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Amts- M AiUWMtt für den Schrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung Abonnement viertelj. 1 M. 25 Pf. einschließl. des „Jllustr. Unterhaltungsbl.' u. der Humor. Beilage „Seifen blasen'' in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Leltgr.-Adresse: Amtsblatt. Erschein» wöchentlich drei Mal und zwar DienStag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher Nr. 210. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock —...» — 56. Jahrgang. Svlluabeod, dcu 10. Juli Aes Kanzlers MLttttt. Nur zwei Staatsmänner haben in Preußen länger an der Spitze der Geschäfte gestanden als Fürst Bülow: der eine war Bismarck, der andere Hardenberg. Mit der zwölfjährigen Dauer seiner Amtsführung übertrifft er noch erheblich den Freiherrn von Manteuffel, der 8 Jahre lang preußischer Ministerpräsident war. Bis marck hat einmal gesagt, wenn ein Minister sich lange auf seinem Posten halbe, so sei dies ein Beweis dafür, daß er nicht der erste beste sei. Dieses Bismarck'sche Wort trifft doppelt auf einen Staatsmann zu, der in einer so schwierigen Zeit die Geschäfte im Reich und in Preußen gebeitet hat wie in den letzten zwölf Jahren. Fürst Bülow begann als Staatssekretär mit der auswärtigen Politik in einer Epoche, die erheblich weitere Aufgaben stellte, als zu Bismarcks Zeit. Es war die Epoche der Weltpolitik, an der Deutschland teilnehmen mußve, wollte es sich nicht zu einem Staate minderen Ranges heralidrücken lassen. Fürst Bülow hat das Reich in allen großen Aktionen mit einer außeror dentlichen Geschicklichkeit gefühjet und noch zuletzt in der Orientkrisis der deutschen Politik einen Triumph verschafft, der unser Ansehen in der Welt für lange hinaus gestärkt hat. Fürst Bülow hat in der mit der Weltpolitik zusammenhängenden Flottenpolitik einen klaren und sicheren Kurs gesteuert und es namentlich auch verstanden, unser gutes Verhältnis zu England in den kritischen Jahren unseres Flottenaufbaues vor Störungen zu bewahren. In der Kolonialpolitik hat er durch die Erwerbung von Samoa in einer der schwie rigsten diplomatischen Kampagnen und durch die Ein verleibung der Karolinen und Mariannen in unfern Besitz, schließlich und namentlich durch die Heranzieh ung Dernburgs und durch die kräftige Rückendeckung, die er ihm im Dezember 1906 gewährte, für neues Leben gesorgt. Wie steht es in der inneren Politik ? Fürst Bülow geht, weil ihn die Konservativen in einer inneren Frage, einer Steuerfrage- im Stich gelassen und mit seinen Gegnern, dem Zentrum und den Polen paktiert haben. Und doch hat seine ganze innere Po litik den konservativen Grundzug getragen! Den Zoll tarif hat er durchgeführt gegen eine Obstruktion, die sich gegen die landwirtschaftssreundlichen Bestimmun gen dieses Tarifs richtete. Bei den Handelsverträgen hat er die landwirtschaftlichen Interessen voll zu wahren gewußt. Was er als preußischer Ministerpräsident für die Ostmarken getan hat, wird ein unvergängliches Ruhmesblatt für ihn sein. Es bedarf dafür keines an deren Beweises, als den grimmigen Haß der Polen. So hat der Herausgeber des „Dziennik Berlinski" dem Korrespondenten des Tschechenblatts „Den" gesagt: „Ich erkläre mit Rücksicht auf die öffentliche Meinung mit allem Nachdruck, daß die polnischen Mitglieder des Reichstags mit ihrer Abstimmung einzig und allein die Beseitigung des Fürsten Bülow erzielen wollten". Der Tag, an dem die Konservativen den Polen und dem Zentrum zu diesem Siege verhalfen, wird für unsere innere Politik nicht minder verhängnisvoll bleiben, wie er im Interesse unserer äußeren Politik zu be- klagen ist. „Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter!" Bewölkter Himmel, Regenschauer und kühle Winde bei abnehmendem Mond. Das ist, wie schon so oft, auch die Signatur des heurigen Julimonats. Aber sie paßt in diesem Jahre zur Stimmung der urteilsfähigen und denkendem Bevölkerung des Reiches. Ist es auch nicht das persönliche Wechegefühl, das die Herzen alber deut schen Männer und Frauen vor 19 Jahren zusammen preßte, als Bismarck ging; so ist es doch auch ein schwe rer Druck, der auf Deutschland lastet, daß der vierte Kanzler des Reiches in der Kraft der Jahre aus seinem Amte scheiden muß. Fürst Bülow hatte sich im Laufe feiner neunjährigen Tätigkeit als oberster RLichsbeam- ter durch seine in der inneren wie in der auswärtigen! Politik erzielten Erfolge, die er einer höchst glücklichen Kombination staatsmännischer Anlagen zu danken hat te, das Vertrauen der großen Mehrheit des deutschen Volkes im vollen Maße erworben. Ueberall herrschte das ermutigende Bewußtsein: In den Händen des Fürsten Bülow ist das Geschick des Reiches gut aufge hoben. Auch das Ausland erkannte die Fähigkeiten und die loyale Politik des vierten deutschen Reichskanzlers willig an. In seiner ersten Reichstagsrede erklärte der damalige Staatssekretär des Auswärtigen Amts und schlichte Herr von Bülow: Auch Deutschland be ansprucht einen Platz an der Sonne. Und der Graf wie der Fürst Bülow hat ebenso beharrlich wie erfolg reich an der Sicherung und Erweiterung dieses Sonnen platzes für Deutschland gearbeitet. Im Besitze des Ver trauens seines Kaisers und des deutschen Volkes hätte Fürst Bülow noch lange Jahre seines verantwortungs vollen Amtes walten können. Und er hegte persönlich die Ueberzeugung, daß er dem deutschen Vaterlande noch hätte nützlich sein können. Er hat es auch selber gesagt, daß die Dinge einen andern Ausgang hätten nehmen können, wenn es maßgebende Reichstagspar- teien gewollt hätten. Fürst Bülow macht also kein Hehl daraus, daß ihn die konservative Reichstagsfrak tion gestürzt hat. Nicht die konservative Partei im Reiche, denn aus ihren Reihen sind Hunderte von Kund gebungen laut geworden, die die Ablehnung der Erb- anfallsteuer und den dadurch bewirkten Sturz des Kanz lers seitens der parlamentarischen Vertretung als kurz sichtig und unpatriotisch verurteilten. So gut die Frak tion nach dem Sturze des Fürsten Bülow die ursprüng lich mit größter Entschiedenheit geforderten Kotier- ungs-, Mühlen-Umsatzsteuer und Kohlenausfuhrzoll fal len ließ, ebenso gut hätte sie auch ihre ablehnende Hal tung gegen die Erbgufallsteuer aufgeben können. War doch die Erledigung der Reichsfinanzreform überhaupt nur auf dem Wege des Kompromisses möglich. Dieses Kompromiß ist durch die zweite Lesung, im Reichstage bereits bestätigt worden. Hätte man nicht noch eine Anzahl kleinerer Vorlagen beendigen wollen, so wäre auch die dritte Lesung der Reichsfinanzreform, die jetzt jq nur noch Formsache i st, in. dieser Woche möglich ge wesen. Ob das neue Gesetz, das dem Reiche noch 2 Mil lionen über die geforderten 500 Millionen Ma,rk jähr licher Mehreinnahmen gewährt, den verheißenen Er trag wirklich abwerfen wird, kann erst die Zukunft lehren. Tagesgeschichte. — Deutschland. Der Kaiser besichtigte die kaiserliche Werft in Kiel. — Die Nachricht von einem Zusammentreffen des Zaren mit dem Kai ser in nächster Woche kann als nicht zutreffend ange sehen werden. Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, daß die beiden Monarchen in den letzten Tagen des Juli oder den ersten des August eine Begegnung haben werden. Der Zar trifft am 31. Juli vor Cherbourg ein, entweder wird die Begegnung auf der Reise dort hin oder auf der Rückfahrt von dort stattfinden. Ein auf letzteren Zeitpunkt festgesetztes Zusammentreffen wäre auch möglich, wenn der Kaiser seine Nordlandreise machen würde, die diesmal ja abgekürzt werden würde. — VomAbschiedsessen beim FürstenBü- l o w. Die Minister und Diplomaten sanden den Fürsten in durchaus ruhiger, aber sehr ernster Stimmung. All seitig wurde das tiefste Bedauern über den Rücktritt des Fürsten geäußert, und aufrichtig bekundete sich die Dankbarkeit aller einzelnen Regierungen dafür, daß Fürst von Bülow die Geschäfte so lange weitergeführt, bis sich jetzt, unter Vermeidung der für Handel und Gewerbe schädlichsten Steuern, wie die Kotierungssteu er, Mühlenumsatzsteuer und Kohlenausfuhrzoll sein würden, Aussicht darauf eröffne, daß die Reichsfinanz- refoym, die für die deutschen Einzelstaaten eins Lebens frage ist, in erträglicher Form zustande kommt. Die Teilnehmer an dem Diner hatten den Eindruck, daß Fürst Bülow nicht die Absicht habe, zur dritten Lesung der Finanzreform in den Reichstag zu gehen und die sem persönlich von seinem Rücktritt Mitteilung zu ma chen. - Der Kanzler wechsel wird erst am Donners tag «oder Freitag kommender Woche erfolgen und die Ernennung des neuen Reichskanzler auch dann erst be kannt gegeben werden. — Die Budgetkommission.des Reichs tags hat die Besoldungsvorlage nach den Kompromiß vorschlägen angenommen und unter Aufhebung des schon in zweiter Lesung gefaßten Beschlusses die Ge hälter der Unterbeamten der Regierungsvorlage ge mäß auf 1100 -1700 Mark festgesetzt, bisher hatte sie 12tX)-1800 Mark gefordert. Im Ganzen beträgt der durch die Kommissionsbeschlüsse erwachsene Mehrauf wand für die Besoldung der Reichsbeamten 170 bis 180000 Mark. Auch die Deckungsfrage wurde erledigt, so daß die Vorlage an das Plenum zurückgehen konnte. — Nachklänge zum Eulenburg-Prozeß. Ngchdem in der Verhandlung am Mittwoch noch Ober staatsanwalt Or. Preuß seinen Antrag auf Jnhaft nghme des Fürsten Eulenburg zurückgezogen hatte, hob er nach ihr auch die polizeilichen Maßnahmen auf, die bis da hin die ständige Ueberwgchung des Fürsten zum Zweck hatten. Fürst Eulenburg war in Liebenberg ständig von 5 Kriminalbeamten überwacht, die — den Aufenthalt auf seinem Schlosse duldete der Fürst nicht - in den umliegenden Ortschaften untergebracht waren. In Ber lin war in nächster Nähe des Hauses, in dem der Fürst Wohnung genommen hatte, ein Posten von 2 Kriminal beamten stationiert, dem sogar ein Automobil und eine Droschke zur Verfügung stand, um dem Fürsten überall hin folgen zu können. Alle diese Maßnahmen kosteten natürlich eine Menge Geld. Ihre Aufhebung kann aber nur als eine zeitweilige angesehen werden. Auf die Ueberwachung des Fürsten wird die Staatsanwaltschaft umso weniger verzichten können, als ja in letzter Zeit noch Versuche gemacht worden waren, die Belastungs zeugen des Fürsten zu beeinflussen. Das wurde aus drücklich in der Mittwoch-Verhapdlung erwähnt. — Fürst Eulenburg hat sich von den Aufreg ungen seines Prozeßtages recht schnell erholt. Be reits am folgenden Tage fuhr er im Automobil nach Liebenberg. — Von der Luftschiffahrt. Der „Z. II", der bei Echterdingen mit der Spitze bekanntlich in ei nen Birnbaum geriet und durch diese Havarie eine längere Fahrtunterbrechung in Kauf nehmen mußte, ist wieder völlig repariert und wird in den nächsten Tagen kürzere und längere Fahrten unternehmen. Ende des Monats ist eine Fahrt nach Köln geplant. -- Amerikanische Kulanz. Angesichts der bevorstehenden Kündigung des deutsch-amerikanischen Handelsabkommens von amerikanischer Seite interes siert die Tatsache, daß unter Geltung dieses Vertrages im Jahre 1908 unsere Einfuhr aus den Bereinigten Staaten einen Betrag von 1,3 Milliarden erreichte, wäh rend wir für 508 Millionen Mark Waren dorthin aus führten. — Das deutsche Schutzgebiet Togo geht nach Ansicht Pes Afrikaforschers Leo Frobenius, der jetzt von seiner großen Forschungsreise nach dem west afrikanischen Süden und dem Hinterland von Togo zurückgekehrt ist, einer sehr glücklichen Zukunft ent gegen. In Pen nördlichen Teilen der Kolonie befinden sich mächtige Eisenlaser, die bisher nicht zu erschlie ßen waren, da die Herbeischaffung von Kohlen viel zu große Kosten verursach^ Hütte. Dadurch nun, daß die Expedition die Verwendbarkeit bedeutender Wasserkräf te in nicht zu großer Entfernung feststellen konnte, rückt die Gewinnung dieser Schätze in das Reich der Möglich keit. — Serbien. König Peter liegt schwerkrank im Konak zu Belgrad darnieder. Der König leidet an den Folgen einer Nikotinvergiftung, die er sich durch den übermäßigen Genuß starker Zigarren zugezogen Hat. Auch hat er durch einen kürzlich erfolgten Sturz vom Pferde eine leichte Nervenerschüttrung davonge tragen. — Marokko. Die Situation in Marokko ist so unklar wie möglich. Soviel aus den vielfach fick) wider sprechenden Meldungen herauszulesen ist, tobt der Kampf zwischen den beiden feindlichen Brüdern Mulay Hafid und Mulay Kebir noch. Rasch scheint das Kriegs glück feine Launen zu wechseln. Fez soll von den Trup pen der Empörer umzingelt sein, eine Befreiung der Stadt erscheint ausgeschlossen. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibensto,ck, 9. Juli. Wenn wir glaubten, daß das gestr. Konzert des Männergesangvereins „Stimmgabel" einen besonders starken Besuch auf weifen würde, so haben wir uns darin leider getäuscht, der Besuch konnte nur wenig mehr als mäßig bezeichn net werden. Wir bedauern dies umsomehr, als erstens seitens der Herren Sängpr und ihrer Leitung ersicht lich mit Fleiß und Eifer gearbeitet worden war, den Hörern einen Genuß zu bereiten, und zweitens der Reinertrag des Konzertes zur Hälfte einem edlen Zwecke dienen sollte. Wenn Mancher auch schon seinen Som merurlaub anMtreten hat und sich mit o,der ohne Fami lie im Bade rc. befindet, so hätte doch der Besuch gerade aus jenen Kreisen ein besserer sein können, nachdem sich die Sängerschaft so oft für die Allgemeinheit be reitwillig geopfert hat. Wenn sie sich infolgedessen in Zukunft etwas reservierter verhält, kann man es ihr nicht verdenken. Das Programm selbst nur kurz streifend, sei erwähnt, daß die Nummern 3: Maien wonne lFrühlingsbilder in Tanzsormi von Weinzierl,