Volltext Seite (XML)
Anlage zu Ar. 136 des sächsischen Lrzähters Bischofswerda, de« LV. November 1VV1. Aus dem politischen Wetterwinkel Europas. Der so lange spielende Konflikt zwischen Frank reich und der Türkei hat, nachdem er durch die in den türkischen Gewässern in Szene gesetzte sran- zössiche Flottendemonstration acut geworden war, nunmehr seine Beilegung erfahren. Die Pforte bewilligte sämmtliche von Frankreich erhobenen Forderungen, die sich zum guten Theilr auf die französischen Schulen, Cultur- und WohlthätigkeitS- anstalten in der Türkei bezogen, und auf die amt liche Mittheilung hiervon hat die französische Regierung die diplomatischen Beziehungen zur Pforte Meder ausgenommen, sowie da» Geschwader des Admirals Caillard von Mytilene zurückberufen; am Montag ist letzteres von genannter türkischer Insel wieder abgedampft. Merkwürdiger Weise ist ein Theil der französischen Presse mit diesem Ausgange der französischen Action im Orient un zufrieden, wobei aber offenbar das Mißvergnügen darüber, daß die so billige Gelegenheit für Frank reich, sein Prestige auf Kosten der Türkei tüchtig aufzufrischen, nicht ausgiebiger auSgenutzt worden ist, bedeutend mit hineinspielt. Möglich ist nun allerdings, daß sich das Ministerium Waldeck- Rousseau infolge der allmählich hervortretenden Verstimmung der Petersburger Regierungskreise über das Austreten Frankreichs im Orient beeilt hat, seinen diplomatisch-maritimen Feldzug gegen die Türkei abzukürzen, und vielleicht wird sich die Regierung des Herrn Waldeck-Rousseau deswegen noch mit dem französischen Parlament auseinander- zusetzen haben. Aber das wäre nachher eine häusliche Angelegenheit der Franzosen; für die übrige Welt genügt er, daß die französische Flotten demonstration in den türkischen Gewässern zu keinen weiteren Verwickelungen im Orient geführt hat, waS ja auch vom englischen Premierminister Lord Salisbury in seiner Rede beim LordmayorSbankett in London mit Befriedigung anerkannt worden ist. In der That kann man nur Genugthuung darüber empfinden, daß der französisch-türkische Streithandel zum AuStrag gelangt ist, ohne weiter greifende Kreise zu ziehen bei den eigenthümlichen Verhältnissen im Orient und der dort niemals gänzlich schlummernden gegenseitigen Eifersucht der Mächte hätte sonst ein internationaler Konflikt in folge des Vorgehens Frankreichs unter Umständen recht wohl eintreten können, welche ernste Möglich keit aber nun durch die Nachgiebigkeit der Pforte gegenüber den sranzöstschen Forderungen glücklicher Weise von vornherein vermieden worden ist. Der Umstand, daß die türkische Regierung von keiner Seite her zu einem selbst nur passiven Wider stande gegen die von Frankreich erhobenen Tenug- thuungSforderungen ermuntert wurde, deutet denn auch darauf hin, daß zur Zeit nirgends eine ernstere Verwickelung im türkischen Orient ge wünscht wird, und dies darf vermuthlich auch dem kretischen Problem gegenüber gelten. ES ist an- zunrhmrn, daß der Besuch, welchen jüngst der König von Griechenland mit seinem Sohne, dem Prinzen Georg, Gouverneur von Kreta, beim Kaiser Franz Josef in Wien abstattete, in seinen politischen Ergebnissen nichts weniger als eine Ermuthigung der Wünsche der griechischen „Patrioten" betreff« einer Bereinigung Kretas mit Griechenland bedeutet hat; zweifellos sind die Mächte der Anschauung, daß die Verwirklichung dieses Annexionsprojektes nicht eile. WaS die mazedonische Bewegung anbelangt, von der bis vor Kurzem eine Wiederaufrollung des orienta lischen Problems befürchtet wurde, so ist wohl die Tragweite der Wühlereien des mazedonischen KomitörS überschätzt worden; vermuthlich hat eS in Sofia nicht an eindringlichen Winken aus Peters burg gefehlt, daß Bulgarien den Bestrebungen der mazedonischen Verschwörer keinen ferneren Vorschub leisten möge. Auch waS sonst noch an Fragen, Vorgängen und Zwischenfällen auf der Balkan halbinsel vorhanden ist, kann schwerlich al» darnach angethan erachtet werden, die Lage im Südosten Europa» bedrohlich zu gestalten, wenn gleich e» nicht an Verstimmungen mancherlei Art, wie zwischen der Pforte und Griechenland, zwischen Rumänien und Bulgarien u. s. w. fehlt. Hin sichtlich de» speziellen Zwischenfalle», den die Fortschleppung der amerikanischen Missionarin Miß Stone in Salonichi durch Räuber von noch nicht genau festgestrllter Nationalität bedeutet, läßt sich nicht» wesentlich Neue» verzeichnen, die arme Miß schmachtet noch immer in der Gefangenschaft der Banditen. Wie«» schien, wollte man in Washington den Vorfall mit Miß Stone dazu benutzen, da» Prestige der Union auch den Staaten der Balkan- Halbinsel gegenüber zur Geltung zu bringen; schließlich hat indessen die Unionsregierung ringe- sehen, daß zu diesem Zweck die Entführung einer amerikanischen Missionarin denn doch keinen ge nügenden Anlaß darstellt. Sachsen. Bischofswerda, am 18. November 1901. — (Telegraphisches.) ES ist noch immer wenig bekannt, daß die angekommenen Telegramme den Ferusprech - Theilnehmern auf Antrag auch durch die Anschlußleitungen zuge sprochen werden können und daß auch die Auf lieferung von Telegrammen durch Fernsprecher zugelassen ist. Hierdurch wird eine nicht zu unterschätzende Beschleunigung bei der Auflieferung, besonders aber bei der Bestellung der Telegramme erzielt, die zwar durch Einstellung von jugendlichen Telegrammbestellern und durch weitgehende Be nutzung der Straßenbahnen und von Fahrrädern in letzter Zeit wesentlich beschleunigt worden ist, durch die Anwendung de« Fernsprecher» jedoch noch weiter gefördert wird. Die Gebühr für da» Zusprechen eines TelegrammrS an den Theil- nehmer beträgt ohne Rücksicht auf die Wortzahl 10 Psg. Da» zugesprochene Telegramm wird dem Empfänger noch nachträglich unter Umschlag durch die Post ohne Ansatz von Porto oder Be stellgeld zugestellt. Für Telegramme, welche von den Theilnehmern mittels des Fernsprechers auf gegeben werden, ebenso für solche Nachrichten, welche als Postkarten usw. durch die Post oder durch Eilboten befördert werden sollen, beträgt die Aufnahmegebühr für je ein Wort 1 Pfg., mindesten» 20 Pfg. für eine Sendung, lieber- schießende Beträge sind auf die nächste höhere durch 10 theilbare Summe abzurunden. Die Ab rechnung mit den einzelnen Aufgebern erfolgt monatlich auf Grund besonderer Rechnungen. — Ueber die Bewaffnung von Land briefträgern wird berichtet: Den Postbehörden wurde gestattet, die Briefträger für die Zeit ihrer Bestellgänge mit dem neuen Infanterie-Seiten gewehr auSzurüsten. Anlaß zu dieser Maßnahme haben verschiedene Raubanfälle auf Landbriefträger gegeben. *— Auf die Lotterie der VII. Sächsischen Pferdezucht-Ausstellung zu Dresden, deren Ziehung am 10. Dezember d. I. stattfindet, wollen wir unsere verehrten Leser hierdurch nochmals aufmerksam machen, zumal den auswärtigen von Fortuna begünstigten Gewinnern die Waarrn ohne jedwede Anrechung der Verpackung zugrsandt werden. Da für den eventuellen Ankauf einzelner Pferde bereits auch schon Vormerkungen einiger Züchter beim Sekretariat des Desdenrr RennvereinS ein- gegangen sind, so ist dies wohl der beste Beweis dafür, daß das angekauste ostpreußische Pferde material Anklang in Züchterkreisen gefunden hat. — Wer also ein Loos dieser sehr beliebten Lotterie noch sein Eigen nennen will, halte rechtzeitig Um schau in den allerorts durch Plakate kenntlichen Verkaufsstellen. — Der neu eingelegte Nord-Süd-Expreß- Zug verkehrt, wie nunmehr endgültig feststeht, am 16. Januar 1902 zum ersten Mal ab Berlin in der Richtung nach Süden und am 18. Januar 1902 erstmalig in umgekehrter Richtung. Der Zug hält nur in Berlin, Leipzig, Reichenbach, Hof, Regensburg, München, Kufstein, Innsbruck, Brenner, FranzenSfeste, Bozen, Trient, Ala, Verona, Modena, Bologna, Florenz, Ehiust, Rom und Neapel. Er legt die Strecke Berlin-Neapel in 36V, und die Strecke Neapel-Berlin in 36'/. Stunden zurück. Der Zug führt nur erste Wagenklasse. Außerdem wird ein etwa 30prozen« tiger Zuschlag erhoben. Die Benutzung de» mit- geführten Schlafwagen» ist hierbei mit bezahlt. Waltersdorf, 14. November. Nicht weniger al» 128 Kreuzottern sind im laufenden Jahre bei dem Gut-Vorsteher für Waltersdorf und Jühns dorf abgrliefert worden. Für jede Kreuzotter wird eine Prämie von 30 Pfg. gezahlt. Seit 1890, von welchem Jahre ab die AmtShauptmann- schaft Prämien bewilligt hat, sind hier inSgesammt 2127 Kreuzottern zur Ablieferung gelangt. Die höchste Anzahl mit 260 Stück entfällt auf da» Jahr 1898, seitdem ist wieder jede» Jahr «in Rück gang zu verzeichnen gewesen. Dresden. Der ärztliche Ehrengericht-Hof im Reg.-Bez. Dresden hat da» Urtheil de» Ehren- rath» de» ärztlichen BezirkSvrreinS DreSdrn-Land bestätigt, wonach einem Arzt, der trotz Einspruch» de» Bezirk-Verein» seinen Vertrag mit dem be kannten NaturhrilanstaltSbesitzer Bilz erneuert hatte, die Wahlsghigkeit im Verein auf die Dauer von fünf Jahren abgesprochrn wurde. Allerdings fordere der Staat, in diesem Falle die KreiS- hauptmannfchast, für die Naturheilanstalt appro bierte Serzte, derselbe sei aber nicht in der Lage, ihr auch die Erlangung solcher zu gewährleisten. Die Frage, ob r» sich mit der ärztlichen Stande»- ehre vertrage, in dieser Anstalt zu praktizieren, sei ausschließlich von der ärztlichen StandeSorgani- sation zu beantworten. Bei der prinzipiellen Be deutung de» Erkenntnisse» verdient dasselbe allge meine Beachtung. Da» 50jährige Ehejubiläum feierte Herr Uhrmacher "Zimmermann in Dresden. — Da» 80jährige Berufsjubiläum feierte Herr Verlags« buchhändler und Buchdruckereibrsitzrr Lehmann in Dresden. — In Wien ist der 72jährige Harken« virtuos'und Komponist Zaman, der SO Jahre dem Opernorchestrr angrhörte, gestorben. — Herr Professor Braun an der Universität zu Straßburg (Elsaß) hat ein Funkentelegraphensystem zusammen gestellt, da» ohne Draht eine sichere Verständigung auf große Entfernungen ermöglicht. So hat er einen solchen Apparat zwischen Kuxhaven und Helgoland (65 Kilometer) hergestrllt, der Aus gezeichnete» leistet und vollkommen befriedigt. — Der Schutzmann Zeidler wurde im Schützenhause zu Nossen beim Tanze im Streite von 3 rohen Gesellen mit Messerstichen behandelt und mehrfach ziemlich schwer verletzt. Sie wurden ermittelt und gefänglich eingezogrn. Riederfchlagsverhältttifse der 50 Flußgebiete Sachsen» in der 1. Dekade des November 1901. 1 SI«st»ehtet beobachtet normal Ab weichung Elsterthal, u. . . . 8 15 — 7 2 , , m. ... — 18 — 3 „ , o. ... 5 21 — 16 4 Parthe 6 16 — 10 5 Schnauder .... — 17 — 6 Pleiße, ohne W. u. E. 8 17 — 9 ? Wyhra u. Eula. . . 7 16 - 9 8 Göltzsch 7 20 — 13 9 Vereinigte Mulden. . 9 16 — 7 10 Zwick. Mulde, u. Thal 7 17 — 10 „ , w. „ 7 19 — 12 12 8 23 — 15 13 Freib. Mulde, u. Thal 8 16 — 8 14 12 22 — 10 15 Zschopau 7 18 — 11 16 Flöha 16 22 — 6 17 Pockau 15 23 — 8 18 Zschopau mit Srhma. 12 22 — 10 19 Preßnitz u. Pöhlbach . 11 23 — 12 20 Chemnitz 11 19 — 8 21 Würschnitz u. Zwönitz. 12 21 — 9 22 Lungwitz 10 19 — 9 23 Schwarzwasser . . . 8 24 — 16 24 StriegiS 10 19 — 9 25 Bobritzsch 10 20 — 10 26 Zwodau 7 26 — 19 27 Elbthal 11 17 — 6 28 Döllnitz — 16 —- 29 Jahna — 16 — 30 Lommatzscher Wasser . — 17 — 31 Triebisch 9 17 — 8 32 Bereinigte Weißeritz . — 17 — 33 Wilde 11 21 — 10 34 Rothe „ 13 21 — 8 35 Lockwitzbach .... 15 18 — 3 36 Müglitz 10 20 — 10 37 Gottleuba 11 20 — 9 38 Biela 12 20 — 8 39 12 16 — 4 40 Wesenitz 15 19 — 4 41 Polen, 12 19 — 7 42 Sebnitz 19 — 43 Kirnitzsch 13 19 - 6 44 Röder 13 16 — 3 45 Pulsnitz 14 16 — 2 46 Schwarze Elster . . 15 16 — 1 47 Spree 12 18 — 6 48 Löbauer Wasser. . . — 17 — 49 Mandau 13 20 — 7 50 Neiße . 12 17 — 5