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10» Der süchfische Wrzätzler. Getr* » IGOI denn das, waS dir am verbrecherischen Größen- wahne leidenden verhafteten Anarchisten zuweilen über ihre Brüder und geheimen Vereine angaben, hat sich meistens al« Prahlerei und Geflunker herauSgrstellt oder ist von frnsationSdurstigen Zeitungen dazu aufgrbauscht wyrden. So wollte der „New«Jork Herold" anläßlich des Attestates auf den Präsidenten Mac Kinley in Buffalo ja auch wissen, daß das Verbrechen des Anarchisten CzolgoSz eine verabredete Unthat des internatio nalen AnarchistenbundrS fei, und daß zu diesem Zwecke auch der drutiche Anarchist AlfonS Stutz und dir russische Nihilistin Helene PetrowSka nach Buffalo gekommen und mit CzolgoSz Berathung gepflogen hätten. Diese Geschichte ist entschieden ein Märchen, denn der Deutsche AlfonS Stutz hat feine Unschuld an dem Attentat auf Mac Kinley nachweisen können und ist aus dem Gesängniß wieder entlassen worden, und der Abenteuerin Helene PetrowSka hat man in keiner Weise eine Theil- nahme an der Verschwörung yachweisen können. Wenn dies aber der Fall wÄ^, so würde dies nur beweisen, daß fanatische, sür die angeblichen Menschenrechte blind wüthend kämpfende Frauen zuweilen Anschluß an anarchistisch gesinnte Männer finden und mit solchen Anarchistenklubs bilden, in denen dann die Verbrechen auSgeheckt werden. So scheint in Chicago die Emma Goldmann mit dem CzolgoSz und noch einigen anderen Anarchisten einen Club gebildet und die Ermordung des Präsi denten Mac Kinley vorbereitet zu haben. Aber solche Clubs sind in keiner Weise internationale Organisationen, sondern sie sind einzelne Ver einigungen weniger Anarchisten, die sich in den Verbrecherkellern und sonstigen Schlupfwinkeln großer Städte zusammenfinden. Groß und be drohlich ist ja auch die Gefahr, die von diesen Clubs auSgeht, aber einen internationalen Anarchistenverband stellt sie schwerlich dar. Politische WeltschM. Nach dreitägiger Dauer ist die in der Danziger Bucht stattgefundene jüngste Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm und dem Czaren am Freitag Nachmittag wieder zu Ende gegangen. Vorher waren die Flottenmanöver, denen die beiden Herrscher gemeinsam beigrwohnt, vor Hela zum Abschluß gelangt. An Bord deS Flagg schiffes „Kaiser Wilhelm II." empfing dann der Kaiser Wilhelm, welcher die deutsche Marine- Unisorm angelegt hatte, den Czaren zur Ver abschiedung. Gegen 4 Uhr trennte sich die russische Kaiseryacht „Standart" von der „Hohenzollern" und dampfte mit dem Czaren an Bord nach Kiel ab, von wo aus letzterer mit seiner Familie am nächsten Tage nach Frankreich weiterreiste. Die „Hohenzollern" lief am Freitag Abend, mit dem Kaiser an Bord, Neufahrwasser unter dem Salut der Strandbatterien an. Am Sonnabend hielt der Kaiser seinen Einzug in Danzig. Am Freitag fand nach Beendigung der Flotten übung Mittagstafel auf der „Hohen zollern" statt. Hierbei sprach Kaiser Wilhelm dem russischen Minister Grafen Lambsdorff seine Freude aus, daß er ihn habe begrüßen können; der Czar reichte beim Abschied dem Grasen Bülow die Hand und sprach seine Befriedigung über die mit Kaiser Wilhelm verlebten Tage aus. Letzterer verabschiedete sich erst auf dem „Standart" definitiv vom Czaren. Ueber bemrrkenSwerthe rednerische Kund gebungen der beiden Kaiser während ihrer Danziger Begegnung hat der offiziöse Tele graph nichts berichtet, wie sich denn die ge- sammte Zusammenkunft überhaupt im Allgemeinen unter Ausschluß der größeren Oeffentlichkelt vollzog, waS durch die Oertlichkeit hinlänglich erklärt wird. Doch steht auch ohne solche Kund gebungen der bedeutsame politische Charakter der in den Danziger Gewässern stattgehabten Kaiser zusammenkunft fest, im Sinne eines festgestellten aufrichtigen Einvernehmens zwischen Deutschland und Rußland und der hiermit verbürgten Er- Haltung des europäischen Friedens. Zu den zahl reichen Prrßstimmen des In- und Auslandes, welche die Danziger Monarchen- und Diplomaten- Entrevue unter diesem Gesichtspunkte besprachen, haben sich inzwischen noch zwei weitere angesehene Blätter deS Auslandes gesellt, das offiziöse Wiener „Fremdenblatt" und das Pariser „Journal des DLbatS". Beide Prrßorgane erkennen die Bedeutung dieses Ereignisses als einer werthvollen Friedensdemonstration an, nur daß ersteres Blatt sich hierbei mehr auf den Standpunkt des Drei bundes stellt, während das Pariser Blatt seine Meinung mehr vom Standpunkte de» französisch russischen Zweibunde« au« abgirbt. Herzog Ernst von Sachsen-Alten burg vollendet an diesem Montag, den 18. Sep tember, sein 75. Lebensjahr in bemerkenSwerther körperlicher Rüstigkeit und noch ungebrochener geistiger Frische. Teneral-Feldmarschall Traf Waldersee hat seinen Erholungsaufenthalt in Berchtesgaden infolge ungünstiger Witterung vorzeitig beendigt und ist zu einem Besuch bei seiner Schwägerin, Freifrau von Wächter, auf Schloß Lautenbach bei Neckarsulm eingetroffen. Die Gerüchte, denen zufolge Gras Waldersee seinen Aufenthalt im baierischen Hochlande infolge dringlicher Tele gramme an» Berlin abgebrochen haben sollte, sind von ihm selber als unbegründet bezeichnet worden. UebrigenS wurde dem Frldmarschall noch kurz vor seiner Abreise aus Berchtesgaden das ihm feiten» deS Kaisers von Oesterreich verliehene Groß kreuz deS StefanSordens inBrillanten durch den österreichisch - ungarischen Militär-Bevoll mächtigten in Berlin, Obersten Grafen Stürgk, überreicht. Die alten und interessanten Instrumente der Sternwarte zu Peking, welche von den deutschen Expeditionstruppen mit nach der Heimath gebracht worden sind, dürfen keineswegs al« gemachte Kriegsbeute betrachtet werden, wie dies vielfach geschehen ist. Vielmehr sind dieselben den Chinesen vom deutschen Gesandten in Peking, Mumm von Schwarzenstein, im Auftrage der deutschen Regierung nach längeren Verhandlungen abgekauft worden. DaS Anerbieten der chinesischen Regierung, dem deutschen Kaiser die Instrumente zum Geschenk machen zu wollen, ist von dem Monarchen abgelehnt worden. Das in Schloß Amalienborg bei Kopen hagen weilende englische KönigSpaar empfing am 13. September eine starke Deputation, welche zahlreiche dänische Vereine vertrat. Dieselbe überreichte den Majestäten eine Adresse, in welcher sie zu ihrer Thronbesteigung beglückwünscht werden. König Evuard dankte in huldvollen Worten, hierbei besonders da» zwischen dem dänischen und dem englischen Volke bestehende Freundschaftsverhältniß betonend. — Die Er öffnung des neuen dänischen Reichstages ist auf den 5. Oktober angesetzt worden. Spanien schickt sich zu einer Aktion gegen Marokko an, um Genugthuung sür den an der marokkanischen Küste erfolgten Raub von Kindern spanischer Schutzangehörigen zu erhalten. Vorerst ist die Entsendung spanischer Kriegsschiffe in die marokkanischen Gewässer nach vorangegangenem Ultimatum an die Regierung des Sultans ge plant, doch soll eventuell noch zu weiteren Zwangsmaßregeln gegriffen werden. Indessen erklärt man von amtlicher Seite in Madrid, daß Spanien keineswegs beabsichtige, den status yuo in Marokko anzutasten. Nun, letzteres würden schon die dort interessirten andern Mächte nicht zugeben; übrigens dürste Spanien schwerlich an ein größeres militärisches Unternehmen gegen Marokko denken, da sich ein solches schon durch den erbärmlichen Stand der spanischen Staats finanzen verbietet. Oesterreich-Ungarn hat durch seinen Botschafter in Konstantinopel energischere diplo matische Schritte bei der Pforte unternehmen lassen, um vollständige Genugthuung für den Mordversuch auf den Geschäftsführer de» österreichisch-unga rischen Konsulats in Prizrend zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist denn auch ein Jrade deS Sultans ergangen, welches die strengste Bestrafung der in dieser Affajre Schuldigen anordnet. Präsident Mac Kinley ist am 14. September Morgens 2 Uhr zu Buffalo an den Folgen derschwerenSchußwundeim Magen gestorben, welche ihm der Anarchist CzolgoSz am 6. September beigebracht hatte. So hat denn der heimtückische Anschlag auf das bisherige Staatsoberhaupt der Union leider doch noch den beabsichtigten Zweck erreicht und die Verbrecherrotte der Anarchisten kann ein Opfer unter den Mächtigen dieser Erde mehr verzeichnen. Um so tiefer ist die allgemeine Antheilnahme an dem tragischen Ende Mac Kinlry'S, als noch wenige Tage vor seinem Tode die über sein Be finden verbreiteten offiziellen Meldungen überaus Hoffnungslosklangen, e» scheint fast, al» ob die dann eingetretene rapide Verschlimmerung im Zustande Mac Kinley'», die nunmehr zu seinem Ableben geführt hat, den behandelnden Aerzten selber überraschend gekommen sei. Die Haupt-Polizeiwache in Buffalo, in welcher der Attentäter CzolgoSz gefangen sitzt, wird gegenwärtig von einer großen Polizrimacht beschützt, auch stehen zwei Regimenter Infanterie bereit, um einen etwaigen Versuch der erregten Volksmenge, CzolgoSz herauSzuholrn und zu lynchen, zu verhindern. Gegen 10 Uhr, am Abend de» 13. Septbr., verlor Mac Kinley end- giltig da» Bewußtsein, vorher sagte er noch seiner Gattin Lebewohl; die Näherstrhrnden verstaaden von den leisen Aeußerungen de» Sterbenden nur die Worte: „Mein Gott! Dir . . . .". Kurz ehe er zum letzten Male da» Bewußtsein verlor, hatte er die Aerzte gebeten, ihn sterben zu lassen. Bet Mac Kinlry'S Tode war ein Geistlicher nicht zu gegen. Die letzten Worte deS Präsidenten waren: „Lebt Alle wohl! Lebt wohl, e» ist Gotte» Weg. Sein Wille geschehe!" Diese Worte wurden von vr. Mann ausgezeichnet. Frau Mac Kinley sah ihren Gemahl zuletzt zwischen 11 und 12 Uhr Nachts. Sie saß am Sterbebette und hielt die Hand ihre» Gemahls in der ihrigen. Bei Ein tritt deS Todes waren zugegen der Privatsekretär Cortelyou, vr. Rixey, Frau und Fräulein Barber und Fräulein Duncan. Die unmittelbare Ursache deS Todes steht noch nicht fest, es wird daher die Autopsie der Leiche nöthig. Die Leiche wird nach Washington gebracht, wo die Bestattung auf Staatskosten erfolgt. Roosevelt wird den AmtSeid an dem Orte leisten, wo ihn die Nachricht vom Hinscheiden des Präsidenten erreicht. DaS Kabinett wird sofort in oorpors seine Entlassung geben, um Roosevelt Gelegenheit zu geben, ein neue« Kabinett zu bilden, falls er eS wünscht. Mac Kinley war im Jahre 1843 zu NileS im Staate Ohio geboren. Beim Ausbruche deS amerikanischen Bürgerkrieges trat er in die nord staatliche Armee ein, in der er es bis zum Major brachte, dann widmete er sich dem Rechtsstudium und ließ sich 1867 zu Canton im Staate Ohio nieder. Bald betbeiligte er sich auch am politischen Leben; er ließ sich zum Kongreßabgeordneten für das County Canton wählen, in welcher parla mentarischen Eigenschaft er als eifriger Republi kaner mehr und mehr hervortrat. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre wurde Mac Kinley Prä sident des Finanzausschusses des Repräsentanten hauses, als welcher er namentlich der nach ihm genannten Vorlage über die Erhöhung der amerika nischen Zölle, der berühmten Mae Kinley-Bill, zur Annahme im Nepräsentantenhause verhalf. 1891 erfolgte seine Wahl zum Gouverneur von Ohio, 1896 zum Präsidenten der Union, als welcher er 1900 mit ungeheuerer Stimmenmehrheit nochmals bestätigt wurde. DaS Hauptereigniß seiner Präsidentschaft war der Krieg gegen Spanien, in welchem die Union die Philippinen, Cuba unp Porto Rico errang, wodurch sie in die Reihe der Kolonial- und Weltmächte eintrat. Wahrscheinlich hat sich Mac Kinley noch mit weiteren imperia listischen Plänen im Sinne der Gestaltung Nord amerikas zur gebietenden Vormacht für den ge- sammten amerikanischen Kontinent getragen. Nach dem Tode Mac Kinley'S hat nunmehr der bis herige Bicepräsident Roosevelt, der 1900 von den Republikanern in dieses Amt gewählt wurde, die Präsidialgewalt übernommen. Der Kaiser von Japan empfing am Freitag den chinesischen Sühnegesandten Natung in Audienz. Nach Verlesung einer Note überreichte der Gesandte einen Brief des chinesischen Kaisers, in welchem das Bedauern über die Er mordung deS Bicekanzlers der japanischen Gesandt schaft in Peking, Sugiyama, ausgesprochen und Japan Dank für seine Hilfe bei Wiederherstellung der Ordnung in China gesagt wird. Der Mikado nahm die Entschuldigung an. Wegen der Christen metzeleien in Tschutschan sind zahlreiche an denselben direkt oder indirekt Betheiligte bestraft worden. Danzig, 14. Septbr. Der Kaiser begab sich heute Vormittag 10 Uhr mittels SonderzugeS von Neusahrwasser nach dem Danziger Haupt bahnhofe, wo großer Empfang durch die Militär- und Civilbehörden stattfand. Auf dem Bahnsteige hatte eine Ehrenwache vom Grenadierregiment „König Friedrich I." Aufstellung genommen. In der Feststraße bewegte sich eine ungeheure Menschenmenge. Die Truppen der Garnison, Kriegervereine und Schulen bildetet«« Spalier. DaS Wetter ist trübe. Danzig, 15. Septbr. Der Kaiser geleitete heute Mittag die Kaiserin nach dem Kasino de» Leibhusarenregiments und zeigte ihr den Festsaal. Die Kaiserin unternahm hierauf Nachmittags eine Wagrnfahrt durch den neuen und den alten Theil Danzig». Da« Publikum bereitete den Majestäten überall lebhafte Ovationen. Nachmittag» 5 Uhr nahmen die Majestäten den Thee auf der Dacht „Iduna" ein. DaS Wetter ist schön. Danzig, 14. September. Nach Eingang der Nachricht vom Tode de» Präsidenten Mae Kinley hat der Kaiser befohlen, daß die^Flott« die Flagge Halbstock und die amerikanische Flagge aO... Großtopp zu setzen habe. '