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Zweite Anlage zu Ar. 52 des sächsischen Lrzählers. Bischofswerda, den 4. Mai 1VV1. Die Zolltarif-Angelegenheit. Es darf nunmehr als entschieden betrachtet werden, daß der Reichstag erst in seiner nächsten Session zur Berathung des Entwurfs des künftigen Zolltarifs gelangen wird, einfach, weil derselbe nicht eher für die parlamentarische Behandlung fertiggestellt werden kann. Seit der Ankündigung dieser hochwichtigen gesetzgeberischen Materie in der Thronrede bei der Eröffnung der jetzigen Reichs- tagSsession am 14. November 1900 hat sich die Thatsache eben immer gewichtiger herausgestellt, daß die Revision des deutschen Zolltarifs eine überaus schwierige und zeitraubende Arbeit ist, die nur langsam vorwärts schreiten kann, soll mit ihr nicht ein Stück- und Flickwerk geliefert werden. Es kommt doch auch wahrlich nicht daraus an, daß der neue Zolltarif nun unter allen Umständen Hals über Kops spruchreif für den Reichstag, die letzte entscheidende Instanz, gemacht wird, als viel mehr darauf, daß seine Ausarbeitung so sorgfältig wie nur möglich geschieht, da ja hierbei die ver schiedenartigsten Interessen in Betracht zu ziehen und gegeneinander abzuwägen sind. Je gründlicher das geschieht, desto rascher und glatter wird dann im Allgemeinen wenigstens, die Erörterung der Zolltarisfrage durch den Reichstag sicherlich erfolgen, und es wäre darum nur aufrichtig zu wünschen, daß den in Betracht kommenden Factoren genügende Zeit und Ruhe für die Fertigstellung deS künftigen Zolltarifs i» den Vorstadien gelassen werde. Aber allerdings mühte es anderseits als höchst zweckdienlich bezeichnet werden, wenn im Reichs tage noch vor dessen vermuthlich gegen Pfingsten stattfindenden Schluß von competenter Seite, also am besten durch den Reichskanzler selbst, eine noch malige bestimmte Erklärung über den Stand der Frage derZolltärisrevision erfolgte. Es sind erst in letzter Zeit wiederum allerhand Gerüchte aufgetaucht, welche nur geeignet erscheinen, Verwirrung in der öffent lichen Meinung anzustiften und die ganze Sachlage in eine schiefe Beleuchtung zu rücken. Das gilt namentlich von den Zeitungsveröffentlichungen über die angeblich jetzt bestimmt gefaßten Sätze für die landwirthschastlichen Zölle im Entwürfe des neuen Zolltarifs und über die behauptete Erklärung der baierische» Regierung an den maßgebenden Berliner Stellen, sie müsse die künftige Zolltarifvorlage einer gründlichen Prüfung unterwerfen und vermöge ein endgiltiges Urtheil über jene schwerlich vor Ablauf des Jahres abzugeben. Alle diese Nach richten sind zwar schon osfiziüserseits als unbe gründet hingestellt worden, immerhin würde eS gewiß nichts schaden, wenn nun auch im Reichs tage regierungsseitig nochmals die Situation in der Zolltarisfrage klar beleuchtet würde, gerade mit in Hinblick auf den heranrückenden Schluß der Session, es verlautet denn auch, daß konser vative Abgeordnete der Regierung durch eine ent sprechende Interpellation Gelegenheit zu einer solchen Erklärung geben wollten. Schon im eigenen Interesse der Reichsregierung müßte ein derartiger Schritt liegen; wird doch hie und da in der Presse der agrarpolitischen Partei unverhohlen das Mißtrauen geäußert, als suche die Reichs regierung die Fertigstellung der Zolltarifvorlage au- tactischen oder sonstigen Erwägungen möglichst hinauszuzögrrn, welche Unterstellung sich die Regie rung eigentlich keinen Augenblick länger gefallen lassen dürfte, ein kräftiges Wörtlein deS Grafen Bülow oder des Grafen PosadowSky in der deutschen Volksvertretung wäre daher sehr an gebracht. Inwieweit nun eine etwaige parlamentarische Entscheidung in der preußischen Canalfrage in die Zolltarifangelegenhrit hineinspielen wird, das muß zwar noch dahingestellt bleiben, eS könnte sich aber unter Umständen doch ereignen, daß ein eventuelles erneutes Scheitern des MittrllandkanalprojrkteS auf das schwebende Problem der anderweitigen Festsetzung des neuen Zolltarifs einwirken würde und zwar in einem den Canalgegnern unerwünschten Sinne. Wohl ist nicht nur von den Berliner Offi ziösen, sondern auch von den kompetente« Regierung«. Vertretern selber im Reichstag« wie im preußischen Abgeordnetenhaus! wiederholt versichert worden, daß keinerlei Zusammenhang zwischen der Canal- und der Zolltarisfrage bestünde, aber diese Zusicherungen sind natürlich nicht als verbindlich zu betrachten; der Gang der Ereignisse könnte recht gut eine Wechselwirkung zwischen Canalvorlage und Zoll tarif zeitigen. Vorerst, aber sollte man in den Kreisen der Landwirthschaft etwas mehr Vertrauen gegenüber den vom Reichskanzler Grafen Bülow »i« auch von den leitenden Staatsmännern mehrerer Mittelstaaten gegebenen authentischen Zusicherungen erhöhter Zölle für die Agrarprodukte bekunden und erwägen, daß ein so bedeutsames weittragendes Werk, wie die Revision des Zolltarifs, sich nun einmal nicht überS Knie brechen läßt. Sachsen. Bischofswerda, 3. Mai 1901. — (Meißner Hochland-Turngau.) Am Sonntag, den 28. April, fand eine gemeinschaft liche Sitzung einiger GauturnrathSmitglieder deS nördlichen Oberlausitzer Gaue« und des Meißner Hochland-GaueS im Bahnhof zu ArnSdoif wegen des geplanten „Bergfestes nach dem Butterberg" beider Gaue statt. Es wird beschlossen, ein solches am 30. Juni abzuhalten und ist folgende Ordnung festgesetzt worden: Jeder Verein hat eine einstündige Wanderung zu Fuß nach dem Butter berg zurückzulegen, den Treffpunkt für die Vereine vor der Wanderung bestimmen die Gauturnwarte mit dem TurnauSschuß. Von r/z12—1 Uhr müssen alle Vereine den Butterberg erreicht haben. V22 Uhr Beginn der Freiübungen, welche in 2 Gruppen geturnt werden, jeder Gauturnwart hat eine solche von 4 Uebungen zu leiten. Unmittel bar an das FreiübungSturncn soll sich ein volks- thümliches Wettturnen anschließen, und zwar Hoch sprung, Minimum 1 Meter 10 Cent., 1,60 Meter — 10 Punkte, Weitsprung, Minimum 3,50 Meter, 5,50 Meter — 10 Punkte, Steinstoßen (15 Kilo), Minimum 3,40 Meter, 5,40 — 10 Punkte; wer 30—20 Punkte erreicht, wird als Sieger ernannt. Hierauf soll ein Wettringen folgen, Turnspiele werden den Schluß des Turnens bilden. Nach dem Turnen gemeinschaftlicher Einmarsch nach Bischofs werda, woselbst im Schützenhaussaale ein Fest kommers stattfinden soll. Jeder Theilnehmer hat 15 Pfg. als Beitrag zur Kostendeckung zu ent richten, wofür er ein Abzeichen als Quittung er hält. Bei ungünstiger Witterung soll das Turnen in der Bischofswerdaer Turnhalle, sowie im Schützenhaussaale abgehalten werden. Unsere Stadt wird demnach dieses Jahr wieder Gelegen heit haben, eine große Turnerschaar in ihren Mauern begrüßen zu können, ebenso wird sich ein großes turnerisches Treiben auf dem Butterberge entfalten. Näheres über das Fest wird später bekannt gegeben. (Ztg. f. d. M. H.) - Die Jagd auf Rehböcke beginnt mit dem 1. Mai nicht nur in Preußen, sondern auch in Oesterreich, während diese Wildsorte nach kgl. sächs. Jagdgesetz noch bis mit dem 30. Juni ge setzlichen Schutz genießt. Wenn auch diesmal die große Zahl von 150,000 Rehböcken, die laut statistischer Erhebungen auf dem sehr umfänglichen Jagdgebiete der genannten beiden großen Länder alljährlich im Durchschnitt zum Abschuß zu kommen pflegen, kaum erreicht werden dürfte, da während des verflossenen harten Nachwinters mit seinen riesigen Schneemassen viel Rehwild um gekommen ist, so werden sich die deutschen Wild- pretmärkte von jetzt ab doch aus'S Neue wieder beleben. Noch sei bemerkt, daß in Preußen vom 1. Mai ab die Trappen, Schnepfen und wilden Schwäne geschont werden müssen. In Sachsen dürfen Schnepfen, sowie Hähne von Auer-, Birk- und Haselwild nur noch bis zum 15. Mai erlegt werden und vom letztbezeichneten Tage ab bis zum 1. Juli stehen dann bei uns sämmtliche jagd baren Thiere, mit alleiniger Ausnahme des so- genannten Raubzeuges, in der Schonzeit. Radeberg, 30. April. Ein für unsere Stadtgemeinde wichtiger Gegenstand beschäftigte unser Stadtverordnetenkollegium in seiner jüngsten außerordentlichen Sitzung: Berathung und Be schlußfassung über den vom Stadtrath beschlossenen Ankauf des an da» Rathhaus angrenzenden Dufeld- scheu Grundstückes behufs Errichtung eines Rath« hauSneubaueS. Der Kaufpreis für das betreffende Grundstück war auf 30,000 Mk. festgesetzt worden. Nach längerer Aussprache wurde der RathSbrschluß abgelehnt und beschlossen, den Rath zu ersuchen, mit möglichster Beschleunigung dem Kollegium eine Vorlage über den Umbau deS gesammten Rath hause« zu städtischen Expeditionen vorzulegen. Dresden. Lebhaft ist in dem benachbarten Plauen die EinverlribungSsrage entbrannt. In einer ernsten Feier erhitzten sich sogar die Geister derart, daß dieselbe zur Vermeidung größeren Skandal» abgebrochen werden mußte. Jetzt wird der Auftritt viel besprochen, da hochangesehene Persönlichkeiten sich zu gegenseitigen Beleidigungen hinrrißrn ließen und nur durch da» Dazwischen treten de» Gemeindrvorstande» da» Schlimmste verhütet wurde. Riederfchlagsverhältnifse der 50 Flußgebiete Sachsen» in der 3. Dekade des April 1901. Z 'S Ab- Flutzsebi-t s weichung 1 Elsterthal, u. . . . 11 14 — 3 2 „ , m. ... 9 14 — 5 3 „ ,0. ... 22 16 6 4 Parthe 4 13 9 5 Schnauder .... — 14 — 6 Pleiße, ohne W. u. E. 11 14 — 3 7 Wyhra u. Eula. . . 4 14 — 10 8 Göltzsch 24 16 -f- 8 9 Bereinigte Mulden. . 5 13 — 8 10 Zwick. Mulde, u. Thal 6 14 — 8 11 » IN. 14 15 — 1 12 10 17 — 7 13 Freib. Mulde, u. Thal 6 14 — 8 14 f-> ,?.> , 0. „ 9 18 — 9 15 Zschopau 4 15 — 11 16 Flöha ...... 15 17 —. 2 17 Pockau 8 17 — 9 18 Zschopau mit Sehma. 13 17 — 4 19 Preßnitz u. Pöhlbach . 10 17 — 7 20 Chemnitz 5 14 — 9 21 Würschnitz u. Zwönitz. 4 16 — 12 22 Lungwitz 4 15 — 11 23 Schwarzwasser . . . 9 16 — 7 24 Striegis 4 15 — 11 25 Bobritzsch 5 15 — 10 26 Zwodau 24 18 6 27 Elbthal 9 14 — 5 28 Döllnitz 2 14 — 12 29 Jahna ...... — 14 — 30 Lommatzscher Wasser . — 14 — 31 Triebisch 4 14 — 10 32 Vereinigte Weißeritz — 14 — 33 Wilde 11 15 — 4 34 Rothe „ 20 16 -i- 4 35 Lockwitzbach .... — 14 — 36 Müglitz 21 16 5 37 Gottleuba 7 14 -— 7 38 Biela 24 15 -I- 9 39 Prießnitz — 14 -E— 40 Wesenitz 7 14 — 7 41 Polenz 8 15 — 7 42 Sebnitz 8 16 — 8 43 Kirnitzsch 4 15 — 11 44 Röder 4 14 — 10 45 PulSnitz 3 15 — 12 46 Schwarze Elster . . 2 14 — 12 47 Spree . . . . . . 6 14 — 8 48 Löbauer Wasser. . . — 14 — 49 Mandau 4 15 — 11 50 Neiße V e rmis 11 ch t « 15 s. — 4 — Görlitz, 30. April. In Zahmen bei Klitten zerstörte eine Feuersbrunst sechs Gehöfte. Die Bewohner haben nichts als das Vieh gerettet. — Hauptgewinne von 100,000 Mark 50,000 Mark, 25,000 Mark, 15,000 Mark usw., inSgesammt 16,870 Geldgewinne, zahlbar ohne Abzug, bieten wieder die jetzt zur Ausgabe ge langten und beliebten WohlfahrtSloose L Mk. 3,30 der 6. Lotterie zu Zwecken der Deutschen Schutz gebiete. Die Loose sind im ganzen Deutschen Reiche an fast allen Orten bei den bekannten LooSverkaufSstellen erhältlich oder von dem General- Debit Lud. Müller L Co., Bankgeschäft in Berlin, Breitestraße 5 und dessen Zweigniederlassungen in Hamburg, München und Nürnberg zu beziehen. Die Ziehung findet den 31. Mai und den folgen den Tagen im ZirhungSsaale der Königlichen General-Lotterie-Direktion zu Berlin öffentlich statt. Baldiger Bezug empfiehlt sich, weil diese beliebten WohlfahrtSloose stet« längere Zeit vor der Ziehung auSvrrkauft sind. — Hohenlinden in Baiern, 1. Mat. In der Nacht vom 28. auf den 29. April entstand im Bäckeranwesen Feuer, da» sofort auch da» naheliegende Schrrineranwesrn ergriff und beide Gebäude vollständig einäscherte,. eine Frau und zwei Kinder kamen in den Flammen um. Ein« weitere Person konnte nur mit Mühe gerettet werden und liegt lebensgefährlich verletzt darnieder. Da da» Feuer an mehreren Stellen zugleich au«« brach wird Brandstiftung vermuthet. — (Vermischte Nachrichten.) Zwei Touristen versuchten vor einigen Tagen die Be steigung de» sogenannten Cä«que de Neron un weit Grenoble. Beide sind seither verschollen