herr von Beth- mann-Hollweg den Rat seines Vorgängers erbitten? Wohl kaum! Und ebenso wenig wird der Fürst ihn sei nem Nachfolger aufdrängen. Der frühere Kanzler hat durch seine bis heute geübte Zurückhaltung schon aus drücklich bewiesen, daß er sich in nichts einmischen will, und wenn der heutige leitende Staatsmann hätte fra gen wollen, hätte dies längst in unauffälliger Weise ge schehen können. Man darf die Selbständigkeit im Cha rakter des Herrn von Bethmann--Hollweg nicht ver kennen, er geht ja doch tatsächlich einen Weg, den in der inneren Politik einzuschlagen Fürst Bülow sich nicht entschließen konnte. Wo die Dinge so liegen, da ist es unnötig,, um Rat zu ersuchen, oder einen Rat zu ertei len. Etwas anders stehen die Dinge in der auswärtigen Politik, wenngleich auch hier der Reichskanzler im Staatssekretär des Auswärtigen, Freiherru von Schön, einen Mann zur Seite haltender mit dem Fürsten Bülow gemeinsam die internationale Politik oes deutschen Rei ches leitete und mit den Intentionen des früheren Kanz lers genau vertraut war. Aber warum sollen am Ende die beiden Staatsmänner dies weite Gebiet nicht flüch tig berühren, das für sie Beide nur interessant ist und zu keinen unliebsamen Erinnerungen Anlaß gibt? Das bleibt freilich in jedem Fall feststehen, auch damit kann nichts anders werden, wie es schon ist, und die Ent scheidung in deutschen auswärtigen Angelegenheiten kann nur im Reichskanzler-Hause in der Berliner Wil- helmstraße, nie in der Villa Malta zu Rom liegen. Aber eine interessante Zusammenkunft bleibt es, wie gesagt, und wir dürfen nur wünschen, daß sich alle künftigen Kanzler mit ihren Nachfolgern so gut ver tragen, wie es hier der Fall ist. Cs geht vorwärts mit Ostlisrika. Die Reise des Unterstaatssekretärs von Lindequist und die Eingaben der „Deutschen Kolonialgesellschrft" betreffend Wetterführung der Usambarabahn machen sich bereits fühlbar. Der fortschreitende Bau der Bahn MM Kilimandscharo hat einen sehr günstigen Einfluß auf die Ausdehnung der Baumwollkultur gehabt. Wäh rend nach der „Usambarapost" 1909 sich etwa nur ein Dutzend Pflanzer mit Baumwollbau in jener Gegend befaßten, wollen zur diesjährigen Regenzeit nahezu alle dortigen Pflanzer Baumwolle anbauen. Die erziel ten Ernteergebnisse waren bisher befriedigend, obschon 1909 Mr unrechten Zeit starke Regen fielen. Welche Hoffnungen man in die Fortsetzung der Bahn setzt, zeigt die Erweiterung der Ginanlage, welche ein betriebsamer Grioche am Rau geschaffen hat. Derselbe arbeitete bis her mit zwei Walzengins, doch ist er derart beschäftigt, daß er fünf weitere Walzengins aufstellen muß. Auch auf dem Gebiete der Viehzucht sind Fort schritts erfreulichster Art zu verzeichnen. Lord Dela- mere hat unter großen Kosten in Britisch-Ostafrika eine hervorragende Schafzucht angefangen. Nach voraufge henden Mißerfolgen ist es ihm gelungen, ausgezeichnete Kreuzungsprodukte von australischen Merinos mit ein heimischen Schafen zu erzielen, welche sieben Achtel Blut vom Merino aufweisen. Exzellenz von Lindequist wa ren von Lord Delamere zwei seiner besten Böcke ge schenkt worden, welche der Unterstaatssekretär dem wirt schaftlichen Verbände vom Kilimandscharo zur Verfü gung stellte. Auch industrielle Unternehmungen großen Stils dürften entstehen — die Ausbeutung des riesigen Na tronsoes im Nordwesten der Kolonie. Man folgt dabei dem Beispiele einer englischen Gesellschaft, welche auf Grund eingehender Untersuchungen zu der Ansicht ge langt ist, daß die Ausbeute der viel kleineren, im engli schen Gebiete liegenden Natronseen, äußerst lohnend wäre. Zu diesem Zwecke soll eine Zweiglinie an isie Ugandabahn aus Gesellschaftsmitteln abgezweigt wer den. Die Sodaablagerungen haben, wie durch Bohruw gen erwiesen wurde, eine außerordentliche Tiefe. Die Fläche beträgt 20000 Quadratmeilen. Der weit aus größere deutsche Natronsee liegt etwa in der Mitte der Strecke vom Kilimandscharo zum Viktoriasee. In denselben führt der Guano-Nyiro-Fluß, welcher auch leichten Salzgehalt und merkwürdigerweise einen ge radezu märchenhaften Mschreichtum aufweist. In der Kolonie fürchtet man sicherlich mit Unrecht, daß die Ausbeute in die Hände eines ausländischen Konsortiums gelangt, doch glauben wir annehmen zu können, daß die Anwesenheit des Gouverneurs von Rechenberg in Deutschland dazu beitragen wird, das deutsche Kapital für die Ausbeutung dieser Schätze zu interessieren. Tagesgeschichte. Deutschland. Der Kaiser und Roosevelt. Präsident Roosevelt wird am 16. oder 17. Mai in London eintref fen. Roosevelt legt, wie Londoner Blätter erzählen, große Wichtigkeit aus eine Begegnung mit dem deutschen Kaiser. Auch der deutsche Kaiser wünscht lebhaft, den früheren Präsidenten zu sehen, und wird, wie hier ver lautet, seine Ferien unterbrechen, um am Tage des Ein treffens Roosevelts in Berlin anwesend zu sein. — Reichslagsnachwahl. Für den verstor benen Reichstagsabgeordneten Hermes von der Fort schrittlichen Volkspartei hat im Wahlkreise Jauer- Landshut-Bolkenhain bekanntlich eine Ersatzwahl statt zufinden. In verschiedenen Blättern wird der Befürch tung Ausdruck gegeben, daß auch in dem genannten Kreise die Sozialdemokratie auf Kosten des Liberalis mus so große Fortschritte gemacht haben werde, daß die Wiederwahl eines freisinnigen Kandidaten zweifelhaft sei. Die „Kreuz. Ztg." spricht von der Möglichkeit, daß der konservative Kandidat mit dem Sozialdemokraten, in die Stichwahl kommt, wobei die fortschrittlichen Wäh ler dann den Ausschlag zu geben hätten. — Der militärische Schutz der Kolonien. Französische militärische Zeitschriften führen lebhaft Klage über die verhängnisvollen Folgen verfrühter Ver minderung der regulären Truppen in afrikanischen Ko lonien, die zu neuen Aufständen Anlaß gab. Die offi ziöse „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt dazu: „Bei dem ständigen Drängen auf Verminderung unserer Schutz truppenetats verdienen die Erfahrungen einer auf ko lonialem Gebiet so erfahrenen Macht weitgehende Be- achtung". Deutsche Kolonien. Zum Abschied des Gouverneurs von Schuckmann schreibt die „Lüderitzb. Ztg.": „Daß Herr von Schuckmann uns gerade jetzt, in einer Periode des Entstehens kolonialer Selbstverwaltung, in einer Zeit der Entwicklung neuer Industrien verläßt, daß er uns verlassen muß, wenn er seine Selbstachtung nicht verlieren will, das ist wohl ungefähr der schwerste Vor wurf, der den Staatssekretär treffen kann. Es ist ein Vorwurf, dessen sich die Bevölkerung des Schutzgebietes stets erinnern wird. Oefterreich.Ungarn. — Zum Abschluß der österreichisch-rus sischen Verhandlungen. Die Wiener „Politi sche Korrespondenz" veröffentlichte am Montag folgen des Communiqu6: Mr haben wiederholt Gelegenheit gehabt, uns mit den zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland schwebenden Verhandlungen zu befassen, und waren schon vor einiger Zeit in der Lage, mitzuteilen, daß letztere einen günstigen Verlauf nehmen. Wir sa hen uns jedoch auch genötigt, darauf aufmerksam zu machen, daß di« zahlreichen, in der Presse des In- und Auslandes erschienenen Nachrichten über die Ein zelheiten dieser diplomatischen Aktion selbstverständlich keinen Anspruch auf Authentizität erheben können. In dieser Hinsicht muß besonders festgestellt werden, daß weder von feiten Oesterreich-Ungarns, noch seitens Ruß lands je die Absicht bestanden hat, zu einem förmlichen Abkommen zu gelangen. Den Gegenstand und Zweck der Pourparlers bildete ausschließlich die Frage der Wiederaufnahme normaler diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Mächten, durch die es ermöglicht wird, jederzeit in einen freundschaftlichen Gedanken austausch einzutreten. Wir können mit Befriedigung mitteilen, daß der angestrebte Zweck vollkommen er reicht worden ist, und auch daß beiderseits die Wieder herstellung eines normalen Verhältnisses zwischen den beiden Reichen mit Genugtuung konstatiert wurde. Dies erfreuliche Ergebnis der von den beiden Kabinetten geführten Verhandlungen, durch die Oesterreich Ungarn in die gleichen vertrauensvollen Beziehungen zu Ruß land tritt, wie zu den anderen Mächten, wird nicht ver fehlen, die Lage auf dem Balkan, wo alle Großmächte einmütig auf die Erhaltung des status quo hinwirken, beruhigend zu beeinflussen. Zu einer Mitteilung über die zwischen den Kabinetten von Men und Peters burg geführten Pourparlers an die Großmächte hatte das Wiener Kabinett keine Veranlassung. Nachdem die bekannten Prinzipien der Politik Oesterreich-Ungarns auf dem Balkan unverändert geblieben sind, liegt dies bezüglich keine neue Tatsache vor, die Anlaß zu einer Mitteilung geben würde. — Unerhörte Skandalszenen im un garischen Abgeordnetenhause. Als in der Montags-Sitzung des Abgeordnetenhauses Ministerprä sident Graf Khuen-Hedervary nach Verlesung des könig lichen Handschreibens, betreffend die Auflösung des Parlaments, zu reden begann, um mit den Rednern der Opposition Graf Batthyany und, Franz Kossuth, welche die Auflösung des Abgeordnetenhauses als unge setzlich hinstellten, zu polemisieren, wurde er unabläs sig durch lärmende Zwischenrufe seitens der Unabhän- gigkeitspartei unterbrochen. Nach 10 Minuten mußte die Sitzung wegen her immer stürmischer werdenden Zwischenrufe unterbrochen werden. Als nach Wieder aufnahme der Sitzung der Ministerpräsident sich mit erhobener Stimme auf die Redefreiheit berief und sich darauf gegen die Stenographen wendete, um seine im Tumult unverständliche Rede zu beendigen, wurde von dem Abgeordneten Zacharias ein Buch gegen ihn ge schleudert, dessen Deckel ihn an der Stirn und im Ge sicht verletzte. Einige Oppositionelle stürmten gegen den Ministerpräsidenten, andere schleuderten Bücher und Tintenzeuge. Auch der Ackcrbauminister Serenyi wurde durch ein Tintenfaß ziemlich erheblich verletzt. Der Präsident forderte die schuldigen Abgeordneten auf, sich zu melden, worauf die der Justhpartei ange hörigen Abgeordneten Zacharias, Ludwig Beck, Otto Hoffmann und Siegmund Eitner erklärten, daß sie es gewesen seien, die gegen die Ministerbank Hefte und Bü cher geworfen hätten. Sie baten das Abgeordneten»- haus für ihr ungebührliches Benehmen um Verzeihung. Die Verletzungen des Ministerpräsidenten und des Ackerbauministers sollen von bronzenen Tintenfaß deckeln herrühren. Die Sitzung endete in großer Auf regung. England. König Eduard auf Reisen. Wie die Wie ner „Zeit" erfährt, dürfte König Eduard von England nach seiner Marienbader Reise dem Kaiser von Oester reich in Ischl im Monat September einen Besuch abstat ten, nachher nach Wien kommen und die Jagdausstel- lung besuchen. Italien. Rom, 21. März. Der deutsche Reichst kanzler, der heute mittag 1 Uhr 15 Minuten in Be gleitung des Gesandten von Flotow hier eintraf, wur de am Bahnhofe von dem Unterstaatssekretär des Aeu- ßern Disdalea als Vertreter der Regierung, ferner vom Generalsekretär Bolloti, sowie dem deutschen Botschaf ter, dem Botschaftspersonal und dem preußischen Ver treter beim Vatikan empfangen. - Rom, 21. März. Das Kabinett Sonnino hat nach kurzer Beratung über die politische Lage seine Demission gegeben Der König hat die Demission