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78 Dr. A. Kornhuber. [4] Sidneyer Varanus bei einem, unserem Fossil überraschend ähnlichen Schädelbau nur zwanzig Dorsalwirbel, während die Lesinaer Art die Anzahl von dreissig solchen mit dem Nilmonitor gemein hat, welcher letztere aber, ausser anderen Eigenschaften, namentlich durch seine hinteren mehr abgerundeten, kegelförmigen, nicht scharf schneidenden Zähne sich unterscheidet. Die relativ sehr kurzen Gliedmassen bei der mächtigen Ausbildung des Rumpfes und Schwanzes sind für unser Fossil charakteristisch unter den Formen mit scharf schneidenden Zähnen, so dass wir es als eine eigene, durch die bezeichnete Eigenthümlichkeit den Ophidiern näher stehende Echsenform erkennen und besonders bezeichnen müssen. Der von seinem Fundorte entlehnte systematische Name „Hydrosaurm lesinensis“ dürfte für diese ausge storbene Art wohl am zweckmässigsten erscheinen. Was die einstige Lebensweise des Thieres betriflft, so war dasselbe vorzugsweise auf das Wasser angewiesen, in welchem es als geschickter Schwimmer und behender Taucher seine Beute erhaschte, die nach der mehr zum Zerschneiden, aber weniger zum Zerreissen und Zermalmen sich eignenden Beschaffenheit der Zähne aus Insecten, Weichthieren, Eiern, Knorpel- und kleineren Knochentkieren und dergleichen bestanden haben mag. Seinen Auf enthalt an schlammigen Flussufern und auf dem nahen Lande wechselte es mit jenem im Wasser nur in langsamen und trägen Bewegungen mittelst der kurzen Extremitäten, welche durch eine windende, schlängelnde Bewegung des langen Rumpfes und des bedeutenden Schwanzes nach Ophidier-Art unterstützt wurde. Nach dem Tode wurden die Thiere im Zustande der Zersetzung wahrscheinlich von der Flussströmung in nahe ruhige Meeresbuchten fortgeführt und in dem allda sich langsam absetzenden Kalkschlamme eingeschlossen. Ein Schluss auf die Zeit, in welcher letztere Vorgänge stattgefunden haben mögen, lässt sich aus der Be schaffenheit der Thierreste selbst nicht wohl ziehen, da Saurier derselben oder einer sehr nahe verwandten Art, etwa in Gesteinsschichten von bestimmtem Alter, bisher noch nirgend aufgefunden wurden. Die bereits oben erwähnten Fischreste jedoch, welche in eben diesen Kalken, worin der Hydrosaurus lesinensis eingeschlossen ist, zu wiederholten Malen vorkamen, sind glücklicherweise solche, welche eine Vergleichung mit anderen identen oder höchst ähnlichen Formen aus bestimmten geologischen Zeitabschnitten zulassen. Die Fischspecies nämlich, welche am häufigsten in den Steinbrüchen auf Lesina vorkömmt, findet sich auch in den bituminösen Mergelschiefern von Körnen im istrischen Karste wieder. Sie wurde von Heckei, wegen der Ähnlichkeit in der Form des verlängerten Leibes und in gewissen Eigentümlichkeiten der Zahnbildung mit der recenten Clupeoiden-Gattung Chirocentrus Cuv., zuerst 1 ) als Chirocentrites microdon beschrieben, später 2 3 * ) jedoch von demselben zur Leptolepiden-Gattung Thrissops gestellt, von Kn er aber endlich 3) für eine mit Spathodactylus neocomensis Pictet, wenn nicht idente, so doch diesem letzteren am nächsten stehende Form gehalten. Mag man nun die eine oder die andere Bestimmung als richtig gelten lassen, so bleibt doch immerhin soviel ganz unzweifelhaft, dass die Fischreste von Lesina mit Formen aus den zur Kreideformation gerechneten 4) schwarzen bituminösen Mergelschiefern von Körnen ident, sowie Fischen aus anderen bestimmten Kreidelocalitäten ausserordentlich ähnlich sind. Hieraus folgt aber auch mit voller Evidenz, dass die Kalke der Steinbrüche der oft genannten dalmatinischen Insel, welche mit und neben den eben erwähnten Fisch-Petrefacten den hier beschriebenen neuen Saurier enthalten, gleichfalls der Kreideformation angeboren und wahrscheinlich noch der unteren Kreide, dem oberen Neocomien, eingereiht werden müssen 5 ). BESCHREIBUNG DES SKELETES. Für das Detailstudium dieser fossilen Reste erwuchs eine nicht geringe Schwierigkeit aus der Art ihrer Erhaltung. Die Knochen sind nämlich zum grossen Theile tief in die umgebende Kalkmasse eingesenkt oder von fest anliegenden Rinden der letzteren überzogen und verhüllt. Trotz oft wiederholten und verschiedenartigen, auf mechanischem und chemischem Wege angestellten mühevollen Versucheno) gelang es bei weitem nicht so voll ständig, als es erwünscht gewesen wäre, die Skelettheile blosszulegen und von der incrustirenden Substanz zu <) Denkschriften der kais. Akad. d. W. in Wien, Band I. 1850. ~) Ebenda, Baud XI. 185G. 3 ) Sitzungsberichte der Wiener Akademie, math. CI. 56. Band, Juni 1867. *) Siehe Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1859, X. Bd., V. S. 11 ff. und 1868. 18. Bd., 1. Heft S. 33. 5 ) In meiner ersten vorläufigen Mittheilung über den in Rede stehenden Gegenstand (siehe Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt, Jahrgang 1871, S. 20) war ich geneigt, den Ilydrosaurus lesinensis für eocän anzusprechen. Seitherige Erwägungen jedoch führten mich aus den im Texte angegebenen Gründen zu der Überzeugung, dass dieses Thier der Secundärzeit angehört und zwar in der Kreideperiode zur Zeit der Ablagerung der Schiefer von Körnen gelebt haben müsse. ®) Die Versuche mit selbst den feinsten Meissein zeigten sich bei der Zähigkeit des Calcites und bei der bedeutenden Sprödigkeit der in demselben eingebetteten Knochensubstanz für die letztere zu geiiihrlich, als dass von einem mechanischen Verfahren solcher Art ein ausgedehnterer Gebrauch, namentlich gerade an jenen Stellen hätte gemacht werden können, wo, wie z. B. am Kopfe und dgl., eine weitere Aufdeckung höchst willkommen erschienen wäre. Ich beschränkte mich daher auf die