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" 77 Die Stellung der Landwirthschaft zu der bevorstehenden Neugestaltung des deutschen Zolltarifs. Es wird ja leider eine sehr schwierige, ja eine unerfüllbare Forderung bleiben, die Stellung der verschiedenen ErwerbSzwrig« bezüglich der Zoll« fragen Halbweg« einheitlich in einigen Haupt punkten zu gestalten, aber in dieser schlimmen Lage ist «S gut, daß die einzelnen wichtigen Er- werbSzweige, wie Landwirthschaft, Industrie und Handel wenigsten- klipp und klar angeben, wie sie sich zu dem neu zu gestaltenden Zolltarif Kellen, damit, wenn der verschiedenartige Standpunkt klar gelegt ist, die Regierung oder eine RrichStagSmehr« hrit durch einen Segenvorschlag die Gegensätze einigermaßen zu beschwichtigen und ein Kompromiß durchzusetzen im Stande ist. Deshalb halten wir eS werthvoll, daß die deutsche Landwirthschaft in ihrer angesehensten Organisation, dem deutschen LandwirthschaftSrath, nochmals zur Frage der Zölle Stellung genommen hat. Der ständige Ausschuß des deutschen LandwirthschaftSratheS, der unter dem Borsitze de« Grasen Schwerin- Löwitz letzte Woche in Nürnberg tagte, hat über die Neugestaltung des Zolltarifs folgende Er klärung beschlossen. Nach bisher unwidersprochen . gebliebenen Zeitungsmeldungen sollen auf der kürzlich in Berlin abgehaltenen Zollkonferenz die Vertreter deutscher StaatSregierungen — entgegen früher abgegebenen Erklärungen — zu dem Ent wurf de« ZolltarifgesetzeS eine Stellung einge nommen haben, durch welche die gesammte deutsche Landwirthschaft sich in ihren LebenSinteressen aus'S Schwerste bedroht fühlt. Dieser Vorgang, sowie die Thatsache, daß der in der vorjährigen Thron rede angrkündigte Zolltarif wider Erwarten dem BundeSrath bisher nicht vorgelegt worden ist, haben die größte Beunruhigung in allen land- wirthschaftlichen Kreisen hervorgerufen. Der in Nürnberg tagende Ausschuß des deutschen Land« wirthschaftSrathS sieht sich hierdurch veranlaßt, noch, mal» mit aller Entschiedenheit Folgendes zu erklären: Um die schwere Krisis, in welcher die deutsche Landwirthschaft sich befindet, zu überwinden, ist ein wesentlich verstärkter Zollschutz für fämmtliche Zweige der landwirthfchastlichen, insbesondere der Getreide- und Biehproduktion unumgänglich noth- wendig. — Für die Getreideproduktion ist ange sichts des fortdauernd tiefen Preisstandes, auf welchen selbst die großen Schädigungen der Winter- und Sommer-Saaten in diesem Jahre ohne Einfluß geblieben sind, eine Erhöhung der Zölle über die Sätze des jetzigen Generaltarifs hinan« unbedingt erforderlich. Die Vertreter der Landwirthschaft haben wiederholt ihre Bereitwillig keit bekundet, für den Abschluß neuer Handelsver träge einzutreten. Bei der vorerwähnten Sachlage aber können dieselben hierzu doch die Hand nur unter der Voraussetzung bieten, daß durch Auf stellung eines Doppeltarif« oder durch Annahme fester Minimalsätze für die wichtigsten Erzeugnisse der landwirthfchastlichen Produktion, unter welche bei dem Abschlüsse von Handelsverträgen nicht heruntergegangen werden darf, der Landwirthschaft rin ausreichender Zollschutz dauernd gewährleistet wird. — Wir wollen wünschen, daß diese be rechtigten Wünsche und Vorstellung der Vertreter der Landwirthschaft bei den Entscheidungen über die künftige deutsche Zollpolitik gebührende Berück sichtigung finden werden. Deutsches Re ich. Dresden, 2. Juli. Ihre Majestäten der König und die Königin haben heute Vormittag S Uhr 21 Mia. die Rückreise von Sibyllenort angrtreten und werden unter Benutzung eines SonderzugeS ab Görlitz 4 Uhr 4 Min. in Nieder sedlitz eiatreffen. Bon da werden sich Ihre König!. Majestäten nach dem Königl. Sommerhoflagrr Pillnitz begeben. Frau Gräfin Fünfkirchen wird al» Gast der allerhöchsten Herrschaften mit in Pillnitz eintreffen. Se. Majestät der König hat dem Fabrik besitzer Hermann Hoffmann in Neugersdorf da» Ritterkreuz 1. Klasse vom AlbrrchtSorden ver liehen. Mit Genehmigung Sr. Majestät des König» ist der erste juristische Rath bei der Abtheilung der Kreishauptmannschaft Dresden für Ablösungen und GemeinhritStheilungen RegierungSrath vr. Riethammer al» Hilfsarbeiter in da» Ministerium de» Innern versetzt worden. Dresden, 1. Juli. Se. Majestät der König haben den Bezirksschulinspektor für Leipzig I Schulrath vr. pk. Gustav Emil Kühn zum Ge heimen Schulrath i« Ministerium de» Kultus und Mer sächsisch« Gebähter Gewr G öffentlichen Unterricht» Sllergnädigst zu ernennen geruht. Dresden, 30. Juni. Mit Allerhöchster «e- nehmigung ist dem zeitherigen BezirkSschulinspektor in Zittau, Schulrath Professor vr. tkool. ot. xdil. Müller, das Amt de» BezirkSschulinspektor» kür die Stadt Leipzig und dem zeitherigen BezirkS- fchulinspektor in Grimma, Schulrath vr. pdll. HannS, da« Amt de» BezirkSschulinspektor» in der AmtShauptmannschast Zittau übertragen worden. Se. Excellenz der Herr Staatsminister von Metzsch hat eine mehrwöchige UrlaubSreiseangetreten. 2. Bischofswerda. (Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet.) „Ein Ruf ist verklungen durch Berg und durch Thal, heraus ihr deutschen Jungen zum grünen Waffensaal-, so heißt der erste Ber» eine» alt bekannten Turnerliede». Treffender konnten wohl die Worte nicht paffen, al» am vergangenen Sonntag von den Sauen der nördlichen Oberlausitz und des Meißner Hoch lande« die erste Bergturnfahrt nach dem Butter berge unternommen wurde. Dem Rufe, der zum Frühjahr erschollen, konnte am Sonntag bei günstigster Witterung Folge geleistet werden. ES hatten sich auch gegen 1000 Turner, die in fünf Gruppen den Berg bestiegen, eingefunden. Nach dem man eine Kampfrichtersitzung unter freiem Himmel abgehalten, traten nach kurzer Paus« 160 Turner zu den Freiübungen, geleitet vom Gau- turnwart Misselwitz-Bautzen, an. Zuvor begrüßte Gauvertreter Reißmann die Turner. Nach den Freiübungen traten 73 Wettturner zum Dreikampf im Steinstoß, Weitsprung und Hochsprung an, woraus nach kurzer Pause das Ringen folgte. Die Leitung de« WettturnenS und Ringen» lag in den Händen des stellv. Gauturnwart» Fischer- BischosSwerda. Daß sich zu diesem Wettturnen und Ringen wackere Kämpen gestellt hatten, be wiesen dir guten Leistungen, denn 35 Turner er reichten über 20 Punkte, dieselben gingen al» Sieger hervor. Wir verweisen betreff» der Namen der Sieger auf die letzte Nummer (76) diese» Blattes. 23 Turnern konnten bi» zu 15 Punkten herab Belobigungen ertheilt werden. Der Preis- vertheilung wohnte Herr Bürgermeister vr. Lange nebst Gemahlin bei und hielt derselbe eine be geistert aufgenommene Ansprache an die Turner, die mit einem dreifachen Gut Heil! auf die deutsche Turnerschaft schloß. Da die Belobigungen wegen der Kürze der Zeit nicht herauSgezogen werden konnten, sollen die Namen im „Turner au» Sachsen- bekannt gegeben werden, wir sind jedoch heute schon in der Lage, dieselben zu veröffent lichen. Belobigungen wurden an nachstehende Turner mit folgender Punktzahl ertheilt: Hof mann, Joh., Sebnitz 19'/^, Hoppe, Wilh., Bischofs werda 19^/z, Kommol, Kamenz 19Berthold, Max, Oberneukirch 19V«. Leinung, H., Sebnitz 19V., Scharnack, E-, Goldbach 18V,. Zöll, Bruno, Bischofswerda 18*/,, Schar, Gustav, WehrSdorf 18, Oehlig, Martin, Neustadt 18, Hämisch, Oskar, Seidau 18, Weiße, Rudolf, Schwepnitz 17'/i, Bogel, Rudolf, Schwepnitz 17 V., Simmchen, Felix, Brettnig 17 V., Grützner, Herm., Ottendorf 17 V«, Butter, Hans, Schwepnitz 17, Bartsch, Wilhelm, Schmölln 16'/i, Hänsel, Arthur, Pulsnitz (Tb.) 16'/i, Peschke, Gustav, Sebnitz 16*/,. Prescher, Ohorn 16V„ Schuster, Schwepnitz 16, Nobel, Aug., Bischofswerda 16, Burkhard, H., Bischofswerda 16, Frenzel, Rob., Brettnig 15. Im Urbrigen ist in beiden Gauen gleichmäßig geturnt worden. Der 2. nördl. O.-G. hatte 21 Sieger und 7 Belobig ungen, der 4. M. H.-S. hatte 14 Sieger und 16 Belobigungen. Nach der Preisvertheilung begab man sich im Zuge nach Bischofswerda, daselbst fand Schlußkneipe im SchützenhauS statt, welche Herr Bürgermeister vr. Lange prästdirte. Ver schiedene Ansprachen beiderseitiger Gauturnraths- Mitglieder und anderer Festthrilnehmer, sowie kräftige Turnerlieder und Konzert von der hiesigen Stadtkapelle würzten diese Schlußkneipe. Auch hatte unser Kreisvertreter Bier und KreiSturnwart Frohberg, Dresden, sowie Gauturnwart Bauriegel- Stolpen und Vorturner PlaSnick, z. Z. in Naum burg a. Saale, Kartengrüße, sowie Telegramme gesendet. Ein dreifache» Gut Heil! wurde al» Tegengruß erwidert. Nachdem eine Hutsammlung zum Besten der Unterstützungskaffe, die 1464 Pf. ergab, veranstaltet und ein humoristische» Lied gesungen wurde, fand der Kommers seinen Abschluß und hatte somit da» schön gelungene Lutterberg-Turnfest sein Ende erreicht. Der Bischofswerdaer Turnverein hatte 10 Wettturner gestellt, wovon 5 Sieger io» Dretkampf (eia Sieger im Ringen), hervorgiagea, und 4 Belobig ungen erhielten, ein Beweis, daß unsere Turner noch wacker mit anderen Vereinen ««treten können. „Gut Heil!- LG« Bischofswerda. Zu der Meldung, daß auf den preußischen und hessisch« EisenbShuea die Gültigkeitsdauer sämmtlicher Rückfahrkarten auf 45 Tage erhöht worden ist, berichtet da» „DreSdn. Journal-: Nachdem di« Königl.Preußisch« Staat-- bahnverwaltung beschlossen hat, eia« allgemeine Verlängerung der Rückfahrkarten - Giltigkeitsdauer aus 45 Tage in« Leben treten zu lassen, hat da» Königl. Sächs. Finanzministerium die Einführung der gleichen Vergünstigung auch für da« Sächs. Staatsbahnnetz angeordnet. Gleichzeitig sind mit den Preußischen Eisenbahndirektoren telegraphische Verhandlungen wegen Uebertragung der ver längerten Geltungsdauer aus die Rückfahrkarten zwischen sächsischen und preußischen Stationen eingelritet worden. Die Neuerung wird im Jn- terÄe des Ferienverkehrs schon Donnerstag, am 4. Juli, in Kraft treten. — Militärische Ernte-Urlauber werden gewünschten Falle« auch die« Jahr zur Hilfe leistung an die Landwirthe abgegeben werden. E» ist angeordnrt worden, daß nach Maßgabe de» Dienstes tüchtige und wohlauSgebildele Leute ein« Ernte-Urlaub von 2—3 Wochen erhalten können. — Mit Beginn der Reisezeit sei in Erinnerung gebracht, daß die StaatSeisenbahnverwaltung den Bahnhofswirthen, soweit solche Speise und Getränke an den Zug bringen lasse», schon früher anempfohlen hat, an wärmeren Tagen neben den sonst ausgebotenen Getränken auch frische» Trink masset glasweise für höchsten« 5 Pfg. für das 0,4-Liter-GlaS an den Zügen bereit zu halten. Ebenso ist eS den Wirthea anheimgestellt worden, Mineralwasser glasweise zum Preise von 5 Pfg. ohne und von 10 Pfg. mit Frucht saft an den Zügen zu verabfolgen. Auf den großen Stationen befinden sich fast überall Trinkbrunnen. — Um die fortgesetzten Streitigkeiten zu be seitigen, die sich oft zwischen Reisenden entspinnen, läßt die StaatSeisenbahnverwaltung jetzt alle CoupeeS durch Schilder bezeichnen, in denen ge raucht werden darf. Die Schilder lauten im Wageninnern „Rauchen verboten- oder Mauchen erlaubt.- In den mit „Rauchen verboten- be zeichneten Wagenabtheilungen darf auch mit Zu stimmung der Mitreisenden nicht geraucht werd«. — Mit dem 1. Juli läßt die Sächsische StaatSeisenbahnverwaltung bei den Zügen mehrerer von Dresden abgehender Eisenbahnlinien da» Fahr- personal um einen Mann verringern. Auch soll von diesem Zeitpunkte ab im inneren Güter kontrolldienste durch Vereinfachung der Geschäfte eine größeren Anzahl Arbeitskräfte disponibel werden. — Bei der im Herbste bevorstehenden Land- tagSwohlen werden 16 konservative, 9 national liberale, 20 sozialdemokratische und ein fortschritt licher Kandidat um die Mandate kämvfen. Ein nationalliberaler und vier konservative Kandidaten stehen noch aus. Die Wahlmänner und die Abgeordneten-Wahlen dürsten sich etwa zu gleichem Zeitpunkte wie da» letzte Mal vollziehen, also im letzten Drittel des September und ersten Drittel des Oktober. — Mit dem 1. Juli ist nach dem königlich sächsischen Jagdgesetze die Jagd auf männliche» Edel- und Damwild, sowie Rehböcke und Wild- enten aufgegangen und dauert für die ersteren beiden Hochwildarten ohne Unterbrechung bi« zum 1. März, für die Rehböcke bis 1. Februar und für die Wildenten bis zum 15. März 1902. In Preußen beginnt mit dem 1. Juli die Abschußzeit für männliche» Roth- und Damwild, sowie für Wildenten, Trappen, wilde Schwäne und Schnepfen, während Rehböcke schon seit dem 1. Mai.abge- schoflen werden dürfen. Im benachbarten Oester reich dürfen von jetzt ab wilde Gänse und Enten erlegt werden, indeß das Edel- und Damwild dort noch bis 15. Juli Schonzeit hat. Au« diesem Grunde werden im Laufe der beiden nächst« Wochen vorzugsweise au» den erzgebirgischen Wäldern ziemlich ansehnliche Mengen von Hirsch wild nach den böhmischen Bädern und Sommer frischen versendet »»erden, «eil man dort vom 1. Mai bis 15. Juli nur über Rehwild versagen kann. In allen größeren GebirgSwäldern Deutsch land», in denen man da» Hochwild hegt und zur Winterszeit regelmäßig füttert, ist auch der Be stand an Hirschen recht gut. — Bei der großen Schwierigkeit, die der Transport lebender Fische, insbesondere der Forellen, auf den Eisenbahnen bereitet, sei in Erinnerung gebracht, daß alle Personenzüge hierzu freigegeben sind, nur empfiehlt e» sich au- gesicht» der oftmals nöthig verdead« Um- und Entladung und der hierzu knapp bemessenen Zeit, daß der Versender an die Um- bez. Eutladestatioum eine telegraphische Vormeldung gegen eine Gebühr von 23 Pf. erlasse, damit eisen bahnseitig Be dienungsmannschaft bet Ankunft de» Zuges bereit-