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Elbe-Festung erbeben machte, andererseits ober auch die ganze europLische Diplomatie aufschreckte. KönigSgrätz wurde der Wendepunkt zu der nach maligen deutschen Einigung. Der 3. Juli des Jahres 1866 steht mit gewaltig sprechenden Lettern in der beschichte eingetragen. Wir haben uns inzwischen weit entfernt von dem Tage von KönigSgrätz, dessen Eindrücke denen, die die da malige Zeit mit durchlebten, immerhin in Erinner ung geblieben sind. Man spricht unter der jetzigen Generation wenig mehr von 1866, und doch wurden damals Wunden geschlagen, welche da und dort heute noch bluten und noch nicht ganz ver harscht find. Auf den böhmischen Schlachtfeldern wurden bis zur Schlacht von KönigSgrätz 13 Gefechte geliefert, welche mehr oder wenig blutig waren; denn bis KönigSgrätz verlor Oesterreich allein an Tobten und verwundeten 30,000 Mann, während in der Schlacht bei KönigSgrätz 24,500 Mann tobte und verwundete Oesterreich« und Sachsen das Schlachtfeld bedeckten. Die in der Umgebung von KönigSgrätz aufgestellten 269 Denk- mälrr reden eine ernste, tiefergreisende Sprache. Schweiz. Zürich, 2. Juli. Die AuSständischen auf der italienischen Seite des Simplontunnels lehnten die Aufforderung der Unternehmer, die Arbeit wieder aufzunehmen, ab und antworteten mit einem Aus ¬ einandersetzungen zwischen Carltstea und Republi kanern» nur mit Mühe konnte ein« gegenseitige Prügelei der Herren verhindert werden. England. Im Lager der englischen Liberale« kommt es möglicherweise zu einer .reinlichen Scheidung-. Für den v. Juli ist eine große liberale Parteiversammlung angesagt, in welcher die in dieser Partei namentlich durch den Buren krieg hervorgrrufenen tiefgehenden Meinungs verschiedenheiten zum AuStrag gebracht werden sollen. Im Unterhause fand am Mittwoch «ne größere Flottendebatte statt, in welcher man sich regierungsseitig bemühte, die im Parla mente wie im Lande aufgrtauchten Befürchtungen wegen der Unzulänglichkeit der englischen Flotte, besonders im Mittelmeer, zu zerstreuen. Vom Burenkrieg. Brüssel, 3. Juli. Botha erklärte in einem Brief an Krüger, daß die Sache der Bureu äußerst günstig stehe; besonders in der Kapkolonie waren die Erfolge bedeutend. Die Engländer wären schon längst vernichtet, wenn die Buren nicht gezwungen wären, mit Rücksicht auf die Verproviantierung die Gefangenen immer wieder freizulassen. rufe der Genossen, der zum AuSharren anspornt. Die Aufregung nimmt zu, doch sorgen starke Militärpatrouillen für Aufrechterhaltung der Ord nung; jede Ansammlung ist strengstens verboten. Frankreich. Der französischen Regierung werden bei der Durchführung deS jetzt in Kraft getretenen neuen BereinSgesetzeS kaum besondere Schwierigkeiten seitens des CleruS und der Congregationen er wachsen. Der Batican ist offenbar nicht gesonnen, irgendwelche Propaganda in Frankreich gegen daS BereinSgesetz zu unterstützen; z. B. hat der Papst allen bisher nicht genehmigten französischen Congregationen befohlen die behördliche Ge nehmigung nachzusuchen, entsprechend dem neuen BereinSgesetz. — In Paris fanden am Mittwoch mehrfache Zusammenstöße zwischen der Polizei und Arbeitern, welche politische Versammlungen abhirlten, statt, eS heißt, daß hierbei zahlreiche Personen verletzt worden seien. — Dem Parlament ging ein .Gelbbuch" über die chinesischen Angelegenheiten zu. — Der Senat genehmigte am Mittwoch u. A. die Nachtragsforderungen von 80 Millionen Franks für die ostasiatische Expe dition debattelos. Paris, 4. Juli. Die Blätter heben mit großer Befriedigung die Leistungen d«S Untersee- booteS .Gustave Cö:ö" hervor, daS in 24 Stunden ungesehen die Fahrt von Toulon nach Ajaccio unternahm, gegen da» Admiralsschiff einen Torpedo schleuderte und allen Verfolgungen sich entziehen konnte. Italien. Rom, 4. Juli. Der König und die Königin von Italien treffen am 4. Oktober, über Berlin reisend, in Petersburg ein zum Besuch des Czaren- paareS, welche« diese Visite im Winter in Rom zu erwidern gedenkt. Türkei. Die bekannte Attentatsfurcht de» Sultans scheint mitunter doch nicht ganz un begründet zu sein. Eine Meldung auS Konstanti nopel besagt, daß der kürzlich im Alldiz - PalaiS neben dem Schlafgemach des Sultan» auSge- brochene Brand einen Anschlag auf den Herrscher bedeutet habe. Eine Sklavin habe gestanden, sie sei bestochen, ein große» Feuer anzulegen. Nun werden wohl in Stambul die beliebten Massen verhaftungen wieder loSgehen! Belgien. Die belgische Sozialdemokratie kokettirt bedenklich mit dem Gedanken einer sozialen Revolution. Der in Brüssel domi- zilirende Generaltath der belgischen Arbeiterpartei droht in einem Manifest an das belgische Volk mit einer revolutionären Erhebung der Arbeiter, fall« die Regierung nicht bald da» allgemeine und gleiche Wahlrecht zugestrhen werde. Spanien. Die spanische Regierung hat in ihren Finanznöthen den Plan gefaßt, die nicht der Ab stempelung unterliegende vierprozentige äußere Staatsschuld Spanien» in eine vierprozrntige innere Staatsschuld umzuwandeln. In der Mitt» wochSsttzung der spanischen Deputirtrnkammer wurde di« Regierung wegen ihrer kühlen Haltung gegenüber der kirchlichen Jubeljahrfeier voa Silvela, dem Führer der konservativen Opposition, scharf angegriffen. Ferner kam e» zn heftigen AuS- DeS Kriege« herzlich überdrüssig soll — so wird auf Grund eine» Privatbriefes einer dem englischen Hofe und den leitenden Regie rungskreisen sehr nahestehenden Persönlichkeit be richtet — König Eduard sein. In dem Briefe heißt eS: König Eduard ist über die Stimmung de» übrigen Europa nur zu gut unterrichtet, um im Interesse seine» Lande» und seine» Volke» nicht den Krieg beendet sehen zu wünschen, der den gänzlichen Niedergang de» eng lischen Ansehen» vorzubereiten droht. Der alten Königin konnte man leicht die zahlreichen an sie gerichteten Briefe von Privaten, aber auch von hochgestellten Personen aller Nationen, die bei ihr persÄilich anklopfen wollten, verheimlichen. Seit dem Regierungsantritt König Eduard» jedoch ge langen solche Briefe — e» gehen deren fast täg lich mehrere ein — in die Hand de» Adressaten, nachdem einige Persönlichkeiten, die mit dem ver heimlichen der früheren Briefe in Verbindung standen, sehr plötzlich in Ungnade gefallen sind. König Eduard persönlich sieht da« dem Ansehen und der Weiterentwicklung seine» Lande» drohende Unheil und der Gegensatz, in den ihn diese» sein persönliches Gefühl und Empfindung zu seinen Ministern bringt, verschärft sich von Tag zu Tag. Ja «an geht sogar noch weiter und behauptet, daß da» Ende de» Kriege» nahe ist, aber noch näher al» diese» ist — — da» Ende der ministeriellen Laufbahn einiger Minister. In Parlamentskreisen fällt r» aus, daß Chamberlain seit einiger Zeit selbst seinen Freunden und Mit arbeitern am verfall Englands (!) gegenüber eia gedrückte« Wesen zur Schau trägt und sich sehr lakonischer, oft sogar verletzender Antworten be fleißigt; böse Zungen behaupten, daß «ne» seiner Güter im Norden — welche» er bisher selten be wohnte, weil e» so entlegen — mit jener Sorg falt in den Stand der Bewohnbarkeit gebracht wird, die gewöhnlich beobachtet wird, wenn e» sich um einen dauernden Aufenthalt de» Besitzer» handelt. vom südafrikanischen Kriegsschauplätze gab e» in den letzten Tagen nichts wesentlich Neues zu verzeichnen. ES war wieder einmal nicht-! Der kühne Burenkommandant Fouchö, der in dir Ein- grborenen-Reservate im Osten der Kapkolonie rin- gefallen war, befindet sich angeblich auf dem Rückzug. .Englische Truppen verfolgen ihn, da er aber verhältnißmäßig offene» Land vor sich hat, ist seine Gefangennahme nicht wahrscheinlich", so gesteht betrübt eine Depesche au» Kapstadt ein, nachdem erst am 2. Juli gemeldet worden war, daß FouchS unbedingt .einen der drei Wege ein schlagen müsse, die von den Engländern besetzt gehalten werden." Im englischen Löhnungsdepartement herrscht nach einer Kapstädter Meldung der .Daily Mail" die größte Unordnung. Die Truppen sollen theilweise seit Monaten ohne Sold sein. Ein edle» Paar. Au» Capstadt wird ge meldet, daß Cecil Rhode» in Begleitung de» Busch räuber« Jamesoa nach England abgrreist sei. Beiden scheint der afrikanisch« Boden unter den Füßen zu heiß zu werden. Loudon, 3. Juli. Der Kriegsminister hat Befehl gegeben, bi« Reserveschwadroa der König», dragoner und da» 2. Lanzenreitrrregimeut nach Südafrika etnzuschiffän. Sämmtltche Reservist«, " 78 »er süchfifche G»Ml«. Gelle 1. L»«u Wahlkampf zwischen den konkurrtrenden Parteien entwickeln wird. Zu registriren ist die Ernennung de» bisherige» Direktor» im RelchSamte de» Innern, Woedtke, zum Präsidenten der neuerrichtrten Reichsaufsicht für da» PrivatversicherungSwesen. Fortgesetzt Auf- sehen erregt die Angelegenheit de» Gumbiner- Militärprozesfe», dir» besonder» durch die eigenthümliche Haltung de» einen .Gericht-Herrn" Generalleutnant v. Alten. Soeben hat derselbe wiederum eine sehr bedenkliche Maßnahme er- griffen, er hat den beiden bisherigen Bertheidigern der in erster Instanz freigesprochrnen aber trotzdem in Hast befindlichen, angeklagten Unteroffiziere Marten und Hickel die Bertheidigung in der Be rufungsinstanz entzogen. Diese Stellungnahme de» Generalleutnant» v. Alten al» .Gerichtsherr" erscheint in einem immer eigenthümlicheren Lichte. Frankfurt a. M., 3. Juli. Auch die Main- Neckar-Bahn hat beschlossen, die 45tägige Giltig keit für Rückfahrkarten vom 4. Juli ab einzu führen. Stuttgart, 3. Juli. Der .StaatSanzriger für Württemberg" erfährt: Die württrmbrrgische Eisenbahnverwaltung beantwortete zustimmend die an sie ergangenen Anfragen der preußischen Eisrnbahndirektionen wegen Ausdehnung der Gültig keitsdauer der Rückfahrkarten in den betreffenden BerkehrSgebietrn auf 45 Tage. Schwerin, 3. Juli. Die mecklenburgische General-Eisenbahndirektion zeigt an, daß die ge wöhnlichen Rückfahrkarten nach den Stationen der preußischen StaatSbahn, der oldenburgischen Staatsbahn, der Lübeck-Büchener und der Eutin- Lübecker Eisenbahn fortan eine 45tägige Giltig keit haben. Schwerin i. Mecklenburg, 4. Juli. Die Generaldirektion der grobherzoglichen Eisenbahn zeigt an, daß vom 5. Juli ab auch innerhalb de» mecklenburgischen Lokalverkehrs die gewöhnlichen Rückfahrkarten eine 45tägige Giltigkeit erlangen. Ludwigshafen, 4. Juli. Mit dem 4. Juli ist auf den Pfälzischen Bahnen die 45tägige Giltigkeitsdauer der Rückfahrkarten im Lokal-, Wechsel-, Verband»« und Durchgang-Personen- verkehr eingrführt worden. Kassel, 4. Juli. Die Verhandlungen zwischen den Vertretern der Leipziger Baak und der Treber- trocknungS-Gesellschaft sind feiten» der ersteren ab gebrochen. Der Konkurs der TrebrrtrocknungS- Gesellschaft wird hier al» wahrscheinlich angesehen. Kassel, 4. Juli. Der Konkurs über da« Vermögen der Aktien-Gesellschaft für Treber- trocknung ist soeben eröffnet worden. Zum Kon kursverwalter wurde Justizrath Frie» ernannt. Generaldirektor Schmidt wird vermißt. Der Vor sitzende deS AufsichtSrathe« Hermann Sumpf wurde verhaftet. Direktor Bollmann ist auS der Direktion auSgeschieden. Wie die .Voss. Ztg." erfährt, ist gegen Auf- sichtSrath und Direktion der Kasseler Treber- trocknungSgesellschaft eine Denunziation bei der Staatsanwaltschaft eingereicht worden, welche den Nachweis von schweren Unrichtigkeiten in der Buchführung zu erbringen versucht. Der Vor sitzende des AufsichtSrathe» der TrebrrtrocknungS- gesellschast, Sumpf, ist verhaftet worden. Oesterreich. Dux, 1. Juli. Heute Nacht wurden viele deutsche Flaggen, welche au« Anlaß des BundeS- festeS der Deutschböhmen auSgehängt waren, von Czechen heruntergerissen und verbrannt. Ein der Thal mitverdächtiger Czeche wurde verhaftet. Unter den Deutschen herrscht große Empörung. DaS in Prag abgehaltene Sokolfest hat zu einer Doppelverbrüderung geführt, der Czechen einerseits mit den Vertretern der übrigen slavischen Nationen, besonder» der Russen, anderseits mit den französischen Gästen. In ollen Tonarten ist die czechisch-französische Allianz gepriesen und ge feiert worden, und wie die Herreise der Abordnung de« Pariser GemeinderatheS nach Prag einem Triumphzuge durch Böhmen glich, so war die» auch auf der Rückreise der Fall. Ebenso haben sich Czechen und Russen gegenseitig tüchtig ange himmelt. Der russische General Ritich, welcher beim Prager Sokolfest mit anwesend war und große Reden auf den czechisch - russischen Freund- schastSbund hielt, hat noch nach seinem Wieder eintreffen in Rußland eine AbschirdSkundgebung an die geliebten Czechen losgelassen, hierin be- theuernd, dieselben würden in Rußland alle» finden, wa» sie suchten. Einstweilen werden aber diese gesammten BrrbrüderungSbäume wohl nicht in den Himmel wachsen! Am 3. Juli waren 35 Jahre verflossen, feit der Donner der Geschütze voa KönigSgrätz die Erde in meilenwriter Entfernung um die alte