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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 04.05.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190905043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19090504
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19090504
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1909
-
Monat
1909-05
- Tag 1909-05-04
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Monat
1909-05
-
Jahr
1909
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Herr Dittoni hatte sich vor her diplomatischen. Lauf bahn her industriellen Karriere gewidmet. Er war Mitinhaber einer großen Fahrrad-Fabrik in Mailand. Zur Geburt einer Thronerbin der Niederlande schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.": Mit diesem glücklichen Ereignis geht eine langgehegte Hoff nung des königlichen Paars und des niederländischen Völks in Erfüllung. Es erweckt auch gerade in Deutsch land, wo man für die Erwartungen des befreundeten Nachbarlandes .aufrichtiges, sympathisches Verständnis besaß, lebhaften und freudigen Anteil. Unser kaiser liches und königliches Haus, mit den Oraniern seit Jahrhunderten blutsverwandt, und die deutsche Na tion begrüßen in der Geburt der Thronerbin die ver- heißungsvdlle Aussicht auf das dauernde Weiterblühen eines der ruhmreichsten Geschlechter in der Geschichte Europas. Der königlichen jungen Mutter und dem Prinzen der Niederlande werden 'm weiten Kreisen des deutschen Volks innigste Glück- und Segenswünsche dar gebracht. Und dem jungen Reis vom Stamm der großen Statthalter, die Hollands Wimpel überall zu hohen Ehren führten, dem Staate der vereinigten Provinzen aber eine festgefügte Stellung und eine segensreiche Mission schaffen halfen und hinterließen, gelten nicht minder herzliche Wünsche für ein kräftiges Gedeihen zur Freude der hohen Eltern, wie der Königin Emma und zum Heile des uns nahen und nahestehenden nieder ländischen Volks. Der Gouve rneurvon Kamerun Vr. Seitz ist am Donnerstag in Berlin eingetroffen und hatte bereits eine längere Konferenz mit dem Staatssekretär des Reichskolonialamts. — Ueber das Erdbeben in Ka merun herrscht an zuständiger Stelle die Auffassung, daß keine ernstere Gefahr bestehe. Graf Zeppelin, Ehrenbürger von München. Wie verlautet, hat der Münchener Magist rat einstimmig beschlossen, dem Grafen Zeppelin das Ehrenbürgerrecht zu verleihen, ein Beschluß, dem das Gemeindekollegium zweifellos zustimmen wird. Der l. Mai und die für diesen Tag von den Arbeitern in den großen Städten geplanten Versamm lungen und Feiern haben unter dem miserablen Wetter, das sich eingestellt hatte, sehr gelitten. In Berlin und sonstwo in Deutschland war überall die Teilnahme geringer, wie sonst, erst die abendlichen Veranstaltungen waren besser besucht. Eine Resolution zu Gunsten des Acht-Stunden-Tages ward angenommen. Die P r ä g.u n g von 25 Pfennig - Stückcn. Der Bundesrat erteilte am Donnerstag der Vorlage betreffend die Prägung von 25 Pfennig-Stücken seine Zustimmung. — Niederlande. Die Begeisterung der Bevölke r u n g ist groß und nimmt zu nach jedem Be- kanntwevden des Bulletins, die sämtlich den guten Zu stand der jungen Mutter melden. Viele Personen, selbst aus den besseren Klassen des Volkes, stellen sich vor dem Schloß auf, um sich in den dort ausliegenden Listen cinzutragen. Nach einer Nachricht aus Amsterdam ist die Geburt der Thronerbin im ganzen Lande durch Dankgottesdienste und festliche Veranstaltungen gefeiert worden. Bulgarien. Bulgarien ist trotz erfolgter An erkennung als Königreich durch die Mächte mit der Türkei noch immer nicht ganz im Reinen. Es ha pert mit der Entschädigung für die Orientbahnen. Die Bahngesellschaft besteht darauf, daß Bulgarien an dem zu beschließenden Schiedsgericht als Mitschuldner teil nimmt. Dies wird van Bulgarien entschieden abge- lehnt, besonders unter Berufung darauf, daß nach Er klärungen des russischen Finanzministers ein englisches Syndikat gebildet ist, das der Türkei 123 Millionen Francs auf Grund der frei gewordenen Kriegsentschä digungszahlungen vvrschießen will. Die Orientbahnen verhangen neben der Hauptentschädigung noch 2,8 Mil lionen Ersatz für die seit der Besetzung der Bahn erlit tenen Verluste. Die feierliche Krönung zu Sofia soll noch im Laufe dieses Monats in Anwesen heit von Vertretern sämtlicher europäischer Staatsober häupter erfolgen. Unmittelbar nach der Krönung wird der König eine Rundreise an die europäischen Höfe antreten. Türkei. Der neue Swltan Mohammed V. hat sich feierlich für einen freiheitlichen Herrscher er klärt, der alle seine Anordnungen nur im Einvernehmen mit seinen Ministern treffen will, von denen er auch vollste Offenheit und Freimütigkeit fordert. Anderer seits betonte Mohammed, daß er auch von dem Bewußt sein seiner Würde durchdrungen sei und streng darauf halten werde, daß ihm der gebührende Respekt bezeigt werde. Das setzt er namentlich auch bei seinen Mini stern voraus. Abgesehen von den noch immer nicht erstickten Wirren und Christen-Metzeleien in der klein asiatischen Türkei herrscht im Reiche des Sultans Ruhe, die zu der Hoffnung berechtigt, daß sich das viel ge prüfte Land endlich erholen und zu frischer Blüte ge langen werde. — Der Exsultan Abdul Hamid be findet sich im festen Gewahrsam in der Villa Allatini in Saloniki. Es wirh indessen seine Ueberführung nach Monastir erwogen. Die Gründe dieser Maßregel sollen in der feindlichen Haltung der Bevölkerung Salonikis gegen Abdul Hamid liegen, die es den Wachen schwer macht, den Gefangenen vor nächtlichen Anschlägen zu schütze». Die Jungtürken wollen dem Exsultan also nicht heimlich den Tod geben, wie es in ähnlichen Falken im Orient nichts gerade seltenes ist. Sie schei nen also keinen Grund zu haben, den Entthronten noch irgendwie zu fürchten. Im Jildis wird noch immer nach Briefen und sonstigen Schriftstücken des entthron ten Sultans geforscht, den man vieler schlimmen Ver gehen für verdächtig hält. Aus den Manuskripten soll festgestellt werden, in welchen Fällen der Verdacht be rechtigt und in welchen er grundlos ist. Das riesige Vermögen Abdul Hamids, das in der Bank von England umd anderen sicheren Stellen untergobracht ist, soll konfisziert und der Staatskasse zugeführt werden. - Persien. Freitag vormittag um 9 Uhr ist die Vorhut der russischen Truppen in Stärke von 110 Kosaken und 69 Infanteristen, von einer großen Volks menge und von der europäischen Kolonie freudig be grüßt, inii Gesang in Täbris eingerückt. Die Revo- tionäre riefen feindselige Zwischenfälle nicht hervor. Die Ruhe in der Stadt ist feit dem Einmarsch der Russen wiederher gestellt, dagegen herrscht im übrigen Lande große Aufregung, und am liebsten zögen alle Parteien gemeinsam gegen die Eindringlinge. Es scheint aber doch nicht so, als ob es zu einem Widerstand kommen sollte. Lokale und sächsische Nachrichten. Eibenstock, 3. Mai. , In wenig wonniglicher Weise hat sich der Monat Mai eingeführt. Sturm, Schneefalle und Kälte sind die Signatur seines Beginns. Möchte er sich bald von einer besseren Seite zeigen! — Dresden, 30. April. König Friedrich August besuchte heute mittag die Dresd. Maschi nenfabrik und Schiffswerft Uebigau und besichtigte den großen Betrieb dieser Aktiengesellschaft in allen seinen Einzelheiten auf das eingehendste. Die Fahrt nach Uebigau wurde auf dem von der genannten Aktien-Gesellschaft erbauten kleinen Salondampfrr „Saxonia" zurücklgelegt. Von der Werft aus begab sich der König auf den neuen Transportdampfer „König Friedrich August", der ebenfalls auf der Uebigauer Werft erbaut worden ist und der gegenwärtig als der zweitgrößte Elbdampfer gilt: er hat eine Länge von 69,27 Meter, eine Breite von 18,20 Meter und arbeitet mit Maschinen von 1000 Pferdestärken. Das schöne Schiff kostete rund 300000 Mark. — Leipzig, 30. April. Ein Verbrechen, das lebhaftem die Untat erinnert, die im Sommer des vorigen Jahres an dem Dienstmädchen Emma Heine in der Lohmannschen Woh nung in der Lützowstraße verübt worden ist, ist hier aufgedeckt worden. In einer Wohnung des zweiten Stockwerks des Hau ses Dürrenberger Straße 5 zu L.-Lindenau ist die 21 Jahre alte Arbeiterin Agnes Scheiding aus Hummelshain, die sich seit einigen Tagen dort aufhielt, tot aufgefunden worden. Die LogrSwirtin, die 4tz Jahre alte Schmiedsehefrau Pauline Thoma geb. Mühlner, hatte sich alsbald, nachdem der Tod des Mädchens eingetreten, aus der Wohnung heimlich entfernt. Die Frau ist seitdem nicht wieder zurückgekehrt. Nach den bisherigen Feststellungen hat es den Anschein, daß an dem Mädchen em Verbrechen gegen das keimende Leben vorge nommen wurde und daß diese Manipulationen den Tod der Unglücklichen zur Folge gehabt haben. - Leipzig. Die Arbeiten am Bau desVölker - schlacht denkmals sind, nachdem das 78 Meter hohe Baugerüst fertiggestellt worden ist, seit 14 Tagen wie der in vollem Umfange ausgenommen worden. Am Aeußeren ist mit dem Aufbau des 6 Meter hohen Kranz gesimses, welches einen zweiten Umgang in ungefähr 60 Meter Höhe bildet, begonnen worden, während im Innern die 16 Kryptafignren ausgemeißelt werden. Wie bekannt, werden die Baumittel zum Teil durch Lot terien aufgebracht. Die Ziehung der nächsten Lotterie wird vom 11.-15. Mai gezogen. Da die Lose immer sehr begehrt sind, ist es ratsam, sich bei Zeiten ein sol ches zu besorgen. Chemnitz, 30. April. Im Krematorium sind im April 67 Einäscherungen und zwar von 48 männlichen und 19 weiblichen Personen erfolgt. Aus Chemnitz stammten 3l, von auswärts 36. Seit der Inbetriebnahme (16. Dezember 1906) fanden 1280 Ein äscherungen statt. — Zwickau, 29. April. Strafkammer III. In der Jnjurienklagsache des Hüttenverwalters Z. in WeilersglaS- hütte gegen die Glasmachersehefrau K. m Teuplitz, in der letztere von dem Kgl. Schöffengerichts zu Eibenstock wegen mittels Briefes verübter schwerer Beleidigung zu l9 Tagen Gefängnis verurteilt worden war, kam es zwischen den Par teien zu einem Vergleiche bis ach Widerruf. — Plauen, 29. April. Am Donnerstag nachts '/»kl Uhr stürzte sich die 17 Jahre alte Verkäuferin Margarete Otto von der hohen Friedrich August-Brücke in die Tiefe. Sie erlitt einen schweren Schädelbruch und gab nach wenigen Stunden ihren Geist auf. Es ist dies seit Eröffnung der Brücke (1905) der achte Selbst mord, der auf diese Weise unternommen wird. Crimmitschau. Ueber die Ursache des Großfeuers, das mir bereits meldeten, ist noch fol gendes nachzutragen: Daß es durch Kurzschluß ent standen sein könne, wie man allgemein annahm, wird vom hiesigen Elektrizitätswerk mit aller Entschieden heit bestritten, da einesteils der Strom ausgeschaltet gewesen sei und andernteils die Sicherungen in den Transformatoren vollständig intakt befunden wurden. Das Arbeiterpersonal in Stärke von 170 Mann wird vorläufig in den anderen der Firma gehörigen Be trieben und beim Aufräumen beschäftigt. Meißen, 29. April. In der Nähe von Zkessels- dorf ist man eifrig dabei, nach Steinkohlen zu bohren. Das Bohrloch hat bereits eine Tiefe von 250 Metern erreicht. Meißen, 30. April. Meißen hat als eine Sehenswürdigkeit ein Haus erhalten, das ganz aus Porzellan besteht und sich gleich am Bahnhof erhebt. Es gehört dem Besitzer der keramisch-chemischen Fabrik in Meißen vr. O'hm, der es aber nicht allein als eine Geschäftsreklame für sich errichtet hat. Die künst lerische, bis in alle Einzelheiten außen wie innen zweck mäßige Ausführung macht das Gebäude gleichsam zu einem Museum der keramischen Kunst; namentlich die innere Ausstattung zeigt, was keramische Ornamentik zu leisten vermag. — Kleine Mitteilungen aus Sachsen: Der sächsisch-böhmische Grenzbahnhof Moldau ist vollständig niedergebrannt. — Herr Branddirektor Weigand in Chemnitz feierte am Sonnabend sein 50jähri.ges Jubiläum als Feuerwehrmann. — Die Mai feier nahm in Chemnitz den programmäßigen Ver lauf. Störungen kamen nicht vor. An dem Auszuge, der vormittag vom Nordplatz aus nach dem „Volks hause" stattfand, nahmen etwa 1500 Personen teil, denen sich unterwegs etwa weitere 500 anschlossen. Die abgehältenen Versammlungen waren zahlreich be ¬ sucht. — In Dresden und Leipzig sind die Mai feiern ruhig verlaufen. Es wurden mehrere Bolks- versammluwgen abgehalten. — Am Sonnabend, den 8. und Sonntag, den 9. Mai 1909 findet in Werdau i. S. im großen Saale des Preilschen Gasthofes der 7. Sächsische HandlungsgeHilfentag statt. — In Wernsdorf sind in der Nacht zum Freitag die Scheune und das Stallgebäude des Landwirtes Fritz Schubert nieder gebrannt. Der Orts feuerwehr gelang es, das stark gefährdete Wohnhaus zu retten. Schubert hat versichert, erleidet aber trotz dem große« Schaden, da außer bedeutenden Stroh- und Futtevvorräten ein Pferd und ein Bulle in den Flammen umgekommen sind. Als Entstehungsursache wird bös willige Brandstiftung vermutet. — Ausweiskarten für Telegraphen be amte und Arbeiter. Die mit Bauarbeiten in den Ortsfernsprechnetzen im Bezirke der Kaiserlichen Ober- Postdirektion Chemnitz beschäftigten Beamten, Unter beamten und Arbeiter sind mit Aus-veiskarten ver sehen. Die gegenwärtig benutzten weißen Karten ver tieren mit Ablauf des Monats April ihre Gültigkeit. Von Anfang Mai 1909 ab werden solche von hellbrauner Farbe benutzt. Jede Karte ist mit einem Stempel der Kaiserlichen Ober-Postdirektion Chemnitz und einer Nummer versehen. Bei den Karten der Telegraphen arbeiter muß die Nummer der Ausweiskarte mit der an der Dienstmütze der Arbeiter angebrachten Nummer übereinstimmen. Die Delegraphenarbeiter sind ver pflichtet, in jedem Falle den Hausbesitzern, den Inhabern von Sprechsteillen öder den sonstigen berechtigten Per sonen beim Betreten der Grundstücke ihre Ausweis karte unaufgefordert vorzuilegen. Geldforderungen ha ben Telegraphenarbeiter nicht zu stellen. — ZurBeachtung. Dien st boten und Auf wartungen werden versehentlich oft dann nicht von ihren Arbeitgebern zur Invalidenversicherung angemel det, wenn sie im Lause der Dienstzeit das 16. Lebens jahr erfüllen, von welchem Zeitpunkte ab die Versiche rungspflicht beginnt. Durch die Unterlassung der Mel dung treten nicht nur für die Dienstboten und Auf wartungen Nachteile insofern ein, als sie bei einer längeren Dauer der Nichtversicherung der Beitrags marken und der aus diesen entspringenden Vorteile verlustig gehen können, sondern es setzen sich auch die säumigen Dienstherrschaften der Bestrafung aus. Uebri- gens sind auch bei dem Bekanntwerden der versäum ten Meldung die Beiträge von der Dienstherrschaft noch auf zwei Jahre zurück nachzufordern. — Schonzeit ist im Monat Mai im König reich Sachsen für folgendes Wild und Geflügel: Rot- und Damwild, weibliches Rehwild und Rehkälber, Reh böcke, Dachse und Hasen; Rebhühner, Enten, Auer-, Birk- und Fasanenhennen, Haselwild, Wachteln. Vom 15. Mai ab bis Ende Juni ist Schonzeit für Schnepfen, Trappen, wilde Schwäne und sämtliches Sumpf- und Wasfergeflügel. Nur wilde Gänse und Fischreiher dür fen geschossen werden. Für den Waidmann tritt also eine Ruhezeit ein. Doch bereits am 1. Juni beginnt wieder die Abschußzeit für männliches Edel- und Dam wild, sowie für Rehböcke und wilde Enten. Schwarz wild, Raubsäugetiere, Raubvögel, einschließlich Würger, Raben, Krähen, Elstern, Dohlen, Häher und wilde Tau ben sind das ganze Jahr über der Verfolgung preisge- geben und können von Jagdberechtigten stets geschossen oder gefangen werden. - Unter der Uederschrift: »Die Sozialdemokratie als Agentin des Auslandes" schreibt die .Sächsische Industrie" in ihrer Nr. 14 von, 25. April 1909: Wie di« Sozialdemokratie die Geschäfte de» Auslandes besorgt und dabei die Lebensinterefsen der deutschen Arbeiter mit Füßen tritt, zeigt in geradezu klassiger Weise da» Verhallen der „Chemnitzer bezw. Erzgebirgisch«n Volksstimme" in der Angelegenheit der amerikanischen Wirkwarenzölle. Bekanntlich ist der Export an Wirkwaren, der in dem Bezirk deS amerika nischen Konsuls in Chemnitz im letzten Jahre 47 Millionen Mark betrug, dadurch aufS äußerste gefährdet, daß durch die amerikanische Payne Bill die Zölle auf Wirkwaren uni 23°/, erhöht werden sollen. Die amerikanischen Hochschutzzöllner haben zum Beweis für di« Nolwendigleit ihrer Zollerhöhungen die Behauptung ausgestellt, daß di« Löhne in der deutschen Wirkwaren industrie innerhalb der letzten 10 Jahre erheblich zurückgegangen seien, wäh rend die amerikanischen Löhne eine starke Entwicklung nach oben zeigten. Demgegenüber hat der Abg. I)r. Stresemann im Reichstag bei der Beratung über den Etat deS Auswärtigen Amte» darauf hingewiesen, daß nach den amtlichen Mitteilungen der sächsischen Textil-BerufSgenossenschast die Durch- schnittSlöhne der Arbeiter in der Wirkwarenindustri« in den letzten IN Jahren um 29°^ gestiegen, die Behauptungen der amerikanischen Hochschutzzöllner somit also hinfällig seien. So viel man au» allerdings widerspruchsvollen Meldungen ersehen kann, scheint man in Amerika selbst einzusehen, daß man in dieser Beziehung zu weit gegangen ist und sich von irrigen Voraussetzungen hat leiten lassen. Da entsteht den amerikanischen Hochschutzzöllner» em« H lfe in Gestalt deS sozialdemokratischen Blattes für den Chemnitzer Bezirk, da» I)r. Stresemann in gehässigster Weise angreift, weil er, gestützt aus amtliches Material die den Sozialdemokraten allerdings unangenehme Tat sache des Steigens der DurchschnittSlöhne in der Wirkerei-Industrie hervor gehoben hat. Da das genannte Blatt natürlich nicht in der Lage ist, die im Reichstage vorgetragenen Ziffern zu entkräften, so stellt e» in tenden ziöser Weis«, anstatt den Durchschnitt der letzten 10 Jahr« zu nehmen, die Durchschnittssätze I908M für die gesamte sächsisch« Textilindustrie zusammen, und weil gerade in dieser kurzen Spanne Zeit nur eine geringe Auswärts bewegung stattgesunden hat, so klaubt sie damit den Beweis erbringen zu können, daß die Angaben de» Abg. I)r Stresemann falsch wären. Selbst, verständlich können derartige Versuche, wenn sie auch durch Vergleichung mit den» korrekten Material »4 adsuräuin geführt werden, in tendenziöser Weise für die amerikanisch« Hoch chutzzollbeweaung Stimmung machen und «S ist durchaus nicht unwahrsche nlich, daß die Notiz, die natürlich den amerika nische» Hochschutzzöllnern ehr gut in den Kram paßt, am dem Wege de» amerikanischen Kabel» weitergegeben wird, um auf dies« Weise dir deutschen Bestrebungen auf Herabsetzung der Zölle zu durchkreuzen. Wenn durch der- artig« Maßnahmen der sozialdemokratischen Presse tatsächlich di« Geschäfte der amerikanischen Hochschutzzöllner besorgt werden, und wenn wir unseren Export an Wirkwaren etwa verlieren sollten, so würde der Effekt natürlich darin bestehen, daß Zehntausende von Arbeitern und Arbeiterinnen im Chem nitzer Bezirk brotlos würden und daß durch daS Ueberangebot von Arbeits kräften aus dem Arb«it».narkte die Löhne auch in anderen industriellen Be- trieben herabgedrückt würden. Diejenigen Arbeiter, die dann nicht« mehr verdienen, können sich bei der sozialdemokratischen Hetzpresse für diesen Ersol, bedanken. Auch hier steht man wieder, daß die Sozialdemokratie zwar gern bereit ist, für di« Interessen ausländischer Arbeiter und ausländischer In- dustrieller «inzutreten, während sie sür die LebrnSinteressen deS deutsche« Arbeiter« nicht daS geringste Verständnis, vielleicht aber auch absichtlich nicht da« geringste Interest« hat, weil sie natürlich ganz genau weiß, daß ihr Weizen am besten blüht, wenn die Unzufriedenheit insolge schlechter Arbeit-Verhältnisse am größten ist Denkendm Arbeitern sollte aber ein« dcrartig« skrupellos« Vertretung ausländischer Interessen zeigen, wie e« mit der wirklichen Förderung der Arbeiter-Interessen feiten» der sozialdemokratischen Partei und ihrer Presse bestellt ist.
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