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für Fragen der.Landwirthschaft, der Industrie, de» Handel» und de» Bewerbe», nach Analogie de» in Philadelphia bestehenden Institut». Staats sekretär Brak PosadowSky bemüht sich, auf die Anregungen der Redner ausführlich zu antworten. Er betont insbesondere, daß die deutsche Reichs- regirrung ernstlich bestrebt sei, aus dem Wege sozialpolitischer Fürsorge vorwärts zu schreiten, und sprach den Wunsch aus, daß auch von andern Ländern dasselbe geschehe. Als dritter Sprecher der Sozialdemokraten nahm sodann Abgeordneter v. Boll mar daS Wort, um seinem Verdruß über die Haltung des CentrumS Luft zu machen. Er meinte, daS Centrum verleugne seine frühere Selbständigkeit und sage in allen wichtigen Fragen zu den Regierungsvorlagen Ja und Amen. Abg. vr. Hitze bestreitet, daß daS Centrum die Arbeiter auf einer niedrigen Bildungsstufe erhalten wolle. Nach einer weiteren Bemerkung des Abg. Müll er- Sagan (kr. Bp.) wurde die Weiterberathung ver tagt. Nächste Sitzung: Mittwoch 1 Uhr. An träge betreffend WohnungSreform. Schluß 5*/, Uhr. Hamburg, 20. Jan. Mehrere angesehene hiesige Bürger sind kürzlich bei der Polizeibehörde vorstellig geworden, ihnen zu gestatten, eine Collekte zu veranstalten, deren Ertrag in erster Linie dazu bestimmt ist, dem tapferen Bnrengeneral Dewet einen Ehreudegen ansertigen zu lassen, während der Ueberschuß für die nothleidenden Frauen und Kinder der Burenkämpfer verwendet werden soll. DaS Gesuch der Petenten ist von der Polizei behörde genehmigt worden, und eS haben gleich nach dem Bekanntwerden der Genehmigung deS Gesuch« eine Anzahl Leute namhafte Summen für diesen Zweck gespendet. Wilhelmshaven, 22. Jan. DaS in Malaga zurückgelassene Bergungskommando der „Gneisenau" ist gestern hierher zurückgekehrt. Die Zahl der Orden, die am Freitag verliehen worden sind, beträgt, abgesehen von den 1133 Allgemeinen Ehrenzeichen, 2599. Bon diesen 2599 Ordensrittern sollen 1200 Beamte, 996 Offiziere, 37 Gelehrte, 21 Künstler, 36 Vertreter von Handel und Industrie und 38 Landwirthe sein. (Amnestie in Baiern.) Prinz-Regent Luitpold beabsichtigt, aus Anlaß seines 80. Ge- burtSsesteS einer großen Anzahl von verurtheilten Personen Gnade zu erweisen, und sieht den An trägen des Staatsministeriums der Justiz ent gegen. Besondere Berücksichtigung sollen der „Allg. Zig." zufolge Personen finden, die wegen nicht ehrenrühriger Vergehen verurtheilt sind. Für Personen, die wegen Verbrechen verurtheilt worden sind, soll in besonder» berücksichtigenS- werthen Fällen gleichfalls Aussicht auf Be gnadigung bestehen. Oe st erreich. Wie groß der Erfolg der Deutsch radikalen bei den jüngsten Wahlen war, vermag man daraus zu erkennen, daß der ReichSrathSabge- ordnete Wolf dieser Tage vom Ministerpräsi denten eine Einladung zu einer Besprechung erhalten hat. Abg. Wolf lehnte die Einladung aber durch ein Schreiben ab. Die Einberufung deS Reichsraths ist für den 31. Januar beschlossen. Die amtliche Mit theilung wird in der „Wiener Zeitung" erfolgen. DaS Duell zwischen dem Baron Robert von Rothschild und dem Grafen Lubersac hat Sonntag Vormittag in Paris auf Degen stattgefunden; Graf Lubersac wurde am Arm verwundet. Italien. Ein Blatt in Rom giebt als finanziellen Ertrag deS Jubiläumsjahre» mit Bestimmtheit die Summe von 10 Mill. 600,000 Lire (--Franken) an. Leo XIII. soll beschlossen haben, die Hälfte der Summe für eine große Pilgerherberge zu verwenden, die in einer Fafsadenbreite von 90 Metern sich bei der Kirche St. Martha, westlich deS St. Peter erheben würde. UebrigenS hat er dem Polizeikommissar des Borgo, Comm. Mansroni, seine höchste Anerkennung für die Handhabung der Sicherheitspolizei während des JubiläumSjahrr» aussprechen lassen. Ein Geschenk de« Papste» von 30,000 Lire für die in dieser Zeit besonders stark in Anspruch genommenen Unterbeamten, hat die italienische Regierung zurückgewirsen. Frankreich. Nach dem Kriege von 1870 hat Frankreich feine Ost grenze durch einen doppelten Gürtel von Lagerfestungrn befestigt. Gestützt auf die neue Bewaffnung der Feldartillerie und Infanterie jedoch scheint dle Angriffslust in den französischen HeereSkreisen wieder mehr zur Geltung gelangen zu sollen, denn die französische Gesetzgebung be reitet einen Entwurf vor, nach de« der zweit« Gürtel der großen Lagerfestungrn, die da» Land an seiner Ostgrenze zu schützen bestimmt find, aufgegeben werden soll. Die Besatzung-armre von 1,700,000 Mann- deren die bi»herigen zahlreiche» Festungen bedurften, soll dadurch möglichst ver ringert und diese Mannschaften für Angriffszwecke freigemacht werden. Der französische Senat wird sich daher demnächst mit der Frage der Schleifung einer Anzahl französischer Festungen zu beschäftige« haben. Pari», 22. Jan. Ueber Tausend Droschken kutscher haben in einer gestern abgehaltenen Ver sammlung beschlossen, in den Ausstand zu treten. Belgien. Brüssel, 22. Jan. Heute wurde da» Ur- theil in der neuen Verhandlung deS Prozesse» der Regierung von Transvaal gegen die Unternehmer der Eisenbahn Komatipoort—LydSdorp wegen Uebervortheilung um die Summe von 11*/, Mill. Frc». gesprochen. Die Verlesung dauerte 1*/, Stunde. Die Klage gegen den erkrankten Bankier Robert Oppenheim wurde vom Prozeß abgetrennt. Die Ingenieure Louis Warnant und Baconnier- Paris wurden freigesprochen, Eugen Oppenheim erhielt 3 Jahre Gesängniß, gegen 1 Jahr in der früheren Verhandlung. Herni Warnant erhielt 2*/, Jahre, gegen 1 Jahr in der früheren Ver handlung, Bankier Terwague-Lüttich 1 Jahr, gegen 6 Monate in der früheren Verhandlung. Alle Angeklagten waren abwesend. Rußland. Feldmarfchall Burko, der im letzten russisch-türkischen Kriege gegen Osman Pascha be fehligte und zuletzt Statthalter in Warschau war, ist schwer erkrankt. England. London, 22. Jan. „Daily Mail" erklärt, e» habe allgemeine Befriedigung hrrvorgerufen, daß der Deutsche Kaiser die Gelegenheit der Er krankung der Königin benutzt habe, um nach England zu kommen. — DaS Blatt sagt ferner, Alles deute darauf hin, daß die letzten Tage der Königin durch da» Blutvergießen in Südafrika verbittert worden sind. Cowe», 22. Jan. Im Zustande der Königin ist keine Veränderung eingetreten; derselbe wird nach wie vor al» äußerst kritisch angesehen. OSborne, 22. Jan. Al» Se. Majestät der deutsche Kaiser da» Krankenzimmer der Königin betraten, erkannte diese ihren Enkel. Da» Bei sammensein war jedoch nur kurz, da die Aerzte wünschten, daß die Königin sich nicht aufrege. Später speisten Se. Maj. der Kaiser mit dem Prinzen und der Prinzessin von Wale», sowie den übrigen Mitgliedern der Königlichen Familie. London, 22 Jan. Ein heute Morgen 8 Uhr auSgegebene» Bulletin besagt: Bei der Königin zeigen sich heute morgen Symptome einer Kräfte abnahme. Der Zustand erscheint wieder bedenk licher. London, 22 Jan. Die Zeitungen veröffent lichen ein Telegramm au» Malta, nach dem die britischen Kriegsschiffe „CanopuS" und „Ozean" den Befehl erhalten haben, nach China abzugrhen. Vom Burenkrieg. London, 21. Jan. Nach Meldungen au» Durban haben die Buren die Goldminen von Nkandla im Zululande zerstört. Au» Pretoria wird gemeldet, daß am Donners tag 200 Buren einen Zug der Delagoabahu zwischen Balmoral und Burgsprirt anhieltrn. Unter die Schienen war Dynamit gelegt worden, da» unter der Lokomotive explodierte und den Zug zum Entgleisen brachte. Die Reisenden wurde« durchsucht und ihrer Boarschaft und Werthsachen be raubt. Ein nach dec Delagoabai reisender Deut scher, der spöttisch bemerkte, da» sei die Weise, wie die Buren jetzt für ihr Land kämpfen, wurde, wie e» in der „Boss. Ztg." heißt, sorgfältiger al» die übrigen Reisenden durchsucht und um 270 Lstr. in Gold, die er bet sich trug, erleichtert. Die Buren beluden ihre Wagen mit allen vorräthen de» Zuge» und zogen sodann ab. Brüssel, 22. Januar. „Petit Bleu" ver- sichert auf Grund eine» Briese», daß in der eng lischen Armee in Südafrika augenblicklich die Pest herrscht. Der Ausbruch der Epidemie erkläre die zahlreichen Todesfälle, welche feit einiger Zeit zu verzeichnen sind. Die englischen Behörden haben die Nachricht verheimlicht, um die Meldungen und Anwerbungen der U-omanry und Polizeitruppe« nicht zu beeinträchtigen. Der Krieg mit China. Berlin, 22. Jan. Peking, 21. Jan. Gin Kaiser!. Dekret ernennt den Trlegraphendirrktor Sheng zum assistierenden Minister für Handel. Zwischen Engländern und Deutschen in China besteht trotz de» Abkommen» eine immer wachsende Spannung. Eia Berichterstatter der V 11 Der sächsische «rzckhlrr. Sette ck. 1»«l bedeutenden Fälschungen flüchtig gewordene Direktor Schneider, vom landwirthschaftlichen Krei»verein für Mittelsranken in AnSbach. Berlin, 20. Januar. Ueber die beabsichtigte Neu-Uniformirung der Armee wird noch Folgende» mitgetheilt: Da» graubraune Tuch, welche» da» bisherige blaue de» Rocke» ersetzen soll, wird auch für die Beinkleider verwendet, die gleiche Farbe hat auch der Stoff der Mütze. Die Koppel wird au» braunem Leder gefertigt, da» Koppelschloß au« blankem Metall kommt in Fortfall und wird durch eine dunkelfarbige Schnalle ersetzt. Der Helm hat nicht mehr schwarze», blanke» Leder, sondern erhält eine ähnliche Farbe wie da» Tuch. Da» besonder» Charakteristische an der neuen Umsormirung ist die Ausschaltung jedweden blin kenden Gegenstandes an der Bekleidung. Bon der bevorstehenden Arnderung in der Umsormirung der Truppen sind die Bekleidungsämter bereit» in Kenntniß gesetzt, um sich darüber auch mit de« Lieferanten in» Einvernehmen zu setzen. Jndeß werden zunächst sämmtliche alten Vorräthe auf gebraucht. Berlin, 21. Januar. Die „Nordd. Allgem. Ztg." erfährt, die Polizeidirrction und die Eisen- bahndirrktion Berlin seien beauftragt worden, die Ursachen der im hiesigen Straßenbahnbetriebe vor kommenden Unfälle zu prüfen und Maßnahmen zur Verhütung vorzuschlagen. Ueber das nächsten» zu erwartende Ergebniß der Ermittelungen soll gemeinschaftlich mit dem Ministern des Innern und der öffentlichen Arbeiten, sowie mit den Direktionen der Straßenbahngesellschasten berathen werden. ? Deutscher Reichstag. 29. Sitzung vom 21. Januar, 1 Uhr. Am BundesrathStische Staatssekretär Graf von PosadowSky. Bei Anwesenheit von, genau gezählt, 15 Abgeordneten nahm der Reichstag heute die Fortsetzung der EtatSberathung beim Etat des RcichSamtS des Innern auf. Erster Redner war Abg. Prinz Schönaich-Carolath, der rothe Prinz ge nannt, der, wie alljährlich, für Förderung des Frauenstudiums eintrat. Nach ihm wandte sich die Debatte wieder mehr der Arbeiterfrage selbst zu. — Abg. vr. Hitze, der sozialpolitische Führer de» CentrumS, wie» die vom Abg. Hoch (Soz.) in früheren Sitzungen erhobenen Angriffe zurück, die dahingingen, daS Centrum benutze seine ausschlaggebende Stellung, um die Sozialpolitik zum Stillstand zu bringen. Redner meinte, das Centrum sei keineswegs die maßgebende Partei, e» gebe nur manchmal die Entscheidung. Wenn Arußerungen gegen die Gewerkoereine gefallen seien, so liege daS daran, daß die Gewerkoereine nur Exerzierplätze der Sozialdemokratie seien. Abg. Franken (nl.) forderte größere Fürsorge für die Hinterbliebenen der bei Rettungsversuchen verunglückten Seeleute, während Abg. Pichler (Ctr.) die Debatte wieder auf zollpolitische Fragen zurückführte. Redner kam sodann auf den vom „Vorwärts" veröffentlichten neuen Bueck-Brief zurück, der nach seiner Meinung erneut die engen Beziehungen deS Centralverbandes deutscher In dustrieller mit der Regierung beweise. Abg. Fischbeck (srs. Bp.) griff die Agrarier wegen ihrer Forderung nach größerem Schutz der nationalen Arbeit an. Letzter Redner war der Abg. Bassermann (nat), der zur Kanalvorlage die Erklärung abgab, daß seine Partei gemäß dem Beschluß de» Vorstandes vom 10. Juni 1900 für einen größeren Schutz der Landwirthschaft eintrete. Nächste Sitzung: Dienstag 1 Uhr. (Fortsetzung der Berathung.) Schluß 5*/, Uhr. * 30. Sitzung vom 22. Januar, 1 Uhr. Am BundeSrathStisch: Graf PosadowSky. Bei wiederum sehr schwachem B.such setzte der Reichs tag heute die zweite Lesung des Reichsamt» de« Innern beim Kapitel Gehalt des Staats sekretär» fort. Wie an den voraufgegangenen Tagen bot auch die heutige Debatte wiederum ein buntes durcheinander, sodaß die Herren vom BundeSrathStisch viele Mühe hatten, auf alle An regungen zu antworten. Den Löwenantheil an der Debatte hatten wiederum die Sozialdemokraten. Der Abg. Horn- Sachsen (Soz.) wiederholte seine früheren Vorwürfe gegen die sächsische Regierung, wegen angeblich sozialpolitischer Rückständigkeit; Abg. Albrecht (Soz.) polemisierte gegen die Rechte und da» Centrum und trat für weitgehende Rechte der Gewerkschaften ein. Abg. P a u l i - Potsdam (b. k. F.) sprach der jetzigen Regierung seine An erkennung au», daß sie nicht wie zu Caprivi- Zeiten am Strange der Sozialdemokraten ziehe und wünschte Abänderung der Väckereiverordnung au Gunsten der Kleinbetriebe. Abg. Münch- Ferber (al.) erhob und begründete die Forde rung nach Schaffung einer Tentral-Au»k«aft»strlle