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i»« getteidearten und schließlich gegen den Zolltarif» entwurf selbst nur die Vertreter der drei Hansastädte und des HerzogthumS Coburg-Gotha gestimmt. Der bisherige 1. Vizepräsident de« Reichstages, vr. v. Frrge, dürste nun doch von seinem parlamentarischen Ehrenposten zurück treten, obwohl dies erst jüngst noch von angeblich unterrichteter Seite bestritten wurde. Wie die „DrrSdn. Nachr." mitzuthrilen wissen, hat sich Herr v. Frege in Dresden einer ärztlichen Con- sultation unterzogen, in der sür ihn festgestrllt worden ist, daß er sich von allen Geschäften abso lut fern zu halten habe. Herr v. Frege soll be absichtigen, einen längeren Aufenthalt im Süden zu nehmen; eS kann wohl als bestimmt gelten, daß er vorher sein Amt als erster Vizepräsident des Reichstages niederlegen wird. In der baierischen Abgeordnetenkammer hat rin lebendiges und bemerkenSwertheS parla mentarisches Vorspiel zu der bevorstehenden all gemeinen Budgetdebatte im Reichstage in Gestalt der seit dem 14. d. M. im Gange befindlichen großen Finanzdebatte begonnen. Denn in deren bisherigen Verlauf sind nicht nur rein baierische Angelegenheiten, sondern auch Reichsangelegen heiten, wie die Frage der NeichSfinanzreform, die auswärtige Politik des Reiches u. s. w. zur Er örterung gelangt. Höchst bemerkenSwerth war die Rede, in welcher der Ministerpräsident Graf Crailsheim in der Freitagssitzung der Kammer die vorher vom Centrum und von der radicalen Linken gegen die baierische Regierung unter nommenen Angriffe zurückwieS. So verwahrte er dieselbe energisch gegen den Vorwurf einer schwächlichen Haltung gegenüber der Reichsregie rung in verschiedenen Fragen, rechtfertigte weiter die Weltmachtspolitik der deutschen Regierung und deren passives Verhalten bezüglich der Buren und bezeichnete ohne Umschweife die ReichSzugehörig- keit BaiernS als einen großen Vortheil für das Land. Auch den angeblichen Ausspruch des Prinz- Regenten Luitpold: „Ich lasse mir nichts mehr abpressen", den er in Bezug auf die Frage eines Beitrittes BaiernS zu dem Postabkommen zwischen dem Reiche und Württemberg gethan haben sollte, berührte der Ministerpräsident, er versicherte, daß eine solche Aeußerung des Prinz-Regenten nicht gefallen sei. Am Montag wird diese interessante Debatte fortgesetzt. Graf Soden, der bekannte tapfere Führer des deutschen Truppendetachements bei der Ver- theidigung der Gesandtschaften in Peking gegen die fonatisirten Chinesen, ist zum Hauptmann und Compagniechef im 1. Seebataillon befördert worden. DaS Schulschiff „Charlotte" mit dem Prinzen Adalbert von Preußen an Bord ist in SyracuS eingetroffen. Die Vorstände des deutschen Krieger- bundeS und des preußischen Landes- KriegerverbandeS veröffentlichen eine ge meinsame Erklärung, in welcher sie gegenüber zahlreichen Anfragen, warum sie sich nicht an der Entrüstungsbewegung gegen Chamberlain be- thetligt hätten, betonen, daß eine Abwehr solcher Angriffe auf die deutsche Kriegführung allein der berufenen Vertretung der deutschen Wehrkraft zu komme. Da warten die Herren wohl auf eine Verwahrung wider die beleidigenden Aeußerungen Chamberlains etwa vom preußischen KriegSmint- sterium aus? Die Akten zum Gumbinner Militärprozeß sollen dem Reichs-Militärgericht in Berlin, wie die „Nat.-Ztg." erfährt, schon seit mehreren Wochen vorliegrn. Ueber die Gerüchte von einer angeblichen vorzeitigen Entbindung der Königin Wilhelmina von Holland, die sich gegen über dem offiziösen Haager DementirungSapparat hartnäckig erhalten, läßt sich noch immer nichts Sicheres feststrllen. Das in Brüssel befindliche internationale sozialistische Bureau hat einen Protest gegen das Vorgehen der Engländer in den Flüchtlingslagern in Südafrika versandt. Der Protest fordert die sozialistischen Fraktionen in allen gesetzgebenden Körperschaften auf, möglichst an ein und demselben Tage ihre Regierung in Sachen der Flüchtlingslager zu interpelliren, um «ine wirksame Intervention zu erzielen. In Ländern, in welchen rS keine sozialistischen Depu- lirten giebt, sollen zu dem gleichen Zweck große BolkSversammlungrn abgehalten werden. Der Protest ist übrigens auch von den englischen Mit gliedern drS genannten Bureaus unterzeichnet; an einen praktischen Erfolg seine» Schritte» glaubt dasselbe aber wohl selber nicht. Merkwürdiger weise veröffentlicht da» Londoner Krieg», amt gerade jetzt ei» Blaubuch über die EoncentrationSlager in Südafrika. Das ¬ selbe enthält amtliche Berichte der britischen Offiziere und Militärärzte über die traurigen Zustände in den Concentrationslagern, wonach die dort zusammrngrpserchten Buren an der unter ihnen herrschenden hohen Sterblichkeit durch ihre schmutzigen Gewohnheiten, ihre Unwissenheit, ihre Quacksalberei und ihr Mißtrauen gegen die eng lischen Aerzte selber Schuld sein sollen; da» wird aber dem englischen Kriegsministerium außerhalb England» kaum Jemand glauben! Ein internationaler Bergarbeiter- Kongreß soll nächstens in Frankreich ab gehalten werden, um die schwebende Frage eine» allgemeinen Ausstandes der französischen Bergleute zur Entscheidung zu bringen. Der deutsche Berg- arb.'iter-Berband wird zu diesem Kongreß zwei Delegirte entsenden, deren Instruktion angeblich dahin geht, die französischen Kameraden vor un überlegten Schritten zu warnen und zu erklären, daß eine pekuniäre Unterstützung eines etwaigen Generalstreiks der französischen Bergleute von Seiten der Bergarbeiterfchaft Deutschlands aus geschlossen sei. Die Wiederherstellung der diplo matischen Beziehungen zwischen Frank reich und der Pforte ist durch die Gegenwart des französischen BotschaftSraths Bapst bei dem am Freitag in Konstantinopel abgehaltenen Selamlik feierlichst besiegelt worden. Nach dem Selamlik wurde der österreichisch-ungarische Botschafter v. Calice, welcher eine Urlaubsreise antritt, vom Sultan empfangen und hierbei besonderS auSzeichnend behandelt. . In Venezuela nimmt die Revolution zu, das Regime des Präsidenten Castro gilt für ernst lich erschüttert. Auch in Columbien schreitet die Revolution vorwärts, die Aufständischen bereiten sich zu einem Angriff auf daS wichtige Panama vor. In Chile hat daS grsammte Kabinett seine Entlassung genommen, eS heißt aber, die meisten Minister würden schließlich auf ihren Posten ver bleiben. Wildpark 16. Nov. Se. Maj. der Kaiser ist heute Abend 11'/, Uhr hier wieder eingetroffen. Berlin, 15. Nov. Im neuen Postetat soll der Zugang an neuen Assistentenstellen weit er heblicher sein als in den Vorjahren. Die lang ersehnte Abstufung der Assistentengehälter in 8 Stufen, von 1500 bis 3000 Mk. soll gesichert sein. LenS, 17. November. Der Deputirte Basly gab heute die von den Vertretern der ausländischen Bergarbeiter in einer Konferenz in Dover gefaßten Beschlüsse bekannt. Die belgischen Vertreter er klärten, daß sich das KomitS? des belgischen Berg arbeiterbundes nicht an der Bewegung der französischen Bergarbeiter betheiligen wolle. Die deutschen und österreichischen Vertreter wiesen darauf hin, daß ein allgemeiner Ausstand sowohl für die deutschen und österreichischen, wie sür die französischen Bergarbeiter ein großes Unglück sein würde. Die englischen Vertreter sprachen sich dahin aus, daß sie nicht glaubten, die Förderung in genügender Weise einschränken zu können, um die Einfuhr von Kohlen nach Frankreich zu ver hindern. Sofia, 16. November. (Sobranje.) Der Adreßentwurf wird mit großer Mehrheit gegen die Stoilowisten in zweiter Lesung angenommen. Minister des Aeußern, Danew, erklärt im Laufe der Sitzung, er könne über die Anleihe nicht sprechen, da die Verhandlungen, noch nicht ab geschlossen seien. Die Beziehungen Bulgarien» zu allen Staaten seien gut, namentlich zu Rußland und Rumänien. Redner verweist auf da» freund schaftliche Verhältniß zu Serbien und sagt, die Beziehungen zur Türkei seien unverändert und eine Besserung sei unmöglich, so lange die jetzige Lage in Mazedonien fortdauere, mit der Durch- führung des serbischen Vertrage» würden die mazedonischen KomitSeS verschwinden. Part», 16. November. Der „Matin" be richtet au» London, König Eduard habe sich sehr abfällig über die Chamberlainsche Rede ausge sprochen, welche in Deutschland so viele Proteste hervorgerufrn hat. Pari», 19. November. Bei der heutigen Wahl eine» Senators im Departement Finistdre wurde der Republikaner Porguier mit 764 Stimmen gegen den Konservativen Danguy ge wählt, der 515 Stimmen erhielt. Valencienner, 17. November. Im hiesigen Kohlenrevier herrscht Ruhe, doch gewinnt der Ausstand an Ausdehnung. Die Zahl der Aus ständigen beläuft sich jetzt auf 2000. Konstantinopel, 17. November. Said Pascha, der den Posten schon früher bekleidet hat, ist zum Großvezier ernannt worden. Petersburg, 16. November. Der Kaiser Der sächsische Mrzähler. Wette iS. LAOS und die Kaiserin sind heute mit ihren Kindern» in Begleitung de» Großfürsten - Thronfolger», sowie de» Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch von Skeierniewiee nach ZarSkojeGtelo abgrreist. Petersburg, 17. Novbr. Die Kommission zur Verhütung und Bekämpfung der Pest giebt bekannt, daß die zwei letzten Todesfälle in Odessa al« wirkliche Pestfälle erkannt wurden. Infolge- dessen wurden die betreffenden Häuser vom Verkehr abgrsperrt, die Bewohner ärztlicher Beobachtung unterstellt und die Wohnungen deSinfizirt. Auch wurden in Odessa und den Vorstädten, sowie bezüglich der auslaufenden Schiffe eine Reihe gesundheitSpolizrilicher Maßnahmen ergriffen. Neue Erkrankungsfälle sind seit den letzten beiden am 8. Novbr. vorgekommenen nicht bekannt geworden. Madrid, 16. Novbr. Studenten veran stalteten hier heute eine Kundgebung, wobei Straßenbahnwagen mit Steinen beworfen und mehrere Passagiere verletzt wurden. Ungefähr 600 Studenten durchzogen die Straßen unter Absingen der Marseillaise und Schmährufen gegen den Gouverneur und die Regierung. Der Polizei gelang eS, die Ruhe wieder herzustellen. Tananarivo, 17. November. Einer gegen den bisher noch nicht unterworfenen Theil der Insel, westlich vom Mardrave-Flusse, auSgesandten Expedition ist eS gelungen, die Aufständischen bi» zur Meeresküste zurückzutreiben. Der Hauptführer hat sich unterworfen. Auf französischer Seite sind ein Hauptmann und ein Leutnant gefallen. Der die Expedition befehligende Offizier wurde ver wundet. Washington, 16. November. Der deutsche Botschafter von Hollrben stattete heute dem Prä sidenten Roosevelt einen offiziellen Besuch ab. Vom Burenkrieg. Aus Südafrika werden zur Abwechslung wieder einmal kleine Erfolge der Engländer ge meldet. Eine Abthrilung der südafrikanischen Polizei truppe griff daS Lager des Burenführers Dutoit bei Darmhoek (Transvaal) an, nahm 13 Buren gefangen und erbeutete 7 Gewehre, sowie 39 Pferde. Oberst DawkinS nahm im Bezirk von WaterSberg (Transvaal) 24 Buren gefangen und erbeutete eine Anzahl Gewehre. Ferner fielen im Süden Transvaals mehrere kleine Burenabtheilungen in die Hand deS Obersten Plumer. Anderseits erlitt eine berittene englische Truppe im Distrikt Jansen- Ville (Capland) in einem Gefecht mit einigen ver sprengten Buren eine Schlappe. DaS Ausbleiben der Nachrichten vom südafrikanischen Kriegsschauplätze dauert an und läßt, nach der bekannten alten Erfahrung, darauf schließen, daß Lord Kitchener absolut nicht in der Lage ist, seinen Landsleuten zu Hause frohe Bot schaft zu senden. Im Gegentheil, was Reuter gestern uud das KriegSamt heute zu melden haben, klingt den Buren recht günstig; auch daß sie neuerdings sogar in größerer Nähe von Kapstadt gesehen werden, spricht nicht wenig dafür, daß jene Gebiete von ihnen schon so gesäubert sind, wie von der britischen Heeresleitung mehrfach er klärt wurde. Ueberhaupt will eS scheinen, als ob diese Heeresleitung auch in der Wahl der Form sür ihre telegraphischen Meldungen nicht recht glücklich wäre. Da stehen an erster Stelle z. B. immer die sür Großbritannien erfreulichen Begeben heiten, denen die kleinen Mißgeschicke sich anreihen, während das letzte Ende nur zu häufig eine em pfindliche britische Schlappe schildert. Eine Depesche Lord Kitchener'S aus Pretoria vom 15. Novbr. meldet: Oberst Hiekie, welcher feststellte, daß die Buren im Westen HamspruitS sich sammelten, sandle am 13. November aus Brakespruit eine sehr starke Patrouille zur Aufklärung. Die Patrouille wurde von 300 Buren umzingelt und verlor 6 Todte, 16 Ver wundete und mehrere Gefangene, welch' letztere wieder fretgelassen wurden. Hiekie ging alsdann vor und trieb die Buren zurück. — Ferner meldet Kitchener: Die Nachhut der Truppe drS Obersten Bynf wurde in der Nähe Heilbronn» von 400 Buren, deren Kommandant Dewet gewesen sein soll, angegriffen. Nach zweistündigem Kampfe wurde der Angriff abgeschlagen; die Buren zogen sich zurück unter Zurücklassung von 8 Tobten. Die Verluste der Engländer: 1 Offizier, ein Mann todt, 3 Offiziere, 9 Mana verwundet. Johannesburg, 16. November. Dir Durban Roodeport und Kraowreef-Minen erhielten die Erlaubniß, je 50 Stampfmühlen in Thätigkeit zu setzen. Die Beschaffung von Eingeborenen- Arbeitern au» dem Norden von Transvaal nimmt befriedigenden Fortgang.