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PolitWc Weltschm. KaiserWilhelm dürste zur Stunde wieder die Rückreise von den Gestaden Norwegen- angr« treten haben. Auch die diesjährige Nordlands- fahrt de- erlauchten Monarchen ist für ihn äußerst genußreich und von keinerlei unangenehmem Zwischenfall gestört, verlaufen. Fast unmittelbar nach seinem Wiedereintreffen aus dem seandina- vischen Norden wird Kaiser Wilhelm den au» China glücklich heimgekehrten bisherigen Ober befehlshaber der dortigen verbündeten Truppen, Feldmarschall Bräsen Waldersee voraussichtlich an der Elbemündung begrüßen und ihn dann an Bord der Dicht „Hohrnzollern" nach Hamburg geleiten, wo des hetmgrkehrten Frldmarschall» ein feierlicher Empfang harrt. Fall» es bei den be züglichen Dispositionen verbleibt, werden der Kaiser und Graf Waldersee am 8. August, vor mittag» 11 Uhr, an der Landungsbrücke von St. Pauli in Hamburg eintreffen. Herzlich heißt da» deutsche Volk den berühmten Heerführer bei seinem Wiedereintreffen au» dem fernen Osten im Baterlande willkommen, denn er kann aus eine von ihm glücklich gelöste dornenvolle und dabei keineswegs sonderlich dankbare Aufgabe zurück blicken. ES ist ihm gelungen, das militärische Unternehmen der verbündeten Mächte gegen China ersprießlich durchzuführen und so für seinen Theil wenigstens zu einer erträglichen Beilegung der chine sischen Wirren Ibeizusteuer». Wenn man erwägt, welche außerordentlichen Schwierigkeiten eS für den Grafen Waldersee auf seinem Posten als gemeinsamer Oberstkommandirendrr der verbündeten Truppen in China nach den verschiedensten Richtungen hin zu überwinden gab, und daß es für ihn hierbei galt, nicht nur rein soldatische und militärische Eigenschaften, sondern auch diplomatische Fähig keiten und politischen Takt zu entfalten, so erhellt hieraus zur Genüge schon das Außergewöhnliche und Bedeutsame, was er am Peihostrande geleistet. Und gewiß ist dem Grafen Waldersee neben dem Danke der deutschen Nation darum auch die leb hafte Anerkennung des Auslandes sicher, ist er doch der Träger einer gewichtigen internationalen Mission gewesen. Schließlich mischt sich in die frohen Empfindungen, mit denen man den Grafen Waldersee in der Heimath empfängt, auch das Gefühl inniger Genugthuung darüber, daß er der schweren persönlichen Gefahr, welche ihn durch den Brand des Pekinger KaiserpalastrS bedrohte, heil und gesund entronnen ist. Wenige Tage nach dem Empfange des Feld marschalls Grafen Waldersee, am 12. August, wird der Kaiser mit der „Hohenzollern" das aus China zurückkehrende Panzergeschwader auf hoher See begrüßen und dasselbe dann nach WilhelmShafen geleiten. DaS Geschwader hat sich bekanntlich mit dem ihm unter Befehl deS Vize admirals Prinzen Heinrich von Preußen entgegen gedampften Geschwader in Cadix vereinigt, von welchem spanischen Hafen aus diese stattliche deutsche Flottille vermuthlich am 4. August die gemeinsame Heimfahrt angetreten hat. Die öffentliche Diskussion über den provisorischen Entwurf des neuen Zolltarifs hat sich nachgerade wieder erschöpft, sie wird wohl erst wieder aufleben, wenn der BundeSrath an die definitive Gestaltung deS Zolltarifentwurfs geht. Wenn eS übrigens zutreffen sollte, waS in Centrumskreifen verlautet, daß nämlich die Cent- rumSpartei im Reichstage im Allgemeinen für die vorgeschlagenen Erhöhungen der landwirthschaft- lichen Zölle einzutreten beabsichtige, so stünde bet der ausschlaggebenden Stellung dieser Partei eine verhältnißmäßig glatte parlamentarische Erledig ung der Zolltarifvorlage zu erwarten. Die Stichwahl im Reichstagswahlkreise Duis burg-Mülheim hat den Sieg des national liberalen Kandidaten vr. Beumer ergeben, der selbe wurde mit 33,534 Stimmen zum Abgeord neten an Stelle de» bisherigen Abgeordneten, deS jetzigen preußischen Handel-Ministers Möller, ge wählt; auf den Centrumskandidaten Rintelen fielen 27,728 Stimmen, während nicht weniger al» 1905 Stimmen ungiltig waren. Die National liberalen haben also das ihnen schon seit Jahren vom Centrum scharf bestrittene ReichStagSmandat für diesen bedeutenden rheinischen Wahlkreis wiederum behauptet. Die deutschen Kolonialbesitzungen haben eine abermalige, freilich nur unbedeutende Erweiterung erfahren. Der kaiserliche Bezirk»- Hauptmann aus der Karolineninsrl Aap, von Senfft zu Pilsach, hat am 12. April die geo graphisch mit zu den Westkarolinen gehörigen kleinen Eilande Tobi und Helenriff im Auftrage der Reichsregierung für da» deutsche Reich in Besitz genommen. Die russisch« Politik scheint ihre Aufmerksamkeit jetzt auch wieder mehr den Dingen auf der Valkauhalbinsel zuwenden zu wollen. Nach dem erst kürzlich der Großfürst Alexander Michajlowitsch von Rußland die bekannten Besuche auf bulgarischem und rumänischem Boden und dann in Konstantinopel abgrstattet hatte, sind nunmehr Besuche eine» russischen Geschwader» in der bulgarischen Hafenstadt Varna und in der rumänischen Hafenstadt Constanza angekündigt worden. In erstgenannte» Hasen sollte da» signalisirte Geschwader, unter dem Befehl de» Vizeadmiral» Hildebrand stehend, sogar schon am 4 August eintrrffen. Die bulgarischrn Minister Karawelow, Saratow und Paprikow wollten dasselbe empfangen. König Alexander von Serbien ist pom Sultan zum Besuche nach Konstantinopel eingeladen worden. Im englischen Unterhaus« kam am Freitag das südafrikanische Thema abermals zur Sprache. Der Solonialminister Chamberlain prie» die Schaffung von Flüchtlingslagern in Südafrika für die Buren al» einen überaus humanen Akt der englischen Regierung und erklärte dann, der Burenkrieg sei jetzt in eine Periode der Räuberet und deS BerbrecherthumS eingetrrten. Natürlich wollte Mr. Chamberlain hiermit die Buren de» Raubes und der Plünderung beschuldigen, al» ob nicht die Engländer den Burenkrieg fast von allem Anfang an unter allen möglichen Ausschreitungen und Brutalitäten geführt hätten! Im Uebrigen gab der Minister eine für England sehr günstig klingende Schilderung der Kriegslage in Süd afrika, angeblich nehmen die Streitkräfte der Buren um durchschnittlich 2000 Mann monatlich ab, so daß die englische Regierung hofft, im September eine beträchtliche Anzahl ihrer in Südafrika befindlichen Truppen zurückberufen zu können. Dann betonte er, die Zeit der mißver standenen Milde Englands in Südafrika sei vorüber, die den Buren gebotenen günstigen FtiedenSbedingungen seien zurückgegangen. Zum Schluffe machte Chamberlain dem Burenführer Kruitzinger in der Kapkolonie den Borwurf un- civilisirter Kriegführung, und drohte den Buren mit Repressalien. — Man sieht, der jetzige eng lische Kolonialminister bleibt im Heucheln und i« verdrehen der Thatsachen ein unerreichter Meister! UrbrtgenS polemistrte der Liberale Grey im weiteren Verlaufe der Südafrikadebatte gegen den Ton der Rede Chamberlains, erklärte sich aber gegen die Forderung der Buren, ihre Unabhängig keit gewahrt zu sehen; er schloß mit der Auf forderung, den südafrikanischen Krieg mit aller Kraft fortzusetzen. Der irische Nationalist Red mond wandte sich gegen Grey wie gegen Chamber lain und drückte die Hoffnung aus, daß der Widerstand der Buren erstarken werde. Im Hinterlande von Aden erstürmten englische Truppen ein vom arabischen Scheck Makbul errichtetes und mit Hilfe türkischer Truppen vertheidigteS Fort. Auf beiden Seiten gab eS Verluste. Ob der seltsame Vorfall weitere Folgen haben wird, daß muß sich nun bald zeigen. Die Kompromißverhandlungen zwischen dem Ring der amerikanischen Stahlindustrtel- lrn und ihren streikenden Arbeitern sind definitiv gescheitert. In Venezuela und Columbien sind abermals revolutionäre Wirren im Gange, doch laufen die Berichte hierüber noch ziemlich kraus durch einander. Da der Präsident Castro von Venezuela, trotzdem er selber die Insurrektion im Lande hat, die Aufständischen im benachbarten Columbien zu unterstützen scheint, so ist ein kriegerischer Zusammenstoß zwischen beiden Staaten nicht ausgeschlossen. Der Kaiser hat die Theilnahme an den Festlichkeiten in Emden, Cuxhaven, Hamburg und Wilhelmshaven wegen der schlechten Nach richten aus FriedrichShof abgesagt. Er hat den Kronprinzen mit seiner Vertretung beim Empfang des SeneralfeldmarschallS Grafen Waldersee beauf tragt und davon dem Senat mit nachstehendem Telegramm au» Bergen Kenntniß gegeben: „Die von dem Krankenlager meiner geliebten Frau Mutter eingelaufenen Nachrichten haben mich ver anlaßt, meinen in Aussicht genommenen Besuch in Hamburg aufzugeben. Ich habe meinen Sohn, den Kronprinzen, mit meiner Vertretung beauftragt. Wenn ich auch der schmerzlichen, allerseits ver standenen SohneSpflicht nachkomme, so will ich doch nicht unterlassen, dem Senate und der Stadt Hamburg für die Bereitwilligkeit, mit der unsere« heimkehrenden Feldmarschall, dem Grafen Waldersee, ein großartiger Empfang bereitet «erd« soll, «eia« -Kl» Der sächsisch- «rzützler. Wette». LGGt Der Ausstand der Stahlarbeiter in Nordamerika. Nach wochenlanger Dauer ist der große Streik der amerikanischen Stahlarbeiter in da» Stadium von Kompromißverhandlungen zwischen den Arbeiter führern und den Leitern de» Ringe» der vereinigt« Stahlindustrirllen, an der« Spitze bekanntlich Tierre Morgan, der „Stahlkönig- von PittSburg, steht, eingetreten. Einstweilen lauten die Meldungen über den muthmaßlichen AuSgang dieser Verhand lungen noch einigermaßen widersprechend, denn während aus der einen Seite versichert wird, e» sei «in Kompromiß, welche» dem Streck ein Ende machen werde, bereits so gut wie perfekt, be hauptet man aus der ander« Seite, daß ein Theil der streikenden Stahlarbeiter Ütit den ihnen unterbreiteten Vorschlägen de» StahlringrS unzu frieden und deshalb entschlossen sei, den AuSstand fortzusetz«. Die nächsten Tagt werden wohl schon zeigen, welche von beiden Versionen die richtigere war; im Allgemeinen läßt sich die Situation dahin charakteristren, daß zwischen Mr. Morgan persönlich und Schaffer, dem eigentlichen Vertrauensmann der streikenden Arbeiter und Vorsitzenden der Gesammtvereinigung derselben, gewisse Abmachungen getroffen worden sind, daß sich aber rin Theil der Streikende» noch sträubt, denselben zuzustimm«. Wa» nun die Ursache diese» Streikes, der zur Zeit gegen 70,000 Mann umfassen mag — von etwa 300,000 tu der amerikanischen Stahlfabrikation beschäftigten Arbeitern überhaupt — anbelangt, so handelt e» sich hierbei keineswegs um Feststellung von Löhnen und Arbeitszeiten, welche Fragen doch sonst immer bei Arbeiterstreiks ihre Rolle spielen. Vielmehr bildet das Charakteristische in der gegen wärtigen Bewegung unter den amerikanischen Stahlarbeitern der Versuch, dem gewaltigen Stahl ring Morgan'» eine Bereinigung sämmtlicher Stahl- und Eisenarbetter Nordamerika» entgegenzustellen und durch diese einheitlich zu organistrenden Arbeitermassen der Wucht de» UnteraehmerverbandeS ein kräftige» Paroli zu biegen. Die streikenden Stahlarbeiter verfolgen demnach durch ihren AuS stand ganz ungrscheut den Zweck, auch ihrerseits Macht und Einfluß in den Stahlwerken zu er ringen und durch Niederlegung der Arbe t die Fabrikherren geradezu zu zwing«, die Organ sation der Arbeiter al» eine» zweiten Machtfaktors neben dem Ringe der Industriellen selbst anzuer- kennen. Als Mr. Morgan Anfang» des gegen wärtigen Jahres den wohl alle größeren Stahl werke der Union umfassenden Ring mit einem Kapital von 1100 Million« Dollar» behufs Monopolistrung der gesammten Stahl- und Eisen erzeugung Nordamerikas ins Leben rief, da dachte er schwerlich daran, daß dieser großkapitalistischen Bereinigung ernsthafte Gegnerschaft feiten» der eigenen Arbeiterschaft erwachsen könnte. Und das war ein schwerer Fehler in der Berechnung des sonst so scharfsinnig« und weitblickend« „Stahl- königS", der die eigenen Arbeiter so in Händen zu haben glaubte, daß er vermeinte, sich ihret wegen nicht in dem Plane geniren zu dürfen, durch den Stahlring einen ungeheuren groß- cäpitalistischen WirthschaftSbetrieb zu schaffen, der schier auf Niemand und nichts mehr Rücksicht zu nehmen brauchte. In diesen egoistischen Calcül haben nun die Stahlarbeiter mit ihrem AuSstand einstweilen ein Loch gemacht, durch welchen Streik die von einem Willen geleitete Arbeiterorganisation gegen das capitalistische Monopol auSgespielt wird, und bereits derart hat der Verband der Stahl industriellen das Gewichtige dieses Streikes empfun den, daß sie sich eben veranlaßt sahen, in Compro- mißverhandlung« mit den Führern der streikenden Arbeiter einzutret«. Letztere haben es demnach schon erreicht, daß sie von den Unternehmern als eine gleichwerthige Macht betrachtet werden müssen, mit welcher eine Verständigung zu erstreben fei. DaS Wahrschein lichere ist denn auch, daß eine solche noch erreicht werden wird, da doch Morgan und seine Mit herrscher im Stahlringe sonst zu riskiren hätten, daß der Streik ihrer Arbeiter sich möglicherweise in einen allgemein« verwandeln könnte, und dann wäre der Stahlring mit seinen Prätenstonea auf den Sand gesetzt. Jedenfalls kommen die Herren vom Stahlring kaum mehr um die Nothwendigkeit herum, die Organisation ihrer eigenen Arbeiter al» einen zu beachtenden Machtfactor anzuerkennen, eine Lrction, welche der rücksichtslosen Bereinigung der Stahlindustrirllen Nordamerika» durchaus nicht» schaden kann.