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Drahtnachrichten u. letzte Meldungen. Berlin, 5. September. Die Morgenblätter melden: Der Gouverneur von Deutsch-Ostasrika, Generalmajor von Liebert. ist gestern Abend von Neapel kommend hier eingetroffen. — Der Poli zeipräsident billigte die Bildung einer Sachver ständigen - Kommission auS den Mitgliedern deS Goethe - Bundes, die in zweifelhaften Fällen die Polizeiorgane mit ihrem Urtheil unterstützen soll. — Im Hinblick auf die Pesterkrankungen in England heben die „Berliner Politischen Nach richten" hervor, daß in dem Reichsgesetz über die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten der BundeSrath ermächtigt sei, Vie geeigneten Maß nahmen zu treffen. Da daS Gesetz erst vom Juli 1900 datirt, seien indessen noch keine entsprechenden Vorschriften ergangen; dies werde aber eine der ersten Aufgaben des BundeSratheS bei seinem Wiederzusammentritt sein. Bei direkter Tin- schleppungSgefahr gebe das Gesetz übrigens schon jetzt Handhaben zum sofortigen Eingreifen, zumal auch der zunächst bedrohte Einzelstaat im Ein vernehmen mit dem Reichskanzler festgesetzte Vorschriften durchführen könne. BreSlau, 5. Septbr. Die „Schief. Ztg." hält die Mitthrilung aufrecht, daß sich maß gebende konservative Männer bereit finden würden, einige ungewollte üble Wirkungen der Börsen gesetzgebung Hinwegzuräumen, wenn von Seiten der Regierung eine Initiative beabsichtigt wäre. DaS Blatt glaubt sich zu der Annahme be rechtigt, daß bald ausführlichere Nachrichten folgen werden. Eine Abschwächung der Börsen gesetzgebung sei freilich nicht beabsichtigt, sondern eine Initiative der Regierung zum Zwecke der Abstellung offenbarer Mißstände, unter welchem daS legitime Börsengesetz leide. Wien, 4. Sept. Unter dem Vorsitz deS Kaisers fand heute Mittag ein Ministerrath statt, an welchem der Minister deS Auswärtigen Graf GoluchowSki, der Reichsfinanzminister von Kallay, der österreichische Ministerpräsident von Körber und der ungarische Ministerpräsident von Szell theilnahmen. Ministerpräsident von Szell kehrt heute Abend nach Budapest zurück. Wien, 4. September. Die „Wiener Abend post" stellt fest, daß die jüngste Meldung über daS Einrücken von 200 Mann österreichischen Marinetruppen in Peking am 23. August brief lich in Peking ausgegeben worden sei, daß sie am 28. August in Taku telegraphisch weiter- gegeben und am 3. September in Wien ringe- troffen sei. ES folge daraus, daß bis zum 28. August ungestörte Verbindung von Taku mit Peking bestanden habe. Wien, 5. September. Die „Neue Freie Presse" und das „Neue Wiener Tagblatt" ver sichern, die Auflösung de» Abgeordnetenhauses fei beschlossene Sache. Paris, 5. Septbr. Der „GauloiS" be hauptet, da» Marine-Jnfanterie-Regimrnt, da» in einer Effektivstärke von 1800 Mann in Dahar (Senegambien) in Garnison stand, sei nach Frankreich zurückgekehrt. Da» Regiment fei nur noch 310 Mann und 8 Offiziere stark; der Rest fei dem gelben Fieber erlegen. Pari», 5. Septbr. Dem „Figaro" zufolge haben etwa SO Bürgermeister die Einladung, an 10« Grund kennt. Vie telegraphische Verbindung ist, wie angenommen wird, auf» Neue von den Chinesen unterbrochen. Die ernste Lage ist nicht gemildert durch die absolute Unkeantniß, die bezüglich der Haltung der geflohenen chine sischen Behörden obwaltet. London, 4. September. Dem „Reuterschen Bureau" wird au» Peking vom 21. v. Mt». gemeldet: Die verbündeten Truppen machten heute eine neue Rekognoszierung im kaiserlichen Jagdparke, sahen aber nichts vom Feinde, der sich, wie man glaubt, in westlicher Richtung zurückgezogen hat. Washington, 4. Sept. Halbamtlich wird gemeldet, daß endgiltig« Antworten auf die letzte Mittheilung der Vereinigten Staaten an die Mächte hinsichtlich des Rückzüge» au» Peking noch nicht eingegangen seien. Die Ereig nisse in Peking ermuthigen die Regierung zu der Hoffnung, ja sogar zu der Erwartung, daß Rußland, wie e» scheine, dem allseitigen Wunsche der Mächte nachgeben und seine Absicht, sich au» Peking zurückzuzirhen, aufgeben werde. Washington, 4. September. Nach einem bei dem Generalarzt au» Taku eingegangenen Berichte sind von den amerikanischen Truppen 120 Mann bei der Front und 200 Mann in Tientsin krank. den Festen der Pariser Stadtvertretung thrilzu- nehmen, abgrlehnt. Christian ia, 4. Sept. Bei den hiesigen Wahlmännerwahlen zum Storthing erhielt die rechte Partei 11.583 Stimmen, die linke SS29 und die Sozialisten 4035. Die Rechte gewann dadurch 4 Sitze im Storthing. London, 4. Sept. Prinz Heinrich von Preußen hatte vor seiner Weiterreise nach Balmoral eine längere Unterredung mit dem hiesigen deutschen Botschafter. London, 4. Sept. Sir Cordi Stephen, Ministerpräsident in Dresden und Coburg, wurde zum Ritter de» BiktoriaordenS ernannt. London, 4. September. Eine Depesche de» FeldmarschallS Robert» au» Belfast vom 3. September besagt: Da Buller bei seinem Vor marsch auf Lydenburg den Feind direkt vor der Front in einer starken Stellung vorsand , die er nicht umgehen konnte, sandte ich heute eine Kolonne ab, um ihn zu unterstützen. Am 2. September wurde von den Buren auf der PetruSburg-Linie ein Eisenbahnzug, mit welchem Truppen befördert wurden, zum Entgleisen gebracht. London, 3. Sept. DaS „Reuter'sche Bureau" meldet auS Shanghai vom 3. Sept.: In einer Versammlung der Amerikanischen Vereinigung, welche heute abgehalten wurde, ist die Erklärung abgegeben worden, daß die aus Europa kommen den Telegramme über das Vorgehen der ameri kanischen Regierung nicht richtig sein können, da die Regierung nicht die Absicht habe, Li-Hung- Tichong zu unterstützen und ihre allgemeine Politik das Gegentheil von dem fei, waS ge meldet wurde. Der amerikanische Spezial kommissar für China, Rockhill, war in der Ver sammlung anwesend. London, 5. September. Die „Times" melden auS Shanghai: Der Kaiser erklärte in einem Edikt vom 19. August, er begleite die Kaiserin westwärts, nachdem er Aung-lu, Hsütung und Tsungtschi befohlen habe, die Re gierung in Peking sortzuführen und Li-Hung- Tschang anzuweisen, sich zu bemühen, die Ver handlungen zu eröffnen. Ein Edikt vom 20. Aug. verlegt die Hauptämter nach Taiyuans» und gebietet den Jangtse-Bizekönigen, die Aus länder zu schützen. Washington, 4. Septbr. Einer vom KriegSamt veröffentlichten verstümmelte» Depesche de» Generals Chaffee zufolge sind die Feindselig keiten thatsächlich eingestellt. Eine kleine chine sische Truppenabtheilung wurde längs der Ver bindungslinie vorgesunden. China hat ungefähr 50,000 Mann reguläre Truppen. Chaffee hält 5000 Mann amerikanischer Truppen für ge nügend. Wenn die Truppen hier bleiben, müßten sie in Zelten überwintern. DaS Wasser deS Flusses fällt. Die Eisenbahn wird nicht wieder hergestellt, bevor der Fluß gefriert. Vermischtes. — Magdeburg, 4. Septbr. AuS Weimar wird berichtet: Die auch in Plauen wohl bekannte Geigenvirtuosin Arma Senkrah, die Gattin des RechtSanwaltS Hoffmann, hat sich durch einen Revolverschnß in daS Herz getödtet. Der Beweggrund zur That ist unbekannt. (Arma Senkrah — eigentlich HarkneS — ist am 6. Juni 1864 in New-Aork geboren und seit 1888 verheirathet.) — Apolda, 3. Sept. Im Bad Sulza in Thüringen ist die große Saline Oberneusulza durch Großseuer eingeäschert. Der Schaden be trägt etwa 100,000 Mk. Die Entstehungs ursache ist unbekannt. — München, 4. September. Zu dem geschilderten Bauunglück in Schwabing wird noch berichtet, daß der Erbauer de» eingestürzten Hauses, Architekt Müller, verhaftet wurde. — Metz, 2. September. Der Kalkfabrikant Joh. Zeitz, der sich zur Lohnzahlung von Ar» au» in seine Kalksteinbrüche begeben wollte, wurde auf offener Landstraße von zwei Italienern an gefallen, durch Messerstiche schwer verletzt und seiner Baarschaft von 1600 Mk. beraubt. — (vermischte Nachrichten.) Montag früh überfuhr vor dem Bahnhof Steinach (Sachsen-Meiningen) ein Perionenzug ein Last fuhrwerk der Firma Treiber L Co. au» Köppels dorf. Der Kutscher und zwei Pferde wurden getödtet. Die Lokomotive ist entgleist. — In Ottakring bei Wien wurde am Sonntag die im Prater bei den Liliputanern auftretende Zwergin Wilhelmine Jüngling vom Verfolgungswahn be fallen. Sie riß die Fenster auf und fchrie um Hilfe, wollt« dann durch» Fenster auf die Straß« storb« ich «e St in ' um l Dre jät ->r Je mü sag «tu Be Ä> wif Ihr rin «rl. ein, deS daz bar kou springen und zündete schließlich mit einer Kerze da» gesammte Mobiliar an. Die Feuerwehr sprengte die Thüre auf und löschte den Brand. Die Zwergin wurde in» Jrrenhau« gebracht. — Der Töpfermeister Werner in Galzwedel wurde am Montag auf der Promenade ermordet auf gefunden. Er wurde wahrscheinlich nach schwerem Kampfe erwürgt; seine Kleider sind zerrissen. Uhr und Portemonnaie fehlen. — Eine Apotheke mit ausschließlich weiblichem Personal wird dem nächst in Petersburg eröffnet werden. — Wien. Infolge de» Auftreten» der Pest in Glasgow hat da» Handelsministerium die ärztliche Untersuchung aller direkten Her- künfte auS England verfügt. — (Schwierigkeiten beim Bau des Simplontunnels.) Bekanntlich sind groß artige Arbeiten in Angriff genommen, um einen Tunnel durch den Simplon in der Südschweiz zu brechen; nun ist aber ein schier unüber windlicher Feind über die an dem Riesenwerke brtheiligten Ingenieure und Arbeiter gekommen: Die Hitze im Innern der Erde; die Temperatur in den unterirdischen Werkstätten hat bereit» eine Höhe von 30 Grad erreicht und ist noch im Steigen begriffen, die Ingenieure haben alle» Mögliche versucht, um der Gefahr zu begegnen, aber bisher vergeblich. DaS Wasser der Quellen, die man gesunden hat, mißt selbst zwischen 30 und 33 Grad. Man hat ohne Erfolg versucht, durch pneumatische Maschinen frische Lust zu zuführen; man wollte kaltes Wasser in großen Mengen zu den Arbeitsstätten bringen, e» ver dunstete im Bereiche der heißen Felsen, ehe man es ans Ziel brachte. Schließlich griff man zu dem AuökunftSmittel, große EiSblockS über den Köpfen der Arbeiter aufzuhängen, so daß diese gleichsam dauernd unter einer kalten Douche standen. Man mußte aber auch auf dieses Mittel verzichten, da sich herauSstellte, daß die Kraftmaschinen zum Durchbruch de» Tunnels nicht mehr ausreichten, wenn man ihnen noch die Hereinfchaffung de» Wassers zumuthete. Kurz man befindet sich Schwierigkeiten gegen über, die immer noch wachsen, da Niemand das Maß der im Innern der Berge aufgestapelten Hitze kennt. — Warschau, 2. September. Eine furcht bare Feuersbrunst äscherte die im Gouvernement Lomza gelegene Stadt Ciechanowice NachtS bei heftigem Winde vollständig rin. Drei Menschen kamen in den Flammen um, einige andere trugen Brandwunden davon. Der Schaden ist beträcht lich. Gegen 2000 Abgebrannte, fast ausschließlich Juden, lagern unter freiem Himmel. DaS Feuer scheint an allen Ecken der Stadt angelegt worden zu sein. — Die furchtbare Hitze in Nordamerika hat nach dem kürzlich eingetroffenen Berichte ungewöhnlich viele Opfer gefordert. Auffallend war der Umstand, daß vier Tage lang die Luft nicht nur ungewöhnlich erhitzt, sondern gleichzeitig außerordentlich mit Feuchtigkeit beladen war, während sonst die starke Erwärmung der Luft eine Abnahme der relativen Feuchtigkeit mit sich zu bringen pflegt. Erst am 28. August schlug daS Wetter infolge der Ankunft einer Kältewelle um. Am Tage vorher waren in New-Aork neun Todesfälle und 30 Erkrankungen an Hitzschlag vorgekommen, am 28. sogar zwölf Todesfälle infolge der Hitze. Die Temperatur stieg an einem beschatteten Straßenthermometer bis über 40 Grad Celsius. Der Schätzung nach wurden während der dieSsommerlichen Hitzeperiode in Chicago, New-Aork und anderen Großstädten der Bereinigten Staaten mehr al» 10,000 Pferde durch Sonnenstich getödtet. DaS Merkwürdigste war, daß eS in den Staaten Wyoming und Montana fror, während in New-Aork alle» von Hitze gelähmt war. — (Die Wahrsagerinnen von Chicago.) In der Stadt Chicago, die auf ihre großartige Entwickelung und auf ihre Leistungen in den Geisteswissenschaften nicht wenig stolz ist, hat sich nach einer Mitthrilung de» dort veröffent lichten „Journal» der Amerikanischen Medizinischen Vereinigung" etwa» recht Merkwürdige» ereignet. E» giebt dort nicht weniger al» 18,000 Leute, wahrscheinlich in überwiegender Mehrzahl Fraueu, die sich mit der Wahrsager« und Hellseherei be schäftigen und sich dabei meist gewiß sehr gut stehen. Di« Zahl dürfte wirklich nicht überschätzt sein, wenn man nach den in den Zeitungen ver öffentlichten Anpreisungen und nach den überall in den Straßen der Stadt sichtbaren Reklamen schließ« darf. Nunmehr haben sich einige führenden Geister diese» eigenartig« Berufe» die Stadtbehörde gewandt mit de» Lrfi " daß jede» Mitglied der Wahrfagekunst mit »er füchftsche «rMl«.