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boten, wenn die Stadt 150,000 Dollars jährlich für deren Unterhaltung anwenden will. Der amerikanische Generalkonsul in Tanger, Tummeree, geht in besonderer Mission nach Marokko, um dort persönlich ver schiedene Reklamationen der Unions-Regierung gegenüber der marokkanischen Regierung zu ver treten. Der Kreuzer „New-Jork" bringt den Generalkonsul bis nach Mazagan und bleibt dort einstweilen vor Anker. Vom Burenkrieg. Ueber einen günstigen Fortgang der Verhandlungen mit Botha schweigt der Draht; dagegen treffen immer neue Mel dungen ein, die die Unsicherheit selbst in der Kap-Kolonie bezeugen, da eS bei Craddook und Graaf Reinet und Murray sbury noch immer nicht ruhig und vor allem General Delarcy noch unbedingter Besitzer der MagalieS-Berge bei Pretoria sein soll. Es scheint, daß die Verhand lungen britischerseits wohl angeknüpft sein mögen, daß sie aber bei den Buren Mißtrauen erwecken. Die im Kap stark an die Thore anpochende Pest wird die Gemächer der Briten wohl noch ge neigter zum Frieden machen! Die Unterhandlungen zwischen Lord Kitchener und Louis Botha werden immer sagen hafter; auch jetzt liegt über ihren Verlaus nichts Authentisches vor. Ebensowenig war bis Dienstag etwas über die Konferenz bekannt geworden, welche Louis Botha, Dewet und Delorey am 18. März zu Kaalspruit im nordöstlichen Trans vaal behufs Entscheidung über die englischen Friedensbedingungen abhalten wollten. Im Oranje. Freistaat gehen jedenfalls die englischen Operationen gegen die dortigen Burenkommandos weiter, und zwar zunächst ergebnißloS, denn eine Bloemfonteiner „TimeS"-Meldung besagt, daß die zur Umzingelung der 800 Buren unter FourieS unternommenen Operationen mißlungen seien; die Hälfte des Feindes sei entkommen. Es soll nun in einigen Tagen eine bedeutend umfangreichere Umzingelung vorgenommen werden. DaS Dewet'sche Kommando ist von Senegal (Oranje-Freistaat) in verschiedenen Abteilungen weitergezogen. London, 19. März. Die Unterhandlungen mit Botha scheiterten, wie weiter vertraulich ver lautet, an der Weigerung der Londoner Regierung, die von Botha geforderte Autonomie in der inneren Verwaltung unter selbst gewählten Buren führern zuzugestehen, die endgiltigen FriedenSver- Handlungen mit Schalk Burger und Stein zu führen und die Caprebellen zu begnadigen. Botha nahm bereits am Sonnabend die Operationen wieder auf und besetzte die Delagoa-Bahn. Kitchener erklärt, die englischen Truppen seien gegenwärtig unfähig, ihrerseits die Offensive zu erneuern, und fordert dringender Verstärkungen. In London ist die Stimmung überaus gedrückt. Aus Kapstadt wird gemeldet: 5 neue Pest fälle wurden am Montag hier konstatirt. Einer der Erkrankten gehört der Armee an. 30 Per sonen stehen unter ärztlicher Beobachtung. Die Vorgänge in China. Sämmtliche Pariser Blätter besprechen die Reichs tagsrede des Reichskanzlers Grafen v. Bülow über China. Das „Journal deS DöbatS" hebt die Bedeutung der Ausführungen über die Bezahlung der Ent schädigung hervor, billigt die Worte des Grafen über die Dauer der Aufrechthaltung der Besetzung und meint, die Erklärungen bewiesen, daß Deutsch land den Einfluß Rußlands in der Mandschurei nicht durchkreuzen wolle. Die „RLpublique sranyaise" meint, diese hoch bedeutenden Reden bewiesen die Richtigkeit der russischen Erklärungen und straften gewisse Be hauptungen der englischen Presse Lügen. Es sei charakteristisch, daß der deutsche Reichskanzler daS russisch-chinesische Abkommen nur vom wirth- schaftlichen Standpunkt auS betrachte. Man müsse den Eindruck dieser Rede in England be obachten, wo man vielleicht mit Hilse Deutschlands einen Druck in Petersburg auSzuüben hoffte. Die „Libre Parole" sagt mit sichtlicher Genugthuung, die englische Diplomatie habe zwar gewußt, daß von der deutschen Diplomatie nicht viel für sie zu erwarten sei, aber das englische Volk werde enttäuscht sein, denn Deutschland lasse Rußland in der Mandschurei freie Hand. Die „Aurore" glaubt, daß England ohne Deutschland in der Mandschureisrage machtlos sei, und daß der deutsche Reichskanzler, wie alle Staatsmänner, nur den Begriff Interesse, nicht aber den Begriff Recht kenne. Die chinesische Regierung scheint doch nicht gewillt zu sein, das Mandschurei-Abkommen Der füchstfche «rziichier. Bette ck. mit Rußland ohne Weitere« zu unterzeichnrn. Sie wies ihren Gesandten in Washington, Wuting- sang, an, darüber zu berichten, ob etwa das Mandschurei-Abkommen den chinesischen Interessen widerspräche. Wie eine Pekinger Meldung der „Times" behauptet, habe Rußland seine An sprüche auf die Mongolei und Ost-Turkestan fallen lassen und sich zu einer Milderung seiner Kon- trolle über die Civilverwaltung der Mandschurei bereit erklärt. Zu dem englisch-russischen Eisenbahn st reit in Tientsin liegt nicht» Neues vor; bekanntlich sollen sich dort die eng lischen und die russischen Truppen schußbereit gegenüberstehen. Deutscher Reichstag. * 70. Sitzung vom 18. März, 1 Uhr. Auf der heutigen schwach besuchten Sitzung standen eine ganze Reihe kleinerer Vorlagen, die fast durchweg ohne wesentliche Debatte erledigt wurden. Der Gesetzentwurf, betreffend die Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit und Rechtshilfe im Heere, gelangte unbeanstandet zur Annahme. Die zweite Lesung des Unfallfürsorge-GesetzeS für Be amte und Personen des Soldatenstandes wurde wegen zu schwachen Besuchs abgesetzt. Bezüglich der Wahl deS Abg. Gersdorfs-Meseritz-Bomst wurden Beweiserhebungen beschlossen. Von den Petitionen, die sodann zur Berathung kamen, riefen nur zwei längere Erörtungen hervor; eine Petition wegen Sicherung der Bauhandwerker-Forderungen und eine weitere Petition wegen Einführung der Prügelstrafe. Die erstere wurde den Vorschlägen der Kommission gemäß der Regierung als Material überwiesen. Bei der Petition wegen Wieder einführung der Prügelstrafe wies der Abg. Lr. Oertel-Sachsen (kons.) auf die erschreckliche Zunahme der Rohheitsverbrechen hin, sür die das geltende Recht keine genügende Sühne biete, und für die jeder verständige Mensch gar häufig den Wunsch nach Einführung der Prügelstrafe haben muß. Hieran knüpfte sich eine ausgedehnte Debatte, in der sich die Redner der Linken, sowie deS Centrums und der Nationalliberalen gegen die Einführung der Prügelstrafe aussprachen. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr. 71. Sitzung vom 19. März, 1 Uhr. Am Bundesrathstisch: Reichskanzler Graf von Bülow, Graf Posadowsky. Bei mäßig besuchtem Hause trat der Reichstag heute in den Schlußakt der laufenden Arbeitsperiode, in die dritte Lesung des Reichshaushaltsetats ein. Zur Generalberathung nahm, wie im Vorjahre, daS Wort Abg. v. Scheie - Wunstorf (Welfe), der der Reichspolitik krassen Egoismus vorwarf und sich über die Zurücksetzung von Vereinen beschwerte, die welfische Mitglieder haben. Damit schloß die Generaldebatte. Bei der Spezialberathung brachte beim Etat des Reichs kanzlers Abg. Fischer-Berlin (Soz.) eine Reihe von Beschwerden gegen die politische Polizei vor. Er erinnerte an die Vorgänge im Sternberg- und Tauschprozeß, die er aus Machenschaften der Ber liner Polizei zurückführte, und behauptete, daß Mitglieder seiner Fraktion auch hier im Reichs- tage bespitzelt wurden und verlangt Beseitigung dieses Instituts. Reichskanzler Graf v. Bülow: Die Sache, die übrigens nicht hierher gehöre, gehe ihn nichts an. Beim Etat des Auswärtigen Amts kam Abg. Fürst Herbert Bismarck auf die Chinapolitik zurück und sprach sich besonders an erkennend über die vom Reichskanzler bei der Chinadebatte am letzten Freitag dargelegten Grund sätze aus, meinte jedoch, daß in der Haltung zur Mandschureisrage ein gewisser Widerspruch vor liege. Man sage, die Mandschurei gehe uns nichts an, wolle andererseits jedoch gegen ein Abkommen zwischen Rußland und England in Bezug auf die Mandschurei protestieren. Reichskanzler Graf v. Bülow dankte für die wohlwollende Kritik, stellte jedoch den behaupteten Widerspruch in Ab rede. UebrigenS habe der russische Minister des Aeußeren heute erst dem deutschen Botschafter in Petersburg gegenüber seine Zustimmung zum Vor gehen Deutschlands in dieser Frage erklärt. Auf die Frage des Abg. Pach nicke wegen der Be- schlösse der Haager Friedenskonferenz gab der Staatssekretär Frhr. v. Richt Hofen die Er klärung ab, daß die Veröffentlichung dieser Be schlüsse noch nicht erfolgt sei, weil nicht sämmtliche bethriligtrn Mächte sich unterschrieben hätten. Er hoffe noch in dieser Session die Protokolle ver öffentlichen zu können. Abg. Münch-Ferber empfahl sodann in längerer Ausführung eine Re solution zu Gunsten der Errichtung deutscher Handelskammern im AuSlande. Die Resolution wurde «ach längerer Debatte mit Unterstützung der Nationalliberalen, deS Centrum» und der Konser- vativen angenommen. Eine längere Debatte knüpfte LG«. sich sodann an die vom Centrum vorgrlegte Reso lution betreffend da« Verbot der HauSiklaverei in unseren Kolonieen. Vom RegierungStisch wurde erwidert, daß da», was die Resolution wolle, be reits durch Verordnung durchgeführt sei und daß eine gesetzliche Regelung deshalb überflüssig er scheine. Nach längerer Debatte wurde die Re solution mit der Abänderung angenommen, die Abschaffung der Haussklaverei durch Verordnung vorzunehmen. Beim Etat des ReichSamtS des Innern kam eine Resolution zur Verhandlung, auf Grund de« Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb die Regelung de« Kohlenverkaufs nach Gewichtseinheiten vorzuschreiben. Abg vr. Hahn (B. d. L.) brachte bei dieser Gelegenheit zur Sprache, daß der BundeSrath die ihm im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ertheilte Voll macht zur Verwendung deS Verkaufes gewisser Maaren nach Maß- und Gewichtseinheiten bisher kaum zur Anwendung gebracht habe. Das sei keine Fürsorge sür den Mittelstand. Nach einer weiteren Rede des Abg. Stöcker (b. k. F.), in der er ausführlich und bestimmt erneut die Vor würfe wegen des sogenannten Scheiterhaufenbriefe» zurückwieS, wurde die Verhandlung auf Mittwoch 11 Uhr vertagt. Schluß 6 Uhr. Drahtnachrichten u. letzte Meldungen. Wien, 19. März. Der Eisenbahnausschuß begann in Anwesenheit des EisenbahnministerS v. Wittek und des Finanzministers Böhm v. Bawerk die Generaldebatte über die Investitions vorlage. Der Eisenbahnminister erklärte, die Re gierung bringe den Bestrebungen bezüglich der Wasserstraßen warme Sympathie entgegen, er hoffe, daß diese wichtige Frage eine befriedigende Lösung finden werde. Paris, 19. März. Deputirtenkammer. (Schluß.) Die Sitzung dauert bis 9 Uhr Abends. Prache hält eine längere Rede, in der er heftige Anklagen gegen die Freimaurerei erhebt und deren Schluß aus morgen vertagt wird. Algier, 20. März. General SeroiereS nahm am 10. März die Oase Talminna nach lebhaftem Kampfe ein. Die Ksolrier ergaben sich und willigten ein, eine Entschädigungssumme zu zahlen und Geiseln zu stellen, sowie ihre Waffen aus- zuliefern. Die marokkanischen Araber zogen sich nach Tafilet zurück. Pisa, 19. März. Der Arno und seine Neben flüsse Era und Elia sind bedeutend angeschwollen. Der Stand deS Arnos ist nur um 40 om niedriger als der höchste bisher dagewesene. Auf den Feldern wurde großer Schaden angerichtet. Das Wetter ist andauernd schlecht. London, 19. März. Amtlich wird die Er nennung des Prinzregenten von Baiern zum In haber des Ehrengroßkreuzes deS Bath-OrdenS bekanntgegeben. Moskau, 19. März. Auf der von Wenew bis Tula führenden Zweigbahn der Linie Moskau- Rjäsan entgleiste gestern Abend ein Personenzug, wobei die Lokomotive und 5 Wagen den Eisen bahndamm herabstürzten. 2 Bahnbeamte und 6 Reisende erlitten zum Theil schwere Verletzungen. New-Jork, 19. März. In dem Berg werke in Lansing (KansaS) meuterten 284 dort arbeitende Sträflinge. Sie hielten 15 Wärter in der Mine fest und verhinderten sie, ins Freie zu gelangen, bi« ihre Forderungen bezüglich besserer Nahrungsmittel ihnen bewilligt würde«. Sie tödteten die Maulthiere, die sich in dem Bergwerk befanden, um deren Fleisch als Nah rungsmittel zu benutzen. Kapstadt, 19. März. (Reutermeldung.) Heute sind hier 5 Personen an der Pest erkrankt, darunter 3 Europäer. Durban, 19. März. (Reutermeldung.) Der von Kapstadt hier eingetroffene Dampfer „RoSlin Castle" ist in Quarantäne gelegt worden, weil an Bord ein Pestfall vorgekommen ist. Melbourne, 19. März. In Brisbane und Perth kamen verschiedene Pestsälle vor. Shanghai, 19. März. (Reutrrmeldung.) Das brittische Kanonenboot „Plower" ist aus dem Jangtse unterhalb Rinkiang auf Grund ge« rathen. DaS Kanonenboot „Redpole" ist zur Hülfeleistung abgegangen. Jokohama, 19. März. Der Antrag, dem Ministerium wegen seiner Haltung in der Frage der Steuergesetze ein Tadelsvotum auSzusprechrn, wurde vom Unterhause mit knapper Mehrheit ab gelehnt. Bombay, 19. März. Sieben Artilleristen wurden in Sekumderabad heute durch die Explo sion eine» HaubitzrngrschosseS grtvdtrt.