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Stellung de» Alldeutsche» verbände» zur Vor lage darlegte. Er gab der Hoffnung über die Aunähtrung Deut schänd» anRußland Ausdruck, die sich seit dem Rücktritt de» Grafen Caprivi vollzogen habe. Er erblicke darin rin erfreuliche» Zeichen für die Gesundung der deutschen Politik, weil für Deutschland nicht» verhängnisvoller wäre, al» wenn r» im Kielwasser England» segeln wollte. Die vom Reichskanzler sorge- tragen«» Grundsätze in Bezug auf die auswärtige Politik fanden die volle Billigung de» Redner», dagegen wandte er sich scharf gegen die Haltung de» Auswärtigen Amts in der TranSvaal-An- gelegenheit und in der Entschädigungsfrage der au» Transvaal AuSgewirsenen. Staatssekretär de» Auswärtigen Frhr. v. Richt Hofen er widert, da» Auswärtige Amt habe durchaus seine Schuldigkeit in der Wahrung der Interessen der au» Transvaal AuSgewirsenen gethan; er müsse allerdings der englischen Regierung da» Recht zugestehen, Ausweisungen vorzunrhmen, wo eS da» Interesse gebiete. In allen Fällen würde das Auswärtige Amt die Interessen der AuSgewirsenen der englischen Regierung gegenüber nachdrücklich wahrnehmen. Die diesbezüglichen Verhandlungen seien im Gange. Abg. Schrader (fr. Bgg.) bleibt dem Abg. Stöcker gegenüber dabei, daß die Missionen selbst schuld daran seien, wenn eine Anzahl ihrer Mit glieder dem chinesischen Fanatismus zum Opfer gefallen sei. Dem Grafen Lerchenfeld könne er nicht Recht geben, seiner Meinung nach hätte der BundeSrathsauSschuß die Einberufung de» BundeSrathS und des Reichstag» fordern müssen. Abg. Bebel (Soz.) kam sodann in längerer Rede nochmal» auf die sogenannten Hunnenbriefe zurück und meinte die unmenschliche Behandlung der Chinesen seitens deutscher Soldaten sei nach gewiesen. Er richtet an den KrirgSministrr die Frage, ob der Befehl „Pardon wird nicht ge geben", existire oder nicht. (Der Minister meldet sich zum Wort.) Man habe kein Recht, sich auf da» Boxerthum zu berufen, denn die Mucker in Berlin seien nicht besser wie das chinrs. Boxerthum. Reichskanzler Graf v. Bülow wendet sich sodann in scharfen, von beißendem Witz gewürzten Worten gegen die Berthridigung des Boxerthum» feiten» de» Abgeordneten Bebel und gegen die Angriffe, die Bebel gegen die deutsche Armee erhoben habe. Der deutsche Soldat werde sich in Menschlichkeit von keinem Soldaten der Welt Übertreffen lassen, dafür bürgt der Charakter de» deutschen Volke», da» in seiner tausendjährigen Geschichte verstan den hat, Humanität mit Heroismus zu verbinden. Abg. Bachem (C.) nimmt nochmals daS Christen- thum und die Missionen im Besonderen gegen die Angriffe des Abg. Bebel in Schutz. Nach einer weiteren Entgegnung des Abg. Bebel wurde die Debatte geschloffen und nach einigen-persün- lichen Bemerkungen die Borlage an die Budget kommission verwiesen. Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr. Tagesordnung: Interpellation Albrecht und Genossen, betr. 12,000 Mark-Affäre. 7. Sitzung vom 24. Novbr. 1 Uhr. Am BundeSrathStisch: Reichskanzler Graf v. Bülow, Graf v. PosadowSky und zahlreiche Kommissare. Bei schwächer besuchtem Hause und lückenhaft besetzten Tribünen trat der Reichstag heute in dir Erledigung der bereit- vielbesprochenen sozial demokratischen Interpellation Albrecht und Gen. ein, welche Maßregeln der Reichskanzler gegen die Beamten de» ReichSamt» de» Innern zu treffen gedenke, die vom Centralverband Deutscher Jnvustneller 12,000 Mark zur Agitation für die Borlatze, betreffend den Schutz der Arbeits willigen, «ngrfordert hat. Zur Begründung der Interpellation nah« zunächst der Abg. Auer (Soz.) da» Wort, der den Ruf, da» maßvollste Mitglied seiner Partei zu sein, rechtfertigte. Er erörterte in ruhiger Weise die Vorgeschichte der Angelegenheit und kam zu dem Ergebniß, daß die Regierung sich damit in den Dienst einer bestimmten Gruppe gestellt und sich von einer kapitalmächtigen Jnterrfsentengruppe abhängig gemacht habe. Ein solche» Vorgehen richte stch gegen die deutsche Arbeiterschaft, und solchen Be amten könne vertrauen nicht entgrgengebracht werden. Rrich»kanzler Graf v. Bülow, der unter allgemeiner Spannung nunmehr zur Be antwortung der Interpellation da» Wort nahm, behandelte die Angelegenheit mit Geschick und Festigkeit. Er erklärte, daß ihm eine derartige Uebertreibung, mit der et» gewisser Thril der Presse dir Sache behandelt Ham, noch nicht vor gekommen sei. Er steh« nicht an, die Sach« selbst al» «inen schweren Mißgriff zu bezeichnen, weil die Reaierung unter keine« Umstände« sich dem verdacht »«»setzen dürfe, al» ob sie sich in den Dienst von Sonderinterrffen stelle. Er hätte hierüber die Beamten de» Reich»««»» de» Innern nicht im Zweifel gelassen und habe dir lieber- zeuaung, daß der von ihm so hoch verehrte Graf PosadowSky feine Auffassung »heile. Weitere Maßregeln gedenke er nicht zu ergreifen, weil dir Veröffentlichung de» Briese» offenbar Motiven entsprungen sei, die er nicht billigen könne. Man habe Persönlichkeiten treffen wollen, die au» politischen oder wirthschastlichen Gründen unbe quem seien. Solche Machenschaften werde er nie unterstützen und au» diesem Grunde sehe er von weitere» Maßnahmen ab. (Fortgesetzt stürmischer Beifall recht» und in der Mitte, Lärm link».) Auf Antrag Singer trat da» Hau» in eine Besprechung der Interpellation ein, in der die Abgg. Büsing (nl.), vr. v. Levetzow (kons.) und v. Kardorff sich auf den Stand punkt de» Reichskanzler» stellten, während Abg. Munckel (fr. Vg.) in dem Vorgänge eine Ver fassung-Verletzung erblickte und schärfere Garan tien gegen dir Wiederholung eines solchen Vor kommnisse» forderte. In demselben Sinne sprach sich der Abg. Pachnicke (fr. Bg.) au». Abg. Schönlank (Soz.) erblickt in den Vorgängen eine schwere Korruption und bedauert, daß von den Vorrednern dies in keiner Weise zum Aus druck gekommen fei. ES sei das die Folge des persönlichen Regiment». Damif schloß die Be sprechung. Schluß 5 Uhr. Berlin, 23. November. Die „Germania" meldet: Die CentrumSsraktion deS Reichstags beschloß die Wiedereinbringung des Jesuitengesetz- antragrS, sowie die Einbringung eines Antrages auf Errichtung eines StaatSgerichtshofr» für das Deutsche Reich. Berlin, 24. November. Die „Germania" meldet: Dem Reichstage ging ein vom Centrum unterstützter Antrag Lieber auf Durchführung der Religionsfreiheit im Deutschen Reiche, ferner ein Antrag Gröber betreffend Erweiterung deS Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb, Rege lung des AuSverkauföwesenS, Aenderung deS Gesetzes Abzahlungsgeschäfte, Verbot des Gut scheinhandels, Verbot des Betriebes von Maaren- Häusern durch Beamte oder Offiziere ein. Ferner verlangt dieser Antrag eine Enquste über die Wirkungen der Kartelle und Syndikate. Berlin, 24. Novbr. Der „ReichSanzeigrr" veröffentlicht eine Bekanntmachung, wonach die in Oesterreich bis zum Schluß des Jahres 1867 geprägten BereinSthaler und BereinSdoppelthaler vom 1. Januar 1901 ab nicht mehr als gesetz- liche Zahlungsmittel gelten, sowie eine vom 1. Januar 1903 in Kraft tretende Bekanntmach ung betreffend die vom BundrSrath auf Grund eines Gesetzes zur Bekämpfung deS unlauteren Wettbewerbes vom 27. Mai 1896 beschlossenen Bestimmungen für den Kleinhandel mit Garn. München, 24. Nov. Der Mitbesitzer der Spatenbraurrei Kommerzienrath Johannes Sedl mayr, ehemaliger Reichstagsabgeordneter für den 1. hiesigen ReichStagSwahlkrri», ist heute Vor mittag gestorben. Stuttgart, 21. November. Zur Frage der Feuerbestattung in Württemberg erfährt die „Flamme" von „absolut zuverlässiger Seite", daß da» Konsistorium keinen Widerstand mehr gegen die Einführung der Feuerbestattung in Württemberg erhebe. E» wäre dem Konsistorium 'erwünscht, wen» Krematorien erstellt werden, weil dann die Geistlichkeit in der Lage sei, wie am Erdgrabe mitzuwirken — aber für eine Be iheiligung bei einer Aschenbeisetzung sei e» nicht zu haben. * Pari», 24. Novbr. Nachmittag 4 Uhr wurde Präsident Krüger vom Präsidenten der Republik empfangen. Im Hofe de» ElysSe-Palastes erwir» ein Bataillon Infanterie die militärischen Ehren, die Musik spielte die Transvaal-Hymne. Krüger wurde von dem Einführer de» diplo matischen Corps Crozier in den Botschafters««! geführt, wo Präsident Loubet, mit dem Minister de» AeußerN Drlcaff» ihn erwartete. Die Unter haltung dauerte etwa 10 Minuten. Um 4»/, Uhr begab Präsident Loubet sich zur Erwiderung de» Besuche» in da» Hotel Scribe, da» er nach ungefähr 10 Minuten wieder verließ. — Unter den zahlreichen Persönlichkeiten, welche auf ihren Wunsch dem Präsidenten Krüger vorgestellt wurden, befanden sich auch die Prinzessin Mathilde Bona parte sowie mehrere Angehörige de» in Trans vaal gefallenen Obersten LilleboiS-Mareuil. * Pari», 24. November. Krüger empfing, nachdem ihm Präsident Lonbet feinen Besuch av- gestatttt hatte, Niemanden mehr. Da» Bureau de» Pariser Gemeinderath», da» sich später im Hotel Scribe eiufand, wurde von Leyd» empfangen, der ihm dir Mittheilung machte, daß der Gemeinde rath spätesten» am Montag die Entschließung Krüger» bezüglich seine» Besuch» im Stadthaus« erfahren würde. Um 6*/, Uhr dtnirte Krüger mit seiner Familie im Hotel, während Leyd» und da» Personal der Transvaal-Gesandtschaft i« Auswärtigen Amt dinirte. Abend» durchziehen Gruppen von Manifestanten unter Hochrufen auf Krüger dir Straßen. Auch vor dem Hause der . „Libre Parole" fanden burrnsreundliche Kund gebungen statt. In da» im Hotel Scribe auf liegende Register trugen sich Prinz Heinrich v. Orlean», General Mercier und viele nationa listische Deputirte eia. * Pari». 24. Nov. Präsident Krüger erhob sich ziemlich spät. Er hatte eine Besprechung mit vr. Leyd» und den Mitgliedern der Buren mission und wird sich den Tag über völlig der Ruhe hingebrn, wahrscheinlich auch da» Hotel nicht verlassen. Die Dauer de» Aufenthaltes in Pari» ist noch nicht bestimmt, doch dürste er sich wohl kaum bi» über den Dienstag hinaus ausdehnen. In der Umgebung de» Hotel» herrscht kein größerer Verkehr al» sonst an Sonntagen. Auch die Boulevard» zeigen ihr gewöhnliches Aussehen. * Pari», 2S. Nov. Der gestrige Abend verlief ruhig; auf den Boulevards herrschte etwa» regeres Leben al» an anderen Tagen. Zahl reiche Gruppen, zumeist jüngere Leute, Warrn vor dem Hotel Scribe angesammelt, stimmten Lieder an und gaben ihrer Sympathie für die Buren Ausdruck. Die Blätter sprechen ihre Be friedigung darüber au», daß kein Mißton, kein ernster Zwischenfall die Kundgebungen zu Ehren Krüger» gestört habe und beglückwünschen Loubet zu seiner Haltung. — Etwa dreißig Personen wurden verhaftet, weil sie aufrührerische Ruse auSgestoßen hatten; doch wurden 23 derselben wieder sreigelassen. Dem „Echo de Pari»" zu folge soll Krüger sich am Montag Abend nach Brüssel begeben, dort zwei Tage verweilen und dann nach dem Haag reisen. Haag, 24. November. Die Ankunft de» Präsidenten Krüger wird hier für den 30. Nov. oder den 1. Dezember erwartet. Die Königin von Holland hat an den Präsidenten Krüger folgende» Telegramm gerichtet: Haag, 23. November. An Herrn Paul Krüger, Präsidenten der Südafrikanischen Repu blik. E» ist mir angenehm gewesen, Euer Excellenz meinen Kreuzer „Gelderland" anzubieten und ich bin glücklich, zu erfahren, daß Sie Ihre Reise bet guter Gesundheit zurückgelegt haben. Wilhelmina. * Amsterdam, 24. November. Bei seiner Ankunft in Marseille richtete Präsident Krüger folgende» Telegramm an die Königin Wilhelmina: Unter Gotte» Schutz und Dank der Fürsorge deS Kommandanten der Offiziere und Bemannung der „Gelderland" bin ich wohlbehalten hier ein getroffen. Im Augenblicke, da ich da» Schiff verlasse, und ehe ich rS noch mündlich thun kann, fühle ich da» Äedürfniß, Euerer Majestät meinen aufrichtigen Dank auszusprechen für die wohl wollende Gesinnung gegen mich, die Euere Majestät dadurch bekundet haben, daß Sie mir die „Gelderland" zur Verfügung stellten. * Livadia, 24. Novbr. 11 Uhr Borm. Der Kaiser verbrachte den gestrigen Tag ruhig. Um 3 Uhr Nach«, stieg die Temperatur bi» auf 39,7, der Pul» auf 88. Um 9 Uhr Abend» war die Temperatur 39, der Pul» 80. In der Nacht hat der Kaiser gut geschlafen. Am Morgen war da» Empfinden und der Kräfte- zustand befriedigend und irgend welche Kompli kationen nicht bemerkbar. Um 9 Uhr war die Temperatur 37,b, der Pul» 7b. Vom Burenkrieg. Die Buren sollen bei ihrem jüngsten An griff auf die englischen Stellungen bei Station valmoral und Wilge River Station 180 Mann an Todten und Verwundeten verloren haben. London, 24. November. Ein Telegramm au» Middelburg vom Mittwoch meldet: Hier sind Einzelheiten über eia ernste» Gefecht einge- troffen. Am Montag machten, die Buren gleich- zeitige Angriffe auf di« Stationen Balmoral und Jlgrriver. Bet valmoral dauerte der Kampf sechs Stunden. Der Platz wurde von vier Compagnien vertheidiat. London, 24. November. In dem Kampfe bei Balmoral besäte« di« Buren in der Dunkel- hrit ehemalig« Schanzen und stellten «inen vier- zrhnpfünder auf einem Kopj« auf, durch dessen Feuer da» Hotel zerstört und die Station be- schädigt wurde. Die Garnison brachte eine Haubitze in'» Fever und beschoß di« Bur« mit Lydditgravattn; zwei Kompagnien rückten zur Umgehung vor, worauf sich die Buren zurück-