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Anlage zu Ar. 133 des sächsischen Lrzählers. Bischofswerda, de« L». November 1VV1. Sachsen. Bischofswerda, am 11. November 1901. — In diesem Jahre wird Mancher nicht recht wissen, wie er seine Einkommensteuer- Deklaration rinzurichten hat. Da- Verlangen, die Verluste, die so Viele erlitten haben, sei e« an Zinsen, sei es an Kapital, auch bei der Ein schätzung berücksichtigt zu sehen, liegt ja sehr nahe; allein für die Anwendung de- Einkommensteuer, gesetzt- ist seinerzeit eine Anweisung (Instruktion) erlassen worden, in deren tz 60 eS heißt: „Das Einkommen an Zinsen von Kapitalien und Werth, papieren, an Dividenden von Aktien und Kuxen, Naturalgesällen, Auszügen und anderem Gerecht» samrn ist mit dem Betrage, welche dasselbe in dem der Einschätzung (Deklaration, zunächst vorhergegangenen Kalenderjahre) für welche- ein Abschluß vorliegt, wirklich er. reicht hat, in Anschlag zu bringen." Da- der jetzigen Deklaration vorhergegangene Kalenderjahr ist aber das Jahr 1900; eS sind also die im Jahre 1900 erzielten Einnahmen an Zinsen und Dividenden usw. bei der Einschätzung anzugebrn und zu versteuern. Das ist bitter für Manchen, der Verluste im laufenden Jahre zu beklagen hat, ober nicht zu ändern. — Die kühle Witterung hat einen schärferen Hauch angenommen, die Frost-Vorboten, die sich gegen Martini fast regelmäßig rinzustellen pflegen, sind auch diesmal gekommen, die leichten Jacketts und Ueberröcke, die bisher ebenfalls noch genügten, wandern in die finsteren Aleider-Berließe und die nach dem schönsten Motten. Pulver duftenden Winter-Paletot- kommen allesammt an das Tageslicht. ES ist eine Zeit, wo man ver. stärkte Neigung zum Niesen verspürt, aber dies girbt sich, die Luft nimmt den wärmenden Kleidungsstücken bald die letzte Erinnerung an den lustigen Mottrnkrieg. DaS Einmummrln bedeutet die unweigerliche Anerkennung des Beginne- des Winter-RegimenteS, wir können bloß noch daran denken, daß eS nicht gleich zu dicht geschieht. Freier Kopf und warme Füße, das ist die alte gute Regel, Shawle und Tücher bis über die Ohren sind für einen Halbwegs gesunden Menschen, auch wenn er noch jung an Jahren, überflüssig. *— DaS Schönste im winterlichen Leben ist die Geselligkeit. Sie macht die langen Winter, abende angenehm, denn die wahrste Geselligkeit beruht im traulichen, ungezwungenen Familien, verkehr und Gastfreundschaft üben zu können, ist eine herrliche Sitte, die schon in den ältesten Zeiten grübt wurde und da umso mehr, weil man wegen des vereinzelten Leben- die Geselligkeit mehr schätzte und wegen weniger Ansprüche dem Gastgeber weniger Umstände verursachte. In einem älteren Haushalte läßt sich auch meist gut Gastfreundschaft pflegen. Aber eS giebt Menschen, bei denen eS zur Manie geworden ist, ohne langes Besinnen jedmögliche neue Bekannte zu sich einzu laden, ohne zu fragen, welche Ansprüche dieselben gewöhnt sind, dann giebtS wiederum solche, dir drrglrichen Anrrbirten auch ohne jegliche» Besinnen annehmen, und oft trennen sich beide Thrile nicht mit demselben freundlichen Gesicht, wie sie Anfang- zeigten. Ein großer Störenfried in der familiären Geselligkeit ist die Sucht vieler Frauen, vornehm thun zu wollen und in dieser Sucht legen sie sich dann die Lasten und Ausgaben auf, die mit Stand und Einkommen nicht im Einklang stehen und dem Gast, der da- meist besser beurtheilt, wie die Hausdame denkt, eher unangenehm wie angenehm sind. Keine Umstände zu machen und nicht zu stören, sind nicht bloß Redensarten, sondern dem feinfühlenden Taste da« Angenehmste und die erste Bedingung zum Wohlfühlen und zum Ungeniertsein. Bei viel Ausgaben müssen die Gäste mit, der Zeit lästig werden. ES sollte immer in dem Vordergründe stehen, baß man sich nicht besucht de« Essen« wegen, sondern nur dazu, um zusammen zu sein, der Geselligkeit wegen. Ja, eS kommt in guten Familien vor, daß man einem Gaste zu essen hinstrllt, ohne selbst mitzuessen- Das muß ihm den Appetit benehmen. Kommt er zur Zett, da die Familie ißt, so ist e» wohl anständig, ihn einzuladen, man ist aber keineswegs grnöthigt, etwa» Besondere« zu bereiten, denn da» Essen ist ja Nebensache. Bildet sich ein Famivenkrei» zu bestimmtem wöchentlichen Verkehr z. B. zum Spiel in eine Kasse und dergl., so ist e» praktisch, di« Eß. und Trinksrage vorher zu regeln. An» praktischsten ist e», gegessen wird zu Hause und getrunken wird etwa» Bestimmte«. Dm» beginnt di« Tafelet, dann kommen sicher Unannehmlichkeiten. Dann will immer eine Hau«, frau besser austischen wie die andre, da« können nun einmal die Damen nicht lassen. Ihrer Meinung nach betrifft da« den Punkt der Ehre und Jede will sich hrrvorthun. In Paris ist e« allgemein Sitte, daß man Bekannte noch nach dem Abendessen besucht; dann giebt'S aber auch überall nichts weiter wie Thre und Gebäck. Jedermann weiß, daß Niemand will etwa« andere- und die Geselligkeit bleibt gewahrt. — Ein gute« Mittel gegen Schnupfen sind Kampsereinathmungen, die in folgender Weise vorzunehmen sind. Man schüttet einen Therlöffel gepulverten Kampfer in ein hohe- Gefäß, füllt diese- zur Hälfte mit siedendem Wasser und stülpt eine dreieckige Papierdüte darüber, die Spitze der» selben reißt man soweit ab, daß man die ganze Nase brquem hineinstecken kann. Man athmet nun die warmen kampferhaltigen Wasserdämpfe etwa 10 bis 15 Minuten lang durch die Nase ein und wiederholt die- nach 4 bi- 5 Stunden. DaS Mittel ist aber nervösen und hrrzleidenden Personen nicht zu empfehlen. — (Schädlichkeit der Ohrfeigen.) DaS Trommelfell ist ein papierdünnes Häutchen von der Größe eines Zehnpfennigstücke«, welche- bei jedem Schall, der eS trifft, hin und her schwingt, wie da- Fell einer Trommel. Reißt nun infolge einer kräftigen Ohrfeige, welche außer durch starken Schall auch noch durch plötzliche Luftverdichtung im Gehörgang gefährlich wird, da- Trommelfell, so sind die Riffe meist groß and heilen nur selten wieder vollkommen zu, so daß dauernde Verminderung der Hörfähigkeit zurückbleiben muß. Ja, eS kann sogar durch nachfolgende Entzündung de- Mittelohres voll- ständige Taubheit eintrrten. Darum straft nicht mit Ohrfeigen! — Der Verband de- Sächs. Lehrerverein veröffentlicht soeben den Jahresbericht auf da verflossene BereinSjahr, au- welchem Folgendes wiedergegeben sei: Bis Ostern 1901 gliederte sich der Sächsische Lehrerverein in 72 Bezirksvereine, wie schon seit langer Zeit; von da ab trat als 73. der neugegründete Bezirksverrin Klingenthal hinzu. In- neue BereinSjahr Michaeli» 1901 ist der Landesverein durch weitere Neugründung der BezirkSvereine Aue und Zwickau »Land mit 75 Bezirksvereinen und einer Gesammtzahl von 9761 Mitgliedern gegen 9451 im Vorjahre eingetreten. Auf allen Gebieten, die mit dem Volksschulwesen in Beziehung stehen, ist wieder eine reiche Thätig- krit entfaltet worden. Außer den für die örtlichen Verhältnisse bestimmten, oft umfangreichen Arbeiten haben die 73 Bezirksvereine in 523 Sitzungen 592 Vorträge erledigt, während durch die 169 Zweig vereine in 785 Sitzungen 718 Borträge zu Gehör gebracht wurden. Nähere Auskunft darüber soll künftig das Jahrbuch de- Sächsischen Pesialozzi- kalenderS bringen. Die Zahl der behandelten Themen schwankt in den einzelnen Bezirksvereinen zwischen 2 und 46, in den Zweigvereinen zwischen 6 und 65. In mehreren der großen Bezirksvereine, welche nur einen einzigen Ort umfassen und daher zur Bildung von Zweigvereinen nicht zu verschreiten brauchen, ist die ArbeitStheilung durch Einsetzung von Kommissionen und Abtheilungen herbeigesührt worden, so in Leipzig, Dresden, Chemnitz, Plauen i. B. Die Leitung der Bezirkslehrervereine ruht in den Händen von 34 Direktoren, 8 Oberlehrern, 6 Kantoren, 1 Kirchschullehrer und 24 Lehrern. Auf der nächsten Deutschen Lrhrerversammlung wird der Sächsische Lehrerverein durch 33 Dele« gierte vertreten sein. Königsbrück, 8. November. Der durch gebrannte Kassirer Ulbricht, welcher, wie gemeldet, 12,000 Mark unterschlagen hatte, hat sich frei willig der Staatsanwaltschaft in Bautzen gestellt. Dresden. Die Bevölkerungszahl von Dresden mit Albertstadt wird für 1. November 1901 auf 408,510 geschätzt. Dresden, 9. November. In einem Hause der Ammonstraße hat sich heute «in Dienstmädchen in den Morgenstunden in den Keller begeben, dort mit Petroleum übergossen und sich dann selbst angebrannt. Schwer verletzt begab e» sich in die Wohnung, von wo au« r« in da« Stadtkranken» hau» übergeführt würde. Dresden. In der Särtnergasse hat sich ein Liebespaar erschossen. Die Thal liegt bereit« zwei Tage zurück. Am Donnerstag Abend gegen 8 Uhr hat ein lediger Schlossergehilfe seine dort wohnhafte Geliebte durch zwei Schüsse, einen in di« Brust und einen in die rechte Schläfe, und dann sich selbst durch einen Schuß in den Kopf grtödtet. Die Aufhebung hat Sonnabend Nach mittag stattgrfundrn. Die That ist, wie die Um stände beweisen, mit voller Ueberetnstiumung Beider geschehen. Die Dresdner BariStötheaterbesucher haben sich wieder einmal vier Wochen lang von einer „Künstlerin" nasführen lassen. Im Central- theater trat rin Fräulein Fagette auf, für die besonders wegen eine» Schmuckstücke» Reklame gemacht wurde. Die „schöne Fagette" machte aller Welt weis, das sogenannte Bolero-Jäckchen, das sie bei ihren Darbietungen trage, habe wegen der vielen Diamanten, mit denen e« besetzt sei, einen Werth von anderthalb Millionen Franken. Wie sich jetzt herausgestellt hat, hat Fräulein Fagette ganz gehörig ausgeschnitten, da da» Kostüm nicht den tausendsten Thril de» angegebenen WerthrS hat. Da» Schönst« ist, daß sich diese Thatsache herauSgestellt haben soll bet einer Pfändung wegen Schulden der Dame. Die Diamanten wurden dabei von Sachverständigen al« falsche erkannt. Döbeln, 7. Nov. Ein Zehntel de- großen LooseS der Thüringer Lotterie fiel nach Zschattz. Zwei Lehrer sind die glücklichen Gewinner. Leipzig, 7. November. In einer gestern hier abgrhaltenen Versammlung der Katholiken von Leipzig und Umgegend wurde mitgetheilt, daß zur Paralystrung de« Gifte« der modernen Presse, unter der in erster Linie die protestantische ver- standen wird, vom 1. April 1902 ab eine neue katholische Tageszeitung unter dem Namen „Sächsische Volkszeitung" zum Vierteljahr-Preis von 1.50 Mk. erscheinen wird. Zu dem Zweck hat sich eine Aktiengesellschaft gebildet, die Aktien im Betrage von 200 Mk. auSgiebt. Damit haben sich also doch frühere ultramontanrrseit» dementirte Meldungen bewahrheitet. Meerane, 8. Novbr. Herr Realschullehrer Wagner hier, der früher an der Bürgerschule in Glauchau thätig «ar, ist zum Schuldirektor von Radeburg gewählt worden. Eibenstock, 8. Novbr. Ein Einbruch wurde in der Nacht zum 4. d. M. auf AuerSbrrger StaatSforstrevier ausgeführt, indem ein dort in Abtheilung 43 in einem Felde eingemauerter und mit einer starken eisernen Thüre versehener Dynamit» keller gewaltsam erbrochen und daraus gegen 10 Pfund Dynamit entwendet worden sind. Auch eine in der Nähe stehende und zu einem Stein bruche gehörige Bauhütte hatte der Einbrecher aufgesucht und au» demselben einige Dynamit. Patronen und gegen 150 Stück Sprengkapseln gestohlen. Der Bervacht, die Diebstähle auSgeführt zu haben, fällt auf einen italienischen Arbeiter. Chamberlain i« Alengsten. Zu Edinburgh sprach gleißend Mit Feuer und mit Schwung Herr Chamberlain, hinreißend Und mit Begeisterung. ES ist fürwahr verdächtig, Daß er so häufig spricht. Wohl packt die Angst ihn mächtig Den glatten Bösewicht. Und hätte rin Gewissen Die» frevle Ungethüm, Wir würden'- glauben müssen, Es regte sich in ihm. Wie komisch steht und kläglich Der eitle Hanswurst da, Verachtet so unsäglich, Mit ihm Britannia! DaS Urtheil, daS un» fällte Sein luggrwohnter Mund, Un- gilt's so viel, al- bellte Den Vollmond an ein Hund. Er rief: So wie wir stehen Noch groß und mächtig da, Wird Englands Flagge wehen Einst in Südafrika Ob wir da« Wehen sehen? Wir zweifeln. Doch gteb Acht Du Gaukler, denn die Wehen, Sie kommen über Nacht. Tin Sturm naht, der da« Schwätzen Dir auStreibt, Lügengeist: Ein Sturmwind, der in Fetzen Old. England» Flagge reißt! (Deutscher Michel.)