Suche löschen...
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 05.01.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-01-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-191001056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19100105
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19100105
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-01
- Tag 1910-01-05
-
Monat
1910-01
-
Jahr
1910
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Meeresgrund in seinen Tiefen erforscht werden kann. Aus E«n- ladung des Fürsten von Monaco hatte Günther Mailing an der großen von diesem ausgerüsteten Tiefseeexpedition teilgenomMen, und die Lebensbedingungen der in jenen dunklen Regionen auf gefundenen Tiere studiert, um sie auf seine Taucherapparate und Tiefseeboote zu übertragen. Mailing ist ein Mann in der Blüte seiner Kraft, hochhäuptig mit einem glattrasterten Gesicht und mächtig leuchtenden Augen, über denen sich eine napoleonische Stirn wölbt, die jedoch nichts von den tiefen Gedanken verrät, die hinter ihr reifen. Kein Wunder, denn Mailing arbeitet leicht, seine Erfindungen scheinen die Produkte einer genialen Inspiration, nicht ernster, wissen schaftlicher Arbeit zu sein. Beispiellos sind seine Erfolge, aber doch floß ihm nur zähe und spärlich in den letzten Jahren das Kapital zu, weil im Grunde all seine Gedanken sich bisher als unfruchtbar erwiesen haben, noch nicht genügend ausgereift, noch nicht praktisch an das heranreichen, was er in seiner glühenden Phantasie den Aufsichtsräten und Aktionären der von ihm gegründeten Gesell schaft vorzumalen verstanden hatte. Eine harte Mannesnatur ist er, er bedarf nichts für sich. Kurz und frugal sind seine Mahlzeiten, und was er trinkt ist nicht nennenswert. Luxus kennt er nicht, außer dem vornehmer Kleidung und tadelloser Körperpflege. Sein Arbeitszimmer ist ein kahler, toter Raum, der nichts enthält, als einen mächtigen Tisch über und über mit Zeichenbrettern und Geräten bestellt. Kein Bild hängt an der Wand. Kein Teppich bedeckt den Boden. Gardinen sind ihm Lichtfänger, darum verbannt er sie von seinen Fenstern, aber in den Empfangszimmern, den Fremdenzimmern, den Bureauräunien der Gesellschaft herrscht überladene Pracht. Der Mann, der seinen kurzen Schlaf in einem harten, eisernen Militärbett genießt, in kahlen schmucklosen Räumen die nieiste Zeit seines Lebens verbringt, streut verschwenderischen Glanz über seine Umgebung aus. Der Mann, der nichts genießt, als was der gewöhnlichste Proletarier auf seinem Tisch sieht, arran giert die raffiniertesten Diners für seine Freunde, denen er vor leeren Tellern präsidiert. Eine ganz exzeptionelle Persönlichkeit ist dieser Mailing und so auch die Frau, die er liebt, die der einzige Schmuck seines Lebens ist. Er kannte Rita von Langsdorf erst seit einem Jahre, aber gleich bei ihrem Anblick wallte seine Seele so mächtig aus, daß er sich sagte diese oder keine. Rita hatte lange seinen Werbungen widerstanden, sie liebte die Unabhängigkeit und ihre Kunst, bis sie endlich, von seiner gewaltigen Persönlichkeit und seiner großen, tiefen Liebe über wunden, ihr Jawort gegeben halte. Von diesem Augenblick an aber erschien es auch, als ob ihre Seele aufgehört hätte, für sich zu sein, und nur noch in dem geliebten Manne leben könnte. Mallings Portrait, von Rita geinalt, hatte in der großen Ber liner Kunstausstellung einen Sturm der Begeisterung erregt, und der Künstlerin die große goldene Medaille eingetragen. Ties war der Zeitpunkt gewesen, wo sie erklärt halte: „Jetzi bin ich Ihnen ebenbürtig, Malling, und Ihrer Liebe wert.* An jenen« Abend aßen sie in dem luxuriösen Atelier der Meisterin zusammen und sprachen von den letzten Vorbereitungen für die nahe bevorstehende Hochzeit. Malling wäre seiner ganzen . Natur nach am liebsten all dem Pomp aus dem Wege gegangen, und hätte sich in der stillen Dorfkirche zu Klein-Lingen, wo sein Jugendfreund als Pfarrer amtierte, trauen lassen, aber das ging nicht, das vertrug sich mit dem Ruhm Ritas nicht, nicht mit der Stellung, die der große Erfinder in der Welt einnahm. „Wohin werden wir unsere Hochzeitsreise machen, Günther?* fragte Rita, sich das dunkle Haar aus der Stirn streichend und ihn mit reizendem Lächeln anblickend. „Nach dem Mittelpunkt der Erde," antwortete Malling und seine Augen schauten in das Endlose. „Eine wunderbares Reiseziel.* „Aber ein erreichbares es gibt einen Roman von Jules Verne, der eine Reise nach dem Mittelpunkt der Erde beschreibt." „Einen Roman?* warf Rita ungläubig ein. „Es gibt einen Ronian von Jules Verne, der ein Schiss schildert, das viele tausend Bi eilen unter der Oberfläche des Meeres znrücklegt. Dieses Phantasiebild hat sich verwirklicht, und ich werde bald auch ein Schiff gebaut haben, das in die Mceresregionen hinuntersteigt, wo kein Sonnenstrahl mehr leuchtet, wo die Fische mit ihrer eigenen elektrischen Lampe ausgcstattet sind. Ich werde auch den Förderkorb konstruieren, der uns ins Innere der Erde führt, vielleicht einen elektrischen Zug, viel leicht . . . .* er bricht ab und beschattet die Augen mit der feinen, weißen Hand. „Warum hast Du nie an das lenkbare Luftschiff gedacht?* „Gedacht?" er lacht kurz auf. „In der Zeit meiner phantastischen Kindheit durchkreuzte ich die Lüfte, besuchte die Seele«« der Verstorbenen aus anderen Sternen, aber ich wurde eil« Mann und vertrete mit meiner ganzen wissenschaftlichen Ueberzeugung den Standpunkt, daß wir das lenkbare Luftschiff nie erfinden werden, nur unsere Fernrohre durchdringen das Lnftnieer bis in die enllcgcnstcn Weiten. Mein Arbeitsgebiet ist die Tiefe, die Dunkelheit, das Verborgene. Seinen Stern er forschen muß der Mensch, nicht nach «««deren Weltkörpern zielen. Das sind Phantasmagorien, data moi-^ana, unerfüllbare Träume. Aber den Staub, den Stein, das Wasscr, alle irdischen Elemente können wir überwinden, die Luft ist kein irdisches Element, sie ist ein kosmisches, und kosmische Probleme gehören in die Philo sophie, «richt in die Technik." Rita sah ihren Verlobten mit leuchtenden Augen be wundernd an. „Ich muß jetzt gehen, der gute Schneider erwartet mich zum Vortrag." „Der Prokurist?* „Ja, ich darf es Dir ja sagen; unsere großen Versuche sind schlgeschlagcu, das Tieffeefahrzeug ist noch nicht erfunden. Ich muß ein neues Modell bauen, und dazu brauche ich eine neu Million aber das sind geschäftliche Dinge, die Dich nicht kümmern." „Jetzt noch nicht, mein Freund, aber bald." „Bald," antwortete er, und ein glückliches Lächeln verklärte den eigenartig schöne«« Männcrlopf. — Als Günther Malling die vier Treppen des eleganten Hauses hinuntcrgestiegcn war, eilte er nach dem nahen Lühowplatz, ries eine Droschke heran, und ließ sich nach seinem Etablissement im fernen Norden fahren. Während er tief in die Kissen der geschlossenen Droschke zurückgclehnt saß, durcheilten Gedanken über Gedanken seinen Kopf, und er blieb unwillkürlich minuten lang sitzen, als der Wagen vor dem mächtigen, weißgcstrichenen Bretterzaun hielt. Der Portier mußte erst herauskommen und seinen Ehes darai« erinnern, daß er zu Hause sei. „Bezahlen Sie den Kutscher." Er eilte mit langen Schritten davon nach seinen Kontor- räirmcu, öffnete sein Arbeitszimmer, schaltete die elektrische Lampe ein und ließ sich in den Lehnstuhl vor seinen Zeichnungen nieder. Ter Prokurist wußte genau, daß Malling, sofort in irgend ein Problem vertieft, für ihn nicht mehr zu spreche«« gewesen wäre, wenn er nicht sogleich nach den« Eintreten seines Chefs an die Tür geklopft und dem lauten „Herein!" gefolgt wäre. Schneider war eil« dürres Männchen in den fünfziger Jahren. Das vertrocknete Gesichtchen wnrdc von eii« Paar scharfen, grauen Augen erleuchtet, und von der hohe«« gewölbten Stirn war das magere Grauhaar weit zurückgewichen. Man sah diesein schlichten, breitstirnigen Menschen an, daß er ein klarer Kops war, ein minutiöser Rechner und ein zielbewußter, sicherer Geschäftsmann. „Guten Abend, Herr Malling." „Guten Abend, Schneider, Sie rauchen gern eine schwere, hier stecken Sie sich diese Bock an." „Ich danke, Herr Malling." „Zunächst die Faniilienangelegenheiten?" „Ja ich habe nach Robert recherchiert und ihn ermittelt, aber er macht dem Namen Malling wenig Ehre." „Hm, ist er im Zuchthaus?" „Noch ««icht, Herr Mailing." „Könne«« «vir ihn durch Geldunterstützung davor bewahren?* „Das ist eine Frage, Herr Mailing, die sich dadurch von selbst beantwortet, daß weder die Aktiengesellschaft noch Sie per sönlich in der Lage sind, Ihrem Bruder eine Unterstützung zukommen zu lasten." „Na was soll denn das heißen, Schneider?" „Wenn Sie sich die Bilanz gütigst ansehen wollen, wir sind verpflichtet, den Konkurs anzumelden, weil unsere Passiva seit Monaten schon die Hälfte des Aktienkapitals übersteigen, und zwar um ein beträchtliches übersteigen, trotzdem ich das im Grunde wertlose Modell des Tiefscefahrzeuges zum vollen Wert eingestellt habe." „Wir melden den Konkurs nicht an, Schneider, sondern er höhen das Aktienkapital." „Sie müssen mich für einen schlechten Prokuristen halten, daß Sie glauben, ich sei nicht schon längst auf dieses aller nächstliegende Ausfluchtsmittel verfallen." „Nun und?" „Ich habe alles versucht, Herr Malling. Unsere besten Freunde fangen an, an« Erfolg zu zweifeln, wir können keinen roten Pfennig mehr auftreibcn." „Aber der letzte Mißerfolg ist unser Erfolg. Begreifen das die Krämerseele«« denn nicht?" Mallings Augen blitzten in leidenschaftlicher Glut auf. „Der mißglückte Versuch hat gezeigt, daß es nur eines neuen Modelles bedarf, um das Problem zu lösen. Mensch, denken Sie doch, die Reichtümer, die in der Tiefe des Meeres liegen, die wir nur zu heben brauchen. Wenn unsere Taucher drei tausend Meter unter dein Meeresspiegel all das Geld der gesun kenen Schiffe vieler Jahrhunderte aufsuchen und ans Tageslicht bringen werden: die Kiste«« voll spanischer und portugisischer Dublonen, die Reichtümer an historischen« Material. Wir werden Karavellcn aus der Zeit des Kolumbus heben und Wickinger Raubschiffe; «vir werden das Rätsel der versunkenen Atlantis lösen ui«d die Glocken von Vineta dern germanischen Museum für Millionen verkaufen. Telegraphieren Sie an den Fürsten von Monaco, wann ich von ihm in Audienz empfangen werden kann." Der Prokurist sah den Chef mit dem Ausdruck der Verwun derung an, dein« er verehrte sein Genie wie die Gottheit und er glaubte ai« ihn wie die Märtyrer an das ewige Heil. Aber er sah auch mit seinem klaren nüchternen Blick die gewaltigen Luftschlösser, die von der Phantasie seines Meisters aufgebaut waren, zusammenbrechei«, weil sie zu schwindelnd in die Höhe gegangen wäre««, als daß die modernen Finanzleutc dem Fluge hätten folge«« können. Es gab ihn« einen Stich ins Herz, daß er seinem Meister erklären mußte, auch der Fürst von Monaco habe sich zurückgezogen, er «volle zwar die bereits gegebene Million den Ideen Mallings opfern und nicht zurückfordern, aber zu einem neuen Opfer könne er sich «licht bereit finden lasten, da er eine neue Tiessecexpedition auszurüstcn gedenke, und er zunächst das Positive gegenüber den Versuchen unterstützen müsse. „Wenn ich mit ihm persönlich spreche, werde ich ihn über zeugen." „Ich habe das alles versucht, aber der hohe Herr will sich nicht sprechen lasten, weil er Ihre überlegene Rhetorik fürchtet.* „Also was bleibt zu tun?" „Nichts als in Ruhe den Konkurs anzunielden." „Dann sind wir verloren, dann gehen meine Ideen zu grunde . . . mein Leben ist mit einer Million versichert, will niemand darauf etwas leihen?" „Niemand." „Wenn ich sterbe, Schneider* — ein finsterer Schatten glitt über das Gesicht des genialen Mannes — „die Zeichnungen für das neue Modell liegen fertig hier in der rotledernen Mappe. Dr. Bergmann wird die Berechnungen für das neue Modell in spätestens vier Wochen fertig haben .... wenn mir ctivas zuslüßt, Schneider, so wird die Million dazu verwandt, das neue Modell zu bauen." „Reden Sic nicht so, Herr Malling." Bei diesen Worten schimmerte es feucht in den grauen Augen des Prokuristen. „Es wird Ihnen nichts zustoßcn, der Konkurs ist nicht entehrend für Sie. Wir müssen den Erfolg finden, wir müssen das Geld auftrciben, um das neue Modell zu bauen .... selbst nach dem Konkurs.* „Die Lebensversicherung zahlt auch bei Selbstmord aus?* Ein finsterer Blick Mallings streifte seinen Prokuristen. Dieser nickte stumm und antwortete dann mit gepreßter Stimme: „Wie können Sie von Selbstmord reden, Herr Malling, Sie morde«« damit Ihre Ideen." „Ja, ja, noch das Tiesseefahrzeug.... noch das Tiefseefahr- zcug und dann die ungezählten Millionen, die ans dem stillen Meeresgründe ruhen." „Ich fürchte nur, daß die Verwendung Ihrer Lebcusver- esichcrung von Ihrem Bruder Robert Malling, Ihrem einzigen Erben, angefochten wird, daß er das Geld für sich beansprucht.* „Sic habe«« recht, holen Sie den Portier.* „Was wollen Sie?" „Eii« Kodizill an mein Testament anhängen, daß Robert das Modell bauen lasse«« muß, und daß er dann auch der Erbe meines Erfolges sein soll Der Bau wird keine Million verschlingen und mit dem Rest kann der arme, bettelhaste Mensch ein glänzendes Leben führen. Rufen Sie den Portier, ich werde inzwischen den Zusatz, wie es das Gesetz will, eigenhändig schreiben, und Sie beide, als meine einzigen Zeugen solle«« durch Ihre Unterschrift die Echtheit bekräftigen. Ich muß meinen Ideen zum Sieg verhelfen und sei es auch über meine Leiche hinweg." Der alle Prokurist ging bekümmert hinaus, indes Malling aus einer verschlossenen Aktenmappe sein Testamml hervorzog und mit ruhigen festen Zügen den Zusatz darunter schrieb. Als alles erledigt war, und die beiden Zeugen sich nach Hause begeben, als der Nachtwächter seinen Dienst angetreten hatte, Holle Malling die Zeichnungen seines Tiefseesahrzeuges von dem Tonncngehalt eines mittelgroßen Personendampfers hervor und prüfte Blatt für Blatt. Zu seiner linken Hand lag die dick leibige Logarithmentafel. Er rechnete und rechnete, konstruierte Kurven, berechnete die Stärke des Wasserdrucks, und es war schon gegen drei Uhr in der Nacht, als er die Feder niederlegte, die Zeichnungen in die große Mappe schob und sich langsam in seinem Arbeitssessel zurücklehnte. „Nun muß es gehen," sagte er zu sich selbst, „nun ist der Erfolg garantiert, aber jeder Ausweg ist mir abgeschnitten, selbst die Palme zu erringen. Mein Tod muß erst die Mittel dazu liefern." Seine Gedanken bewegten sich immer nur in einer Richtung, den Tod durch Selbstmord hinanslief. Er konnte gar nicht denken, daß ihm von wo anders Hilfe kam, da er ja keinen Menschen besaß, der bereit gewesen wäre, ihm auf ein ehrliches Gesicht hin zu Helsen. Er schloß die Augen und ein glückliches Lächeln verklärte sein vornehmes Gesicht. Aber sie war ein Mädchen und von einem Mädchen sollte er Hilfe erwarten . . . hoffen .... annehmen? Nein, niemals, lieber am Galgen sterben. Und außer Rita hatte er keinen Menschen, der ihm nahe stand. Ter letzte Mensch, der seinem Herzen unermeßlich teuer gewesen, war auch eine Frau, eine alte Frau mit einem lieben, faltigen Gesicht und treuen, an der Wegwende des Lebens noch schönen Augen . . . seine Mutter Und wie hat sie ihm den Bruder Robert auf die Seele gebunden, als sie den langen Weg ins Dunkle antrat. Sie waren zwar Zwillingsbrüder, Robert und er, aber er hatte immer gewissermaßen die Rolle des Netteren gespielt. Warum mußte er jetzt daran denken? Sein Bruder! Natürlich das war der Mensch, der ihm blutsverwandt war, der ihm vielleicht helfen konnte, aber wie . . . wie?" Sein Bruder, ja, das wußten die andern, die sich seine Freunde und Bekannten nannten, gar nicht. Wenn der eingreifen wollte, konnte er vielleicht helfen, er mit seinem nervösen sprunghaften Verstand, mit der Elastizität des unverbrauchten Geistes, er, der sein Leben bis heute in faulem Nichtstun hin gebracht hatte. Niemand ahnte, wie ähnlich er ihm in jeder Beziehung war, körperlich und geistig. Gerade daruin hatte er ja immer eine zärtliche Schwäche für ihn gefühlt. Das wußte niemand und brauchte auch niemand zu wissen, selbst der ver traute Prokurist nicht. Er hatte nach ihm recherchieren lassen, nur zum Schein, denn er wußte ganz genau, daß er sich in Dresden aufhielt, er hatte ihn oft gesehen und gesprochen und sich darüber gewundert, daß derselbe Feuergeist in ihm lebte, wie in seiner eigenen Brust, nur war er ungeklärt und getrübt durch des Lebens Mißgeschick. Robert hatte nicht die große innere Kraft besessen wie sein Zwillingsbruder. Er hatte sich nicht durchringen können. Darum mußte er erst die Schule des Leidens auskosten, um seinen Charakter in diesen« Feuer zu läutern. Bis an die Grenzen des Verderbens ließ er «hn immer sinken, aber ganz fallen, nie. Wenn diese Gefahr bevorstand, reiste er heimlich nach Dresden, redete ihm ins Gewissen und gab ihm immer wieder Geld, jedoch nur soviel, daß er gerade vor dem äußersten Elend bewahrt blick' Fortsetzung folgt. BermtWe Nachrichten. DerSieg d e s d eut s ch e n Re wn fahrers Rütt Heim Berliner Sechstagerennen löst eine ge wisse Genugtuung ans. Ms beim ersten Berliner Sechs tagerennen im März 1909 die ersten Preise an Ameri kaner fielen, herrschte vielfach Unwillen, daß die deut sche Rennfahrerschaft so ungenügend vertreten war, daß ein solches Resultat gezeitigt wurde. Damals soll sogar der Kronprinz sich für Rütt engagiert haben. Und Rütt erschien am Morgen dos ersten Tages des Rennens, nachdem er geraden Weges von Newyork gekommen war, wo er das dortige Sechstagerennen zusammen mit seinem Partner Mark gewonnen hatte. Zwei Rennen hintereinander „zu machen", eine, respektable Leistung! Freilich kommen jetzt unange nehme Tage für iRütt, der sich den Militärbehörden wegen Wucht vor der Dienstpflicht stellen muß. — Sechs Personen ertrunken. Sonntag er tranken auf dem Sittnosee bei Briesen vier Kinder des Stein« setzmeisters Schramm und ein Kmd des DrschslermecsterS Kliese. — In Useruähe brach ein Schlitten ein und versank. Zwei darin sitzende Kinder konnten sich retten. — Auf dem Briesener Schloßsee ertrank am Neujahrstage der 16jährige Schüler Schablowski. — 45000 Mark bar und Wertpapiere gestoh len. Einbrecher erbeuteten in Hamburg in einem Hause am Holstcnwall eine große Anzahl Wertpapiere und 45000 M. «n Geld. Auf die Herbeuchaffung der Wertsachen ist eine Belohnung von 1000 Mark ausgesetzt. — Ueberschwemmungen in Südbulgarien. Aus Südbulgarien werden große Ueberichwcrnmungen ge meldet : Bei der Station Kutunitza östlich vor« Philippopel stürzte am Sonnabend die Bahnbrücke ein, nachdem kurz vorher der Orientexpreß aus Konstantinopel darüdcrgefahren war. — 60 Seeleute ertrunken. Bei Saint Jean (Neufundland) habe,« große Stürme die neufundländische Fischerbootsflotte fast vernichtet. 12 Fahrzeuge sind unterge gangen, zahlreiche andere Schiffe haben schwere Havarien er litten. 60 Seeleute fanden den Tod in den Wellen. DerSchimmelweißBe scheid- Aus THU- ringen erzählt man der „Frankfurter Zeitung" fot- genides Geschichichen: Unlängst unternahm ein Ehe paar von Gera aus im eigenen Geschirr eine Fahrt in «die Nähe von Ronneburg und kam dabei auch iu die Nähe eines Gasthauses, das durch seine hübschen, ga lanten, bierkredenzenden Heben weithin einen Ruf hat. Die wißbegierige Gattin zeigte ein starkes Interesse für das Lokal, von idem sie schon öfter hatte reden hören. Aber der Ehemann erklärte, er habe zwar in der Umgegend bereits oft mit Jagdgenossen ocm ed len Weidwerk obgelegen, aber in die Nähe jenes ihmj auch vorn Hörensagen bekannten Gasthauses sei er noch nie gekommen ; er wisse auch nicht genau, wo oer Gast- ihof liege. Plötzlich aber machte das Pferd, ein schmuk- ker Schimmel, als man um die Ecke bog, Halt, obwohl »er Herr des Gespanns in schlankem Trabe weiter fahren wollte. Sofort war auch eine fesche Kellnerin zur Stelle, und die Gattin sah zu ihrem Erstaunen, daß man vor dem vielbesprochenen Lokale hielt. Sie wun derte sich Höchstlichst über die eigentümliche Manier des Schimmels. Die Erklärung, die ihr der Gatte gab, ist indes nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen, da die weiteren Auseinandersetzungen der Eheleute streng vertraulich waren. — Verma ch tn i s. Der kürzlich verstorbene Che miker Ludwig Mond von der Brunner Mond Eonipany in London vestitümte, einer Nlättermeldung zufolge, in seinem Testament u. a., daß der Universität Hei delberg zum Zwecke naturwissenschaftlicher Forschungen 50000, her Akademie der bildenden Künste in München 20 000 und der Stadt Kassel ebenfalls 20000 Pfund« Sterling.ans seinem Nachlaß zugewiesen werden sollen. Der NationaSgalerie vermachte der Verstorbene 56 Ge mälde. Die der Münchener Akadcinu vermachte Spen de soll dazu dienen, gegenwärtigen und ehemaligen Schülern der Akadelnhe Pie Fortsetzung ihrer Studien
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)