Volltext Seite (XML)
aber wir warnen ausdrücklich vor jeden» Eon- tractschluß mit den Agenten der Gesellschaft- Mögen sie die Mädchen herholen von wo sik wollen, nur nicht aus Deutschland! Ohne hier' auf nähere Umstände einzugehen, warnen wir auf's Entschiedenste vor dieser Auswanderung contractlich gebundener junger Mädchen nach S. Paulo und überhaupt nach Brasilien. Lasse sich kein Mädchen durch die anscheinend hohen Löhne von 40, 50 und mehr Reichsmark monat lich verführen; damit können sie hier kaum die Hauptbedürfnisse des Lebens decken (so theuer ist Alles), und was sonst ihrer in den meisten Fällen wartet, darüber schweigt am besten des Sängers Höflichkeit." — Die größte Waage der Welt dürfte sich auf dem Krupp'schen Gußstahlwerke befinden^ Dieselbe hat eine Tragkraft von 100,000 lr^. oder 20 Wagenladungen. Die Waage ist in der Brückenwaagcnfabrik von Redecker <L Nauß in Bielefeld gebaut. — Eintausendachthundcrt Centner Salz hat die Große Berliner Pferdebahn in den letzten vier Tagen gebraucht, um den Verkehr auf ihren Linien aufrecht zu erhalten. Der Pferdepark der öffentlichen Fuhrverkehrs-Anstalten ist auf das Aeußerste angestrengt und selbst die Reserven nicht mehr intact. Infolge dessen werden im Frühjahr große Ausrangirungen aus den Pferde beständen und Auktionen stattfindcn. — Bei Hoyerswerda sollen zwei neue Glashütten erbaut werden. — Wiesbaden, 12. Februar. Heute stand vor den Gerichtsschranken der 24jährige Cau- tionSschwindler Seidel. Seidel, aus Dresden gebürtig, gehörte eine Zeit lang dem Schauspieler stande an, gericth aber später auf die Verbrecher laufbahn und wurde heute wegen Cautions- schwindeleicn, die er in unzähligen Fällen in 22. verschiedenen deutschen Städten begangen, zu 10 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Der Staats anwalt hatte das höchste Maaß von 15 Jahren in Antrag gebracht. Unter den von Seidel heim gesuchten Städten befinden sich außer Wiesbaden auch Frankfurt und Mainz. Die von ihm er schwindelten Summen belaufen sich auf viele Tausende und seine Opfer waren meist Stellen suchende, die ihm ihren letzten Sparpfennig Hin gaben. — (Zehn Pfennige Belohnung für einen Lebensretter!) In Rudolstadt rettete ein Knabe einen Schulkameraden vor der Gefahr des Ertrinkens und wurde hierfür von den Eltern des Letzteren, mit 10 Pfennigen in baarem Gelds belohnt. Das dürfte wohl der kleinste Dank sein, welcher einem Lebensretter bisher gezollt wurde! — (Ein jugendlicher Lebensretter.) Der 11 Jahre alte Knabe Christian Schindler aus Neu-Lubcza, Kreis Flatow, hat am 3. November v. I. mit eigener Lebensgefahr drei Mensche» vom sicheren Tode des Ertrinkens ge rettet. Der Regierungspräsident in Marien werder bringt dieses belobigend mit dem Bemerken zur öffentlichen Kcnntniß, daß er dem muthigen Knaben für seine edle That ein Geldgeschenk inr Betrage von 30 Mark gewährt hat. — Prenzlau. Eine entsetzliche Catastrophe,. bei der vier Personen das Leben verloren, er eignete sich dieser Tage hier. Bei dem in der Wilhelmstraße wohnenden Schneidermeister Mark- graff waren vier Schneidergesellen beschäftigt» welche gleichzeitig auch bei demselben wohnten. Als dieselben am 9. früh nicht in der Werkstätte erschienen, ging der Meister nach der Schlafstube der jungen Leute hinauf, um den Grund deS Ausbleibens zu ersehen. Hier fand M. die Ge sellen sämmtlich todt in den Betten liegend vor und allem Anschein nach durch Kohlendunst er stickt. Wiederbelebungsversuche blieben, wie man, mittheilt, ohne Erfolg. — Pofen, 14. Februar. Bei einem Be sitzer in Owietschek bei Rogasen sind drei Dienst mädchen durch Kohlendunst erstickt. — Auf der Hülserstraße in Krefeld ist eine Locomotive der Localbahn umgestürzt und hak den Führer unter sich begraben. Derselbe, Vater von fünf Kindern, soll bereits todt fein. — Halle a. S., 12. Februar. Die Zahl der am Sonnabend Vormittag zwischen den Stationen Niemberg und Stumsdorf durch den Magdeburger Personenzug sofort getödteten Per sonen beträgt sechs, und zwar waren eS ein Schachtmcister, ein Hilfsbremser und vier Arbeiter. Bon den zehn in der chirurgischen Abtheilung, der Universitätsklinik untergebrachten Verwun deten, unter denen zwei leichter, acht dagegen sehr schwer verletzt worden ffind, sind inzwischen noch fünf an den erlittenen VerletzungenMtorben^. sodaß sich die Zahl der Todtrn aus Frankreich. Paris, 14. Februar. Deputirtenkammer. Douville-Maillefeu hob bei Begründung seines Antrages, die Berathung der Revisionsvorlage zu vertagen, hervor, daß mit dem heutigen Tage eine neue Wahlperiode eröffnet sei. „Ueberlassen wir es dem Volke, anzuzeigen, welche Art der Revision cs will, und verlieren wir keine Zeit damit, über eine, in keiner Weise fest bestimmte Frage zu verhandeln. Treiben wir keine Politik der Eigenliebe, sondern eine Politik des gesunden Menschenver standes." Der Conseilpräsident Floquet wies darauf hin, daß das Cabinet beschlossen habe, die Revi sionsvorlage nach der Abstimmung über die Wiedereinführung der Bezirkswahlen auf die Tagesordnung zu setzen. DcSungeachtet wurde von der Kammer die Vertagung der Berathung der Revisionsvorlage, mit 307 gegen 218 Stimmen beschlossen. Floquet kündigte darauf an, daß er seine Entlassung einreichcn werde. Die Sitzung wurde aufgehoben und die Kammer vertagte sich bis zum Montag. Vermischtes. — (Der Kaiser im Sturm uuf Span dau.) Unser unermüdlich thätiger junger Herrscher hat am Dienstag dem unweit Berlin gelegenen Städtchen Spandau eine nicht geringe Ueber- raschung bereitet. Als er die dort garnisonirenden Regimenter alarmiren ließ, waren die Offiziere zum großen Theil nicht anwesend, da sie vielfach Schlittenpartien unternommen hatten. Eine Compagnie der Elisabether rückte beispielsweise unter Führung eines Feldwebels an und war nur 20 Mann stark; der größere Theil hatte gerade Schießübungen. Als dann Spandau im Sturm genommen werden sollte, war die ganze Stadt „auf den Beinen" und betrachtete das interessante Schauspiel mit vielem Vergnügen. Die Soldaten mußten bei der Attaque oft durch den tiefsten Schnee waten, mit ihnen der Kaiser, der Allen voranging. — In der Provinz Hannover haben sich 7 Schullehrer vereinigt, um Obstbau auf gemein same Rechnung zu betreiben. Den Grund und Boden haben sie zu diesem Behufe käuflich er worben, und zwar ungefähr 5 Hectar dünnkrümigen Bergboden für 3900 Mk. Mit 6000 Mk. sind die Pflanzungen ausgeführt und Hasen- und diebessicher eingefriedigt worden. Zwischen den Nieder- und Hochstämmen sind edle Haselnüsse, Quitten und Becrcnobst angepflanzt worden. Von den 1100 Kernobstbäumen wird die größere Hälfte zu Formobstbäumen an Drahtspalicrcn erzogen behufs Erzeugung feinen Tafelobstes. Wenn man den Nettoertrag eines Obstbaumes auch nur zu 1 Mk. und den eines Bcercnobst- strauches nur zu 5 Pf. veranschlagt, wird die Anlage doch 2800 Mk. jährlich eintragcn, und die Anlagesummc von 10,000 Mk. wird sich mit 28 Procent verzinsen. Aber voraussichtlich dürfte sich dieser Ertrag verdoppeln und dann das Anlagekapital sich mit 56 Proccnt verzinsen. — Zur Warnung für Schuhmacher! Aus Sorau wird berichtet: Ein hiesiger Kauf mann hatte einem Schuhmacher ein paar Stiefeln zum Besohlen übergeben. Als er dieselben später anzog, verletzte er sich durch einen hervorstehenden Stift derartig an der Fußsohle, daß ungeachtet ärztlicher Hilfe späterhin eine Entfernung des Fußes nöthig wurde. Der Verletzte klagte nu» gegen den Schuhmacher beim Landgericht Guben auf Entschädigung. Das Landgericht verurtheilte de» Schuhmacher zur Zahlung einer lebens länglichen Rente von 900 Mk. im Jahr, sämmt- licher Behandlungskosten, sowie sämmtlicher Kosten des Rechtsstreites. — (Zur Ersatzpflicht der Gasthofs- wirthe.) In Karlsruhe ist vor einigen Tagen ein Proceß durch Urtheil des höchsten Gerichts hofes endgiltig entschieden worden, welcher für weite Kreise von Interesse ist. Ein Reisender, welcher in einem Gasthofe zu Karlsruhe abgc- stiegcn war, hatte bei dem Verlassen des Hauses den Schlüssel zu seinem Zimmer am „Buffet" abgegeben. Als er aber nach Hause kam, war ihm aus seinem Zimmer eint Summe von 2700 Mk. gestohlen worden. Da der Wirth ihm den Schaden nicht ersetzen wollte, klagte er und jetzt ist der Gastwirth endgiltig zum Ersatz des ge stohlenen Geldes, sowie zur Tragung sämmtlicher Kosten verurtheilt worden. — An die Adresse der deutschen Dienstmäd chen richtet ein deutsch-brasilianisches Blatt fol gende Warnung vor der Auswanderung nach Brasilien: „Die Sociedade de Jmmigrayao" („Gesellschaft für Auswanderung") in S. Paulo hat beschlossen, 2000 unverehelichte Dienstmädchen, und zwar 1000 italienische und 1000 deutsche einzuführen. Die Sache mag ja recht nett fein, schritte aemacht hat, so muß dies vielfach darauf zurückgesükrt werden, daß man nicht gezwungen war, von derselben im öffentlichen Leben Gebrauch zu machen. Der Hauptausschuß des 7. deutschen Turn festes in München hat in seiner kürzlich statt gehabten ersten Sitzung die gemäß der Turnfest ordnung für die deutsche Turnerschaft bestimmten drei Festtage auf Sonntag, den 28., Montag, den 29., und Dienstag, den 30. Juli dss. IS., angesetzt, und wird nun nächstens die Aufrufe und Einladungen zum Feste erlassen. O e st e r r e i ch. Pest, 13. Februar. Der Kaiser empfing Mittags den Präsidenten des Parlaments zur Entgegennahme des Beileidsausdruckes anläßlich des Ablebens deS Kronprinzen. Er erwiderte auf die Ansprache des Vicepräsidenten des Ober hauses, Szlavy, das Vertrauen zum Allmächtigen und die feste Stütze, welche seine angebetete Ge mahlin, die Königin, gewährt, sowie die herzliche, wahrhaft rührende Theilnahme der Völker könne ihm Trost und neue Kraft bieten zur Erfüllung der Regentenpflichten. Er hoffe und erwarte, daß die Mitglieder des Magnatenhauses ihm diese Aufgabe in traditioneller Treue erleichtern und ihn bei der Verwirklichung seiner Intentionen auch künftig unterstützen werden. Dem Präsi denten des Abgeordnetenhauses, Pechy, erwiderte der Kaiser, mit Gottes Hilfe werde er in der Erfüllung feiner Pflichten nicht erlahmen; er er warte, daß auch das Abgeordnetenhaus in dieser trüben Zeit mit weiser, den besonnenen Anforde rungen der Lage entsprechender Auffassung die Intentionen des Königs und seiner Regierung, welche sein volles Vertrauen besitze, in Aller ge meinsamem Interesse unterstützen werde zum Wohle des Vaterlandes und der Monarchie. Dem Oberbürgermeister von Pest gegenüber sprach der Kaiser die Hoffnung aus, daß in diesen Wochen der Trauer, welche er und die Königin in Pest zu verweilen beabsichtigen, die Hauptstadt zur Linderung des Schmerzes durch ihre Haltung ihre jederzeit bethätigte Anhänglichkeit und Treue beweisen werde. Budapest, 13. Februar. Im „PesterLloyd" werden schwere Anklagen gegen Bischof Stroß- mayer erhoben. Der Bischof hat im Jahre 1871 durch ein Rundschreiben die Franziskancrklöstcr in den occupirten Provinzen aufgefordert, ihre Kunstschätze ihm zur Aufbewahrung zu übergeben, da die Sicherheit in Bosnien gefährdet, wogegen der Bischof sich verpflichtete, Copien der Kunst schätze den Klöstern zu übersenden und die Originale nach Wiederherstellung der Ordnung zurückzustellen. Die Kunstschätze, Bilder italie nischer Meister, Kelche und Paramente von un schätzbarem Werth wurden nach Djakvvar abge liefert, aber trotz Aufforderung nicht zurückgestellt. Stroßmayer hat in eigenem Namen einen Theil derselben der südslavischen Akademie geschenkt. Pest, 14. Februar. Abgeordnetenhaus. Anläßlich des Berichtes des Präsidenten über die gestrige Audienz bei dem Kaiser wirft Ugron der Regierung vor, die Krone zu Kundgebungen veranlaßt und die Trauertage ausgebeutct zu haben und bezeichnet das Vorgehen als einen Wahlkniff, was stürmische Proteste und Tumult auf der Rechten hervorrief. Der Redner wird zur Ordnung gerufen. Ministerpräsident TiSza verwahrt sich auf das Entschiedenste, einer noch so lärmenden Minorität oder einer von außer halb des Hauses kommenden Pression nachzugeben, erinnert an die Gebote des Parlamentarismus und Constitutionalismus und versichert, weder er, noch die Regierung wollten die gegenwärtige traurige Lage zu eigenem Vorthcile auSnützen. Schließlich bittet der Ministerpräsident den Vor fall zu schließen und zur Tagesordnung überzu gehen. Das Haus stimmt dem Antrag zu. (Leb hafter Beifall.) Wien, 13. Februar. Vom österreichischen Commissar auf der Ausstellung in Melbourne gelangten Berichte hierher, wonach dort ein förm licher Krach eingetreten ist; der Commissar ver langte die Ermächtigung, die Ausstellungsobjecte um jeden Preis loszuschlagen. Diese Ermächtigung ist denn auch ertheilt worden. Italien. Rom, 13. Februar. Römischen Blättern zufolge wird Boulanger in Italien erwartet, wo er eine TournSe nach Turin und Genua, even tuell bis nach Rom machen soll, um die Italiener von feinen freundschaftlichen Gefühlen zu über zeugen. Rom, 14. Februar. AuS Massauah wird gemeldet, Atschinoff habe erklärt, nicht »ach Ruß land zurückkehren zu wollen, sondern auf anderen Küstenpunkten zu landen.