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„Da» habe ich nicht gelernt!" oder „Das macht meine Mutter auch nicht!" für unsere Zeit nicht mehr passen und völlig haltlos seien. Um ihren Beruf unter den jetzigen schwierigen MrlMnissen vollstündig zu erfüllen, bedarf die ländliche Haus frau ebenso gut wie der junge Landwirth jenes. vollen Verständnisses für ihren Beruf, welches nur durch eine technische Vorbildung zu erlangen ist. Der Tochter des Landmanns ist heutzutage der Besuch einer HauShaltungSschule genau so nöthig wie dem Sohne der Besuch einer land- wirthschaftlichen Anstalt. Unsere Landleute sind in der Mehrzahl viel zu intelligent, um glauben zu können, daß ihre Töchter die Kenntniß der neueren Errungenschaften auf dem landwirth- schaftlichen Gebiete entbehren und sich mit dem begnügen könnten, was sie in der nach altem Styl fortgeführten elterlichen Wirthschaft vor sich sehen. Die Jugend soll und muß weiter streben; dieser Erkenntniß verschließen sich die Eltern in ländlichen Familien keineswegs, viel mehr liegt ihnen die rationelle Vorbildung der Töchter zu sparsamen und tüchtigen Wirthschaf- terinnen meist sehr am Herzen. Bis jetzt mangelt es aber leider vielfach an Gelegenheit zur richtigen Vorbildung der länd lichen weiblichen Jugend und behelfen sich viele Landleute damit, ihre Töchter in Gasthöfen und Gastwirthschaften als Kochschofarinnen unterzu bringen. Die dort gewonnenen kulinarischen Kenntnisse sind gewiß recht schätzenswerth, aber immerhin kann das doch nur als eine einseitige Ausbildung betrachtet werden, denn mit der schmackhaften Kost allein wird dem in der Land- wirthschaft beschäftigten späteren Gatten einer solchen Scholarin auch nicht gedient sein. Die Unterbringung erwachsener Töchter auf großen Rittergütern dürfte kaum zweckmäßiger sein, denn, was sie dort kennen lernen, ist sicher grundver schieden von den wesentlich kleineren und engeren Verhältnissen, in welche sie später eintreten müssen. Aehnlich verhält es sich mit der Lehrzeit in einem landwirthschaftlichen Großbetriebe, wo man mit Centrifuge und Dampfkraft arbeitet, weil für die künftige Frau des kleineren Landwirths die Ver trautheit mit dem Handbetrieb ländlicher Haus- wirthschaft sicher ersprießlicher ist. Von dem letzteren Gesichtspunkt aus betrachtete auch Herr Director Michelsen in Hildesheim die Frage der Ausbildung der Mädchen des bäuerlichen Mittel standes, indem er sich kürzlich in einem gehalt vollen Vortrage entschieden dafür aussprach, daß die eigentlichen Molkereischulen in förmliche Haushaltungsschulen umgewandelt werden müßte», in welchen die Schülerinnen in einem Jahres- cursus unter Leitung eines dazu berufenen Ehe paares zu tüchtigen Haustöchtern ausgebildet würden. Eine solche ländliche Haushaltungsschule, in dem Sinne, wie sie Michelsen-Hildesheim und v. Mendel-Halle zu wünschen scheinen, und wie deren bereits in Süddeutschland mehrere vor handen sind, soll zu Ostern d. I. in dem Lehn gute zu Gornau bei Zschopau errichtet werden. Erfüllt diese neugegründete ländliche Haushal tungsschule ihren Zweck und findet dieselbe hin reichende Benutzung, dann werden hoffentlich bald mehrere solcher Anstalten entstehen, in welchen landwirthschaftliche Schülerinnen neben sorgsamer Pflege eine tüchtige sachliche Berufs bildung erhalten. Deutsches Reich. Dresden, 14. Februar. An dem gestrigen Hof balle nahmen über 600 Personen Theil. Anwesend waren das Königspaar, die Prinzen Georg, Friedrich August, Johann und Max, Fürst Reuß, Prinzeß Louise von Schleswig, die Schwarzburgischen und Hohenlohe'schen Herr schaften, das diplomatische Corps, die Minister, die Generalität u. s. w. Se. Majestät der König hat nachstehende Personalveränderungen in der Armee ge nehmigt. Ernennungen, Beförderungen, Ver setzungen rc. Die Ernennung des Obersten und Commandeurs des 1. (Leib-) Gren.-Reg. Nr. 100 v. Raab, unter Beförderung zum Generalmajor, zum Commandeur der 5. Jnf.-Brigade Nr. 63; die Versetzung des Obersten und Commandeurs des 9. Jnf.-Reg. Nr. 133 v. Minckwitz in gleicher Eigenschaft zum 1. (Leib-) Gren.-Reg. Nr. 100; die Ernennung des Oberstlieutenants und etats mäßigen Stabsoffiziers des Schützen- (Füsilier-) Reg. Nr. 108, v. Mangoldt, unter Beförderung zum Obersten, zum Commandeur des 9. Jnf.- Reg. Nr. 133; die Beförderung des Oberst lieutenant und Commandeurs des 2. Ulanen- Reg. Nr. 18, Preußer, zum Obersten; die Ver leihung des CharacterS als Oberst an den Oberst lieutenant z. D. und Commandeur deS Land wehrbezirks Meißen, Schreiber. S. AbschiedS bewilligungen. Die Stellung zur Disposition deS Generalmajors und Commandeurs der 5. Jnf.-Brigade Nr. 63, Lommatzsch, in Genehmigung feines Abschiedsgesuches, mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubniß zum Forttragen der Generals- Uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen unter gleichzeitiger Verleihung des ComthurkreuzeS I. Claffe des Albrechtsordens. Die Beförderungen verschiedener sächsischer hoher Offiziere, wie sie amtlich bekannt gemacht wurden, sind, wie aus guter Quelle verlautet, für die betr. Generale in ganz besonders aus zeichnender und schmeichelhafter Weise erfolgt. Die Patente sowohl der neuernannten General lieutenants und Excellenzen, wie diejenigen der Generalmajors und Brigadecommandeure sind eine ganze Reihe von Monaten zurückdatirt. Die Ernennungsurkunden der neuen Generallieute nants v. Schweingel und Schurig tragen zum Gcdächtniß an Kaiser Wilhelm I. das Datum 22. März 1888, und diejenigen der neuen Generalmajors v. d. Planitz, seither Chef des Generalstabes, Leusmann, bisher Commandeur des 11. Infanterieregiments Nr. 139, und von Wolf, bisher Commandeur des 2. Feldartillerie- regimentS Nr. 28, das Datum 19. September 1888, das war jener Tag, an dem Kaiser Wil helm H. an der Seite des Königs Albert seine Truppen bei Berlin musterte. Da die Ernennung der Generale im XII. Armeecorps unter Zu stimmung des Kaisers erfolgt, so dürfte dies Zurückdatiren des Patents — für die betr. Herren eine sehr angenehme Sache insofern, als ihnen der auf die fraglichen Monate entfallende Ge haltsüberschuß für die höhere Charge nachgczahlt wird — zweifelsohne auf die Initiative des Kaisers zurückzuführen sein. Bezüglich des bereits erwähnten kamerad schaftlichen Besuches der sächsischen Offiziere des 2. Grenadier-Regiments „Kaiser Wilhelm" bei dem 1. Garde-Regiment zu Fuß in Berlin erzählen die „Dr. N." vom 14. d. noch, daß Se. Majestät der Kaiser — was als ein ganz außerordentlicher einzig dastehender Fall beacht lich erscheint — die Öffiziercorps beider Regi menter bis auf den jüngsten Lieutenant herunter zu einem Frühstück ins königl. Residenzschloß ent boten und sich während desselben mit allen Herren ohne Unterschied des Stammes und Ranges aufs Leutseligste unterhalten. Dabei sprach der Kaiser, wie das seine Gewohnheit ist, in fachmännischer Weise von der zukünftigen Entwickelung dieser und jener militärischen Einrichtung, sowie auch von persönlichen Plänen und äußerte sich speciell den Herren sächsischen Offizieren gegenüber, daß er schon von seinem seligen Großvater her wisse, auf welch hoher Stufe das 12. (königl. sächsische) Armcecorps stehe, und wie er darum auch sehr auf die diesjährigen Hebungen desselben gespannt sei, denen er bestimmt beiwohnen werde und von denen er viel zu erlernen hoffe. Bischofswerda, 15. Februar. Die Kälte hat seit einigen Tagen wiederum ungeheuerliche Dimensionen erreicht; gestern früh hatte man all- hier—14 Grad Reaumur zu verzeichnen. Der Ver kehr trägt die ächte Wintersignatur, Schellen geläute, Knirschen des Bodens unter den Rädern. Durch die Schlittenbahn haben wir jetzt viel Leben, was auf den Geschäftsgang nicht ohne Einfluß bleibt. — Der hiesige Gebirgsverein bietet seinen Mitgliedern auch im Winter vor zügliche Genüsse in mannigfacher Art, außer 2 ab gehaltenen gutbcsuchten Familienabenden, wurden auch Vorträge zu Gehör gebracht, am Mittwoch sprach Herr Cantor Liebers aus Schmiedefeld über Neapel und den Vesuv in außerordentlich fesselnder Weise, was von großer touristischer Kenntniß zeugte. Dem geehrten Vortragenden wurde vom Verein in üblicher Weise gedankt. Bischofswerda, 11. Februar. In der am heutigen Tage auf hiesigem Rathhause ab gehaltenen ersten diesjährigen Kirchenvorstands sitzung wurde zuerst pon dem Vorsitzenden der Jahresbericht über die Thätigkeit des Kirchen vorstandes im vergangenen Jahre vorgetragen. Wir heben aus dem reichen Inhalt desselben nur folgende Punkte hervor. Zur Erfüllung seiner ersten und vorzüglichsten Aufgabe, der Aufrecht erhaltung von Zucht und Sitte und Belebung des christlichen Sinnes in der Gemeinde, hat sich der Kirchenvorstand vor Allem die Unterstützung und Förderung der s.Zt. durch seine Bemühungen und seine Beihilfe in'S Leben gerufenen Vereine, des evangelischen Männer- und Jünglingsvereins, des Missionsvereins und deS Vereins der Her berge zur Heimath angelegen sein lassen, denn durch diese Vereine wird nicht bloS Zucht und Sitte unter dem Heranwachsenden Geschlecht und den wandernden Fremden erhalten, auch nicht bloS den fernen Heiden das Heil gebracht, son dern durch die Betheiligung so vieler Gemeinde-- glieder an diesen Werken der christlicher» Barm herzigkeit und Bruderliebe auch der christliche Sinn in der Gemeind^, selbst geweckt und erhalten.. Auch der in der Gemeinde seit langen Jahren sich eingewurzelte und blühende Zweig- und Jungfrauenverein der Gustav - Adolph - Stiftung erfreut sich der Förderung und thatkrästigen Unterstützung durch die Mitglieder des Kirchen vorstands. Die dem Kirchenvorstande zustehende Aufsicht über würdige Feier der Sonn- und- Festtage hat sich der Kirchenvorstand auch im vergangenen Jahre angelegen sein lassen. Ist es auch den Bemühungen des Kirchenvorstandes noch nicht gelungen, allen Gemeindcgliedern die gottgewollte Ruhe am Sonntage zu verschaffen,, so wird doch der Kirchenvorstano eingedenk seiner feierlich übernommenen Verpflichtung diesen Punkt fort und fort im Auge behalten und gegen die auf diesem Gebiete vorhandenen himmelschreiendem Mißstände öffentlich und sonderlich Protest ein legen, bis dieselben beseitigt sind. Seine haupt sächlichste Fürsorge hat der Kirchenvorstand den kirchlichen Gebäuden und deren Gebrauch gewid met. Die Kirche ist mit Gas beleuchtet worden und der aus den dazu gestifteten Mitteln be schaffte stilvolle Kronleuchter hat zu Aller Freudr bei der Christmette des vergangenen Jahres zum ersten Male in überraschendem Glanze gestrahlt. Die Aufstellung zweier Candelaber an den Enden des Canzelvorbaues und die Beleuchtung des Orgelchores und der Emporen mit Gas ist im Werke. Auch die herrlichen Weihnachtsgeschenke der Kirche, der eben so schöne, wie nützliche große Altarteppich und die silbernen Altarleuchter nebst Cruzifix dürfen als eine Frucht der langjährigen Bemühungen des Kirchenvorstandes für Ver schönerung des Gotteshauses betrachtet werden. Das familienweise Antreten der Communicanten an den Altar bei der Feier des heiligen Abend mahls ist den Gemeindegliedern von Neuem em pfohlen worden. Der Beschluß, bei Begräbnissen mit Rede die letztere während des Winterhalb jahres in der Gottcsackerkirche halten zu lassen, hat sich mehr und mehr die Zustimmung der Betheiligten erworben. Mit Freuden hat der Kirchcnvorstand das Anerbieten der Landständ. Bank den Zinsfuß des zur Erbauung der Orgel auf genommenen Capitals von 5 auf 4 °/, herab zusetzen, angenommen und seinerseits auch den Zinsfuß der von ihm ausgeliehenen Capitalien der Kirche und kirchlichen Stiftungen bei jedes maligem Ansuchen auf 4 "/<> herabgesetzt. Die- von dem Kirchrechnungsführer, Herrn A. Täub- rich, aufgestellten, vom Kirchenvorstand geprüften Rechnungen über das Kirchenvermögen und die dabei verwalteten Stiftungen waren von der Kgl. Kircheninspcction ohne irgend eine Erinne rung für richtig erklärt worden. Das vom Kirchenvorstande ausgestellte Regulativ über die Verlösung der Kirchenständc, das seit 1. Juli vorigen Jahres in Kraft getreten, hat eine große Anzahl von freien Kirchensitzen geschaffen und allgemeine Anerkennung gefunden. Die Bekannt machung der Bestimmungen der Gottcsackerord- nung, die nach dem Beschluß des Kirchenvor standes an den Kirchhofsthüren angeschlagen worden ist, hat den Aufsichtsbeamten eine will kommene Handhabe für die Erfüllung ihrer Pflichten gegeben. Für die niederen Kirchendiener hat derselbe durch entsprechende Erhöhung des Einkommens des Kirchendieners Zimmermann und des Todtengräbers Bergmann gesorgt. So durfte der Kirchenvorstand allenthalben auf eine reich gesegnete Thätigkeit zurückblicken und mit neuem Muthe an neue Arbeit gehen. Es gilt zunächst neue Erörterungen über Beheizung der Kirche anzustellen. Das Hohe Landesconsistorium hatte das Gutachten des Herrn Prof. Arnold und Kirchenbaumeister Schramm in Dresden über die geplante Gasheizung eingcholt und dem Kirchcnvorstand vorgelegt. Beide haben sich un günstig über dieselbe ausgesprochen. Obwohl sie die bequemste und billigste in der Einrichtung, sei, werde sie doch kostspielig durch den hohen Preis des Gases und habe auch sonst mancherlei Nachtheile. . Beide empfehlen die Luftheizung, die in Radeberg und allen Dresdner Kirchen einge führt sei und so wurde die Baucommission be auftragt, in Gemeinschaft mit dem Vorsitzenden an Ort und Stelle Erkundigung über Anlage- und Betriebskosten der Luftheizung einzuziehen und Kostenanschläge hierüber dem Kirchcnvorstande vorzulegen. In Bezug auf die bisher vom Herrn Oberlehrer Pache innegehabte DiaconatSwohnung in der alten Kirchschule wies Herr Bürgermeister Ritter rc. Sinz in überzeugender Weise nach, daß die bisher dafür von der städtischen Schulgemeinde gezahlten 150 Mark nicht mehr zu zahlen seien^ seitdem ein Kirchendiener, Herr Ober^^